Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

Unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen können unlauter sein. Sie verstoßen dann gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit der einschlägigen Verbotsbestimmung in den §§ 305 ff BGB.

1. §§ 305 ff BGB als Marktverhaltensregelungen

2. Richtlinienkonformität der wettbewerbsrechtlichen AGB-Beurteilung

3. Elektronischer Geschäftsverkehr

4. Klagebefugnis der Mitbewerber

5. Einzelne rechtswidrige Klauseln

6. Streitwert

§§ 305 ff BGB als Marktverhaltensregelungen

Prinzipiell muss hinsichtlich jeder einzelnen Bestimmung in den §§ 305 ff BGB geprüft werden, ob es sich jeweils um eine Marktverhaltensregelung handelt. Aber:

BGH, Urt. v. 31.5.2012, I ZR 45/11, Tz. 46 -  Missbräuchliche Vertragsstrafe

Die Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen widerspricht regelmäßig den Erfordernissen fachlicher Sorgfalt.

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.6.2019, 2 U 48/18, Tz. 88

OLG Jena, Urt. v. 18.11.2021, 1 U 1303/20, II.2

§ 307 ff BGB sind als Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 3a UWG anzusehen, da die Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen regelmäßig den Erfordernissen fachlicher Sorgfalt widerspricht und des Weiteren geeignet ist. die wirtschaftlichen Interessen des Durchschnittsverbrauchers spürbar zu beeinflussen (vgl. BGH GRUR 2012, 949 Rn. 46).

Zwar hat der Bundesgerichtshof dies bisher noch nicht für alle Vorschriften der §§ 307 ff. BGB ausdrücklich entschieden. Da aber sämtliche Klauselverbote den Verbraucher schützen, kann für alle übrigen Fälle der §§ 308, 309 BGB nichts anderes gelten (Ohly/Sosnitza/Ohly, 7. Aufl. 2016, UWG § 3a Rn. 78).

BGH, Urt. v. 31.5.2012, I ZR 45/11, Tz. 46 -  Missbräuchliche Vertragsstrafe

§§ 307, 308 Nr. 1, § 309 Nr. 7a BGB sind Marktverhaltensregelungen. ... Die hier in Rede stehenden Verstöße gegen §§ 307, 308 Nr. 1, § 309 Nr. 7a BGB sind auch geeignet, die wirtschaftlichen Interessen des Durchschnittsverbrauchers spürbar zu beeinflussen. Trotz ihrer Unwirksamkeit können Vertragsklauseln, die gegen Verbote des § 308 Nr. 1 BGB (unangemessene Annahmeoder Lieferfrist), § 307 BGB (unangemessene Benachteiligung durch pauschale Abbedingung verschuldensunabhängiger Haftung) und § 309 Nr. 7a BGB (Haftungsausschluss für fahrlässig verursachte Körperschäden) verstoßen, Verbraucher davon abhalten, berechtigte Ansprüche gegen den Verwender geltend zu machen.

Ebenso OLG Hamm, Urt. v. 19.8.2021, 4 U 57/21, Tz. 117; OLG Brandenburg, Urt. v. 29.4.2014. 6 U 10/13, Tz. 41; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.6.2019, 2 U 48/18, Tz. 87 (zu § 307); OLG München, Urt. v. 21.7.2022, 29 U 1499/20, Tz. 38

BGH, Urt. v. 19.7.2012, I ZR 40/11, Tz. 31 - Pharmazeutische Beratung über Call-Center

Die Bestimmung des § 307 BGB hat jedenfalls insoweit, als sie einer Benachteiligung des Kunden entgegenwirken soll, die sich aus intransparenten Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt, eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion. Wegen ihres prinzipiell unterschiedlichen Regelungsansatzes besteht zwischen den Vorschriften des Lauterkeitsrechts und den Bestimmungen des AGB-Rechts grundsätzlich auch Gesetzeskonkurrenz.

BGH, Urt. v. 6.11.2013, I ZR 104/12, Tz. 26 - Vermittlung von Netto-Policen

Die Vorschriften der §§ 307 bis 309 BGB können als Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a (vormals 4 Nr. 11) UWG angesehen werden, da die Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen regelmäßig den Erfordernissen fachlicher Sorgfalt widerspricht.

Ebenso OLG Brandenburg, Urt. v. 7.2.2023, 6 U 55/22, II.1.c.dd

In BGH, Urteil vom 25. April 2019, I ZR 23/18, Tz. 37  ff- WiFiSpot prüft der BGH einen Verstoß gegen § 306a BGB, ohne ausdrücklich festzustellen, ob es sich um eine Marktverhaltensregelung handelt.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.2014, 20 U 154/14, Tz. 32

Bei den Vorschriften des AGB-Rechts handelt es sich um Marktverhaltensregeln im Sinne des § 3a UWG (vgl. Köhler, a.a.O., § 4 Rn. 11.156f ff.). Das gilt nicht nur bei der Verwendung unwirksamer AGB gegenüber Verbrauchern im Sinne von § 13 BGB, sondern auch gegenüber Unternehmern.

