Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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§ 9 PAngV: Ausnahmen

1. Gesetzestext

2. Generelle Ausnahmen

3. Partielle Ausnahmen

a. Preisnachlässe (§ 9 Abs. 2 PAngV)

b. Ausnahme von der Pflicht zur Grundpreisangabe (§ 9 Abs. 4, Abs. 5 PAngV)

Zusammengesetzte Produkte (§ 9 Abs. 4 Nr. 2)

Waren, die im Rahmen einer Dienstleistung angeboten werden (§ 9 Abs. 4 Nr. 4)

Kosmetische Mittel (§ 9 Abs. 5 Nr. 2 PAngV)

c. Preisangaben für Leistungen

(1) § 9 Abs. 8 Nr. 1 PAngV

(2) § 9 Abs. 8 Nr. 2 PAngV

aa. künstlerische, wissenschaftliche und pädagogische Leistungen

bb. in Konzertsälen oder dergleichen

Gesetzestext

Siehe § 9 PAngV

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Generelle Ausnahmen

Die Vorschriften der Preisangabenverordnung sind nach § 9 Abs. 1 PAngV generell u.a. nicht anzuwenden

  1. auf Angebote oder Werbung gegenüber Verbrauchern, die die Ware oder Leistung in ihrer selbständigen beruflichen oder gewerblichen oder in ihrer behördlichen oder dienstlichen Tätigkeit verwenden; für Handelsbetriebe gilt dies nur, wenn sie sicherstellen, dass als Verbraucher ausschließlich die in Halbsatz 1 genannten Personen Zutritt haben, und wenn sie durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass diese Personen nur die in ihrer jeweiligen Tätigkeit verwendbaren Waren kaufen
  2. § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 sind nicht anzuwenden auf individuelle Preisnachlässe sowie auf nach Kalendertagen zeitlich begrenzte und durch Werbung bekannt gemachte generelle Preisnachlässe

OLG Stuttgart, Urt. v. 6.12.2012, 2 U 94/12, II.3.b

Der Begriff der Letztverbraucher ist im Rahmen der PAngV nicht gleichbedeutend mit dem Begriff des Verbrauchers nach § 13 BGB, sondern orientiert sich allein an der Frage, ob die Ware oder Leistung für sich selbst und nicht zu dem Zweck, sie weiter zu veräußern, erworben wird, also daran, wer Letzter in der Waren- oder Dienstleistungsverteilerkette ist. ...

Die PAngV will, wie § 9 Abs. 1 Nr. 1 zeigt, letztlich nur gegenüber dem privaten Letztverbraucher zur Anwendung kommen. Die PAngV findet damit nur auf Angebote gegenüber dem „privaten“ Letztverbraucher Anwendung. Sie beschränkt sich nur auf dieses Verhältnis. Gewerbliche Letztverbraucher nach der Ausnahme im Ausgangspunkt einem Regime mit zu unterwerfen, das gerade gewerbliche Letztverbraucher nicht betreffen will, ist im Ansatz schon widersprüchlich und gibt Anlass, über das richtige Verständnis der in Bezug genommenen zweigeteilten PAngV nachzudenken.

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Partielle Ausnahmen

§ 9 Abs. 2 bis 8 enthalten weitere Ausnahmetatbestände für bestimmte Verpflichtungen, die sich aus der PAngV ergeben.

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Preisnachlässe (§ 9 Abs. 2 PAngV)

Die Pflichten gemäß § 1 Abs. 1 (Endpreisangabe) und § 2 Abs. 1 (Grundpreisangabe) gelten nicht für individuelle Preisnachlässe sowie generelle Preisnachlässe, die auf Tage zeitlich begrenzt und durch Werbung bekannt gemacht werden.

Die Ausnahme für individuelle Preisnachlässe rechtfertigt sie daraus, dass der Preis eben von der individuellen Absprache abhängig ist.

