Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

§ 5b Abs. 4 UWG - Gesetzliche Informationspflichten

1. Systematische Einordnung des § 5b Abs. 4 UWG im UWG-Gefüge

2. Gemeinschaftsrechtliche Vorschriften

3. Beispiele

Systematische Einordnung des § 5a Abs. 4 UWG im UWG-Gefüge

Nach § 5 a Abs. 4 UWG gelten Informationen, die dem Verbraucher aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Verordnungen oder deutscher Gesetze oder Verordnungen, die auf Richtlinien der Europäischen Union beruhen, erteilt werden müssen, als wesentliche Informationen gemäß § 5a Abs. 1 UWG (BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 232/16, Tz. 27 – Energieausweis).

BGH, Urt. v. 10.11.2022, I ZR 241/19, Tz. 22 – Herstellergarantie IV

Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG, auf dessen Grundlage § 5b Abs. 4 nF erlassen wurden (zu § 5a Abs. 4 UWG aF vgl. BGH, GRUR 2022, 930 [juris Rn. 19] - Knuspermüsli II; GRUR 2022, 1163 [juris Rn. 57] - Grundpreisangabe im Internet), bestimmt, dass die im Unionsrecht festgelegten Informationsanforderungen in Bezug auf kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung oder Marketing, auf die in der nicht erschöpfenden Liste des Anhangs II der Richtlinie verwiesen wird, als wesentlich gelten.

BGH, Urt. v. 27.3.2025, I ZR 186/17, Tz. 67 - App-Zentrum III

Nach § 5a Abs. 4 UWG aF und § 5b Abs. 4 UWG nF gelten als wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG aF beziehungsweise § 5a Abs. 1 UWG nF auch Informationen, die dem Verbraucher aufgrund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen. Die Regelung in § 5a Abs. 4 UWG aF (§ 5b Abs. 4 UWG nF) hat ihre unionsrechtliche Grundlage in Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (vgl. BGH, Urt. v.m 26.01.2023, I ZR 111/22, Tz. 58 - Mitgliederstruktur, mwN). Danach gelten die im Gemeinschaftsrecht festgelegten Informationsanforderungen in Bezug auf kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung oder Marketing, auf die in der nicht erschöpfenden Liste des Anhangs II der Richtlinie 2005/29/EG verwiesen wird, als wesentlich im Sinne von Art. 7 der Richtlinie. Unter kommerzieller Kommunikation in diesem Sinne sind in Anlehnung an Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr alle Formen der Kommunikation zu verstehen, die der unmittelbaren oder mittel baren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer Organisation oder einer natürlichen Person dienen, die eine Tätigkeit in Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen reglementierten Beruf ausübt (BGH, Urt. v. 26.10.2023, I ZR 176/19, Tz. 22 - Zigarettenausgabeautomat III, mwN). Mangels Förderung des Produktabsatzes oder des unternehmerischen Erscheinungsbilds zählen zur kommerziellen Kommunikation grundsätzlich nicht Informationspflichten, die anderen Zwecken dienen oder im Zuge des Vertragsschlusses oder bei der Vertragsabwicklung zu erfüllen sind. Daraus ergibt sich, dass Informationspflichten nicht unter den Begriff der kommerziellen Kommunikation fallen, wenn sie erst zum Zeitpunkt der Lieferung der bereits zuvor bestellten Ware erfüllt werden müssen (vgl. BGH, Beschl. v. 10.02.2022, I ZR 38/21, Tz. Rn. 66 - Zufriedenheitsgarantie; BGH, GRUR 2023, 1704 Tz. 24] - Zigarettenausgabeautomat III).

