Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

(4) GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte)

1. Marktverhaltensregel

2. Anwendungsbereich

3. Pauschalpreise / Rabatte

Marktverhaltensregel

OLG Köln, Urt. V. 14.12.2012, 6 U 108/12, Tz. 15 ff

Gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 GOÄ hat der Arzt innerhalb des Gebührenrahmens die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwands der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Dies stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (a.F., jetzt § 3a UWG) dar.

§ 5 Abs. 2 GOÄ erhöht durch die Vorgabe von Kriterien zur Bestimmung der Gebühren innerhalb des durch § 5 Abs. 1 GOÄ vorgegebenen Gebührenrahmens im Interesse des zahlungspflichtigen Patienten die Transparenz der privatärztlichen Liquidation und zielt auf eine angemessene, leistungsgerechte Vergütung ab. Als solche verfolgt die Vorschrift den Zweck, das Abrechnungsverhalten der Ärzte im Interesse der Patienten zu regeln.

Daneben ist § 5 Abs. 2 S. 1 GOÄ dazu bestimmt, den (Preis-)Wettbewerb unter den Ärzten zu regeln. § 5 Abs. 2 S. 1 GOÄ dient ebenso wie die von § 11 S. 2 BÄO vorgeschriebene Festsetzung von Mindest- und Höchstsätzen und dem in Ausführung hierzu in § 5 Abs. 1 GOÄ vorgegebenen Gebührenrahmen dazu, einem ruinösen Preiswettbewerb der Zahnärzte um Patienten im Interesse eines funktionierenden Gesundheitswesens entgegenzuwirken und im Hinblick darauf gleiche rechtliche Voraussetzungen für die konkurrierenden Zahnärzte zu schaffen (vgl. zu gesetzlichen Mindestsätzen KG GRUR-RR 2008, 24 - Kinderprophylaxeprogramm; OLG Hamburg GRUR-RR 2011, 141 - HOAI-Mindestsätze). § 5 Abs. 2 S. 1 GOÄ legt zwar keine bestimmten Preise fest, sondern gibt innerhalb des Gebührenrahmens des § 5 Abs. 1 GOÄ Kriterien für das bei der Preisbestimmung zu beachtende, sich an der individuellen Leistung orientierende billige Ermessen des Arztes vor. Eine danach unangemessen niedrige Vergütung berührt aber ebenfalls die Interessen der konkurrierenden Ärzte an der Einhaltung einer sich an Hand der Kriterien des § 5 Abs. 2 S. 1 GOÄ ergebenden Mindestvergütung.

KG, Urt. v. 28.1.2025, 5 U 13/22, Tz. 49 ff

§ 5 GOÄ stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG dar.

Die Vorschrift regelt die Bemessung der ärztlichen Gebühren für Leistungen des Gebührenverzeichnisses und bestimmt Mindest- und Höchstsätze für die ärztlichen Leistungen im Sinne von § 11 Satz 2 BÄO. Nach § 5 Abs. 1 GOÄ bemisst sich die Höhe der einzelnen Gebühr (§ 4 Abs. 1 GOÄ), sofern nicht ein Ausnahmetatbestand nach §§ 2, 5a bis 6a GOÄ gegeben ist, nach den im Gebührenverzeichnis genannten Gebührensätzen. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ sind die Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen.

Durch diese Vorgaben erhöht die Vorschrift im Interesse der zahlungspflichtigen Patienten die Transparenz privatärztlicher Liquidationen und zielt auf eine angemessene, leistungsgerechte Vergütung (vgl. etwa BGH, Urteil vom 23. März 2006 - III ZR 223/05, NJW 2006, 1879 [juris Rn. 15]). Daneben ist die Vorschrift auch dazu bestimmt, im Interesse eines funktionierenden Gesundheitswesens den (Preis-)Wettbewerb unter den Ärzten zu regeln und gleiche rechtliche Voraussetzungen für die auf diesem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 31. August 2007 - 5 W 253/07, NJW-RR 2008, 910 [juris Rn. 14]; OLG Köln, Urteil vom 14. Dezember 2012 - I-6 U 108/12, WRP 2013, 372 [juris Rn. 14]; BeckOK UWG/Niebel/Kerl [1.10.2024], § 3a Rn. 133; Köhler/Odörfer in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl. 2024, § 3a Rn. 1.257 mwN).

