Die Vorschrift wurde zum 9. Dezember 2015 aufgehoben!
1. Gesetzeswortlaut des § 4 Nr. 2 UWG
2. Regelungszweck des § 4 Nr. 2 UWG
3. Ergänzende Vorschriften zu § 4 Nr. 2 UWG
3a. Verhältnis zu § 4 Nr. 1 UWG
3c. Jugend-Medienschutz-Staatsvertrag
Gesetzeswortlaut des § 4 Nr. 2 UWG
Unlauter im Sinne von § 3 handelt, wer
geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, geistige oder körperliche Gebrechen, das Alter, die geschäftliche Unerfahrenheit, die Leichtgläubigkeit, die Angst oder die Zwangslage von Verbrauchern auszunutzen
Regelungszweck des § 4 Nr. 2 UWG
BGH, Urt. v. 22.1.2014, I ZR 218/12, Tz. 22 – Nordjob-Messe
Durch § 4 Nr. 2 UWG sollen besonders schutzwürdige Verbraucher vor der Ausnutzung ihrer Unerfahrenheit bewahrt werden. Erfasst werden sollen auch Fälle im Vorfeld von konkreten Verkaufsförderungsmaßnahmen, beispielsweise, wenn Daten von Kindern oder Jugendlichen zu Werbezwecken erhoben werden (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs 2004, BT-Drucks. 15/1487, S. 17).
BGH, Urt. v. 3. 3.2011, I ZR 167/09,Tz. 30 – Kreditkartenübersendung
Die Vorschrift stellt - abweichend vom Leitbild des erwachsenen Durchschnittsverbrauchers, das den Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb im Allgemeinen zugrunde liegt - auf besonders schutzbedürftige Verbraucherkreise ab. Erforderlich ist, dass die angeschriebenen Verkehrskreise nicht über die Kenntnisse verfügen, die von einem durchschnittlich aufmerksamen, informierten und verständigen Verbraucher zu erwarten sind.
Außerdem muss § 3 Abs. 2 UWG beachtet werden:
„Geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern sind … unzulässig, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dabei ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Auf die Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds einer auf Grund von geistigen oder körperlichen Gebrechen, Alter oder Leichtgläubigkeit besonders schutzbedürftigen und eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern ist abzustellen, wenn für den Unternehmer vorhersehbar ist, dass seine geschäftliche Handlung nur diese Gruppe betrifft.“
Tatbestandsvoraussetzungen
Es ist nicht verboten, seine Werbung gezielt an besonders schutzbedürftige Personen oder Personenkreise zu richten. Ebenso wenig sind Personen aufgrund ihres Alters, geistiger oder körperlicher Gebrechen, Unerfahrenheit, Leichtgläubigkeit oder geistigen Behäbigkeit per se schutzbedürftig. Der Tatbestand setzt voraus,
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dass zunächst die Schutzbedürftigkeit der betroffenen Person oder – bei einer geschäftlichen Handlung gegenüber einer Mehrheit von Personen – einer durchschnittlichen Person der Personengruppe im Einzelfall konkret bestimmt wird,
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dass es für den Unternehmer vorhersehbar war, dass sich seine geschäftliche Handlung vorwiegend an eine besonders schutzbedürftige Person oder Personengruppe richtet, und
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dass die geschäftliche Handlung geeignet ist, die Umstände, aus denen sich die Schutzbedürftigkeit ergibt, auszunutzen.
Ergänzende Vorschriften zu § 4 Nr. 2 UWG
Verhältnis zu § 4 Nr. 1 UWG
Es ist noch nicht abschließend geklärt, ob § 4 Nr. 2 UWG einen eigenen Anwendungsbereich hat oder lediglich ein Unterfall des § 4 Nr. 1 UWG darstellt, in dem die Vorgabe des § 3 Abs. 2 Satz 3 UWG noch einmal ausdrücklich eingepreist ist.
Schwarze Liste
Aus dem Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG (Schwarze Liste) liegen drei Tatbestände im Umkreis von § 4 Nr. 2 UWG:
Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Absatz 3 sind
12 unwahre Angaben über Art und Ausmaß einer Gefahr für die persönliche Sicherheit des Verbrauchers oder seiner Familie für den Fall, dass er die angebotene Ware nicht erwirbt oder die angebotene Dienstleistung nicht in Anspruch nimmt;
25 das Erwecken des Eindrucks, der Verbraucher könne bestimmte Räumlichkeiten nicht ohne vorherigen Vertragsabschluss verlassen;
28 die in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder, selbst die beworbene Ware zu erwerben oder die beworbene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene dazu zu veranlassen
Jugend-Medienschutz-Staatsvertrag
(2) Werbung darf Kinder und Jugendliche weder körperlich noch seelisch beeinträchtigen, darüber hinaus darf sie nicht
- direkte Aufrufe zum Kaufen oder Mieten von Waren oder Dienstleistungen an Minderjährige enthalten, die deren Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit ausnutzen,
- Kinder und Jugendliche unmittelbar auffordern, ihre Eltern oder Dritte zum Kauf der beworbenen Waren oder Dienstleistungen zu bewegen,
- das besondere Vertrauen ausnutzen, das Kinder oder Jugendliche zu Eltern, Lehrern und anderen Vertrauenspersonen haben, oder
-
Kinder oder Minderjährige ohne berechtigten Grund in gefährlichen Situationen zeigen.
(4) Werbung, die sich auch an Kinder oder Jugendliche richtet oder bei der Kinder oder Jugendliche als Darsteller eingesetzt werden, darf nicht den Interessen von Kindern oder Jugendlichen schaden oder deren Unerfahrenheit ausnutzen
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für Teleshopping und Sponsoring entsprechend. Teleshopping darf darüber hinaus Kinder oder Jugendliche nicht dazu anhalten, Kauf- oder Miet- bzw. Pachtverträge für Waren oder Dienstleistungen zu schließen.
Heilmittelwerbegesetz (HWG)
Außerhalb der Fachkreise darf für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden
Nr. 7 mit einer Werbeaussage, die geeignet ist, Angstgefühle hervorzurufen oder auszunutzen,
Vertöße gegendas HWG sind gleichzeitig auch Verstöße gegen § 4 Nr. 11 UWG.