Rechtsanwälte handeln im Wettbewerb um Mandanten im geschäftlichen Verkehr. Beim Vortrag von Rechtsanwälten zugunsten von Mandanten in und außerhalb von gerichtlichen oder behördlichen Verfahren handelt es sich aber nicht um eine geschäftliche Handlung.
BGH, Urt. v. 10.1.2013, I ZR 190/11, Tz. 29 – Standardisierte Mandatsbearbeitung
Äußerungen und Maßnahmen eines Rechtsanwalts im Namen eines Mandanten dienen regelmäßig zur Durchsetzung der Mandantenposition.
OLG Köln, Urt. v. 14.10.2011, 6 U 225/10
BGH, Urt. v. 16.11.2004, VI ZR 298/03
Als unabhängiges Organ der Rechtspflege ist es Aufgabe des Rechtsanwalts, die Interessen seines Mandanten unabhängig zu vertreten und wahrzunehmen, um dessen Rechte zu wahren und zu verfolgen und Gerichte und Behörden vor Fehlentscheidungen zum Nachteil seines Mandanten zu bewahren. Soweit er sich im Interesse eines Mandanten äußert, wird er nicht als Privatperson tätig, sondern in seiner Funktion als Rechtsanwalt und Vertreter seines Mandanten. Regelmäßig macht er sich den Sachverhalt, den ihm sein Mandant schildert, nicht als persönliche Behauptung zu Eigen und stellt, indem er diesen wiedergibt, keine eigene persönliche Behauptung auf. Materiell-rechtlich ist in diesen Fällen gegebenenfalls nicht er, sondern sein Mandant als Störer anzusehen (vgl. KG, MDR 1998, 504).
BGH, Urt. v. 18.6.2025, I ZR 99/24, Tz. 26 ff – Inkasso durch Rechtsanwalt
Ein Rechtsanwalt, der sich im Auftrag eines Mandanten äußert, nimmt als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) die Aufgabe wahr, als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten seines Mandanten (§ 3 Abs. 1 BRAO) die Interessen seines Mandanten unabhängig zu vertreten und wahrzunehmen, um dessen Rechte zu wahren und zu verfolgen (BVerfG, NJW 1996, 3267 [juris Rn. 11]; ...). In dieser beruflichen Funktion setzt er die Position seines Mandanten regelmäßig in dessen Namen durch, ohne sich den ihm vom Mandanten geschilderten und dem Gegner vorgetragenen Sachverhalt als persönliche Behauptung zu eigen zu machen (vgl. BVerfG, NJW 1996, 3267 [juris Rn. 11]...). Der Rechtsanwalt kann sich regelmäßig auf die ihm vom Mandanten mitgeteilten Tatsachen verlassen, weil andernfalls das zwischen ihnen bestehende Vertrauensverhältnis zerstört würde und er zur Überprüfung der Sachverhaltsdarstellung des Mandanten zudem häufig nicht in der Lage ist (vgl. BVerfG, NJW 2003, 3263 [juris Rn. 12];...). Müsste ein Rechtsanwalt befürchten, regelmäßig selbst in Anspruch genommen zu werden, wenn er in seiner beruflichen Funktion die von seinem Mandanten erhaltenen Informationen in gehöriger Form weitergibt, würde die ordnungsgemäße Interessenvertretung und damit ein wesentlicher Teil der anwaltlichen Berufsausübung unterbunden und hierdurch die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts unverhältnismäßig beschränkt (BVerfG, NJW 1996, 3267 [juris Rn. 11]; NJW 2003, 3263 [juris Rn. 12]).
Äußerungen und Maßnahmen eines Rechtsanwalts im Namen eines Mandanten stellen daher regelmäßig keine eigene geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar. Sie sind vorrangig darauf gerichtet, in Wahrnehmung der beruflichen anwaltlichen Aufgaben die vom eigenen Mandanten geltend gemachten Ansprüche durchzusetzen oder die gegen diesen gerichteten Ansprüche abzuwehren. Bei der gleichzeitigen Förderung der wettbewerblichen Interessen des Mandanten handelt es sich regelmäßig lediglich um eine Reflexwirkung (...).
