Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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Briefkastenwerbung

1. Keine Werbung - Aufkleber sind zu beachten

2. Ausnahme: Anzeigenblätter

3. Teilwiderspruch: Keine Werbung in Plastikfolie

4. Anderweitiger Widerspruch

Keine Werbung - Aufkleber sind zu beachten

Wer in einen Briefkasten Werbung einwirft, auf dem sich ein Aufkleber findet, wonach keine Werbung erwünscht wird, verstößt gegen § 7 Abs. 1 UWG. Das gleiche gilt, wenn sich schon am Eingang zum Haus ein entsprechender Hinweis für das ganze Haus findet.

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Ausnahme: Anzeigenblätter

Fraglich ist allerdings, ob und unter welchen Voraussetzungen davon auch Anzeigenblätter erfasst werde, in denen sich u.a auch Prospekte finden, deren Einwerfen ohne Anzeigenblatt unzulässig wäre. Die Rechtsprechung hält den Einwurf von Anzeigenblättern mit redaktionellen Teil für zulässig, auch wenn Werbeprospekte darin eingelegt sind. Das gilt aber nur solange, wie kein ausdrücklicher Wunsch geäußert wird, dass auch solche Anzeigenblätter, jedenfalls wenn Werbeprospekte beiliegen, nicht eingeworfen werden sollen.

OLG Hamm, Urt. v. 14.7.2011, I-4 U 42/11

Die wiederholt und damit hartnäckig erfolgte Einlegung der Anzeigenblätter zusammen mit den losen Werbeprospekten in Briefkästen von Verbrauchern, die mit einem dem Einwurf von Werbeprospekten widersprechenden Sperrvermerk versehen sind, ist hier nicht erkennbar unerwünscht. Der Sperrvermerk macht zwar erkennbar, dass der betroffene Verbraucher nicht wünscht, dass in den betreffenden Briefkasten Werbeprospekte eingeworfen werden. … Ob ein solcher Sperrvermerk aber auch für den Einwurf von kostenlosen Anzeigenblättern gilt und somit in jedem Fall zu beachten wäre, hängt von der Auslegung der durch den Verbraucher abgegebenen Erklärung ab (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage, § 7 Rdn. 109). Die auf Werbeprospekte bezogene ablehnende Willensbekundung ist dabei nicht so auszulegen, dass den betreffenden Verbrauchern auch Anzeigenblätter mit redaktionellem Teil als solche unerwünscht wären. Der Begriff "Werbung" hat aus der maßgeblichen Sicht des Durchschnittsverbrauchers keinen eindeutigen Erklärungsinhalt und lässt somit für den Verleger eines Anzeigenblattes nicht sicher erkennen, ob derjenige, der keine Werbeprospekte im Briefkasten haben will, auch den Einwurf von Anzeigenblättern ausschließen will oder nicht. Erfasst von dem Sperrvermerk ist im Übrigen auch nicht die Zeitungsbeilagenwerbung, die regelmäßig mit dem Bezug von abonnierten Zeitungen und Zeitschriften verbunden ist. Denn der Abonnent bezieht die Zeitung in der Form und in dem Umfang, in dem sie der Verleger vertreibt, also auch mit den überwiegend sogar auf der ersten Seite der Zeitung vermerkten Werbebeilagen. Wenn das der Bezieher der Zeitung nicht hinnehmen will, hat er die Möglichkeit, mit dem Verleger eine vertragliche Sondervereinbarung zu treffen oder das Abonnement zu beenden (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O. § 7 Rdn. 110). Es kommt deshalb darauf an, ob sich an der Auslegung der Erklärung des Verbrauchers als Briefkasteninhaber für den Fall etwas ändert, dass nicht nur das Anzeigenblatt, das aus dem redaktionellen Teil und der abgedruckten Werbung im Blatt besteht, eingeworfen wird, sondern auch diesem beigefügte lose Werbebeilagen beigefügt werden, wie sie bei der Lieferung der abonnierten Zeitungen üblich sind.

