Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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Inkassounternehmen

BGH, Urt. v. 27.11.2019, VIII ZR 285/18, Tz. 105 

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG ist eine Inkassodienstleistung die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird. Ist eine Person gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG bei der zuständigen Behörde für den Bereich der Inkassodienstleistungen registriert, darf sie aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen in diesem Bereich erbringen.

BGH, Urt. v. 27.11.2019, VIII ZR 285/18, Tz. 141

§ 2 Abs. 2 Satz 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG sind dahin auszulegen, dass der darin enthaltene Begriff der Inkassodienstleistung nicht in einem zu engen Sinne verstanden werden darf. … Vielmehr ist insoweit - innerhalb des Rahmens des mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz verfolgten Schutzzwecks (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG) - eine eher großzügige Betrachtung geboten.

KG, Beschl. v. 12.5.2021, 5 U 1091/20, Tz. 60, 63 ff

Der Begriff der Rechtsdienstleistung in Gestalt der Inkassodienstleistung (Forderungseinziehung) gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG ... ist unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz ... nicht in einem zu engen Sinne zu verstehen. Vielmehr ist - innerhalb des mit diesem Gesetz verfolgten Schutzzwecks, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG) - eine eher großzügige Betrachtung geboten (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2019 – VIII ZR 285/18, BGHZ 224, 89-177, Rn. 141, juris – wenigermiete.de). ...

Der Antragsgegnerin als registriertem Inkassodienstleister ist es grundsätzlich nicht verwehrt, im Rahmen des außergerichtlichen Forderungseinzugs in substantieller Weise - auch begleitend zu einem Gerichtsverfahren - Rechtsberatung vorzunehmen (BGH, Urt. v. 08.4.2020, VIII ZR 130/19, Tz. 43 und 46 – Mietpreisbremse; Urt. v. 27.11.2019, VIII ZR 285/18, Tz. 144f – wenigermiete.de).

Der Antragsgegnerin ... ist es ferner grundsätzlich nicht verwehrt, ihre Kunden darüber zu beraten, ob und unter welchen rechtlichen Gesichtspunkten ihnen eine solche Forderung zustehe, selbst wenn ihnen ohne die Leistungen der Antragsgegnerin nicht bewusst gewesen sein sollte, insoweit überhaupt durchsetzbare Forderungen innezuhaben (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.2019, VIII ZR 285/18, Tz. 115f – wenigermiete.de unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Februar 2002, 1 BvR 423/99; ferner: BGH, Urt. v. 08.4.2020, VIII ZR 130/19, Tz. 47 - Mietpreisbremse).

Ein Inkassodienstleister wie die Antragsgegnerin darf ferner selbst dann mit Forderungsschreiben im Verhältnis zu möglichen Anspruchsgegnern hervortreten, wenn Ansprüche ihrer Kunden erst durch diese Tätigkeit begründet werden (BGH, Urt. v. 27.11.2019, VIII ZR 285/18, Tz. 157 - 160 – wenigermiete.de). Auch Rechtsäußerungen im Rahmen des außergerichtlichen Konfliktes zwischen Gläubiger und Schuldner sind von dem nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit auszulegenden Begriff der Inkassodienstleistung und damit auch von der der Antragsgegnerin erteilten Inkassoerlaubnis grundsätzlich gedeckt (vgl. BeckOK RDG/Günther, 17. Ed. 1.4.2021, RDG § 10 Rn. 44; Rillig in: Deckenbrock/Henssler, RDG, 5. Aufl. 2021, § 10 Rn. 16).

Allerdings muss sich die Tätigkeit des Inkassounternehmens innerhalb der nachgewiesenen Sachkunde halten ((§ 11 Abs. 1, § 12 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 5 RDG in Verbindung mit § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1 RDV).

KG, Beschl. v. 12.5.2021, 5 U 1091/20, Tz. 70 f

Setzt das Inkassounternehmen die nach Vorstehendem von ihm verlangte, überprüfte und für genügend befundene Sachkunde bei der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen ein, ist nicht erkennbar, dass damit eine Gefahr für den Rechtsuchenden oder den Rechtsverkehr verbunden sein könnte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.2.2002, 1 BvR 423/99, Tz. 31).

Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn Inkassodienstleistungen und die mit ihnen typischerweise einhergehenden Beratungsleistungen nicht auf den Gebieten (§ 11 RDG) erbracht werden, für die ... die für die Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG erforderliche Sachkunde nachzuweisen ist. Denn in diesem Fall ist nicht gewährleistet, dass das Inkassounternehmen der ihm mit der Registrierung zugewiesenen Aufgabe, fremde Rechte oder Vermögensinteressen in eigener Verantwortung wirkungsvoll durchzusetzen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.2.2002, 1 BvR 423/99, Tz. 30), gerecht werden kann.