Für Äußerungen eines Rechtsanwalts im Rahmen einer Inkassotätigkeit gilt entgegen nicht weiter begründeter Stimmen in der berufsrechtlichen Literatur (zu § 3a UWG, § 43d BRAO vgl. ...) nichts anderes. Rechtsdienstleistungen eines Rechtsanwalts in Form von Inkassodienstleistungen (§ 2 Abs. 2 RDG) sind Bestandteil seiner ihm durch § 3 Abs. 1 BRAO zugewiesenen Aufgabe, den Mandanten in dessen Rechtsangelegenheiten zu beraten und zu vertreten. Auch bei Inkassodienstleistungen äußert sich der Rechtsanwalt gegenüber dem Verbraucher daher in erster Linie, um im Interesse und in Vertretung seines Mandanten dessen Rechtsposition durchzusetzen, und kommt ihm mit Blick darauf die besondere Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege zu (vgl. Begründung des Bundesratsentwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Verbraucherschutzes bei unerlaubter Telefonwerbung, BT-Drucks. 17/6482, S. 11).
BGH, Urt. v. 18.6.2025, I ZR 99/24, Tz. 30, 32 – Inkasso durch Rechtsanwalt
Eine andere Beurteilung ist entgegen der Ansicht der Revision nicht mit Blick auf die Senatsentscheidungen "Identitätsdiebstahl I" (BGH, GRUR 2019, 1202) oder "Identitätsdiebstahl II" (BGH, Urteil vom 20. Oktober 2021 - I ZR 17/21, GRUR 2022, 170 = WRP 2022, 172) geboten. In der Entscheidung "Identitätsdiebstahl I" hat der Senat die Zahlungsaufforderung eines Rechtsanwalts als geschäftliche Handlung der beklagten Mandantin angesehen, der er das Zahlungsverlangen ihres anwaltlichen Vertreters gemäß § 8 Abs. 2 UWG zugerechnet hat (BGH, GRUR 2019, 1202 [juris Rn. 12 bis 14] - Identitätsdiebstahl I). Soweit der Senat in der Entscheidung "Identitätsdiebstahl II" die Annahme des Berufungsgerichts gebilligt hat, die Zahlungsaufforderung des beklagten Inkassodienstleisters stelle eine geschäftliche Handlung dar (BGH, GRUR 2022, 170 [juris Rn. 12]), handelte es sich um das Schreiben eines Inkassounternehmens und nicht dasjenige eines Rechtsanwalts. ...
Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass einem Rechtsanwalt bei der Beitreibung einer Forderung eine von einem Inkassounternehmen abweichende Funktion zukommt, die der Einordnung von Angaben im Zusammenhang mit einer Zahlungsaufforderung als geschäftliche Handlung entgegen steht. Der Rechtsanwalt ist als unabhängiges Organ der Rechtspflege in erster Linie dazu berufen, die Mandanten als unabhängiger Berater und Vertreter in ihren Angelegenheiten rechtlich zu unterstützen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Septem ber 2012 - C-422/11 und C-423/11, AnwBl 2012, 1003 [juris Rn. 23] - PUKE/Kommission; BVerfGE 76, 171 [juris Rn. 55]; BVerfGE 141, 82 [juris Rn. 83]). Dadurch unterscheidet er sich von einem gewerblichen Inkassounternehmen, bei dem es sich nicht um ein Organ der Rechtspflege handelt und dessen Aufgabe vorrangig darin besteht, die wirtschaftlichen Belange seiner Kunden und die eigenen wirtschaftlichen Belange durch die Einziehung der Forderungen der Kunden oder ihrer zur Einziehung abgetretenen Forderungen zu fördern (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 45/19, NZM 2020, 551 [juris Rn. 63], insoweit nicht in BGHZ 225, 352 abgedruckt; Urteil vom 24. Mai 2023 - VIII ZR 373/21, NJW-RR 2023, 988 [juris Rn. 36]).
OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.1.2024, 20 U 91/23
Das Zugänglichmachen von Bewertungen Dritter auf einer Facebook-Seite, die der Beklagte in seiner Eigenschaft als Inhaber einer Rechtsanwaltskanzlei betreibt und auf der die Möglichkeit zur Bewertung der Rechtsanwaltskanzlei besteht, stellt eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar. Es handelt sich um eine klassische Werbemaßnahme, mit der der Beklagte den Absatz seiner Rechtsanwaltskanzlei zu fördern sucht.