Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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Versicherungswesen

1. Sondervergütungs- und Provisionsabgabeverbo

2. Beratungs-, Hinweis- und Informationspflichten

a. § 60 VVG

§ 60 Abs. 1 VVG

§ 60 Abs. 1 Satz 2 VVG

§ 60 Abs. 2, 3 VVG

b. § 61 Abs. 1 VVG

c. § 62 VVG

3. Honorare von Versicherungsberatern

4. Einzelne Versicherungsgesetze

Sondervergütungs- und Provisionsabgabeverbot

§ 48b VAG (Sondervergütungs- und Provisionsabgabeverbot)

(1) Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittlern im Sinne von § 59 Absatz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes ist es untersagt, Versicherungsnehmern, versicherten Personen oder Bezugsberechtigten aus einem Versicherungsvertrag Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen. Dieses Verbot gilt auch für die Angestellten von Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittlern. Eine entgegenstehende vertragliche Vereinbarung ist unwirksam.

(2) Eine Sondervergütung ist jede unmittelbare oder mittelbare Zuwendung neben der im Versicherungsvertrag vereinbarten Leistung, insbesondere jede

1. vollständige oder teilweise Provisionsabgabe,

2. sonstige Sach- oder Dienstleistung, die nicht die Versicherungsleistung betrifft,

3. Rabattierung auf Waren oder Dienstleistungen,

sofern sie nicht geringwertig ist. Als geringwertig gelten Belohnungen oder Geschenke zur Anbahnung oder anlässlich eines Vertragsabschlusses, soweit diese einen Gesamtwert von 15 Euro pro Versicherungsverhältnis und Kalenderjahr nicht überschreiten.

(3) Nicht als Sondervergütung gilt die Gewährung von Provisionen an Versicherungsnehmer, die gleichzeitig Vermittler des betreffenden Versicherungsunternehmens sind, es sei denn, das Vermittlerverhältnis wurde nur begründet, um diesen derartige Zuwendungen für eigene Versicherungen zukommen zu lassen.

(4) Absatz 1 findet keine Anwendung, soweit die Sondervergütung zur dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung des vermittelten Vertrags verwendet wird. § 138 Absatz 2, § 146 Absatz 2 Satz 1, § 161 Absatz 1 und § 177 Absatz 1 bleiben unberührt.

Entsprechende Verbote fanden sich früher in Verordnungen, nämlich Verbote der Gewährung von Sondervergütungen und des Abschlusses von Begünstigungsverträgen gemäß den Bekanntmachungen des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung vom 08.03.1934 betreffend Lebensversicherung, vom 05.06.1934 betreffend Krankenversicherung und gemäß der Verordnung des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen vom 17.08.1982 über das Verbot von Sondervergütungen und Begünstigungsverträgen in der Schadensversicherung

Das OLG Köln, Urt. v. 11.11.2016, 6 U 176/15 hat in diesen Verboten keine Marktverhaltensregelung gesehen. Das Urteil dürfte aber durch die Einführung des § 48b VAG überholt sein.

Beratungs-, Hinweis- und Informationspflichten

§ 60 VVG

OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.9.2021, 6 U 82/20, Tz. 64

Diese versicherungsvertragsrechtlichen Vorschriften sind auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

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§ 60 Abs. 1 VVG

(1) Der Versicherungsmakler ist verpflichtet, seinem Rat eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern zu Grunde zu legen, so dass er nach fachlichen Kriterien eine Empfehlung dahin abgeben kann, welcher Versicherungsvertrag geeignet ist, die Bedürfnisse des Versicherungsnehmers zu erfüllen. Dies gilt nicht, soweit er im Einzelfall vor Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers diesen ausdrücklich auf eine eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl hinweist.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.9.2021, 6 U 82/20, Tz. 78

