Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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Nr. 10: Selbstdiagnose und -behandlung

§ 11 Abs. 1 Nr. 10 HWG wurde mit Wirkung zum 26. Oktober 2012 aufgehoben.

ACHTUNG: Der im ehemaligen § 11 Abs. 1 Nr. 10 HWG verankerte Schutz vor Anleitungen zur Selbstdiagnose findet sich nach der HWG-Reform 2012 nunmehr in § 11 Abs. 1 Nr. 3 HWG

.

Die nachfolgenden Ausführungen gelten nicht mehr und sind lediglich rechtshistorischer Natur.

 

1. Gesetzestext

2. Richtlinientext

3. Voraussetzung: mittelbare Gesundheitsgefährdung

4. Selbsterkennung und Selbstbehandlung

5. Veröffentlichungen und audiovisuelle Medien

6. Nennung bekannter Symptome bekannter Krankheiten

Gesetzestext

 

§ 11 Nr. 10 HWG

Außerhalb der Fachkreise darf für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden

mit Veröffentlichungen, die dazu anleiten, bestimmte Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden beim Menschen selbst zu erkennen und mit den in der Werbung bezeichneten Arzneimitteln, Gegenständen, Verfahren, Behandlungen oder anderen Mitteln zu behandeln, sowie mit entsprechenden Anleitungen in audiovisuellen Medien.

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Richtlinientext

 

Art. 90 lit a) Richtlinie 2001/83/EG

Die Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel darf keine Elemente enthalten, die

a) eine ärztliche Untersuchung oder einen chirurgischen Eingriff als überflüssig erscheinen lassen, insbesondere dadurch, dass sie eine Diagnose anbieten oder eine Behandlung auf dem Korrespondenzwege empfehlen;

Art. 90 lit i) Richtlinie 2001/83/EG

Die Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel darf keine Elemente enthalten, die

i) durch eine ausführliche Beschreibung oder Darstellung der Anamnese zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten könnten

§ 11 Abs. 1 Nr. 10 HWG und die Vorgaben der Richtlinie sind nicht ganz deckungsgleich. § 11 Abs. 1 Nr. 10 HWG ist aber wohl weitgehend trichtlinienkonform.

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Voraussetzung: mittelbare Gesundheitsgefährdung

 

 

BGH; Urt. v. 6.5.2004, I ZR 265/01, II.1. b, c – Lebertrankapseln

Da § 11 Abs. 1 Nr. 10 HWG die Möglichkeiten der Publikumswerbung und dementsprechend die Freiheit der Berufsausübung einschränkt, greift sie nur dann ein, wenn eine Werbemaßnahme zu einer unmittelbaren oder zumindest zu einer mittelbaren Gesundheitsgefährdung führen kann (vgl. - zu § 1 Abs. 2 HeilpraktikerG - BVerfG, Beschl. v. 17.7.2000, 1 BvR 254/99, NJW 2000, 2736).

Eine mittelbare Gesundheitsgefährdung wäre gegeben, wenn die Werbung die nicht nur als geringfügig einzustufende Gefahr begründete, dass ihre Adressaten glauben, sie könnten ein auch bei ihnen vorliegendes Leiden durch die Einnahme des beworbenen Präparats heilen, und daher von einem Arztbesuch absehen, den sie ohne die Werbung gemacht hätten und der zum noch rechtzeitigen Erkennen anderer, ernster Leiden geführt hätte (vgl. BGH, Urt. v. 21.6.2001, I ZR 197/00- Optometrische Leistungen II, m.w.N.).

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Selbsterkennung und Selbstbehandlung

 

Durch § 11 Abs. 1 Nr. 10 HWG wird nur eine Werbung verboten, die kumulativ zur Selbsterkennung (Diagnose) und zur Selbstbehandlung (Therapie) auffordert. Außerdem muss sich die Werbung - wie allgemein im Heilmittelwerbegesetz auf ein bestimmtes Arzneimittel beziehen. Abstrakte Darstellungen ohne diesen Bezug werden nicht erfasst. Andererseits ist es nicht erforderlich, dass die Diagnose und Behandlung durch den Werbeadressaten selbst erfolgt. Es kann auch genügen, dass dieser einen Dritten, der selbst Laie ist, also nicht zu den Fachkreisen zählt, in die Diagnose und Behandlung einbinden soll.

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Veröffentlichungen und audiovisuelle Medien

 

§ 11 Abs. 1 Nr. 10 HWG verbietet nur die Werbung für ein bestimmtes Arzneimittel, soweit sie in Veröffentlichungen (Druckschriften) oder audiovisuellen Medien erfolgt. Die individuelle Beratung wird nicht erfasst.

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Nennung bekannter Symptome bekannter Krankheiten

 

BGH; Urt. v. 6.5.2004, I ZR 265/01, II.1.b, c. aa, bb – Lebertrankapseln

Bei der Auslegung ist zu berücksichtigen, dass eine zulässige Publikumswerbung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 HWG die Mitteilung enthalten muss, für welche Anwendungsgebiete die Therapieempfehlung ausgesprochen wird. Wenn die Anwendungsgebiete Krankheiten erfassen, deren Symptome dem durchschnittlichen Werbeadressaten ohne weiteres geläufig sind, ist es mit § 11 Abs. 1 Nr. 10 HWG grundsätzlich vereinbar, dass die Symptome in der Werbung zur Verdeutlichung nochmals genannt werden. Denn die Angabe der Symptome leitet unter dieser Voraussetzung grundsätzlich nicht zur Selbsterkennung der Krankheiten an. Eine unzulässige Diagnoseanleitung liegt in solchen Fällen daher regelmäßig nur dann vor, wenn beim Publikum zumindest eine Unsicherheit darüber besteht, worin sich die mit dem beworbenen Arzneimittel zu therapierende Krankheit äußert, und die Werbung in dieser Hinsicht durch Schilderung der typischen Symptome zusätzliche Hinweise enthält.

Eine abweichende Beurteilung ist allerdings dann geboten, wenn die bekannten Symptome einer bekannten Krankheit auch auf eine andere, nicht in diesem Maße bekannte Erkrankung hinweisen können. In einem solchen Fall ist eine relevante mittelbare Gesundheitsgefährdung zu bejahen, wenn die Werbung geeignet ist, beim durchschnittlichen Adressaten den Eindruck zu erwecken, dass die dort geschilderten Symptome allein auf die Krankheit hinweisen, deren Bekämpfung das beworbene Arzneimittel dient.

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