KG, Beschl. v. 12.5.2021, 5 U 1091/20, Tz. 83

Eine außergerichtliche Durchsetzung und Einziehung von Forderungen, die ihre Grundlage weder in den in § 11 Abs. 1 RDG genannten Rechtsgebieten hat, noch überhaupt im deutschen Recht fußen, dessen Kenntnis wenigstens in Grundzügen Voraussetzung für die Registrierung für Inkassodienstleistungen und die Befugnis zur Erbringung der hiermit einhergehenden Rechtsdienstleistungen ist, ist mit dem Leitbild der Inkassotätigkeit auch bei der vom Bundesgerichtshof in Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts geforderten weiten Auslegung des Begriffs der dem registrierten Unternehmen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG gestatteten Inkassodienstleistungen nicht mehr in Übereinstimmung zu bringen.

Dies gilt erst recht, wenn Forderungen nach ausländischem Recht geltend gemacht werden sollen.

KG, Beschl. v. 12.5.2021, 5 U 1091/20, Tz. 85

Ein in Deutschland registrierter Inkassodienstleister, der neben im deutschen Recht verankerten Forderungen auch solche mit einer Rechtsgrundlage im Recht eines anderen Staates einziehen will, bedarf daher auch einer Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RDG (Valdini in: GWR 2018, 231, 232).

Informationspflichten

Zu § 11a RDG (a.F.), heute 13a RDG

OLG Köln, Urt. v. 5.10.2018, 6 U 98/17, Tz. 44

Bei § 11a RDG und § 4 RDGEG als verletzt gerügten Vorschriften des RDG iVm RDGEG handelt es sich um Marktverhaltensreglungen iSd § 3a UWG. Solche müssen (zumindest) auch dazu bestimmt sein, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (Köhler, UWG, § 3a Rn. 1.61). Da der § 11a RDG sowie der § 4 Abs. 5 RDGEG zum Schutz der Verbraucher vor unseriösen Inkassounternehmen (Verbraucherschutz durch Transparenz) eingeführt worden sind, ist der das Marktverhalten regelnde Charakter unproblematisch gegeben.

OLG Köln, Urt. v. 5.10.2018, 6 U 98/17, Tz. 45

Nach § 11a Abs. 1 Nr. 5 RDG sind, wenn Inkassovergütungen geltend gemacht werden, Angaben zu deren Art, Höhe und Entstehungsgrund klar und verständlich anzugeben.

OLG Köln, Urt. v. 17.7.2020, 6 U 6/20, Tz. 61

§ 11a RDG soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers mehr Transparenz beim Forderungseinzug gewährleisten. Er soll sicherstellen, dass die von einem Inkassounternehmen mit einer Zahlungsaufforderung konfrontierte Privatperson alle Angaben erhält, die sie benötigt, um die Berechtigung einer gegen sie geltend gemachten Forderung zu überprüfen und sich gegebenenfalls gegen sie zur Wehr zu setzen. Zuvor bestand eine solche gesetzliche Pflicht zur schlüssigen Darlegung des geltend gemachten Anspruchs im Mahnschreiben nicht. Dies führte dazu, dass die Verbraucher oft nicht über die Informationen verfügten, die sie benötigten, um die Berechtigung der gegen sie erhobenen Forderungen - insbesondere auch der Ansprüche auf Erstattung von Verzugszinsen, der Inkassovergütung und der sonstigen Inkassokosten wie Auslagen und Umsatzsteuer oder eines weiteren Verzugsschadens - zu beurteilen. Die unter § 11a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 6 und Satz 2 RDG geregelten Darlegungs- und Informationspflichten für Inkassounternehmen sollten insofern auf der Ebene des Berufsrechts Abhilfe in einem Bereich schaffen, in dem es in der Vergangenheit gerade durch die mit dem Forderungseinzug beruflich befassten Unternehmen gehäuft zu Missbrauch und überhöhten Rechnungen gekommen war. Gemäß § ߠ1a Abs. 1 Satz 1 RDG sollen die Angaben den Privatpersonen mit der ersten Geltendmachung der Forderung durch den Inkassounternehmer übermittelt werden. Die Informationen müssen in klarer und verständlicher Weise erfolgen und für die durchschnittlichen Adressaten der Zahlungsaufforderung ohne weiteres verständlich sein. Sie müssen dem Schreiben ohne Inanspruchnahme weiterer Hilfe den Grund ihrer Inanspruchnahme und den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt sowie die genaue Höhe und ggf. Berechnung der gegen sie erhobenen Haupt- und Nebenforderungen entnehmen können. Die einzelnen Mindestangaben sind in den Nummern 1 bis 6 geregelt. Nach § 11a Abs. 1 Nr. 5 sind eine Inkassovergütung oder sonstige Inkassokosten unter Angabe von Art, Höhe und Entstehungsgrund genau zu bezeichnen. Die Inkassovergütung ist das Entgelt, das die Auftraggeberin oder der Auftraggeber und das Inkassounternehmen für den Forderungseinzug vereinbart haben.

