Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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(1) Nachprüfbarkeit

1. Nachprüfbare Tatsachen

2. Meinungen/Werturteile

3. Erkennbarkeit der Waren oder Dienstleistungen

4. Korrekte Datengrundlage

5. Wer muss nachprüfen können?

6. Testwerbung

Nachprüfbare Tatsachen

EuGH, Urt. v. 19.9.2006, C-356/04, Tz. 44 ff - Lidl / Colruyt

Wie sich aus der siebten Begründungserwägung der Richtlinie 97/55 ergibt, tragen zum einen die in dieser Bestimmung aufgestellten kumulativen Kriterien der Wesentlichkeit, Relevanz, Nachprüfbarkeit und Typizität der Eigenschaft eines Produkts, in Bezug auf die der Vergleich angestellt wird, dazu bei, dass dieser Vergleich objektiv ist. ...

Zum anderen hebt Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe c in Übereinstimmung mit der zweiten Begründungserwägung der Richtlinie 97/55 ausdrücklich hervor, dass die Eigenschaften, die den erwähnten vier Kriterien genügen, außerdem objektiv verglichen werden müssen.

Wie der Generalanwalt in Nummer 44 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, zielt diese letztgenannte Voraussetzung im Wesentlichen darauf ab, Vergleiche auszuschließen, die sich aus einer subjektiven Wertung ihres Urhebers und nicht aus einer objektiven Feststellung ergeben.

BGH, Urt. v. 5.2.2004, I ZR 171/01 – Genealogie der Düfte

Eine im Rahmen vergleichender Werbung erfolgende Aussage ist auf eine oder mehrere nachprüfbare Eigenschaften bezogen, wenn sie einen Tatsachenkern aufweist, dessen Richtigkeit jedenfalls durch einen Sachkundigen überprüft werden kann.

BGH, Urt.v.1.10.2009, I ZR 134/07, Tz. 28 – Gib mal Zeitung

Das Erfordernis der Nachprüfbarkeit soll die Überprüfbarkeit des Werbevergleichs auf seine sachliche Berechtigung ermöglichen. Der Vergleich muss daher Tatsachenbehauptungen und darf nicht nur reine Werturteile zum Inhalt haben, da nur Tatsachenbehauptungen auf ihre sachliche Berechtigung überprüft werden können. Dabei ist allerdings zu beachten, dass auch Werturteile einen nachprüfbaren Tatsachenkern haben können.

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.2.2022, 15 U 16/21, Tz. 79

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Meinungen/Werturteile

OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.4.2021, 6 W 26/21

Die vergleichende Werbung ist nicht etwa schon deshalb unzulässig, weil es sich bei der Formulierung „besser als ...“ um eine eigene Meinungsäußerung der Antragsgegnerin handelte.

Der Vergleich muss Tatsachenbehauptungen und darf nicht bloße Werturteile zum Inhalt haben (BGH GRUR 2010, 161 Rn 28 - Gib mal Zeitung). Daher sind rein subjektive Werturteile nicht nachprüfbar und somit unlauter. Bei der Abgrenzung ist allerdings zu beachten, dass auch Werturteile einen nachprüfbaren Tatsachenkern haben können (BGH GRUR 1999, 69, 71 - Preisvergleichsliste II; BGH GRUR 2005, 172, 175 - Stresstest; BGH GRUR 2010, 161 Rn 28 - Gib mal Zeitung). So verhält es sich hier. Die Formulierung „besser als...“ stellt keine subjektive Beurteilung dar, sondern enthält den Tatsachenkern, dass die Matratze der Antragsgegnerin im Test besser abgeschnitten hat als die Matratze der Antragstellerin. Durch den Hinweis „Der neue Test in Heft 03/2021 bestätigt das“ und das eingeblendete „Testsieger“-Logo wird dieser Tatschenkern deutlich hervorgehoben.