Die Regelung in § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG füllt Vorgaben der Richtlinie 2002/92/EG über Versicherungsvermittlung und der sie ersetzenden Richtlinie (EU) 2016/97 über Versicherungsvertrieb (Neufassung) aus. Die Verpflichtung des Versicherungsmaklers, seinem Rat die näher bezeichnete „hinreichende“ Beratungsgrundlage zugrunde zu legen, besteht nach der vorliegenden nationalen Regelung unabhängig davon, dass dieser dem Kunden (positiv) mitteilt, dass er auf der Grundlage einer ausgewogenen und persönlichen Untersuchung berate. Das deutsche Recht ist insoweit strenger als in Art. 20 Abs. 3 RL (EU) 2016/97 (zuvor Art. 12 Abs. 2 RL 2002/92/EG) gefordert, was dem nationalen Gesetzgeber insbesondere nach Art. 22 Abs. 2 RL (EU) 2016/97 gestattet ist.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.9.2021, 6 U 82/20, Tz. 79

Aus § 60 Abs. 1 Satz 2 VVG kann bei genauer Betrachtung keine „Pflicht“, gegebenenfalls den dort vorgesehenen Hinweis zu erteilen, entnommen werden. Die Erteilung des genannten Hinweises „im Einzelfall“ ist lediglich die Voraussetzung dafür, die Pflicht des Versicherungsmaklers aus § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG, seinem Rat eine hinreichende Zahl von Versicherungsverträgen und Versicherern zu Grunde zu legen, zu suspendieren. Wird ein solcher Hinweis nicht erteilt, verstößt ein gleichwohl auf eine nicht hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern gegründeter Rat nach der Systematik des Versicherungsvertragsgesetzes gegen die Pflicht nach § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.9.2021, 6 U 82/20, Tz. 81

Die hinreichende Zahl von Versicherungsverträgen und Versicherern ist daran zu messen, ob eine ausgewogene (Markt-)Untersuchung stattfindet (siehe BT-Drucks. 16/1935, S. 23; Art. 19 Abs. 1 Buchst. c Nr. i), iii), Art. 20 Abs. 3, Erwägungsgrund 47 RL (EU) 2016/97). Daran fehlt es, wenn ein Versicherungsmakler nur diejenigen Versicherer zugrunde legt, mit denen er eine Provisionsabrede getroffen hat. … Dabei bezieht die Beklagte insbesondere marktstarke Versicherer wie A, H, C, W1 oder W2 nicht ein. Dies genügt den Anforderungen nach § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG nicht.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.9.2021, 6 U 82/20, Tz. 82, 86

Die Weigerung einer Versicherung, in die Vergleiche einbezogen zu werden, kann den Versicherungsmakler nicht davon befreien, sich grundsätzlich am Maßstab des § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG messen zu lassen, und bestimmt auch nicht die nach dieser Vorschrift geforderte Beratungsgrundlage. Auch wenn ungefähr die Hälfte der am Markt auftretenden Versicherer – aus welchen Gründen auch immer – von der Beklagten nicht genannt werden möchten oder nicht bereit ist, ein von der Beklagten als Versicherungsmaklerin unterbreitetes Angebot auf Abschluss eines Versicherungsvertrags anzunehmen, schuldet die Beklagte als Maklerin den an der entsprechenden Versicherung interessierten Kunden grundsätzlich die Einbeziehung von deren Konditionen in die Marktanalyse. ...

Kann oder will der Versicherungsmakler aufgrund einer Verweigerungshaltung von Versicherern einen hinreichend ausgewogenen Rat nicht erteilen, so steht es ihm unter Umständen frei, die Beratungsgrundlage auf einen geringeren als den in § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG geforderten Umfang zu reduzieren, indem er im Einzelfall den Hinweis nach § 60 Abs. 1 Satz 2 VVG erteilt. Damit wird Maklern, die sich keinen hinreichenden Marktüberblick verschaffen können, ermöglicht, ohne Statusverlust als Versicherungsmakler tätig zu sein (BT-Drucks. 16/1935, S. 23). Ohne solchen Hinweis liegt im Verzicht auf die ausgewogene Marktuntersuchung ein Verstoß gegen § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG.

