Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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(7) Informationspflichten (§ 10 Abs. 2 HCVO)

Art. 10 Abs. 2 Health-Claim-Verordnung

Gesundheitsbezogene Angaben dürfen nur gemacht werden, wenn die Kennzeichnung oder, falls diese Kennzeichnung fehlt, die Aufmachung der Lebensmittel und die Lebensmittelwerbung folgende Informationen tragen:

a) einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise,

b) Informationen zur Menge des Lebensmittels und zum Verzehrmuster, die erforderlich sind, um die behauptete positive Wirkung zu erzielen,

c) gegebenenfalls einen Hinweis an Personen, die es vermeiden sollten, dieses Lebensmittel zu verzehren, und

d) einen geeigneten Warnhinweis bei Produkten, die bei übermäßigem Verzehr eine Gesundheitsgefahr darstellen könnten.

(3) Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden sind nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Artikel 13 oder 14 enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.

(4) Gegebenenfalls werden nach dem in Artikel 24 Absatz 2 genannten Verfahren und, falls erforderlich, nach der Anhörung der Interessengruppen, insbesondere von Lebensmittelunternehmern und Verbraucherverbänden, Leitlinien für die Durchführung dieses Artikels angenommen.

Geltungszeitpunkt des Art. 10 Abs. 2 HCV

Die Frage, ob die Bestimmung des Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bereits ab Inkrafttreten der Health Claims Verordnung oder erst ab der Zulassung gesundheitsbezogener Angaben zu beachten ist, hat der BGH dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt (BGH, Beschl. v. 5.12.2012, I ZR 36/11, Tz. 11 - Monsterbacke). Diese Frage stellt sich für die aktuelle Angaben auf Produkten oder in der Werbung nicht mehr, weil das Zulassungsverfahren für die meisten gesundheitsbezogenen Angaben abgeschlossen ist.

Deklarationspflicht

OLG München, Urt. v. 20.7.2023, 29 U 680/22, Tz. 28 f

Nach Art. 10 Abs. 2 lit. a HCVO dürfen gesundheitsbezogene Angaben nur gemacht werden, „wenn die Kennzeichnung oder, falls diese Kennzeichnung fehlt, die Aufmachung der Lebensmittel und die Lebensmittelwerbung folgende Informationen tragen: a) einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise, (…)“.

Art. 2 Abs. 1 lit. d HCVO verweist für den Begriff „Kennzeichnung“ auf die Begriffsbestimmung in Art. 1 Abs. 3 lit. a der RL 2000/13/EG [Lebensmitteletikettierungs-RL], an deren Stelle nach Aufhebung der Lebensmitteletikettierungs-RL durch § 53 Abs. 1 VO (EU) 1169/2011 [Lebensmittelinformations-VO; im Folgenden: LMIV] nunmehr gem. Art. 53 Abs. 2 LMIV die Bestimmungen der LMIV und zur Begriffsbestimmung „Kennzeichnung“ folglich Art. 2 Abs. 2 lit. j LMIV getreten sind. Danach sind „Kennzeichnung“ „alle Wörter, Angaben, Hersteller- oder Handelsmarken, Abbildungen oder Zeichen, die sich auf ein Lebensmittel beziehen und auf Verpackungen, Schriftstücken, Tafeln, Etiketten, Ringen oder Verschlüssen jeglicher Art angebracht sind und dieses Lebensmittel begleiten oder sich auf dieses Lebensmittel beziehen“.

OLG München, Urt. v. 20.7.2023, 29 U 680/22, Tz. 33

Bei der Werbeanzeige handelt es sich um eine „Kennzeichnung“ iSv Art. 10 Abs. 2 lit a HCVO und Kennzeichnungen müssen nach dieser Vorschrift die Pflichtinformation tragen. Denn unter „Kennzeichnung“ fällt nach der maßgeblichen Begriffsbestimmung des Art. 2 Abs. 2 lit. j LMIV jegliche Angabe, die sich auf dieses Lebensmittel bezieht, ohne dass es auf eine räumliche Nähe zum Produkt ankommt (...). Hierdurch unterscheidet sich der Begriff der Kennzeichnung vom Begriff des Etiketts (vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. i LMIV), den Art. 10 Abs. 2 lit. a HCVO gerade nicht verwendet.

Wird eingehend begründet.

KG, Urt. v. 27.11.2015, 5 U 96/14, Tz. 47

Die Hinweise aus Art. 10 Abs. 2 lit. a bis lit. d HCVO sind ebenso bei unspezifischen gesundheitsbezogenen Angaben (BGH, GRUR 2015, 403 Tz. 37 – Monsterbacke II) und auch bereits in der Übergangszeit bis zum Vorliegen der Listen nach Art. 13, 14 HCVO (EuGH, GRUR 2014, 587 Tz. 37 – Ehrmann) zu geben.