…  Bei der Auslegung muss grundsätzlich zwischen der reinen Briefkastenwerbung und der Lieferung einer Gratiszeitung mit redaktionellem Inhalt und losen Werbebeilagen unterschieden werden. Während der Einwurf eines Werbeprospekts nach der insoweit eindeutigen Erklärung des Verbrauchers immer unerwünscht ist, ist bei einem kostenlos gelieferten Anzeigenblatt auf das anders gelagerte Interesse des angemessen gut informierten und angemessen aufmerksamen und kritischen Durchschnittsverbrauchers abzustellen (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O. § 7 Rdn. 21 für den Durchschnittsmarktteilnehmer). Die redaktionellen Inhalte, die politischen und kulturellen Nachrichten, die im vorliegenden Fall beispielsweise beim stadt.anzeiger für Ahlen verhältnismäßig umfangreich ausfallen, können den Verbraucher erwartungsgemäß auch dann interessieren, wenn er sich nicht für Werbung interessiert und deshalb mit Werbeprospekten nicht behelligt werden will. Er sieht in dem redaktionellen Teil des Anzeigenblattes etwas Eigenständiges gegenüber der ihm gleichfalls übermittelten Werbung. Das gilt umso mehr, als diese redaktionellen Inhalte insbesondere auch auf örtliche Gegebenheiten bezogen sind, die wie allgemeine Termine, Veranstaltungen und Feste für ihn von besonderem Interesse sind…  Auch wenn sie sie teilweise als belästigend empfinden mögen, nehmen die Zeitungsbezieher deshalb gerade auch diese doppelte Art der Werbefinanzierung der Gratiszeitung in Kauf, um die sie interessierende redaktionelle Berichterstattung weiter zu ermöglichen. Dafür spricht auch, dass es keine Flut von Beschwerden darüber gibt, dass lose Werbeprospekte immer wieder auch in die Briefkästen mit allgemeinem Sperrvermerk eingeworfen werden. Wenn sich die Marktteilnehmer wegen einer besonders kritischen Einstellung durch das mögliche Übermaß der Werbung ungeachtet der kostenlosen Informationen zu stark gestört fühlen sollten, ist es ihnen wegen der ihnen bekannten wirtschaftlichen Hintergründe zuzumuten, deutlich zu machen, dass sie nicht nur keine Werbeprospekte, sondern auch keine Gratiszeitung mit solchen Werbeprospekten zu erhalten wünschen.

Nichtzulassungsbeschwerde nicht angenommen:

BGH, Beschl. v. 16.5.2012, I ZR 158/11

Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass das Verhalten der Beklagten nicht gegen § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG verstößt. Die genannte Bestimmung setzt einen erkennbar entgegenstehenden Willen des Empfängers der Werbung voraus. Hieran fehlt es bei kostenlosen Anzeigenblättern, die einen redaktionellen Teil enthalten, wenn ein Aufkleber auf einem Briefkasten sich lediglich gegen den Einwurf von Werbung richtet. Dies gilt auch dann, wenn in den Anzeigenblättern lose Werbeprospekte einliegen. Eine denkbare Belästigung wäre zudem nicht unzumutbar, weil der Empfänger ihr ohne weiteres durch das Anbringen eines entsprechenden Aufklebers "Keine Werbeprospekte und keine Anzeigenblätter" oder "Keine Werbeprospekte und keine Anzeigenblätter mit einliegenden Werbeprospekten" entgegentreten könnte.

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Teilwiderspruch: Keine Werbung in Plastikfolie

OLG Frankfurt, Urt. v. 9.12.2011, 25 U 106/11, Tz. 9

Ein Anspruch nach § 7 Abs. 1 UWG besteht bei der Missachtung eines Widerspruchs eines Verbrauchers gegen Werbematerial in seinem Briefkasten nicht, wenn der Widerspruch auf Werbematerial in Plastikfolie beschränkt ist. Es spricht viel dafür, dass die insoweit erforderliche Interessenabwägung in diesem Fall zu Lasten der betroffenen Marktteilnehmer ausgeht. Maßgeblich ist nicht der ökologisch besonders engagierte Kunde, sondern der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Adressat. Angesichts des Umstandes, dass die Folie mit einem Handgriff vom – für sich genommen nicht als unerwünscht deklarierten – Inhalt zu trennen ist, drängt sich die Einschätzung, dass dieser Handgriff und der Aufwand für die Entsorgung „unzumutbar“ sein könnten, nicht auf.

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Anderweitiger Widerspruch

Bei einem schriftlich mitgeteilten, nicht am Briefkasten dokumentierten Widerspruch, gestützt auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht:

OLG Frankfurt, Urt. v. 20.12.2019, 24 U 57/19

Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass hier eine sehr geringfügige Belästigung des Klägers durch Postwurfsendungen der Beklagten vorliegt - bisher lediglich zwei Mal in zwei Jahren -, wohingegen diese letztlich gezwungen wäre, im Wohnbezirk des Klägers ihre Werbemaßnahmen durch nicht personalisierte Postwurfsendungen komplett einzustellen, um dem Widerspruch des Klägers praktisch gerecht werden zu können. Denn der Beklagten bzw. dem zustellenden Unternehmen ist es im Hinblick auf den erforderlichen Zeitaufwand weder personell noch wirtschaftlich zuzumuten, bei jeder Wohnanschrift einen Listenabgleich mit individuellen Sperrvermerken vorzunehmen und zugleich die Werbesendung dahingehend zu überprüfen, ob diese tatsächlich dem Widerspruch unterliegt. Letztlich würde der Kläger dadurch erreichen, dass sämtliche weitere Verbraucher, die in seinem Bezirk leben und der Postwurfsendung der Beklagten nicht widersprochen haben, diese nicht mehr erhalten. Solche Postwurfsendungen sind aber gerade nicht grundsätzlich unzulässig, sondern dienen auch dem Interesse des Verbrauchers, über das Leistungsangebot des werbenden Unternehmens einen Überblick zu erhalten (vgl. BGH, Urt. v. 20.12.1988, VI ZR 182/88).

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