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§ 60 Abs. 1 Satz 2 VVG

OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.9.2021, 6 U 82/20, Tz. 91 f

Mit der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers dürfte in § 60 Abs. 1 Satz 2 VVG nicht etwa die auf den Abschluss eines Maklervertrags, sondern die auf den Abschluss des Versicherungsvertrags gerichtete Willenserklärung des Versicherungsnehmers gemeint sein (BT-Drucks. 16/1935, S. 23; Dörner in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl., § 60 Rn. 9; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl., § 60 Rn. 7).

Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs soll die Regelung in § 60 Abs. 1 Satz 2 VVG dem Versicherungsmakler ermöglichen, im Einzelfall mit dem Versicherungsnehmer zu „vereinbaren“, dass er ihn aufgrund einer eingeschränkten Vertragsauswahl berät (BT-Drucks. 16/1935, S. 23). … Schon aus dem Wortlaut ergibt sich, dass es zumindest nicht genügt, wenn sich die Einschränkung der Beratungsgrundlage dem Versicherungsnehmer nur aus den Umständen erschließt (MünchKommVVG/Reiff, 2. Aufl., § 60 Rn. 25). Die Frage, ob ein Hinweis inhaltlich die eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl im Sinn von § 60 Abs. 1 Satz 2 VVG zum Gegenstand hat, ist nach Systematik und Zweck des Regel-/Ausnahmeverhältnisses in § 60 Abs. 1 VVG danach zu beurteilen, ob der Versicherungsmakler damit angibt, dass er nicht im vollen Umfang des § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG berät (vgl. BT-Drucks. 16/1935, S. 23). Ihm muss also die Information zu entnehmen sein, dass der Versicherungsmakler in diesem Einzelfall gerade keine „hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern“ zu Grunde legt, etwa mangels ausgewogener Untersuchung (vgl. Art. 19 Abs. 1 Buchst. c Nr. iii) RL (EU) 2016/97; zuvor Art. 12 Abs. 1 Uabs. 1 Satz 2 Nr. iii)).

OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.9.2021, 6 U 82/20, Tz. 101

Es genügt für sich genommen noch nicht, wenn ein Hinweis bloß in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Maklers enthalten ist, ohne dem Versicherungsnehmer gegenüber unterbreitet zu werden. ... Es widerspräche es dem Begriff eines ausdrücklichen Hinweises und dem Normzweck – den Versicherungsnehmer in die Lage zu versetzen, entweder auf der Grundlage einer ausgewogenen Beratung oder doch wenigstens im Bewusstsein ihres Mangels seine Entscheidung über den Abschluss des angeratenen Versicherungsvertrags zu treffen –, wenn dem Versicherungsnehmer lediglich eine Zugangsmöglichkeit zu die Angabe, aus der sich die beschränkte Beratungsgrundlage ergibt, verschafft wird, ohne ihm diese Angabe aktiv zu unterbreiten.

Zum Hinweis auf 'Teilnehmende Versicherer'

OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.9.2021, 6 U 82/20, Tz. 103

Ausgehend hiervor genügt der mit „Teilnehmende Versicherer“ bezeichnete Verweis auf ein Pop-Up-Fenster nicht den Anforderungen nach § 60 Abs. 1 Satz 2 VVG. Er besagt noch nichts darüber, dass die Beklagte ihrem Rat keine hinreichende Beratungsgrundlage (Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern) zugrunde legt. Er lässt offen, ob es auch – im Verweis gerade nicht angesprochene – nicht teilnehmende Versicherer gibt, erst Recht ob diese einen so erheblichen Marktanteil haben, dass nicht mehr von einem § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG genügenden Rat auszugehen ist. Die Angabe „Teilnehmende Versicherer“ kann aus Sicht des Besuchers der Internetseite auch den Zweck haben, eine besonders große, (nahezu) umfassende Markabdeckung der Beratung durch die Beklagte zu bewerben. Bleibt damit offen, welche Informationen sich hinter dem Link verbergen, zu dessen Benutzung der Besucher auch nicht (ausdrücklich) aufgefordert wird, ist es dem Versicherungsnehmer überlassen, ob er diesem Verweis nachgeht und so (etwa dann ausreichende) Informationen über die beschränkte Beratungsgrundlage zur Kenntnis nimmt. Insbesondere gibt die Bezeichnung des Links mit „Teilnehmende Versicherer“ keinen Anlass zu der Annahme, dass sich dahinter nähere Angaben dazu befinden, dass die Beklagte ihrem Rat keine im Sinn von § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG (also unter dem Gesichtspunkt einer ausgewogenen Untersuchung) hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern zugrunde legt.