§ 5a Abs. 1, 5b UWG verdrängt nach Auffassung des BGH § 3a UWG bei Informationspflichten in Bezug auf die kommerzielle Kommunikation (dazu hier)

Gesetzliche Vorschriften, die ihre Grundlage in einer europäischen Richtlinie haben, die den Mitgliedstaaten der Europäischen Union strengere nationale Regelungen erlaubt, als sie in der Richtlinie als ‚Mindeststandard vorgesehen werden, dürfen nach Art. 3 Abs. 4, 5 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken ab dem 12. Juni 2013 noch insoweit angewendet werden, als sie – insoweit entgegen der in der jeweiligen Richtlinie vorgesehenen Erlaubnis – der Mindestvorgabe der Richtlinie entsprechen. Strengere Vorschriften verstoßen gegen Art. 3 Abs. 5 (a.F.) der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken und können nicht mehr als Verstoß gegen §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG angesehen werden. Näheres dazu hier.

Gibt es gemeinschaftsrechtliche Vorschriften gehen sie vor (§ 1 Abs. 2 UWG). Ein Rückgriff auf §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG kommt aber auch in diesen Fällen noch in Betracht, wenn ein Komplex von diesen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften nicht oder nicht abschließend geregelt wird. Das ist im Wege der Auslegung zu ermitteln (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.9.2018, 6 U 84/17)

Ob gegen eine Informationspflicht verletzt wurde, beurteilt sich nach der europäischen Vorgabe, nicht nach deren - möglicherweise fehlerhaften - Umsetzung in der deutsche Recht.

BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 232/16, Tz. 28 – Energieausweis

Nach Art. 7 Abs. 5  der Richtlinie 2005/29/EG sind die im Unionsrecht festgelegten Informationsanforderungen maßgeblich. Eine unzureichende Umsetzung einer Richtlinienbestimmung in deutsches Recht steht der Anwendung des § 5a Abs. 4 UWG (a.F., heute § 5b Abs. 4 UWG) nicht entgegen.

Gemeinschaftsrechtliche Vorschriften

Der Anhang II der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken enthält eine Liste gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften mit entsprechenden Informationspflichten. Diese Liste ist nicht abschließend (BGH, Vers-Urt. v. 23.3.2023, I ZR 17/22, Tz. 68 – Aminosäurekapseln). In der Liste aufgeführt werden:

Nach Erlass der Richtlinie hinzugekommen sind u.a.

Beispiele

Energieausweis bei Immobilien

BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 232/16, Tz. 27 – Energieausweis

Gemäß § 5a Abs. 4 UWG (a.F., heute § 5b Abs. 4 UWG) gelten als wesentlich im Sinne des Absatzes 2 (a.F., heute § 5a Abs. 1 UWG) Informationen, die dem Verbraucher aufgrund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen. Zu den Informationspflichten im Sinne des § 5a Abs. 4 UWG zählen die in Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2010/31/EU vorgesehenen Angaben. Nach dieser Bestimmung verlangen die Mitgliedstaaten, dass bei Verkauf oder Vermietung von Gebäuden oder Gebäudeteilen in einem Gebäude, für die ein Ausweis über die Energieeffizienz vorliegt, in Verkaufs- und Vermietungsanzeigen in kommerziellen Medien der in dem Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes oder Gebäudeteils angegebene Indikator der Gesamtenergieeffizienz genannt wird. Die Bestimmung nimmt von dieser Verpflichtung keinen bestimmten Personenkreis aus. Von Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2010/31/EU sind deshalb auch Verkaufs- und Vermietungsanzeigen erfasst, die ein Immobilienmakler aufgegeben hat.

Lebensmittelinformationsverordnung

BGH, Urt. v. 7.4.2022, I ZR 143/19, Tz. 27 – Knuspermüsli II

Die von der Lebensmittelinformationsverordnung vorgeschriebenen Angaben auf der Verpackung von Lebensmitteln sind wesentliche Informationen im Sinne von Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG (§ 5a Abs. 4 UWG (a.F., heute § 5b Abs. 4 UWG)), da es sich um im Unionsrecht festgelegte Informationsanforderungen in Bezug auf kommerzielle Kommunikation handelt.

Verbraucherrechte-Richtlinie/Art. 246a ff EGBGB

Datenschutz

BGH, Urt. v. 27.3.2025, I ZR 186/17, Tz. 67 - App-Zentrum III