Ein genereller Preisnachlass ist gegeben, wenn er für alle Personen oder jedenfalls einen klar abgegrenzten Personenkreis generell gilt. Er fällt aber nur unter § 9 Abs. 2 PAngV, wenn er von Anfang an zeitlich, und zwar auf Kalendertage begrenzt ist, und diese Begrenzung der Öffentlichkeit bekannt gemacht wird. § 9 Abs. 2 gilt nicht für Dauerpreissenkungen. Die Bekanntgabe an die Öffentlichkeit muss schließlich in der Werbung, welcher Art auch immer, erfolgen, so dass eine Bekanntgabe im Ladengeschäft selber nicht ausreichend wäre.

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Ausnahme von der Pflicht zur Grundpreisangabe (§ 9 Abs. 4, Abs. 5 PAngV)

Zusammengesetzte Produkte (§ 9 Abs. 4 Nr. 2)

BGH, Urt. v. 28.3.2019, I ZR 85/18, Tz. 26 – Kaffeekapseln

Die Auslegung des § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV hat dem Zweck der Pflicht zur Angabe des Grundpreises dadurch Rechnung zu tragen, dass von verschiedenartigen Erzeugnissen und damit vom Nichtbestehen dieser Pflicht auszugehen ist, wenn der Preisvergleich durch die Verbindung der Produkte in einer Packung ohnehin erschwert ist und die Angabe des Grundpreises daran nichts ändern, sondern umgekehrt die Angabe eines Grundpreises den Verbraucher zu falschen Schlüssen bei der Beurteilung der Preiswürdigkeit des Angebots veranlassen könnte.

Ebenso BGH, Urt. v. 28.3.2019, I ZR 44/18; Bestätigung von OLG Koblenz, Urt. v. 6.12.2017, 9 U 347/17 – Kaffeekapseln (MD 2018, 146); OLG Koblenz, Urt. v. 23.4.2018, 9 U 1240/17 – Kaffee-Kapseln (MD 2018, 532) und OLG Jena, Urt. v. 28.2.2018, 2 U 460/17 - Kaffeekapseln

OLG Frankfurt, Hinweisbeschl. v. 15.7.2016, 14 U 87/15 (= MD 2016, 1070)

Die Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV gilt nur für zusammengesetzte Angebote. … Erforderlich ist eine Verbindung verschiedener Produkte in einer Packung, bei denen ein Preisvergleich mit anderen Waren ohnehin erschwert und in der Regel durch die Angabe des Grundpreises auch nicht nennenswert erleichtert wird. Exemplarisch wird in der … Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf ein Gebinde aus einer Flasche Wein und einer Käse- oder Schinken-Spezialität als zusammengesetztes Angebot verwiesen. Verschiedenartig sind demnach Erzeugnisse, die nicht in ihren charakteristischen Merkmalen übereinstimmen und sich dementsprechend in ihrer Anwendung, Funktion, ihren Wirkungen und/oder Geschmack nicht unerheblich unterscheiden. Was in diesem Sinne verschiedenartig ist, lässt sich unter Berücksichtigung des Zwecks der Grundpreisangabe und dieser Ausnahmevorschrift nur im Einzelfall entscheiden.

Diese Voraussetzung wurde bei einem 2-Kammer-Joghurt abgelehnt, bei dem die eine Kammer Joghurt, die andere Zutaten zum Joghurt enthielt.

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Waren, die im Rahmen einer Dienstleistung angeboten werden (§ 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV)

BGH, Urt. v. 28.6.2012, I ZR 110/11, Tz. 11 – Traum-Kombi

Die Regelung des § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV setzt Art. 3 Abs. 2 1. Spiegelstrich der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse in das deutsche Recht um. Die genannte Richtlinienbestimmung gestattet es den Mitgliedstaaten, für „bei Erbringen einer Dienstleistung gelieferte Erzeugnisse“ keine Verpflichtung zur Grundpreisangabe vorzusehen.