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§ 60 Abs. 2, 3 VVG

(2) Der Versicherungsmakler, der nach Absatz 1 Satz 2 auf eine eingeschränkte Auswahl hinweist, und der Versicherungsvertreter haben dem Versicherungsnehmer mitzuteilen, auf welcher Markt- und Informationsgrundlage sie ihre Leistung erbringen, und die Namen der ihrem Rat zu Grunde gelegten Versicherer anzugeben. Der Versicherungsvertreter hat außerdem mitzuteilen, für welche Versicherer er seine Tätigkeit ausübt und ob er für diese ausschließlich tätig ist.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Mitteilungen und Angaben nach Absatz 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.9.2021, 6 U 82/20, Tz. 113 f

Zwar erfüllt die Beklage das besondere Merkmal, dass sie „nach § 60 Abs. 1 Satz 2 [VVG] auf eine eingeschränkte Auswahl hinweist“ nicht im buchstäblichen Sinn. Sie hat keinen § 60 Abs. 1 Satz 2 VVG genügenden Hinweis erteilt. Dies steht der Anwendung von § 60 Abs. 2 Satz 1 VVG aber nicht entgegen. Bei der gebotenen Gesetzesauslegung genügt es, dass ein auf beschränkter Grundlage erteilter Rat vorliegt, der nach § 60 Abs. 1 VVG nicht ohne dahingehenden ausdrücklichen Hinweis zulässig war. …

Der im Gesetz zum Ausdruck gekommene Normzweck liegt darin, dem Versicherungsnehmer im Fall einer beschränkten Beratungsgrundlage dieselbe transparent zu machen, damit der Versicherungsnehmer sich zumindest teilweise ein Urteil über die fachliche Kompetenz und Interessengebundenheit des Versicherungsvermittlers bilden kann (vgl. BT-Drucks. 16/1935). Der Gesetzeswortlaut erlegt einem Versicherungsmakler, der aufgrund eines Hinweises im Sinn von § 60 Abs. 1 Satz 2 VVG seinen Rat (abweichend vom Regelfall nach § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG) auf beschränkter Grundlage erteilen darf, zu diesem Zweck weitere Informationspflichten auf. Das Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers ergibt sich allerdings schon aus dem Umstand der beschränkten Beratungsgrundlage und damit auch dann, wenn der Versicherungsmakler den zur Legitimation seines Handelns erforderlichen Hinweises nach § 60 Abs. 1 Satz 2 VVG unterlässt. Es wäre sinnwidrig, den gesetzeskonform handelnden Makler mit beschränkter Beratungsgrundlage strengeren Mitteilungspflichten zu unterstellen als einen Makler, der mit seiner mit beschränkten Beratungsgrundlage schon gegen die grundlegende Pflicht nach § 60 Abs. 1 VVG verstößt.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.9.2021, 6 U 82/20, Tz. 118 f, 122

Die Auslegung von § 60 Abs. 2 Satz 1 VVG ergibt, dass die Adressaten der Vorschrift in mehrfacher Hinsicht einer Informationspflicht unterliegen.

Zusätzlich zu der Benennung der bei dem Rat in Betracht gezogenen Versicherer ist eine – nicht schon in dieser Benennung liegende – Mitteilung der Markt- und Informationsgrundlage erforderlich. ...

