Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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Weitere Angaben

1. Zusätzliche Angabe des Anwendungsgebiets

2. Verwendung anderer Begriffe

3. Abbildungen

4. Unvollständige Angaben

5. Aufkleber mit Werbung

6. Sonstige Angaben

§ 10 Abs. 1 Satz 5

Weitere Angaben, die nicht durch eine Verordnung der Europäischen Gemeinschaft vorgeschrieben oder bereits nach einer solchen Verordnung zulässig sind, sind zulässig, soweit sie mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen, für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind und den Angaben nach § 11a nicht widersprechen.

OLG München, Urt. v. 31.3.2022, 6 U 1972/21 (WRP 2022, 1298)

Bei § 10 AMG handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG (vgl. BGH, GRUR 2013, 857 Rn. 10 – Voltaren). ...

Eine einschränkende verfassungskonforme Auslegung scheitert daran, dass eine solche mit dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (vgl. zu diesen Grenzen verfassungskonformer Auslegung: BVerfG, Beschl. v. 16.12.2014 – 1 BvR 2142/11, NVwZ 2015, 510 Rn. 86, m.w.N.). Denn die Vorgaben des § 10 AMG sollen nach der Gesetzessystematik ersichtlich ohne Ausnahme auch für „harmlose“ Arzneimittel gelten.

Zusätzliche Angabe des Anwendungsgebiets

BGH, Urt. v. 5.2.2009, I ZR 124/07, Tz. 16 f – Metoprolol

§ 10 Abs. 1, Satz 1, Nr. 4 und Nr. 14 AMG lassen weitere Angaben auf der äußeren Umhüllung zu, soweit diese mit der Anwendung des Arzneimittels in Zusammenhang stehen, für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind und den Angaben nach § 11a AMG nicht widersprechen. Eine zulässige weitere Angabe kann danach auch die Angabe der Anwendungsgebiete des Mittels sein. Für die gesundheitliche Aufklärung können solche Angaben freilich nur dann wichtig sein, wenn sie vollständig sind und die Anwendungsgebiete des Mittels daher auch so wiedergeben, wie sie im Zulassungsbescheid ausgewiesen sind (BGH GRUR 2008, 1014 Tz. 24 - Amlodipin).

OLG Köln, Urt. v. 12.6.2015, 6 U 188/14, Tz. 34

Durch § 10 Abs. 5 AMG wird Art. 62 RL 2001/83/EG umgesetzt, wonach die äußere Umhüllung und die Packungsbeilage zur Veranschaulichung einiger der in Art. 54 und 59 der RL genannten Informationen – also der Pflichtangaben - Zeichen oder Piktogramme sowie weitere mit der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels zu vereinbarende Informationen enthalten können, die für den Patienten wichtig sind.

BGH, Urt. v. 5.2.2009, I ZR 124/07, Tz. 17f – Metoprolol

Die Angabe eines Anwendungsgebiets ist danach nicht zulässig, wenn ein differentialdiagnostischer Hinweis (etwa: "Bei ... sollte ein Arzt aufgesucht werden.") weggelassen wird, weil eine solche Angabe ein unzutreffendes Bild von dem Anwendungsgebiet des Mittels vermittelt. Dasselbe gilt, wenn der Anwendungsbereich eines Arzneimittels mit einem Oberbegriff bezeichnet wird, zu dem neben dem Anwendungsgebiet, für das das Mittel zugelassen ist, auch ein Anwendungsgebiet gehört, für das es an einer Zulassung fehlt (BGH GRUR 2008, 1014 Tz. 29 - Amlodipin).

Die weiteren Angaben i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 4 AMG müssen, da sie freiwillig erfolgen, nicht in jeder Hinsicht vollständig sein; sie müssen jedoch zu einer zutreffenden gesundheitlichen Aufklärung beitragen. Es ist deshalb bei einem für mehrere Anwendungsgebiete zugelassenen verschreibungspflichtigen Arzneimittel grundsätzlich nicht unzulässig, lediglich - wie hier - eines oder einzelne dieser Anwendungsgebiete auf seiner äußeren Umhüllung anzugeben.

