Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze

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Irreführende Werbung mit Angaben wie gratis, kostenlos oder umsonst ist verboten. Die Black List im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG enthält darüber hinaus einen besonderen Verbotstatbestand

Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Absatz 3 sind

Nr. 21 das Angebot einer Ware oder Dienstleistung als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder dergleichen, wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind; dies gilt nicht für Kosten, die im Zusammenhang mit dem Eingehen auf das Waren- oder Dienstleistungsangebot oder für die Abholung oder Lieferung der Ware oder die Inanspruchnahme der Dienstleistung unvermeidbar sind

OLG München, Urt. v. 16.6.2016, 6 U 4300/15; II.2.b.aa

Der Gesetzgeber hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Regelung einen Sonderfall der Irreführung über die Berechnung des Preises i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG betreffe (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 20.08.2008, BT-Dr. 16/10145, S. 33). Anders als bei § 5 UWG ist jedoch bei Nr. 21 als „per se“-Verbot das Vorliegen oder gar der Nachweis einer Irreführung nicht erforderlich.

OLG München, Urt. v. 16.6.2016, 6 U 4300/15; II.2.b.bb

Ratio dieser Vorschrift ist der Schutz des Verbrauchers vor einer Irreführung durch die Verwendung von Begriffen wie „gratis“ etc. und insbesondere vor einer Irreführung über die Kosten, die bei Inanspruchnahme des Angebots anfallen, sofern sie nicht unvermeidbar sind; sie zwingt damit indirekt den Unternehmer, den Verbraucher über diese Kosten ausreichend zu informieren. Nach h. M. in der Literatur ist eine Beschreibung des Produkts in der Weise entscheidend, dass der Durchschnittsverbraucher den Eindruck gewinnt, er brauche dafür keine Zahlung zu entrichten (vgl. Köhler, UWG, Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 21.2; Bruhn/Weidert in Harte-Henning., Anh. § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 4a; Lindacher, Großkommentar zum UWG, § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 8). In der Konsequenz sind nach Sinn und Zweck der Vorschrift nur die Kosten gemeint, auf die der Verbraucher nicht ausdrücklich hingewiesen wird. In dieselbe Richtung geht die Ansicht in der Literatur, wonach für die Frage des Vorliegens des Tatbestands der Nr. 21 der „Schwarzen Liste“ als Sonderfall der Irreführung über die Berechnung des Preises i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG der Gesamteindruck entscheidend sei, so dass der Tatbestand nicht eingreife, wenn nach den Grundsätzen der Blickfangwerbung hinreichend deutlich auf zusätzlich anfallende Kosten hingewiesen werde, so dass eine Irreführung ausgeschlossen sei (vgl. Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 58; Lindacher, Großkommentar zum UWG, § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 9).

BGH, Urt. v. 31.10.2013, I ZR 139/12, Tz. 33 - 2 Flaschen GRATIS

Entscheidend ist, ob der Verbraucher bei einer Werbung mit "Gratiszugaben" darüber im Unklaren gelassen wird, dass er die Hauptleistung zu bezahlen hat (vgl. OLG Köln, GRUR 2009, 608; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, Anh. zu § 3 III Rn. 21.3).

 Ebenso OLG Nürnberg, Urt. v. 11.12.2018, 3 U 881/18, Tz. 17  – Fassung geschenkt; OLG Hamm, Urt. v. 6.8.2015, 4 U 137/14, Tz. 78

Zu "3 Monate gratis sichern" siehe: OLG Köln, Urt. v. 8.11.2013, 6 U 42/13, Tz. 23 ff

Zur Werbung mit der Aussage '1 Glas geschenkt' für eine Brille:

OLG München, Urt. v. 16.6.2016, 6 U 4300/15, II.2.b.bb

Der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Durchschnittsverbraucher versteht nach Lektüre der Erläuterungen ohne Weiteres, dass in der Anzeige mitnichten nur ein einzelnes Glas (alleine oder zusätzlich zu einer Brille oder einer Brillenfassung) als Geschenk beworben werden soll, sondern ein Gesamtangebot, welches aus einer Brillenfassung samt zweier an sich gleich kostenden Gläser mit Sehstärke besteht und bei dem der Kunde nur den halben Gläserpreis zahlen muss. Ihm wird also bewusst, dass ihm nichts geschenkt wird bzw. er nichts kostenlos erhält, sondern dass er lediglich einen 50%igen Rabatt auf den Gläsergesamtpreis erhält. Ein solcher 50%iger Barrabatt im Fall einer aus zwei gleich kostenden, gleichartigen Bestandteilen zusammengesetzten Ware kann tatsächlich alternativ z. B. mit „Zahle 1, erhalte 2“ o. ä. oder eben mit „1 [Warenbestanteil] geschenkt“ umschrieben werden, ohne dass darin eine unwahre Tatsache zu sehen wäre.