BGH, Urt. v. 28.6.2012, I ZR 110/11, Tz. 8 – Traum-Kombi

Nach § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV besteht keine Verpflichtung zur Nennung des Grundpreises für Waren, die verschiedenartige, nicht miteinander vermischte oder vermengte Erzeugnisse enthalten. Für solche zusammengesetzten Angebote - beispielsweise für ein Gebinde aus einer Flasche Wein und einer Käse- oder Schinkenspezialität - muss kein Grundpreis angegeben werden, obwohl für jedes von dem Angebot umfasste Erzeugnis bei gesonderter Abgabe der Grundpreis nach § 2 Abs. 1 PAngV genannt werden müsste.

BGH, Urt. v. 28.6.2012, I ZR 110/11, Tz. 13 – Traum-Kombi

§ 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV entbindet den Unternehmer grundsätzlich nicht, für Waren, die er seinen Kunden im Rahmen eines Lieferservice anbietet und die an sich unter die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV fallen, den Grundpreis anzugeben. Bei den vom Antrag erfassten Lebensmitteln - Bier, Wein und Eiscreme - handelt es sich um Waren in Fertigpackungen, für die die Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises besteht. Allein der Umstand, dass der Unternehmer anbietet, diese Waren dem Kunden nach Hause zu liefern, führt nicht dazu, dass das Angebot im Sinne von § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV „im Rahmen einer Dienstleistung“ erfolgt.

BGH, Urt. v. 28.6.2012, I ZR 110/11, Tz. 15 – Traum-Kombi

Zugeschnitten ist die Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV unter anderem auf Gaststätten, deren Angebot sich nicht nur darauf bezieht, dass Speisen zubereitet und dargereicht werden und dem Gast Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden, in denen er die zubereiteten Speisen verzehren kann, sondern auch darauf, das beispielsweise Getränke in der Flasche, also in Fertigpackungen, oder offen, also als nach Volumen bemessene Verkaufseinheit ohne Umhüllung, angeboten werden. Hier tritt die Lieferung der Getränke gegenüber den Dienstleistungen klar in den Hintergrund. Werden Lebensmittel (Bier, Wein und Eiscreme) dagegen in Fertigpackungen neben den zubereiteten Speisen (Pizza) nach Hause geliefert, steht die Warenlieferung ähnlich wie beim Straßenverkauf durch eine Gaststätte (vgl. dazu Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 119, Lief. Juli 2006, § 9 PAngV Rn. 19; MünchKomm.UWG/Ernst, Anh. §§ 1-7 G § 9 PAngV Rn. 15) im Vordergrund mit der Folge, dass die Ausnahmeregelung hierauf keine Anwendung findet.

Bestätigt OLG Köln, Urt. v. 01.06.2011 - 6 U 220/10, II.2.c.aa

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Kosmetische Mittel (§ 9 Abs. 5 Nr. 2 PAngV)

Nach § 9 Abs. 5 Nr. 2 PAngV ist § 2 Abs. 1 PAngV nicht anzuwenden bei

kosmetischen Mitteln, die ausschließlich der Färbung oder Verschönerung der Haut, des Haares oder der Nägel dienen.

OLG Celle, Urt. v. 23.3.2017, 13 U 158/16, Tz. 16

Unter Verschönerung wird jede Änderung des äußeren Erscheinungsbildes von Haut, Haaren oder Nägeln einer Person verstanden, die allgemein oder zumindest von dieser als Verbesserung empfunden wird (vgl. Weidert, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Aufl. 2016, § 9 PAngV Rn. 5; Sosnitza, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 163. EL März 2016, § 9 PAngV Rn. 26). Dass die hier streitgegenständlichen Kosmetikprodukte jedenfalls auch eine „Verschönerung“ in diesem Sinne zur Folge haben, ist nicht von der Hand zu weisen. Allerdings muss das kosmetische Mittel, um unter § 9 Abs. 5 Nr. 2 PAngV zu fallen, „ausschließlich der ... Verschönerung dienen“.