OLG München, Beschl. v. 9.4.2020, 29 U 5126/19 – Geänderte Rezeptur

Gemäß Art. 62 Halbsatz 2 der RL 2001/83/EG und entsprechend nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG sind Angaben, die Werbecharakter haben können, unzulässig (BGH GRUR 2013, 857 Rn. 13 – Voltaren). Pflichtangaben im Sinne von Art. 54 der RL 2001/83/EG, § 10 Abs. 1 Satz 1 AMG und für den Patienten wichtige weitere Informationen im Sinne von Art. 62 Halbsatz 1 der RL 2001/83/EG, § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG stellen jedoch keine Werbung dar (vgl. BGH GRUR 2009, 990 Rn. 14 – Metoprolol; BGH GRUR 2008, 1014 Rn. 20-27 - Amlodipin). Die Anforderungen an zulässige ergänzende Angaben im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 5 sind allerdings sehr streng. Angaben mit werblichen Überschuss sind davon per se nicht gedeckt und daher auf der Umverpackung schon deshalb nicht erlaubt (OLG Frankfurt a. M. PharmR 2018, 411, 412).

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Verwendung anderer Begriffe

BGH, Urt. v. 5.2.2009, I ZR 124/07, Tz. 20 – Metoprolol

Es unterliegt keinen durchgreifenden Bedenken, dass die Beklagte auf der Verpackung ihres Mittels statt der im Zulassungsbescheid gewählten Fachbegriffe ("Arterieller Bluthochdruck" und "Hypertonie") den nicht weiterreichenden, sondern im selben Sinne gebrauchten umgangssprachlichen Begriff "Bluthochdruck" verwendet hat. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die weiteren Angaben i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 4 AMG im Interesse der gesundheitlichen Aufklärung gerade zur Information der Patienten bestimmt sind.

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Abbildungen

OLG Köln, Urt. v. 12.6.2015, 6 U 188/14, Tz. 34

Durch § 10 Abs. 5 AMG wird Art. 62 RL 2001/83/EG umgesetzt, wonach die äußere Umhüllung und die Packungsbeilage zur Veranschaulichung einiger der in Art. 54 und 59 der RL genannten Informationen – also der Pflichtangaben - Zeichen oder Piktogramme sowie weitere mit der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels zu vereinbarende Informationen enthalten können, die für den Patienten wichtig sind. Bildzeichen, die der unterstützenden Kommunikation von Pflichtangaben dienen, sind daher zulässig.

OLG Köln, Urt. v. 12.6.2015, 6 U 188/14, Tz. 37f

Zwar kann Abbildungen auf der Verpackung eine allgemeine Werbewirkung nicht abgesprochen werden, weil die Verpackungsgestaltung grundsätzlich geeignet erscheint, Nachkäufe oder die Empfehlung des Arzneimittels gegenüber Dritten zu fördern (vgl. BGH GRUR 2008, 1014, Tz. 25 – Amlodipin). Abbildungen können daher inhaltlich „Werbung“ im Sinne des weit zu verstehenden heilmittelwerberechtlichen Werbebegriffs darstellen. Auch der Gemeinschaftsgesetzgeber geht davon aus, dass die Verpackung eines Arzneimittels als Werbeträger verwendet werden kann (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 26).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfährt allerdings der Werbebegriff hinsichtlich der Angaben auf der äußeren Umhüllung eines Arzneimittels gegenüber dem für die (sonstige) Heilmittelwerbung geltenden Werbebegriff Einschränkungen (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 21 f. - Amlodipin). Angaben auf der äußeren Umhüllung, die weder gemäß Art. 54 der Richtlinie, § 10 Abs. 1 Satz 1 AMG notwendig noch gemäß Art. 62 Halbs. 1 der Richtlinie, § 10 Abs. 1 Satz 4 AMG zulässig sind, stellen deshalb nur dann eine unzulässige Werbung dar, wenn sie entweder einen werblichen Überschuss enthalten oder zu Werbezwecken eingesetzt werden (vgl. BGH GRUR 2009, 990, Tz. 14 – Metoprolol).