Zur Werbung eines Immobilienmaklers mit "Unsere Kunden - ihre neuen Mieter ? FÜR VERMIETER KOSTENFREI." urteilte das LG Stuttgart:

LG Stuttgart, Urt. v. 30.9.015, 40 O 76/15 KfH

Das Werben des Verfügungsbeklagten um eine Wohnungsvermittlung, die für den Vermieter kostenlos ist, enthält gegenüber den angesprochenen Vermietern entsprechend § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG zur Täuschung geeignete Angaben über die Bedingungen, unter denen die Dienstleistung erbracht wird. Mit der Aussage ... wird den angesprochenen Vermietern vorgespiegelt, dass sich der Makler um die kostenlose Vermietung bemühen wird, woran der Makler aber über das Beibringen eines einzigen Mietinteressenten hinaus kein Interesse haben kann, weil er nach der gegebenen Rechtslage im weiteren ohne Vergütung von der einen oder anderen Mietvertragspartei, d.h. umsonst tätig würde.

Nach § 2 Abs. 1 a) WoVermittG darf der Wohnungsvermittler vom Wohnungssuchenden für die Vermittlung oder den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume kein Entgelt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, es sei denn, der Wohnungsvermittler holt ausschließlich wegen des Vermittlungsvertrages mit dem Wohnungssuchenden vom Vermieter oder von einem anderen Berechtigten den Auftrag ein, die Wohnung anzubieten (§ 6 Abs. 1).

Nach § 6 Abs. 1 WoVermittG darf der Wohnungsvermittler Wohnräume nur anbieten, wenn er dazu einen Auftrag von dem Vermieter oder einem anderen Berechtigten hat.

Lässt der Vermieter weitere Mieterkontakte über den Makler zu, ist der Makler auch in seinem Auftrag und Interesse tätig und es entsteht gem. § 2 Abs. 1a WoVermittG kein Entgeltanspruch gegen den Mieter und aufgrund des Werbeangebots auch kein Provisionsanspruch gegen den Vermieter.

Zum Aspekt des psychologischen Kaufzwangs bei der Werbung mit kostenlosen Angeboten siehe hier.

Zur Darstellung der Dienstleistung eines Rechtsanwalts als 'kostenfrei' und ohne Kostenrisiko, weil ein Dritter gegenüber dem Mandanten versprochen hat, die Kosten zu tragen:

OLG Köln, Urt. v. 29.6.2018, 6 U 179/17, Tz. 76f

Die im Gesamtkontext betrachtet zur Täuschung geeignete Angaben über das mit der Unterzeichnung der Anwaltsvollmacht verbundene mögliche Kostenrisiko. Das Anschreiben ist aus der Sicht der Angesprochenen dahin zu verstehen, dass die Beauftragung des Vertragsanwalts für den Nutzer des X-Service ohne jedes Kostenrisiko ist und er keiner wie auch immer gearteten Kostenforderung ausgesetzt ist. …

Tatsächlich ist die Beauftragung des Anwalts nicht kostenfrei. Der Auftraggeber bleibt im Verhältnis zu dem Rechtsanwalt, aber auch im Verhältnis zu einem obsiegenden Prozessgegner sowie gegebenenfalls gegenüber dem Gericht im Rahmen einer Ausfallhaftung Kostenschuldner. Dass der Auftraggeber im Innenverhältnis zur Beklagten zu 2 einen Freistellungsanspruch hat, führt nicht einmal im Ergebnis dazu, dass bei ihm in keinem Fall Kosten verbleiben. Der Auftraggeber trägt stets ein Kostenrisiko, das sich z.B. dann verwirklicht, wenn die Beklagte zu 2 insolvent wird - eine Möglichkeit, die nie ausgeschlossen werden kann.