Aus der begrifflichen Unterscheidung im Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass die Informationsgrundlage nicht mit den objektiven Marktverhältnissen oder einem Teil davon gleichzusetzen ist, sondern die Art und Weise betrifft, wie der Versicherungsvermittler die ihm vorliegenden Informationen über die von ihm in den Blick genommene Marktgrundlage gewonnen hat, etwa indem er sich auf eine eigene Marktuntersuchung oder die Verwendung einer Maklersoftware beruft.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.9.2021, 6 U 82/20, Tz. 125 ff

Die Beklagte teilt dem Verbraucher (vor Abgabe seiner Vertragserklärung) nicht mit, auf welcher Informationsgrundlage sie ihre Leistung erbringt. Sie macht keine Angaben, wie sie ihre Erkenntnisse über die verglichenen Versicherungsverträge gewonnen hat. Solche Angaben liegen nicht in der Nennung von „1494 verschiedenen Tarifen“ für die Beratung und der Angabe, wie der „Beratungsprozess“ durch Abfragen der Wünsche zum Versicherungsschutz und der Eingaben des Kunden nach Leistungskriterien zu der Empfehlung gelangt sei. Dies liefert keine Erkenntnis darüber, welche Informationen die Beklagte ihrem Vergleich zugrunde gelegt hat und wie sie diese erlangt hat.

Im Übrigen teilt die Beklagte dem Verbraucher (vor Abgabe seiner Vertragserklärung) auch nicht mit, auf welcher Marktgrundlage sie ihrer Leistung erbringt.

Dafür genügt nicht schon die Nennung der Namen der berücksichtigten Versicherer…

Dies gilt insbesondere deshalb, weil jede Information fehlt, die den Marktanteil und die relative Bedeutung der teilnehmenden Gesellschaften im Verhältnis zu den übrigen Versicherern darstellt. Soweit man solche Informationen grundsätzlich für geboten erachtet, wären sie der Beklagten nicht nach den Umständen des Falls deshalb erlassen, weil ihr eine präzise und umfassende Beschreibung der Marktverhältnisse nicht möglich sein mag.

Der Senat ist der Auffassung, dass die Beklagte eine Angabe des Marktanteils … zumindest im Weg einer groben Abschätzung anhand der BaFin-Statistik hätte vornehmen können. … Selbst wenn die Beklagte die BaFIn-Statistik als ungeeignet zur Abschätzung der Marktverhältnisse erachtet haben sollte, wäre ihr zumindest die Information an den Versicherungsnehmer möglich gewesen, dass sie mangels umfassenden Marktüberblicks überhaupt nicht beurteilen könne, welchen Marktanteil ihr Versicherungsvergleich abdeckt.

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§ 61 Abs. 1 VVG

Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags nach § 62 zu dokumentieren.

OLG München, Urt. v. 6.4.2017, 29 U 3139/16, B.I.2.b.cc

§ 61 Abs. 1 Satz 1 VVG enthält eine Marktverhaltensregelung i. S. d. § 3a UWG. ...

§ 61 VVG regelt zwar vorvertragliche Verhaltenspflichten des Versicherungsvermittlers, deren Verletzung in besonderem Maße im Vertragsverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Vermittler oder dem Versicherer Wirkungen entfalten. Sie betreffen aber zum Schutze des Versicherungsnehmers die Marktteilnahme, die im Abschluss des entsprechenden Versicherungsvertrags liegt, so dass § 61 Abs. 1 Satz 1 VVG marktverhaltensregelnde Qualität besitzt.

OLG München, Urt. v. 6.4.2017, 29 U 3139/16, B.I.1.a.bb

§ 61 Abs. 1 Satz 1 VVG begründet keine eigenständige Prüfungspflicht des Versicherungsvermittlers. Die Vorschrift verpflichtet den Versicherungsvermittler unter bestimmten Voraussetzungen, den Versicherungsnehmer zu befragen und - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzung der Verhältnismäßigkeit des Aufwands - zu beraten. Verkennt er, dass die Voraussetzungen vorliegen, die eine Befragung oder eine Beratung erforderlich machen, kann er - auch lauterkeitsrechtlich - wegen eines Verstoßes gegen § 61 Abs. 1 Satz 1 VVG in Anspruch genommen werden. Zur Erfüllung dieser Pflichten zur Befragung oder Beratung mag ihm die Prüfung obliegen, ob die jeweiligen Voraussetzungen vorliegen; eine eigenständige Verpflichtung dazu dem Versicherungsnehmer gegenüber kann der Vorschrift indes nicht entnommen werden.