OLG Köln, Urt. v. 5.10.2018, 6 U 98/17, Tz. 74, 77

Zu prüfen ist, bezogen auf den konkreten Fall, ob es noch der Billigkeit entspricht, wenn ein Anwalt für eine Inkassoleistung der vorliegenden Art eine 1,3 Gebühr abrechnete. Es ist nicht zu prüfen, was ein Inkassounternehmen – wenn es hypothetisch nach RVG abrechnen dürfte – hätte zum Zeitpunkt der Inrechnungstellung ansetzen dürfen, sondern nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 RDGEG ist der erstattungsfähige Teil der Inkassokosten beschränkt auf das, was ein Anwalt für einen vergleichbaren Fall abrechnen darf. ...

... Wenn es um die Frage der Ersatzpflicht eines Dritten geht, ist es Sache des Klägers, Umstände für die Unbilligkeit darzulegen und ggfls. zu beweisen.

OLG Köln, Urt. v. 5.10.2018, 6 U 98/17, Tz. 50, 52, 54

In der alten wie der neuen Fassung des § 4 Abs. 1 RDGEG sind ausdrücklich nur Rentenberater aufgeführt, für die das RVG gelten soll. Rentenberater müssen und dürfen nach RVG abrechnen. Die Personen nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RVG, wie die Beklagte, sind hingegen von der erweiterten Anwendung nicht erfasst. Für sie gelten nur die Absätze 4 und 5, aus denen sich – im Umkehrschluss – eine  vom RVG abweichende Abrechnung ergibt. In Abs. 5 ist lediglich eine Deckelung geregelt.

Soweit die Beklagte in ihrem Aufforderungsschreiben neben der Erwähnung ihrer Beauftragung und der Zitierung der §§ 280, 286 BGB auch eine 1,3 Geschäftsgebühr gem. § 4 Abs. 5 RDGEG iVm Nr. 2300 VVRVG bzw. 7022 VV RVG erwähnt, liegt ein Verstoß gegen § 11a RDG iVm § 4 Abs. 5 RDGEG aF wie nF vor. ...

... § 4 Abs. 5 RDGEG gibt lediglich eine Deckelung der Erstattungsfähigkeit der privatautonom zwischen den Parteien des Geschäftsbesorgungsvertrages vereinbarten Vergütung vor, ohne dass damit eine Aussage dazu getroffen würde, wie und in welcher Höhe die Parteien die Vergütung vereinbaren. Eine Erwähnung der RVG-Vorschriften und –Begrifflichkeiten ist daher für die Aufklärung des Verbrauchers in keiner Weise erforderlich.

Kosten

OLG Hamburg, Urt. v. 9.4.2020, 15 U 88/19

§ 4 Abs. 5 RDGEG ist eine markverhaltensregelnde Norm i.S.v. § 3a UWG, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat. Die Berufung greift dies auch nicht an. Der Senat kann daher erneut zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil (dort auf Seite 9 unter aa.) verweisen. ...

... Die Höhe der Inkassokosten, die im Außenverhältnis zum Schuldner erstattet verlangt werden kann, ist gemäß der zwingenden Regelung in § 4 Abs. 5 RDGEG dahingehend begrenzt, dass Kosten für außergerichtliche Inkassodienstleistungen, die eine nicht titulierte Forderung betreffen, nur bis zur Höhe der einem Rechtsanwalt nach den Vorschriften des RVG zustehenden Vergütung erstattungsfähig sind. Gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Die Vorschrift gilt für Rahmengebühren allgemein. Hierzu gehören alle Gebühren, die sich nach dem Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit richten (§ 13 RVG) und bei denen der Gesetzgeber keinen bestimmten Gebührensatz, sondern einen Gebührenrahmen vorgegeben hat. Dazu gehört auch und insbesondere die Geschäftsgebühr gemäß Ziffer 2300 VV RVG (v. Seltmann in: BeckOK RVG, 47. Edition, Stand: 01.03.2020, § 14 Rn. 1), die im Grundsatz mit einem Faktor von 0,5 bis 2,5 abgerechnet werden darf. Gemäß Ziffer 2300 VV RVG darf der Rechtsanwalt eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,3 jedoch nur fordern, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.