Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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6. Wahrheit

§ 4 Nr. 2 UWG erfasst nur nicht erweislich wahre Tatsachenbehauptungen. Ist die Tatsachenbehauptung wahr, scheidet § 4 Nr. 2 UWG aus. Es kommt in solchen Fällen allerdings ein Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG infrage, wenn es sich um eine wahre Tatsachenbehauptung handelt, die im geschäftlichen Verkehr eigentlich niemand etwas angeht.

Ob die Tatsachenbehauptung wahr ist, wird vom Gericht nicht geklärt. Wer eine negative Tatsache über einen anderen behauptet oder verbreitet, ist verpflichtet, die Wahrheit dieser Tatsachenbehauptung zu beweisen. Gelingt ihm das nicht, gilt die Behauptung als falsch.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.9.2019, I-15 U 48/19, Tz. 108

Unwahr ist eine Behauptung, wenn sie den Eindruck einer anderen als der wirklichen Sachlage erweckt. Auch eine objektiv zutreffende Darstellung kann daher unwahr sein, wenn die Empfänger auf Grund der Art und Weise der Darstellung (z.B. durch Auslassungen, Halbwahrheiten, Übertreibungen) oder ihres begrenzten Informationsstandes einen falschen Eindruck von der Sachlage gewinnen (BGH GRUR 1966, 452 (454) – Luxemburger Wort). Der Verletzer trägt also auch das Risiko von unbeabsichtigten Missverständnissen. Für Angaben, die auf wissenschaftliche Aussagen Bezug nehmen, gilt: Wer solche Aussagen als objektiv richtig oder wissenschaftlich gesichert hinstellt, übernimmt damit die Verantwortung für ihre Richtigkeit (BGH GRUR 1971, 153 (155) – Tampax).

Meinungsfreiheit

OLG Köln, Urt. v. 30.10.2020, 6 U 49/20, Tz. 81

Zwar genießen auch Tatsachenbehauptungen den Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG, wenn und soweit sie Voraussetzung zur Meinungsbildung sind. Allerdings können unwahre Tatsachenbehauptungen diese Voraussetzungen niemals erfüllen, weil ihnen kein valider Informationsinhalt zukommt. Die zwischen der Meinungsfreiheit und den sie nach Art. 5 Abs. 2 GG beschränkenden allgemeinen Gesetzen bestehende Wechselwirkung trägt diesem Umstand mit der Beweislastumkehr des § 4 Nr. 2 Hs. 1 UWG Rechnung, indem sie demjenigen die Beweislast für die Wahrheit auferlegt, dessen Tatsachenbehauptung die Rechtsgüter seiner Mitbewerber zu beeinträchtigen geeignet ist (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO, § 4 Rn. 2.10).

Zeitpunkt

OLG Brandenburg, Urt. v. 25.4.2023, 6 U 97/21

Für den Unterlassungsanspruch kommt es auf die Erweislichkeit der Wahrheit im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an. Wenn eine im Sinne von § 4 Nr. 2 UWG anschwärzende Behauptung für den Moment ihrer Äußerung oder Verbreitung (noch) nicht erweislich wahr ist, kann sich hieraus zwar ein Schadensersatzanspruch des betroffenen Mitbewerbers begründen. Ein in die Zukunft gerichteter Anspruch auf Unterlassung steht dem Mitbewerber in dieser Fallgestaltung aber nicht zu, wenn sich die Wahrheit der behaupteten Tatsache jedenfalls im Nachhinein erwiesen hat (s. etwa Brammsen, in: Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 3. Auflage 2020, § 4 Nr. 2 UWG, Rn. 68 m.w.N.).