OLG München, Urt. v. 6.4.2017, 29 U 3139/16, B.I.2.b.dd.3.aa

Die Beklagte genügte ihrer Pflicht nicht bereits dadurch, dass sie dem Nutzer die Möglichkeit einer telefonischen Kontaktaufnahme mit ihr eröffnete. Die bloße Möglichkeit, eine Beratung in Anspruch zu nehmen, stellt für sich genommen keine Beratung dar.

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§ 62 VVG

(1) Dem Versicherungsnehmer sind die Informationen nach § 60 Abs. 2 vor Abgabe seiner Vertragserklärung, die Informationen nach § 61 Abs. 1 vor dem Abschluss des Vertrags klar und verständlich in Textform zu übermitteln.

(2) Die Informationen nach Absatz 1 dürfen mündlich übermittelt werden, wenn der Versicherungsnehmer dies wünscht oder wenn und soweit der Versicherer vorläufige Deckung gewährt. In diesen Fällen sind die Informationen unverzüglich nach Vertragsschluss, spätestens mit dem Versicherungsschein dem Versicherungsnehmer in Textform zu übermitteln; dies gilt nicht für Verträge über vorläufige Deckung bei Pflichtversicherungen.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.9.2021, 6 U 82/20, Tz. 136 ff

Die Übermittlung der Informationen, in denen die Beklagten Mitteilungen und Angaben nach § 60 Abs. 2 VVG erkennen will, genügt nicht der dafür bestimmten Textform.

Die Textform wird für diese Informationen in § 62 Abs. 1 VVG angeordnet. Nach dieser Vorschrift sind dem Versicherungsnehmer „die Informationen nach § 60 Abs. 2 [VVG] vor Abgabe seiner Vertragserklärung, die Informationen nach § 61 Abs. 1 [VVG] vor dem Abschluss des Vertrags klar und verständlich in Textform zu übermitteln“. Sämtliche der genannten Informationen (nicht nur diejenigen nach § 61 Abs. 1 VVG) sind nach dieser – insoweit sprachlich nicht eindeutigen – Vorschrift klar und verständlich in Textform zu übermitteln (allg. Meinung; vgl. nur Dörner in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl., § 62 Rn. 6). Dies ergibt sich zumindest aus dem Zusammenhang mit der Ausnahmeregelung in § 62 Abs. 2 Satz 1 VVG, die eine mündliche Übermittlung der „Informationen nach Absatz 1“ (ohne Unterscheidung) unter bestimmten Voraussetzungen zulässt.

Die Anforderungen für den gemäß § 60 Abs. 2 VVG vorliegenden Fall, dass „durch Gesetz Textform vorgeschrieben“ ist, sind in § 126b Satz 1 BGB bestimmt (vgl. Palandt/Ellenberger, 80. Aufl., § 126a Rn. 1). Danach muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist nach § 126b Satz 2 BGB jedes Medium, das (1.) es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und (2.) geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben. Es kann im Streitfall dahinstehen, ob es namentlich bei einer am objektiven Normzweck, insbesondere den Vorgaben der Unionsrichtlinien zu entsprechen, genügen kann, dem Versicherungsnehmer die Informationen in bestimmter Weise über das Medium einer Website zu erteilen (siehe Art. 23 Abs. 2 Buchst. b), Abs. 5 RL (EU) 2016/97). Dies kommt jedenfalls nur in Betracht, wenn die auf der Website gespeicherten Informationen nicht vom Betreiber der Internetseite beliebig geändert werden können. Sofern die Website hierfür Zugriff auf Informationen in der Weise gibt, dass der Besucher sie von dort etwa kopieren und auf dem eigenen Computer speichern kann, muss sie zudem mindestens Elemente enthalten, die den Verbraucher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu anhalten, diese Informationen in Papierform zu sichern oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger zu speichern. Im Übrigen mag die Erfüllung der Informationspflicht durch einen sicheren Speicherbereich für einzelne Nutzer in Betracht kommen (vgl. EFTA-Gerichtshof, VersR 2010, 793 Rn. 63 ff zu Art. 2 Nr. 12, Art. 13 Abs. 1a RL 2002/92/EG; Gansel/Meister in BeckOK-VVG, Stand Mai 2021, § 62 Rn. 10; Reiff, VersR 2010, 797, 798). Werden die Informationen nur über einen Hyperlink auf einer Website des betreffenden Unternehmens zugänglich gemacht, genügt dies nicht (EuGH, NJW 2012, 2637 - Content Services Ltd/Bundesarbeitskammer).

OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.9.2021, 6 U 82/20, Tz. 140

Nach den Anforderungen, die sich aus dem Vorstehenden mindestens ergeben, kann in der Angabe der teilnehmenden und nicht teilnehmenden Versicherer in einem über Hyperlinks aufrufbaren Pop-Up-Fenster oder Unterseiten keine Übermittlung von Informationen in Textform erkannt werden. Das gilt schon deshalb, weil die dortigen Inhalte durch die Beklagte als Seitenbetreiberin jederzeit geändert werden können. Im Übrigen fehlt jede Vorkehrung, die den Versicherungsnehmer dazu anhalten würde, den Text der hier relevanten Internetinhalte auf einem dauerhaften Datenträger zu sichern. Die Beklagte weist lediglich darauf hin, dass ihm dies selbst bei dem über den Link „Teilnehmende Gesellschaften“ zu öffnenden Pop-Up-Fenster „mittels Copy/Paste […] benutzerfreundlich“ möglich wäre. Die bloße Möglichkeit des Versicherungsnehmers, die Informationen zu kopieren, sie ggf. in ein anderes Programm wie eine Textverarbeitung einzufügen und dann zu speichern, genügt nach den vorstehenden Maßstäben nicht. Ebenso unerheblich ist der weitere Hinweis der Beklagten, hinsichtlich der „Verbraucher-Information“ sei das „altherkömmliche Speichern/Ablegen der URL“ möglich.

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Honorare von Versicherungsberatern

§ 49b BRAO gilt auch für Versicherungsberater.

BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 67/18, Tz. 30, 32 - Erfolgshonorar für Versicherungsberater

Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird oder nach denen der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar erhält (Erfolgshonorar), sind unzulässig, soweit das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nichts anderes bestimmt (§ 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO). § 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO wird durch § 4a RVG ergänzt. Nach § 4a Abs. 1 Satz 1 RVG darf ein Erfolgshonorar nur für den Einzelfall und nur dann vereinbart werden, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 RDGEG gilt das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz für die Vergütung der Rentenberaterinnen und Rentenberater (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG) sowie der registrierten Erlaubnisinhaber mit Ausnahme der Frachtprüferinnen und Frachtprüfer entsprechend. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 RDGEG ist die Vereinbarung eines Erfolgshonorars (§ 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO) unzulässig. ...

Das Verbot anwaltlicher Erfolgshonorare dient mehreren Zielen. Neben das Ziel des Schutzes der anwaltlichen Unabhängigkeit treten weitere verfassungsrechtlich anerkannte Gemeinwohlziele, darunter der Mandantenschutz als besondere Ausprägung des Verbraucherschutzes (BVerfGE 117, 163, 182 ff. [juris Rn. 88 bis 92]). Das Berufungsgericht hat die Regelung in § 49b Abs. 2 BRAO deshalb zu Recht als Marktverhaltensregelung angesehen.

BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 67/18, Tz. 35 - Erfolgshonorar für Versicherungsberater

Das Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars (§ 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO) aus § 4 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 RDGEG gilt, wie sich aus dem Regelungszusammenhang mit § 4 Abs. 1 Satz 1 RDGEG ergibt, zum einen für Rentenberaterinnen und Rentenberater (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG) und zum anderen für registrierte Erlaubnisinhaber mit Ausnahme der Frachtprüferinnen und Frachtprüfer. Für die Beklagte als Versicherungsberaterin gilt das Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars demnach nur dann, wenn sie zu den registrierten Erlaubnisinhabern im Sinne dieser Vorschrift zählt. Die Frage, ob Versicherungsberater registrierte Erlaubnisinhaber im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 RDGEG sind, lässt sich nur unter Berücksichtigung von Entstehungsgeschichte, Regelungszusammenhang sowie Sinn und Zweck der hierfür maßgeblichen Vorschriften beantworten.

Es folgt eine umfangreiche Prüfung und Gleichstellung von Versicherungsberatern mit registrierten Erlaubnisinhabern, für die das Verbot der Vereinbarung von Erfolgshonoraren gilt.

BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 67/18, Tz. 58 - Erfolgshonorar für Versicherungsberater

Das Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars in § 4 Abs. 2 Satz 2 RDGEG knüpft nicht an die rechtliche Natur der vertraglichen Vereinbarung an, sondern an die berufliche Stellung desjenigen, der die in Rede stehenden Dienstleistungen erbringt. Wer im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit dieses Verbot zu beachten hat, kann weder einen Maklervertrag noch einen Versicherungsmaklervertrag in zulässiger Weise abschließen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 1977 - IV ZR 55/75, WM 1977, 551). Ein solcher Vertrag ist nichtig (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2009 - IX ZR 167/07, NJW 2009, 3297 Rn. 15, mwN).

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Einzelne Versicherungsgesetze

OLG Köln, Urt. v. 22.11.2019, 6 U 81/19, Tz. 55

Das Pflichtversicherungsgesetz, das durch Beschluss der Reichsregierung vom 07.11.1939 eingeführt wurde, bezweck nach den oben im Einzelnen dargelegten Grundsätzen nicht den Schutz der Marktteilnehmer, sondern dient dem Schadensausgleich, weil die Haftung der Halter, Fahrzeugführer und weiteren im StVG genannten Personen ins Leere liefe, wenn der Geschädigte eine Forderung nicht realisieren kann. Diesem Missstand hilft die Versicherungspflicht ab (vgl. Kretschmer in MünchKomm/StVR, 1. Aufl., § 6 PflVG Rn. 1, 5).

§ 11 VersVermG

OLG München, Urt. v. 6.4.2017, 29 U 3139/16, B.II.1.b.aa, bb

Gemäß § 11 Abs. 1 VersVermV hat ein Versicherungsvermittler dem Versicherungsnehmer beim ersten Geschäftskontakt die dort im Einzelnen aufgeführten Angaben klar und verständlich in Textform mitzuteilen. Diese Vorschrift stellt eine Marktverhaltensregelung i. S. d. § 3a UWG, § 4 Nr. 11 UWG a. F. dar, deren Verletzung einen lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch begründet (vgl. BGH GRUR 2014, 398 - Online-Versicherungsvermittlung Tz. 33). ...

Die Angaben sind in Textform mitzuteilen. ...

Die bloße Abrufbarkeit der Angaben auf einer gewöhnlichen Webseite des Versicherungsvermittlers reicht hiernach nicht aus, weil die Belehrung auf diese Weise nicht in einer unveränderlichen textlich verkörperten Gestalt in den Machtbereich des Versicherungsnehmers gelangt. Erforderlich ist in diesem Falle vielmehr, dass der Verbraucher die Belehrung per Briefpost oder E-Mail erhält oder auf seinem Computer abspeichert oder selbst ausdruckt; es ist Aufgabe des Versicherungsvermittlers, dem Versicherungsnehmer die Belehrung in Textform zu übermitteln, und nicht Aufgabe des Versicherungsnehmers, sich diese Belehrung selbst zu verschaffen (vgl. BGH NJW 2014, 2857 Tz. 19 m. w. N.; vgl. auch Ellenberger in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 126b Rz. 3). In Betracht kommen mag auch ein obligatorischer Download (vgl. Dörner, a. a. O., § 11 VersVermV Rz. 4), ohne den der Vermittlungsvorgang nicht fortgesetzt werden kann.

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