OLG Celle, Urt. v. 23.3.2017, 13 U 158/16, Tz. 20 ff

Ziel des § 2 Abs. 1 PAngV ist es, dem Verbraucher im Interesse der Preisklarheit durch Angabe des Grundpreises eine leichtere Übersicht über die Preisgestaltung für vergleichbare Warenangebote und damit eine vereinfachte Möglichkeit zum Preisvergleich zu verschaffen. Die Verpflichtung zur Grundpreisangabe entfällt in den (Ausnahme-) Fällen des § 9 Abs. 4 und Abs. 5 PAngV, weil bei den dort genannten Erzeugnissen die Angabe einer Mengeneinheit keine relevante Information darstellt, sondern der Verbraucher seine Kaufentscheidung üblicherweise nach anderen Kriterien trifft. Diese Begründung für die Ausnahmetatbestände greift für (auch) pflegende kosmetische Produkte zur dauerhaften Anwendung nicht ein: Während Verschönerungsmittel, die nur der sofortigen und kurzfristigen Änderung des Erscheinungsbilds dienen, in der Regel ohne Rücksicht auf die Menge gekauft werden, um - beispielsweise durch eine Packung Haarfärbemittel - einen schnellen Erfolg herbeizuführen, wird der Verbraucher Pflegeprodukte, die eine nachhaltige Wirkung erzielen sollen, in der Regel über einen längeren Zeitraum erwerben, sodass es dabei eher auf den Preis pro Mengeneinheit und den daraus resultierenden Preisvergleich ankommt.

Dieses enge Verständnis der kosmetischen Mittel, die „ausschließlich ... der Verschönerung dienen“, deckt sich auch mit einer vom bayerischen Wirtschaftsministerium erstellten, nicht abschließenden Liste von kosmetischen Mitteln, die der Vorschrift des § 9 Abs. 5 Nr. 2 PAngV unterfallen sollen. Dort werden ebenfalls nur Mittel aufgelistet, die eine kurzfristige Änderung des Erscheinungsbildes erzielen, wie z.B. Make-up, Schminke, Nagellack, Enthaarungsmittel oder Lippenstift, wobei sich jeweils der ausdrückliche Zusatz „wenn nicht auch pflegend“ findet.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Vorschrift des § 9 Abs. 5 Nr. 2 PAngV ihren Charakter als Ausnahmetatbestand verlieren würde, wenn hierunter alle kosmetischen Mittel zu subsumieren wären, die nicht zur medizinischen Behandlung eines krankhaften Zustandes dienen. In diesem Fall würde nämlich nach zutreffender Auffassung der Beklagten die Ausnahme zum Regelfall gemacht, weil nahezu jedes kosmetische Produkt zur Verschönerung eingesetzt wird.

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Preisangaben für Leistungen (§ 9 Abs. 8 PAngV)

§ 9 Abs. 8 Nr. 1 PAngV

§ 5 ist nicht anzuwenden

1. auf Leistungen, die üblicherweise aufgrund von schriftlichen Angeboten oder schriftlichen Voranschlägen erbracht werden, die auf den Einzelfall abgestellt sind.

OLG Hamburg, Urt. v. 4.5.2011, 5 U 207/10, II.3

Unter einem „schriftlichen Angebot“ oder einem „schriftlichen Voranschlag“ im Sinne des § 9 Abs. 8 Nr. 1 PAngV ist eine Aufstellung zu verstehen, die aus individuellen Angebotspositionen – ggf. mit Einzelpreisen – besteht und am Ende einen bestimmten Gesamt- oder Endpreis schriftlich ausweist . Denn Zweck der PAngV ist es, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die Stellung der Verbraucher gegenüber Handel und Gewerbe zu stärken und den Wettbewerb zu fördern. Dies erfordert die Angabe eines bestimmten Preises am Ende des Angebots oder Voranschlags. Die Ausnahmebestimmung des § 9 Abs.8 Nr. 1 PAngV soll den Leistungsanbieter nur davon befreien, Preisverzeichnisse aufzuhängen, nicht aber davon, überhaupt Preise schriftlich mitzuteilen, sobald sich die Leistungen im Einzelfall hinreichend konkretisierbar sind.

