Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

 

 

j) Höhe der Ordnungsstrafe

1. Ordnungsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung

a. Natürliche Handlungseinheit

b. Fortsetzungszusammenhang

2. Kriterien richterlichen Ermessens

3. Verhältnis der Ordnungsstrafe zum Streitwert

4. Gesamtordnungsgeld entsprechend §§ 53 ff StGB bei mehreren Verstößen ?

5. Beispiele

a. Telefonanrufe zu Werbezwecken ohne ausreichende Einwilligung

b. Anzahl der Zuwiderhandlungen bei Handlungspflichten

Ordnungsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung

Nach § 890 ZPO wird eine Ordnungsstrafe "für jeden Fall der Zuwiderhandlung" festgesetzt. D.h. nicht, dass der Schuldner für jede einzelne Handlung, die gegen ein gerichtliches Verbot verstößt, separat bestraft wird. Einzelne Handlungen können vielmehr zu (natürlichen oder rechtlichen) Handlungseinheiten zusammengefasst werden. In diesen Fällen liegt nur eine Zuwiderhandlung gegen das gerichtliche Verbot vor, auch wenn der Schuldner mehrfach dagegen verstoßen hat.

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Natürliche Handlungseinheit

Zur natürlichen Handlungseinheit siehe eingehender auch hier.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.2.2019, I-20 W 26/18 (WRP 2019, 637)

Zu einer natürlichen Handlungseinheit können im Zivilrecht und in der Zwangsvollstreckung mehrere – auch fahrlässige – Verhaltensweisen zusammengefasst werden, die auf Grund ihres räumlich-zeitlichen Zusammenhangs so eng miteinander verbunden sind, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitliches, zusammengehörendes Tun erscheinen (BGH GRUR 2009, 427, 428 – Mehrfachverstoß gegen Unterlassungstitel).

OLG Celle, Beschl. v. 27.12.2011, 13 W 110/11, 4.

Zu einer natürlichen Handlungseinheit können mehrere Verhaltensweisen zusammengefasst werden, die auf Grund ihres räumlich-zeitlichen Zusammenhangs so eng miteinander verbunden sind, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitliches, zusammengehörendes Tun erscheinen (BGH, Urt v. 20.9.1960,  I ZR 77/59; BGH, Urt. v. 25.1.2001, I ZR 323/98).

Ab dem Zeitpunkt, in dem die Schuldner mit einem (erneuten) Bestrafungsantrag konfrontiert wurden, mussten sie allerdings zwangsläufig (erneut) darüber befinden, ob sie die Veröffentlichungen weiter laufen lassen sollten oder nicht. Diese notwendigen Entscheidungen führen dazu, dass eine bis dahin bestehende natürliche Handlungseinheit unterbrochen wurde.

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Fortsetzungszusammenhang

In der früheren Rechtsprechung wurde davon ausgegangen, dass verschiedene Handlungen auch durch einen Fortsetzungszusammenhang zusammengefasst werden können. Von dieser Auffassung sind die Gerichte mittlerweile abgerückt (grundlegend BGHSt 40, 138). Der Fortsetzungszusammenhang kommt als Klammer für verschiedene Handlungen nicht mehr in Betracht. Zu der entsprechenden Problematik bei der Zusammenfassung verschiedener Verstöße gegen eine Unterlassungserklärung siehe hier.

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Kriterien richterlichen Ermessens

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.9.2023, 20 W 70/23, Tz. 44

§ 890 Abs. 1 S. 2 ZPO legt keine Kappungsgrenze, sondern eine Obergrenze des Ordnungsmittelrahmens fest. Die Festlegung einer Unter- und Obergrenze des Sanktionsrahmens schafft die Fixpunkte für die tatrichterliche Entscheidung im konkreten Einzelfall. Sie stellt den unverzichtbaren Orientierungsrahmen für die richterliche Abwägung dar (BVerfG NJW 2002, 1779). Innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens, mag man diesen auch als nicht mehr den heutigen Marktverhältnissen hinreichend Rechnung tragend ansehen, muss der Richter die Sanktion festlegen und dabei berücksichtigen, dass der Ordnungsmittelrahmen auch bei der Zuwiderhandlung eines Schuldners zur Anwendung kommt, der wiederholt vorsätzlich verstößt, hierdurch einen enormen Schaden auf Seiten des Gläubigers anrichtet, selbst einen enormen Vorteil daraus zieht und wirtschaftlich sehr leistungsfähig  ist. Dabei liegt allerdings, worauf wiederum die Gläubigerin zu Recht hinweist, das Höchstmaß der Sanktionsmöglichkeit nicht bei der Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 250.000 €. Vielmehr kann das Gericht auch als primäres Ordnungsmittel eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen.

BGH, Beschl. v. 23.10.2003, I ZB 45/02, Tz. 52 f – EURO-Einführungsrabatt

Bei der Wahl und Bemessung der Ordnungsmittel steht dem Tatrichter ein Ermessen zu.  Ordnungsmittel im Sinne des § 890 ZPO sind im Hinblick auf ihren Zweck zu bemessen. Zu berücksichtigen sind deshalb bei der Festsetzung von Ordnungsmitteln insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglicher künftiger Verletzungshandlungen für den Verletzten. Eine Titelverletzung soll sich für den Schuldner nicht lohnen (vgl. BGH GRUR 1994, 146, 147 – Vertragsstrafebemessung).

