Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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6. Erfüllung (Unterlassungserklärung oder actus contrarius)

Bei der Erfüllung eines Unterlassungsanspruchs ist zwischen dem Unterlassungsanspruch, dem eine wettbewerbswidrige geschäftliche Handlung vorausgegangen ist(Vorliegen einer Wiederholungsgefahr), und dem Unterlassungsanspruch, der sie aus einer drohenden wettbewerbswidrigen geschäftlichen Handlung ergibt (Vorliegen einer Erstbegehungsgefahr), zu unterscheiden.

1. Erfüllung bei Vorliegen einer Wiederholungsgefahr

1a. Erfüllung des Unterlassungsanspruch durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung

1b. Erfüllung des Unterlassungsanspruchs ohne Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung

2. Erfüllung bei Vorliegen nur einer Erstbegehungsgefahr

Erfüllung bei Vorliegen einer Wiederholungsgefahr

Die Wiederholungsgefahr kann nach ganz allgemeiner Auffassung fast ausnahmslos nur durch die Abgabe einer ausreichend strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden. Nur in ganz selten Ausnahmefällen ist es ausreichend, dass die beanstandete geschäftliche Handlung eingestellt wird (siehe unten). Daneben ist derzeit streitig, ob in den Fällen einer Erstabmahnung durch einen Mitbewerber wegen eines Rechtsverstoß in Telemedien oder wegen eines Verstoßes gegen Datenschutzbestimmungen eine Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafe ausreicht, um die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen.

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Erfüllung des Unterlassungsanspruch durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung

BGH, Vers.-Urt. v. 26.10.2000, I ZR 180/98, III.2.d - TCM-Zentrum

Die durch einen bereits begangenen Wettbewerbsverstoß begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr kann regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden; sie entfällt insbesondere nicht schon mit der Aufgabe der Betätigung, in deren Rahmen die Verletzungshandlung erfolgt ist, solange nicht auch jede Wahrscheinlichkeit für eine Wiederaufnahme ähnlicher Tätigkeiten durch den Verletzer beseitigt ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.1.1992 - I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 319 f. = WRP 1992, 314 - Jubiläumsverkauf,  m.w.N.).

BGH, Urt. v. 21.02.2008, I ZR 142/05 - Buchführungsbüro

Eine Unterlassungserklärung muss, um die durch eine Verletzungshandlung begründete Gefahr der Wiederholung entsprechender Wettbewerbsverstöße auszuräumen, eindeutig und hinreichend bestimmt sein und den ernstlichen Willen des Schuldners erkennen lassen, die betreffende Handlung nicht mehr zu begehen, und daher durch ein angemessenes Vertragsstrafeversprechen abgesichert sein. Sie muss außerdem den bestehenden gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach Inhalt und Umfang voll abdecken und dementsprechend uneingeschränkt, unwiderruflich, unbedingt und grundsätzlich auch ohne die Angabe eines Endtermins erfolgen. Beschränkungen der Unterlassungserklärung, die lediglich einer Begrenzung des Unterlassungsanspruchs des Gläubigers nach materiellem Recht entsprechen, sind jedoch unbedenklich.

OLG Hamburg, Urt. v. 27.10.2010 , 5 U 224/08

An den Wegfall der nach einem begangenen Wettbewerbsverstoß grundsätzlich zu vermutenden Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen. Die einfache Erklärung der beklagten Partei, sie werde die beanstandete Handlung nicht wiederholen, genügt nicht, um die tatsächliche Vermutung zu widerlegen. Auch die bloße Einstellung des wettbewerbswidrigen Verhaltens reicht für den Wegfall einer nach einem Wettbewerbsverstoß vermuteten Wiederholungsgefahr insbesondere dann nicht, wenn das beanstandete Verhalten jederzeit ohne größeren Aufwand wieder aufgenommen werden kann.

OLG Hamburg, Beschl. v. 21.11.2011, 3 U 117/11, II.2.a (= MD 2012, 52)

Die aufgrund vorangegangener Verletzungshandlungen vermutete Wiederholungsgefahr erstreckt sich nicht nur auf die konkrete Verletzungsform, sondern auch auf alle kerngleichen Handlungen, so dass der Unterlassungsanspruch von vornherein alle kerngleichen Formen einschließt, wobei allerdings der Grundsatz gilt, dass die notwendige Erstreckung der Verpflichtungserklärung auf kerngleiche Formen nicht ausdrücklich erklärt zu werden braucht, so dass eine nur auf die konkrete Verletzungsform abstellende Unterlassungsverpflichtungserklärung regelmäßig auch kerngleiche Verletzungshandlungen einschließt (vgl. Teplitzky, Kap. 8 Rn. 16.m.w.Nachw.).

Näheres zur Unterlassungserklärung hier.

Eine Abschlusserklärung führt nicht zum Wegfall der Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr. Sie beseitigt allerdings das Rechtsschutzbedürfnis für eine Unterlassungsklage.

Näheres zur Abschlusserklärung siehe hier.

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Erfüllung des Unterlassungsanspruch durch die Abgabe einer nicht strafbewehrten Unterlassungserklärung

Nach § 13a Abs. 2 UWG ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für Mitbewerber bei einer erstmaligen Abmahnung bei Verstößen nach § 13 Abs. 4 UWG ausgeschlossen, wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. § 13 Abs. 4 UWG betrifft Rechtsverstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien und Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen. Es ist derzeit streitig, ob in den Fällen einer Erstabmahnung durch einen Mitbewerber ausreicht, um die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen.