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Erkennbarkeit der Waren oder Dienstleistungen

EuGH, Urt. v. 18.11.2010, C‑159/09 – Vierzon/Lidl

Die Nachprüfbarkeit der Preise der Waren, aus denen sich zwei Warensortimente zusammensetzen, setzt notwendigerweise voraus, dass die Waren, deren Preise so miteinander verglichen worden sind, auf der Grundlage der in der Werbeaussage enthaltenen Informationen individuell und konkret erkennbar sein müssen. Die Nachprüfbarkeit der Warenpreise hängt nämlich zwingend von der Erkennbarkeit dieser Waren ab.

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Korrekte Datengrundlage

OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.2.2012, I-20 U 141/08, Tz. 50 – (Saatgut-) Sortenvergleich

Der Begriff "nachprüfbar" impliziert die Notwendigkeit einer Kontrolle. Ein Ergebnis ist nur dann auf seine Richtigkeit überprüfbar, wenn die der Auswertung zugrunde liegenden Daten korrekt sind. Ein Vertrauensvorschuss für den Werbenden ist mit der gesetzlichen Vorgabe, der Eigenschaftsvergleich müsse nachprüfbar sein, nicht zu vereinbaren. Dabei sind gerade die Mitbewerber als die vom Vergleich Betroffenen zur Bekundung der Korrektheit der Daten prädestiniert. Aufgrund ihres Eigeninteresses werden sie alle Angaben des Werbenden ... penibel nachprüfen, weshalb sich der Werbeadressat auf die Richtigkeit der ... Daten verlassen kann.

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Wer muss nachprüfen können?

BGH, Urt.v.1.10.2009, I ZR 134/07, Tz. 28 – Gib mal Zeitung

Es ist nicht in jedem Fall erforderlich, dass die angesprochenen Verkehrskreise die in dem Werbevergleich angeführten Eigenschaften selbst überprüfen können. Es reicht vielmehr in der Regel aus, dass die Aussage überhaupt - gegebenenfalls durch einen Sachverständigen - überprüft werden kann.

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.2.2022, 15 U 16/21, Tz. 79

OLG Frankfurt, Urt. v. 22.9.2016, 6 U 103/15, II.1.c

Das Merkmal der Nachprüfbarkeit soll es ermöglichen, den Warenvergleich auf seine sachliche Berechtigung hin zu prüfen. Dazu ist es nicht notwendig, dass die Nachprüfbarkeit schon aufgrund der Angaben in der Werbung selbst vom Verbraucher nachvollzogen werden kann. Es reicht vielmehr aus, dass die Werbeaussage gegebenenfalls auf der Grundlage ergänzender Nachforschungen durch einen Sachverständigen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden kann (BGH GRUR 2010, 161, Tz 28 - Gib mal Zeitung). Dazu ist es erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die Anknüpfungspunkte für einen solchen Vergleich in der Werbung selbst im hinreichenden Maße genannt werden und wenn aus der Werbung für den Adressaten hervorgeht, wo und wie er die Bestandteile des Vergleichs leicht in Erfahrung bringen kann, damit er entweder selbst oder durch einen Dritten die gewünschte Nachprüfung vornehmen kann (vgl. EuGH vom 19. 9. 2006 - C-356/04 - Lidl/Colryt = GRUR 2007, 69 Tz. 71, 73).

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.2.2022, 15 U 16/21, Tz. 79

Zur Frage, wer die Tatsachen nachprüfen können muss, siehe hier.

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Testwerbung

Die Werbung mit einem Testergebnis, das auf einem Vergleich von Waren oder Dienstleistungen beruht (z.B. Stiftung Warentest, Finanztest, Ökotest), ist nur vergleichende Werbung, wenn der Wettbewerber oder seine Produkte in der Werbung selber zumindest mittelbar erkennbar ist. Dafür genügt die Abbildung eines Testsiegels allein nicht (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm § 6 UWG, Rdn. 210). Das Erfordernis der Nachprüfbarkeit setzt voraus, dass angegeben wird, wo der Test nachgelesen werden kann. Weiteres zur Werbung mit Testergebnissen allgemein hier zur irreführenden Werbung mit Testergebnissen hier.

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