Zu § 308 Abs. 1 Nr. 1 BGB siehe

OLG Hamm, Urt. v. 18.9.2012, I-4 U 105/12: "Angaben über die Lieferfrist sind unverbindlich"

OLG Bremen, Urt. v. 5.10.2012, 2 U 49/12; "Voraussichtliche Versanddauer: 1-3 Werktage"

KG, Beschl. v. 3.4.2007, 5 W 73/07: "in der Regel 1 - 2 Tage nach Zahlungseingang"

OLG Hamm, Urt. v. 24.5.2012, 4 U 48/12, Tz. 37

Der Verstoß gegen Gesetzesvorschriften durch die Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen stellt zugleich einen Wettbewerbsverstoß dar. Das war und ist ständige Rechtsprechung des Senats und inzwischen schon aufgrund des Gebotes richtlinienkonformer Auslegung des UWG am Maßstab der UGP-Richtlinie nicht mehr im Streit (vgl. BGH GRUR 2011, 1117 Gewährleistungsausschluss im Internet; Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Auflage, § 4 Rdn. 11.156 c).

OLG Hamm, Urt. v. 24.5.2012, 4 U 48/12, Tz. 38

Eine Einschränkung des Gewährleistungsrechts des Verbrauchers beeinflusst diesen zwangsläufig immer erheblich.

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Richtlinienkonformität der wettbewerbsrechtlichen AGB-Beurteilung

Prinzipiell muss hinsichtlich jeder einzelnen Bestimmung in den §§ 305 ff BGB geprüft werden, obsie eine Grundlage im Unionsrecht hat.

BGH, Urt. v. 31.5.2012, I ZR 45/11, Tz. 47 f -  Missbräuchliche Vertragsstrafe

Die Anerkennung dieser Bestimmungen aus dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen als Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a (vormals 4 Nr. 11) UWG ist mit dem Unionsrecht vereinbar. Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken hat in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt. Sie regelt die Frage der Unlauterkeit von Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern abschließend. Dementsprechend kann ein Verstoß gegen nationale Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 3a (vormals 4 Nr. 11) UWG grundsätzlich nur noch begründen, wenn die betreffenden Regelungen hier die Bestimmungen der §§ 307, 308 Nr. 1, § 309 Nr. 7a BGB eine Grundlage im Unionsrecht haben. Das ist vorliegend der Fall. Die in Rede stehenden Klauseln haben ihre Grundlage in der Nr. 1 Buchst. a des Anhangs der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen.

Das Verbot des § 309 Nr. 7a BGB entspricht der Richtlinie 93/13/EWG. Nach Art. 3 Abs. 3 dieser Richtlinie enthält der Anhang eine als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste der Klauseln, die für missbräuchlich erklärt werden können. Die Bestimmungen der §§ 307 und 308 Nr. 1 BGB finden in der Generalklausel des Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG ihre unionsrechtliche Grundlage. Danach bestehen keine Zweifel, dass eine pauschale Abbedingung verschuldensunabhängiger Haftung des Verwenders im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner zum Nachteil des Verbrauchers verursacht. Auch eine Klausel, die dem Verwender eine unbestimmt lange Frist für die Erbringung seiner Leistungen vorbehält und dadurch Schadensersatzansprüche oder Rücktrittsrechte der Kunden wegen Verzögerung der Lieferung ausschließen will, ist mit Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG unvereinbar. Die Anwendung von § 3a (vormals 4 Nr. 11) UWG in Verbindung mit § 308 Nr. 1 BGB auf eine solche Klausel steht mit dem Unionsrecht ebenfalls in Einklang.

OLG Hamburg, Beschl. v. 30.4.2013, 5 W 35/13, Tz. 4

Die UGP-RL steht einer AGB-Kontrolle nach § 3a (vormals 4 Nr. 11) UWG nicht entgegen. Denn sie regelt zwar in Art. 7 Abs. 5 iVm Anh II abschließend die Informationspflichten des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher im Bereich der kommerziellen Kommunikation und in Art. 7 Abs. 4 lit. d speziell für den Fall der Aufforderung zum Kauf die Pflicht zur Information über Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, falls sie von den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt abweichen. Bei der Klauselkontrolle geht es aber gerade nicht um die Durchsetzung von Informationspflichten, sondern um die Unterbindung der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen (Köhler / Bornkamm, Wettbewerbsrecht, § 4 UWG Rz.11.156c).