OLG Schleswig, Beschl. v. 3. Mai 2021, 6 W 5/21, II.1.b (WRP 2021, 950)

Unter den in § 13a Abs. 2 UWG n. F. genannten Voraussetzungen ... ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe zwischen Gläubiger und Verletzer ausgeschlossen. In diesen Fällen kann an dem Erfordernis der Strafbewehrung zur Widerlegung der vermuteten Wiederholungsgefahr nicht mehr festgehalten werden. Anderenfalls wäre es dem Verletzer unmöglich, die Vermutung der Wiederholungsgefahr im unmittelbaren Verhältnis zum Gläubiger zu widerlegen und so eine außergerichtliche Streitbeilegung zwischen ihm und dem Gläubiger herbeizuführen. Dass der Gesetzgeber aber mit den Änderungen des UWG durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs (BT-Drs. 19/12084, 1) für diese Fälle eine außergerichtliche Streitbeilegung zwischen Mitbewerbern ausschließen wollte, lässt sich weder der Gesetzessystematik in §§ 13, 13a UWG n. F. noch der Gesetzesbegründung entnehmen.

Durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs hat der Gesetzgeber an dem System der außergerichtlichen Streitbeilegung durch Abmahnung und strafbewehrter Unterlassungserklärung grundsätzlich festgehalten (§ 13 Abs. 1 UWG n. F.). Er hat dieses Recht der Abmahnung und Unterwerfung jedoch einer vorsichtigen Umgestaltung unterworfen. Insoweit wird die in § 13 Abs. 1 UWG n. F. genannte "angemessene Vertragsstrafe" erstmals durch die Regelungen in § 13a UWG n. F. konkretisiert. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 13a Abs. 1 UWG n. F., denn dort heißt es: "Bei der Festlegung einer angemessenen Vertragsstrafe nach § 13 Absatz 1 sind folgende Umstände zu berücksichtigen…". Die Ausgestaltung einer angemessenen Vertragsstrafe i. S. d. § 13 Abs. 1 UWG n. F. richtet sich demnach nach § 13a UWG n. F.. Soweit in § 13a Abs. 2 UWG n. F. die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ausgeschlossen ist, ist dies über § 13a Abs. 1 UWG n. F. auch bei der Auslegung des § 13 Abs. 1 UWG n. F. zu berücksichtigen. Das Erfordernis einer angemessenen Vertragsstrafe entfällt in diesen Fällen, weil eine solche Vereinbarung ausgeschlossen ist. Die Regelung in § 13 Abs. 1 UWG ist somit in den Fällen des § 13a Abs. 2 UWG n. F. so zu verstehen, dass der Gläubiger den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben soll, den Streit durch Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung beizulegen.

Einzelne Landgerichte sind derzeit anderer Meinung. Zum Streitstand siehe Mörger, Malte, Ausgewählte Probleme im neuen UWG: Fortfall der Wiederholungsgefahr ohne Vertragsstrafeversprechen?, WRP 2021, 885

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Erfüllung des Unterlassungsanspruchs ohne Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung

In ganz seltenen Ausnahmefällen kann der Unterlassungsanspruch auch ohne Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung erfüllt werden, indem die beanstandete geschäftliche Handlung eingestellt oder so geändert wird, dass sie nicht mehr wettbewerbswidrig ist. Wer sich auf solch einen Ausnahmefall beruft, geht angesichts des ehernen Grundsatzes, dass die Wiederholungsgefahr bei einem Unterlassungsanspruch nur durch Abgabe einer ausreichend strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt werden kann, ein hohes Risiko ein. In Betracht kommen lediglich Sachverhalte, in denen eine Wiederholung der beanstandeten Handlung aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen ist. In Betracht kommen gegebenenfalls auch noch Sachverhalte, in denen der Wettbewerbsverstoß marginal und objektiv erkennbar versehentlich erfolgt ist.

OLG Jena, Beschl. v. 20.7.2011, 2 W 320/11

Nur in besonderes gelagerten Einzelfällen kann eine Änderung des tatsächlichen Verhaltens des Schuldners genügen, die Wiederholungsgefahr ohne Abgaben einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auszuräumen. …

Die Vermutung für das Bestehen der Wiederholungsgefahr ist z.B. erschüttert, wenn der begangene Verstoß in keiner Weise in wettbewerbswidriger Absicht begangen wurde, sondern auf einem Versehen beruht und nach erfolgtem Hinweis auf das Versehen sofort abgestellt wurde (vgl. so auch zu Irreführungsfällen OLG Karlsruhe NJWE-WettbR 1996, 5). … Daher gilt ausnahmsweise, dass die Veränderung des Verhaltens zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr genügt, weil und soweit ein zunächst rechtmäßiges Verhalten durch eine Veränderung der tatsächlichen Umstände wettbewerbswidrig wurde, ohne dass die Antragsgegnerin dies selbst zeitnah bemerken musste.

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Erfüllung bei Vorliegen nur einer Erstbegehungsgefahr

BGH, Urt. v. 4.12.2008, I ZR 94/06, Tz. 12

Für die Beseitigung der Erstbegehungsgefahr genügt ein der Verhaltensweise, die sie begründet hat, entgegen gesetztes Verhalten (‚actus contrarius’).

BGH, Urt. v. 29. 10. 2009, I ZR 180/07, Tz. 26 – Stumme Verkäufer II

Die durch das erstmalige Drohen begründete Erstbegehungsgefahr kann - anders als die durch einen bereits begangenen Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr, für deren Bestehen eine tatsächliche Vermutung streitet, - im Allgemeinen bereits durch ein entgegengesetztes Verhalten und daher, wenn sie auf Äußerungen beruht, auch schon durch deren Widerruf oder die Erklärung des Unterlassungswillens ausgeräumt werden, sofern mit dieser Äußerung von dem ursprünglichen Vorhaben unmissverständlich und ernstlich Abstand genommen wird (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.2001, I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1176 = WRP 2001, 1076 - Berühmungsaufgabe).

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