Die Abbildung einer grünen Wiese, über rosafarbene Pollen in stilisierter Form fliegen und sich in der Luft verbreiten, wurde für ein Antihistaminicum nicht beanstandet, weil es der unterstützenden Kommunikation von Pflichtangaben diene (OLG Köln, Urt. v. 12.6.2015, 6 U 188/14)

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Unvollständige Angaben

BGH, Urt. v. 5.2.2009, I ZR 124/07, Tz. 21 – Metoprolol

Der Zulässigkeit einer weiteren Angabe i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 4 AMG steht es schließlich nicht entgegen, dass diese mit der zwar unvollständigen, aber deswegen nicht unrichtigen Nennung der Anwendungsgebiete des Mittels nicht der Fachinformation nach § 11a AMG entspricht, in der die Anwendungsgebiete gemäß § 11a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 lit. a AMG vollständig angegeben werden müssen. Die weiteren Angaben i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 4 AMG müssen den Angaben in der Fachinformation nicht entsprechen, sondern dürfen diesen lediglich nicht widersprechen.

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Aufkleber mit Werbung

BGH, Urt. v. 13.12.2012, I ZR 161/11, Tz. 13 ff - Voltaren

Angaben, die Werbecharakter haben können, sind auf der äußeren Umhüllung eines Arzneimittels nach Art. 62 Halbs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG und entsprechend auch nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG unzulässig. …

Unzulässig sind insbesondere Gestaltungen, die beim Verwender des Mittels den Eindruck erwecken, dass ein auf seiner äußeren Umhüllung - wenn auch nur mit Klebepunkten und damit ablösbar - angebrachter Werbeflyer mit der übrigen Etikettierung eine Einheit bildet.

Das Verbot, auf der äußeren Umhüllung von Arzneimitteln Angaben zu machen, die Werbecharakter haben können, soll verhindern, dass die Verwender durch solche Angaben von den ihnen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 und 5 AMG gegebenen Informationen abgelenkt werden. Das Erreichen dieses Ziels wird durch eine auf der äußeren Umhüllung angebrachte Werbung unabhängig davon verhindert oder immerhin in Frage gestellt, ob sich die äußere Umhüllung und die auf ihr angebrachte Werbung als Einheit darstellen oder nicht. Für die Bejahung eines Rechtsverstoßes reicht es aus, dass das Erreichen dieses Ziels in Frage gestellt wird; denn auf der äußeren Umhüllung angebrachte Angaben sind nach Art. 62 Halbs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG bereits dann unzulässig, wenn sie Werbecharakter haben können.

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Sonstige Angaben

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 5.8.2013, 13 A 2862/12, Tz. 5 f, 11

Nach § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG sind Angaben auf den Behältnissen und äußeren Umhüllungen, die nicht durch eine Verordnung der Europäischen Gemeinschaft vorgeschrieben oder bereits nach einer solchen Verordnung zulässig sind, zulässig, soweit sie mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen, für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind und den Angaben nach § 11a nicht widersprechen. Damit steht die Anbringung eines selbst kreierten Bio-Zeichen nicht im Einklang.

… Die Kennzeichnung mit einem firmeneigenen Bio-Zeichen ist auch nach den europarechtlichen Vorgaben unzulässig. Art. 62 der Richtlinie 2001/83/EG in der Fassung der Richtlinie 2004/27/EG bestimmt: Die äußere Umhüllung und die Packungsbeilage können zur Veranschaulichung einiger der in den Artikeln 54 und 59 Absatz 1 genannten Informationen Zeichen oder Piktogramme sowie weitere mit der Zusammenfassung der Merkmale des Erzeugnisses zu vereinbarende Informationen enthalten, die für den Patienten wichtig sind; nicht zulässig sind Angaben, die Werbecharakter haben können. ...

Firmeneigene Bio-Kennzeichnungen sind Angaben, die im Sinne des 2. Halbsatzes des Art. 62 der Richtlinie Werbecharakter haben können. Sie dienen dem Ziel, den Absatz des Produkts zu fördern, indem sie es gegenüber anderen herausheben. Der Patient wird dadurch auch von den ihm gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 und 5 AMG, Art. 54, 59 Abs. 1 und 62 1. HS der Richtlinie 2001/83/EG gegebenen Informationen abgelenkt (vgl. dazu BGH, Urt. v. 13.12.2012, I ZR 161/11).