KG, Urt. v. 27.11.2015, 5 U 96/14, Tz. 50

Die Hinweise nach Art. 10 Abs. 2 lit. a und lit. b HCVO sind ohne weitergehende tatsächliche Voraussetzungen in jedem Fall einer gesundheitsbezogenen Angabe zu geben.

Ebenso KG, Urt. v. 10.7.2015, 5 U 131/13, B.II.1.a.aa (= MD 2015, 1086)

Hinweispflicht auf Produkten und in der Werbung

OLG Koblenz, Urt. v. 20.6.2012, 9 U 224/12 – Was kann Hydrogencarbonat (= MD 2012, 744)

Gemäß Art. 10 Abs. 2 lit. a HCV dürfen gesundheitsbezogene Angaben nur gemacht werden, wenn die Kennzeichnung oder falls diese Kennzeichnung fehlt, die Aufmachung der Lebensmittel und die Lebensmittelwerbung einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise enthalten. ...

Der Senat legt Art. 10 Abs. 2 HCV dahingehend aus, dass der Hinweis auf der Kennzeichnung und der Lebensmittelwerbung erfolgen muss. Die Verordnung dient dem Schutz des Verbrauchers vor irreführenden Angaben und soll ihm daneben die Wahl zwischen den verschiedenen Lebensmitteln erleichtern. Dieser Schutzzweck erfordert es, dass der gem. Art. 10 Abs. 2 lit. a) HCV vorgeschriebene Hinweis auf der Kennzeichnung im Sinne des Art. 2 Abs. 1 lit. b) HCV i.V.m. der Begriffsbestimmung in Art. 1 Abs. 3 a) der Richtlinie 2000/13/EG und in der Lebensmittelwerbung erfolgt. Nur für den Fall, dass eine Kennzeichnung fehlt, hat die Aufmachung der Lebensmittel den entsprechenden Hinweis zu enthalten, wodurch die Hinweispflicht in der Lebensmittelwerbung jedoch nicht berührt wird.

Ebenso OLG Hamburg, Urt. v. 21.6.2012, 3 U 97/11, II.3.f.cc (= MD 2012, 845, 854); OLG Hamm, Urt. v. 4.7.2013, 4 U 20/13, B.II.2.f: KG, Urt. v. 10.7.2015, 5 U 131/13, B.II.1.a.aa (= MD 2015, 1086)

KG, Urt. v. 10.7.2015, 5 U 131/13, B.II.1.a.aa (= MD 2015, 1086)

Es gibt keinen Anhalt dafür, dass die Vorschrift einschränkend dahin gehend auszulegen wäre, dass lediglich die in Schriftform getätigten Werbeaussagen den Hinweis enthalten müssten, während er bei audiovisuellen Formen der Werbung unterbleiben könnte. Der Begriff der "Lebensmittelwerbung" ist insofern neutral und erfasst jede Art der Werbung.

Verhältnis zu § 4 Abs. 2 NemV (Verordnung zu Nahrungsergänzungsmitteln)

OLG Hamburg, Urt. v. 21.6.2012, 3 U 97/11, II.3.f.cc (= MD 2012, 845, 854)

Zudem wäre der Hinweis aber auch nicht ausreichend, wenn es nur auf die Kennzeichnung des Produkts ankäme. Nach 4 Abs. 2 Nr. 4 NemV dürfen Nahrungsergänzungsmittel gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn auf der Fertigpackung ein Hinweis darauf erfolgt, dass Nahrungsergänzungsmittel nicht als Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung verwendet werden sollten. § 4 Abs. 2 Nr. 4 NemV dient der Umsetzung von Art. 6 Abs. 3 lit. d der Richtlinie 2002/46/EG. Soweit die Richtlinie 2002/46/EG Bestimmungen über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben enthält, genießen die dortigen Regelungen zwar Vorrang gegenüber der HCV. Gemäß Art. 1 Abs. 5 lit. d) HCV gilt die HCV nämlich unbeschadet der Richtlinie 2002/46/EG. Allerdings ist der Pflichthinweis nach Art. 4 Abs. 2 Nr. 4 NemV keine spezielle Regelung zu Art. 10 Abs. 2 lit. a) HCV, da beide Hinweispflichten unterschiedliche Aspekte behandeh. Der Pflichthinweis nach Art. 4 Abs. 2 Nr. 4 NemV stellt insoweit nur auf eine abwechslungsreiche Ernährung ab, während Art. 10 Abs. 2 lit. a) HCV auch einen Hinweis auf die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise verlangt.

Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6D4LoqhjR