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Anwendungsbereich

OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.9.2023, 6 W 69/23

Adressat der GOÄ sind ausschließlich Ärzte als Vertragspartner des Patienten aus dem Behandlungsvertrag (§ 1 Abs 1 GOÄ). Hingegen ist die GOÄ nicht verbindlich im Verhältnis des Patienten zu einer Kapitalgesellschaft als Leistungserbringer und Behandelnder iSd § 630a Abs 1 BGB (Prütting/Hübner § 1 GOÄ Rn. 7; Spickhoff/Spickhoff § 1 GOÄ Rn. 6 unter Hinweis auf BSGE 111, 289; Laufs/Kern/Rehborn, Handbuch des Arztrechts, 5. Auflage 2019, Rnr. 4; Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 3. Auflage 2006). Eine Ärzte-GmbH oder MVZ-GmbH sind also nicht verpflichtet, ihre Leistungen an Selbstzahlern nach GOÄ abzurechnen. Sie können also – anders als Ärzte – freie Preise vereinbaren.

Anders

KG, Urt. v. 4.10.2016, 5 U 8/16 (WRP 2017, 89, Tz. 13 f)

§ 1 Abs. 1 GOÄ stellt damit allein auf die beruflichen Leistungen der Ärzte ab, ohne zwischen Leistungen zu differenzieren, die aufgrund eines Behandlungsvertrages zwischen Arzt und Patient oder von Ärzten im Rahmen eines Angestellten- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnisses ohne eigene vertragliche Beziehung zum Patienten erbracht werden (Clausen in: Stellpflug/Meier/Hildebrandt, Handbuch Medizinrecht, § 1 GOÄ, Rn. 3 und Clausen in: Münchener Anwaltshandbuch Medizinrecht, 2. Aufl., § 7, Rn. 170).

Auch der BGH geht davon aus, dass der Wortlaut der Vorschrift weit gefasst ist und die Vergütungen für ärztliche Leistungen insgesamt zu erfassen scheint (BGH ZMGR 2010, 37, Rn. 8). Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Wortlaut der Ermächtigungsgrundlage (§ 11 S. 1 BÄO). Dort ist von Entgelt für ärztliche Tätigkeit die Rede.

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Pauschalpreise / Rabatte

OLG Köln, Urt. V. 14.12.2012, 6 U 108/12, Tz. 18 f

Der vom Beklagten undifferenziert ausgelobte Pauschalpreis von 999,00 EUR für eine Augen-Laserbehandlung steht mit den durch § 5 Abs. 2 S. 1 GOÄ vorgegebenen Honorarbemessungskriterien für eine augenärztliche Behandlung innerhalb des Gebührenrahmens der GOÄ nicht in Einklang, da er die individuellen Umstände des jeweiligen Eingriffs im Einzelfall vernachlässigt.

… Im Übrigen dient die Festlegung einer Vergütung an Hand der Preisbemessungskriterien des § 5 Abs. 2 S. 1 GOÄ dazu, das Honorar gerade an Hand der Person des jeweiligen Patienten sowie der individuellen Einzelumstände der Erkrankung und ihrer Therapierung im Einzelfall festzusetzen. Dementsprechend ist die Gebührenbemessung nicht an dem normaltypischen Fall eines Durchschnittspatienten, sondern an dem konkreten Einzelfall des individuellen Patienten auszurichten (vgl. Spickhoff, Medizinrecht, § 5 GOÄ Rn. 5 ff.).

KG, Urt. v. 28.1.2025, 5 U 13/22, Tz. 58 f

aa) Die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ steht der pauschalen Gewährung eines Rabattes für eine ärztliche Behandlung entgegen. Nach dieser Vorschrift bemessen sich die Gebühren innerhalb des vorgegebenen Gebührenrahmens nach den individuellen Umständen des Einzelfalls; der Regelung lässt sich entnehmen, dass die Kriterien zur billigen Bestimmung der Gebühr einzelfall- und leistungsbezogen sind (vgl. etwa Spickhoff in Spickhoff, Medizinrecht, 4. Aufl. 2022, § 5 GOÄ Rn. 4). Die pauschale Gewährung eines Rabatts ist mit einer einzelfall- und leistungsbezogenen Abrechnung unvereinbar, selbst wenn sich die Gebühr letztlich noch innerhalb des Gebührenrahmens bewegt (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 9.11.2023, 6 U 82/23; ...).

bb) Aus der Unvereinbarkeit einer pauschalen Rabattgewährung mit den sich aus § 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ ergebenden Abrechnungskriterien folgt zugleich, dass auch eine der Behandlung vorgelagerte Werbung mit der Gewährung eines solchen Rabatts für eine in den Anwendungsbereich des § 5 GOÄ fallende ärztliche Leistungen unzulässig ist (so in der Sache ebenfalls OLG Frankfurt, Urt. v. 9.11.2023, 6 U 82/23; LG München I, Urt. v. 19.12.2019, 17 HK O 11322/18, WRP 2020, 518 [juris Rn. 45]).

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