S.a. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 26.10.2015, 13 A 2597/14

OLG München, Beschl. v. 9.4.2020, 29 U 5126/19 – Geänderte Rezeptur

Bei dem Hinweis auf die "geänderte Rezeptur" handelt es sich um eine Angabe, die mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang steht. Die Anwendung des Arzneimittels einschließlich seiner Dosierung hängt von seiner Zusammensetzung ab. Vorliegend ist der Wirkstoff des Arzneimittels geändert worden und es hat Änderungen bei den sonstigen Bestandteilen gegeben. Diese Angaben sind für die Anwendung des Arzneimittels von Relevanz, da dieses z. B. bei Personen mit Phenylketonurie aufgrund des seit der geänderten Rezeptur im Produkt enthaltenen Aspartams nicht mehr angewendet werden sollte.

Die Angabe "geänderte Rezeptur" ist vorliegend auch für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig. Dies gilt zweifelsohne für Patienten mit Phenylketonurie, da diese ohne einen entsprechenden Hinweis, soweit sie das Produkt schon länger einnehmen, keine Veranlassung hätten, sich mit den Bestandteilen des Produkts nochmals zu befassen und zu überprüfen, ob (nunmehr) Aspartam in dem Produkt enthalten ist. Da sich die Änderung in der Rezeptur aber nicht darauf beschränkt, dass nunmehr in dem Produkt Aspartam enthalten ist, sondern u. a. auch der Wirkstoff verändert wurde, ist der Hinweis auf die "geänderte Rezeptur" auch für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten, die nicht an Phenylketonurie leiden, wichtig. Eine Veränderung des Wirkstoffs ist eine für die gesundheitliche Aufklärung des Patienten wichtige Information.

OLG München, Beschl. v. 9.4.2020, 29 U 5126/19 – Geänderte Rezeptur

Der streitgegenständliche Hinweis in Form des "Störers" war auch nicht aufgrund eines werblichen Überschusses unzulässig. Zutreffend ist, dass der Verkehr, auch der Apothekenkunde, daran gewöhnt ist, dass mit entsprechenden Störern bei Lebensmitteln oft Angaben werblich hervorgehoben werden. Auch vorliegend dient die Verwendung des Störers gerade dazu, die Angabe besonders hervorzuheben, die Kunden sollen durch den Störer gerade animiert werden, die geänderte Rezeptur, die sich auch aus der Packungsbeilage und dem Aufdruck der Bestandteile auf der Umhüllung ergibt, auch wirklich zur Kenntnis zu nehmen. Ein unscheinbarer Hinweis auf die geänderte Rezeptur, könnte das Ziel der gesundheitlichen Aufklärung der Patienten gar nicht erfüllen. In der Hervorhebung liegt somit kein werblicher Überschuss, sondern diese ist zur Zweckerfüllung gerade notwendig. Inhaltlich geht der Hinweis nicht über das hinaus, was als Information für die Patienten wichtig ist. Auf eine "verbesserte Rezeptur" oder ähnliches wird gerade nicht hingewiesen.

OLG München, Urt. v. 31.3.2022, 6 U 1972/21, II.2.c (WRP 2022, 1298)

Die Angabe „Aus ökologischem Anbau“ steht  – für sich betrachtet – nicht mit der Anwendung des Arzneitees in Zusammenhang und ist für den Patienten in seiner Eigenschaft als solcher nicht wichtig. ...

Dies gilt entsprechend für das Bio-Siegel. Dass ein firmeneigenes Bio-Siegel auf der Umverpackung eines Arzneimittels für sich genommen unzulässig ist, hat das Landgericht zutreffend und im Einklang mit der überwiegenden Ansicht in der Rechtsprechung und Literatur (vgl. OVG Münster PharmR 2013, 463 = BeckRS 2013, 54303; OVG Münster, PharmR 2016, 54 = BeckRS 2016, 42091; Pannenbecker in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 3. Aufl., § 10 Rn. 50; a.A. VG Köln BeckRS 2006, 23638; Rehmann, AMG, 5. Aufl., § 10 Rn. 3),  bejaht. …

Auch in Bezug auf die Angabe „X Arzneitee seit 1916“ ist nicht ersichtlich, inwieweit diese Angabe mit der Anwendung des Arzneitees in Zusammenhang stehen und für die gesundheitliche Aufklärung des Patienten wichtig sein sollte.

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