Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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1. Richtlinienkonformität

BGH, Urt. v. 17.9.2009, I ZR 150/07 - Rufumleitung

Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken steht einer Anwendung des § 4 Nr. 10 (alt) UWG nicht entgegen, da das Verbot der gezielten Behinderung allein die wirtschaftlichen Interessen der Mitbewerber und nicht auch die Interessen von Verbrauchern betrifft.

Zweifelhaft ist allerdings, ob die Richtlinie auch in den Fällen unberücksichtigt bleiben kann, in denen eine geschäftliche Handlung zu beurteilen ist, die gegenüber einem Verbraucher vorgenommen wurde und bislang als unlautere Behinderung des Mitbewerbers bewertet wurde. Dazu gehören z.B. das Verleiten zum Vertragsbruch oder das Abfangen von Kunden oder die vertragswidrige Schlechtleistung beim Umstellen eines Vertragsverhältnisses auf einen Wettbewerber, etwa im Telekommunikationsbereich, soweit Adressat der geschäftlichen Handlung ein Verbraucher ist. Denn nach Auffassung des EuGH sind vom Anwendungsbereich der UGP-Richtlinie nur Geschäftspraktiken ausgenommen, die lediglich die wirtschaftlichen Interessen von Mitbewerbern schädigen.

EuGH, Urt. v. 9.11.2010, C-540/08, Tz. 21 - Mediaprint

Die Richtlinie ist durch einen besonders weiten sachlichen Anwendungsbereich gekennzeichnet ist, der alle Geschäftspraktiken erfasst, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängen. Vom Anwendungsbereich der Richtlinie sind dementsprechend, wie aus ihrem sechsten Erwägungsgrund hervorgeht, nur solche nationalen Rechtsvorschriften ausgenommen, die unlautere Geschäftspraktiken betreffen, die „lediglich“ die wirtschaftlichen Interessen von Mitbewerbern beeinträchtigen oder sich auf ein Rechtsgeschäft zwischen Gewerbetreibenden beziehen.

Ebenso EuGH, Urt. v. 14.1.2010, C-304/08, Tz. 39 - Zentrale/Plus

EuGH, Urt. v. 17.1.2013, C-206/11, Tz. 30 - Köck/Schutzverband

Vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen sind ... nur nationale Vorschriften über unlautere Geschäftspraktiken, die „lediglich“ die wirtschaftlichen Interessen von Mitbewerbern schädigen oder sich auf ein Rechtsgeschäft zwischen Gewerbetreibenden beziehen.

EuGH, Urt. v. 9.11.2010, C-540/08, Tz. 26 - Mediaprint

… Die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, in ihrem Gebiet Maßnahmen beizubehalten oder einzuführen, die bezwecken oder bewirken, dass Geschäftspraktiken aus Gründen der Aufrechterhaltung der Medienvielfalt als unlauter eingestuft werden, gehört nicht zu den in den Erwägungsgründen 6 und 9 sowie in Art. 3 der Richtlinie genannten Ausnahmen von ihrem Anwendungsbereich.

Erwägungsgrund 6 zur Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken

6. Die vorliegende Richtlinie gleicht deshalb die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken einschließlich der unlauteren Werbung an, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher unmittelbar und dadurch die wirtschaftlichen Interessen rechtmäßig handelnder Mitbewerber mittelbar schädigen. … Sie erfasst und berührt nicht die nationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf unlautere Geschäftspraktiken, die lediglich die wirtschaftlichen Interessen von Mitbewerbern schädigen oder sich auf ein Rechtsgeschäft zwischen Gewerbetreibenden beziehen; die Mitgliedstaaten können solche Praktiken, falls sie es wünschen, unter uneingeschränkter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht weiterhin regeln.

Daraus wird abgeleitet, dass die UGP-Richtlinie im Anwendungsbereich des § 4 Nr. 10 UWG zu berücksichtigen ist, wenn es um die Beurteilung von Geschäftspraktiken gegenüber Verbrauchern geht, die sowohl die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher als auch die wirtschaftlichen Interessen der Mitbewerber beeinträchtigen können (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, § 4, Rdn. 10.3a; Omsels in Harte/Henning, § 4 Nr. 10, Rdn. 3; a.A. Müller-Bidinger/Seichter in Ullmann, UWG, § 4 Nr. 10, Rdn. 25.4). Es bleibt abzuwarten, ob dazu bei nächster Gelegenheit eine Vorlage zum EuGH erfolgt. In früheren Entscheidungen sah der BGH dazu keine Veranlassung (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 5.2.2009, I ZR 119/06, Tz. 26 a.E. - Änderung der Voreinstellung II).

 

Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG,

http://www.webcitation.org/6EDsWnCHD