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§ 9 Abs. 8 Nr. 2 PAngV

§ 5 ist nicht anzuwenden

2. auf künstlerische, wissenschaftliche und pädagogische Leistungen; dies gilt nicht, wenn die Leistungen in Konzertsälen, Theatern, Filmtheatern, Schulen, Instituten oder dergleichen erbracht werden.

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künstlerische, wissenschaftliche und pädagogische Leistungen

OLG Hamburg, Urt. v. 4.5.2011, 5 U 207/10, II.4.a

Die Ausnahmebestimmung des § 9 Abs. 8 Nr. 2 PAngV wird unabhängig von dem Begriff der künstlerischen Tätigkeit oder der Kunst in anderen Rechtsgebieten auszulegen zu sein, nämlich allein in Hinblick auf den Sinn und Zweck der PAngV. Die in § 9 Abs. 8 Nr. 2 PAngV aufgeführten Leistungen sind solche, die einerseits in besonderem Maße durch die Individualität des Leistungserbringers – Qualifikation, Renommee, Sympathie, Vertrauen - geprägt sind, andererseits durch den individuellen Zuschnitt der Leistung auf den einzelnen Leistungsempfänger. Eine Typisierung solchermaßen individuell geprägter Leistungen in Preisverzeichnissen erscheint kaum praktikabel und lebensfremd. Sie wäre auch ungeeignet, für den Verbraucher mehr Preistransparenz und Preisklarheit zu schaffen, weil die Preise wegen der Besonderheiten der jeweiligen Leistung und des Leistungserbringers nicht vergleichbar sind.

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in Konzertsälen oder dergleichen

OLG Hamburg, Urt. v. 4.5.2011, 5 U 207/10, II.4.b

Aus der Aufzählung „Konzertsäle…usw.“ ist zu folgern, dass es sich um Orte handeln muss, die für die Öffentlichkeit oder zumindest eine größere Zahl von Personen zugänglich oder bestimmt sind (Harte/Henning/Völker, UWG, 2. Aufl., § 9 PAngV Rn. 50). Außerdem erbringt ein Künstler, der in Konzertsälen, Theatern oder Filmtheatern auftritt, seine Leistung in gleicher Weise gegenüber einer Vielzahl von Personen, also nicht individuell unterschiedlich gegenüber Einzelnen. Dementsprechend werden diese künstlerischen Leistungen typischerweise durch ein standardisiertes Eintrittsgeld abgegolten, das ohne weiteres durch einen Preisaushang bekannt gegeben werden kann, so dass eine Ausnahme von § 5 PAngV auch der Sache nach nicht gerechtfertigt erscheint.

Das Gesetz lässt eine Beschränkung der Ausnahmevorschrift auf die Leistungserbringung in nicht öffentlich zugänglichen Räumen, insbesondere privaten Wohnräumen nicht erkennen. Auch in Gewerbebetrieben, deren Räume für jedermann zugänglich sind, können individuelle künstlerische Leistungen erbracht werden, die einer Darbietung in einem Konzertsaal oder Theater nicht vergleichbar sind. So wird man z.B. auch nicht davon ausgehen können, dass ein Maler, der individuelle Portraits anfertigt, schon deshalb einen Preisverzeichnis aufzustellen hätte, weil er diese nicht in seinen privaten Wohnräumen anfertigt, sondern in einem Atelier, welches in einem freizugänglichen Ladengeschäft unterhalten wird. Seine Leistung bliebe dennoch ein individuelles künstlerisches Auftragswerk gegenüber einem einzelnen Kunden und wäre einer Darbietung in einem Konzertsaal oder Theater nicht vergleichbar.

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Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6wtqb2vWU