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Elektronischer Geschäftsverkehr

§ 312i Abs. 1 Nr. 4 BGB

Bedient sich ein Unternehmer zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrags über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen der Telemedien (Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr), hat er dem Kunden

Nr. 4 die Möglichkeit zu verschaffen, die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.2.2018, 4 U 87/17, II.A.a

Die in Umsetzung der E-Commerce Richtlinie 2000/31/EG, Art. 10 und 11, erlassene Vorschrift des § 312 i BGB stellt in Abs. 1 Nr. 4 als maßgeblichen Zeitpunkt für die Abruf- und Speichermöglichkeit von AGB auf den Vertragsschluss ab. Obwohl die Willenserklärungen im E-Commerce zeitlich notwendigerweise auseinanderfallen, wird insoweit - anders als zum Beispiel nach § 312 j Abs.1, Abs. 2 BGB - nicht der Abgabezeitpunkt einer der beiden erforderlichen Willenserklärungen als maßgeblich festgelegt.

... Hieraus ergibt sich keine zwingende Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunktes auf die Abgabe der Willenserklärung durch den Verbraucher. Erst recht ergibt sie sich nicht für einen noch früheren Zeitpunkt.

Klagebefugnis der Mitbewerber

OLG Hamburg, Beschl. v. 30.4.2013, 5 W 35/13, Tz. 4

Unter der Geltung des aktuellen UWG ist anerkannt, dass das UWG eine lauterkeitsrechtliche Kontrolle der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen oder sonstiger unwirksamer Vertragsklauseln ermöglicht (Köhler / Bornkamm, Wettbewerbsrecht, § 4 UWG Rz.11.156c mwN). Die Funktion der Klage aus dem UWG besteht darin, dass auch Mitbewerber im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG gegen unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen vorgehen können. Dafür besteht auch ein praktisches Bedürfnis, denn der Verwender unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen verschafft sich gegenüber den rechtstreuen Mitbewerbern einen Kostenvorteil und damit einen unzulässigen Wettbewerbsvorsprung (Köhler / Bornkamm, § 4 UWG Rz.11.156c mwN).

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Einzelne rechtswidrige Klauseln

Wegen der Einzelheiten, wann eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen §§ 305 ff BGB verstößt, muss auf die Kommentierungen zum BGB verwiesen werden.

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Streitwert

OLG Stuttgart Beschluß vom 31.1.2018, 2 W 35/17, 3 ff

Der Streitwert in Verfahren nach dem Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (Unterlassungsklagengesetz) orientiert sich regelmäßig an dem Interesse der Allgemeinheit am Unterbleiben des Gebrauchs der strittigen Klauseln. Um die Verbraucherschutzverbände bei der Wahrnehmung der ihnen im Gemeininteresse eingeräumten Befugnis, den Rechtsverkehr von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu befreien, vor unangemessenen Kostenrisiken zu schützen, hat die wirtschaftliche Bedeutung der Verbote, bestimmte Klauseln zu verwenden, bei der Bemessung der Beschwer hingegen keine ausschlaggebende Bedeutung (BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 - III ZR 390/16, juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 30. April 1991 - XI ZR 298/90, juris Rn. 2).

Bei einer herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer Klausel für die betroffenen Verkehrskreise liegt jedoch ein höherer Streitwert vor, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer bestimmten Klausel nicht nur für deren Verwender und die Vertragspartner, sondern für die gesamte Branche von wesentlicher Bedeutung ist, etwa weil es dabei um äußerst umstrittene verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen von großer wirtschaftlicher Tragweite geht, über deren Beantwortung bereits vielfältig und mit kontroversen Ergebnissen gestritten wird (BGH, Beschluss vom 05. Februar 2015 - I ZR 106/14, juris Rn. 6; BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 405/12, juris Rn. 6).

Nur wenn es sich nicht um eine Verbandsklage nach den Bestimmungen des Unterlassungsklagegesetzes handelt, sondern um eine wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage, kommt es entscheidend auf das vom Kläger satzungsgemäß wahrgenommene Interesse der Verbraucher an, wobei einer geringen finanziellen Ausstattung durch eine Streitwertherabsetzung nach § 12 Absatz 4 UWG Rechnung getragen werden kann (BGH, Beschluss vom 15. September 2016 - I ZR 24/16, juris Rn. 11/13).

Unter Anwendung dieser Maßstäbe setzt der Bundesgerichtshof bei Verbandsklagen nach dem Unterlassungsklagegesetz den Streitwert regelmäßig mit 2.500,00 Euro pro angegriffener Teilklausel fest (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2015 - III ZR 64/15, juris Rn. 6; BGH, Beschluss vom 29. Juli 2015 - IV ZR 45/15, juris Rn. 3; BGH, Beschluss vom 06. März 2013 - IV ZR 211/11, juris Rn. 3).

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Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6EgAvehrK