Ebenso BGH, Beschl. v. 17.12.2020, I ZB 99/19, Tz. 41; OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.6.2015, 6 W 48/15, Tz. 9; OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.9.2015, 2 W 40/15, Tz. 41; OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.6.2017, 6 W 49/17; OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.6.2018, 6 W 43/18, II.3; OLG Hamm, Beschl. v. 9.3.2023, 4 W 10/23, Tz. 67; OLG Celle, Beschl. v. 6.11.2023, 13 W 37/23 (WRP 2024, 218); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.9.2023, 20 W 70/23, Tz. 31

BGH, Beschl. v. 8.12.2016, I ZB 118/15, Tz. 17

Ordnungsmittel sind im Hinblick auf ihren Zweck zu bemessen (BGHZ 156, 335, 349 - Euro-Einführungsrabatt, mwN). Die Ordnungsmittel des § 890 ZPO haben einen doppelten Zweck. Als zivilrechtliche Beugemaßnahme dienen sie - präventiv - der Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen. Daneben stellen sie - repressiv - eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots dar (BGH, Beschl. v. 12.1.2012, I ZB 43/11, GRUR 2012, 541 Tz. 8; Beschl. v. 3.4.2014, I ZB 3/12, GRUR 2014, 909 Tz. 11 = WRP 2014, 861; vgl. BVerfGE 58, 159, 162 f.). Dieser doppelte Zweck erfordert es, die Bemessung der Ordnungsmittel jedenfalls in erster Linie im Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglicher künftiger Verletzungshandlungen für den Verletzten (vgl. BGH, Urt. v. 30.9.1993, I ZR 54/91, GRUR 1994, 146, 147 = WRP 1994, 37 - Vertragsstrafenbemessung; BGHZ 156, 335, 349 - Euro-Einführungsrabatt, jeweils mwN).

Ebenso BGH, Beschl. v. 17.12.2020, I ZB 99/19, Tz. 43; OLG Köln, Beschl. v. 28.9.2017, 6 W 96/17OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.3.2018, 15 W 12/18, Tz. 24; KG, Beschl. v. 17.5.2021, 5 W 56/21, Tz. 47; KG, Beschl. v. 2.1.2024, 5 W 140/23, Tz. 28

BGH, Beschl. v. 8.12.2016, I ZB 118/15, Tz. 19

Da die Festsetzung eines Ordnungsmittels nach § 890 Abs. 1 ZPO für den Betroffenen strafähnliche Wirkung hat, muss seine Verhängung grundlegenden strafrechtlichen Prinzipien genügen. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes setzt daher ein Verschulden des Schuldners voraus (BVerfGE 58, 159, 162 f.; 84, 82, 87; BVerfG, NJW-RR 2007, 860 Rn. 11). Nach dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss die Strafe oder die strafähnliche Sanktion und dementsprechend auch das Ordnungsgeld ferner in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung und dem Verschulden des Zuwiderhandelnden stehen. Darüber hinaus sind nach dem Grundsatz der Opfergleichheit bei der Verhängung einer Geldstrafe und dementsprechend bei der Festsetzung eines Ordnungsgeldes die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters oder des Zuwiderhandelnden zu berücksichtigen, um sicherzustellen, dass die Sanktion bei vergleichbaren Straftaten oder Zuwiderhandlungen unterschiedlich bemittelte Täter oder Zuwiderhandelnde gleich schwer trifft (zur Geldstrafe vgl. BVerfG, NStZ-RR 2015, 335 mwN). Die Verhängung der Geldstrafe in Tagessätzen nach § 40 StGB dient der Verwirklichung dieser Grundsätze. Daher kann diese Vorschrift bei der Bemessung der Höhe des Ordnungsgeldes entsprechend angewandt werden.

Ebenso BGH, Beschl. v. 17.12.2020, I ZB 99/19, Tz. 43; KG, Beschl. v. 17.5.2021, 5 W 56/21, Tz. 47; OLG Celle, Beschl. v. 6.11.2023, 13 W 37/23 (WRP 2024, 218); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.9.2023, 20 W 70/23, Tz. 31

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.9.2023, 20 W 70/23, Tz. 32

Allerdings nimmt § 40 StGB natürliche Personen in den Blick. Schuldnerin hier ist aber eine juristische Person. Es geht indes um den Grundsatz der Opfergleichheit, der in § 40 StGB nur eine normative Ausprägung gefunden hat. In der Folge bestehen an einer entsprechenden Anwendung auf die Festsetzung des Ordnungsgeldes und zwar auch gegenüber einer juristischen Person keine Bedenken (so auch BGH, aaO). So zeigen beispielsweise die Vorschriften der § 30 OWiG (Geldbuße gegen juristische Personen und Personenvereinigungen) und § 81d GWB (Zumessung der Geldbuße), dass auch bei der Verhängung von Geldbußen gegen juristische Personen unter anderem deren wirtschaftlichen Verhältnisse maßgeblich sind.

Ebenso OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.5.2024, 6 W 48/24

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.1.2022, 20 W 4/22, Tz. 20

Nach dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss die Strafe oder die strafähnliche Sanktion und dementsprechend auch das Ordnungsgeld in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung und dem Verschulden des Zuwiderhandelnden stehen (zu disziplinarischen Maßnahmen siehe BVerfG, Beschl. v. 18.1.2008, 2 BvR 313/07 mit weiteren Nachweisen).

BGH, Beschl. v. 8.12.2016, I ZB 118/15, Tz. 21 f

Bei der Verhängung einer Geldstrafe ist danach zunächst anhand der allgemeinen Strafzumessungsregeln die Tagessatzanzahl zu bestimmen. Dieser erste Schritt zielt auf gerechten Schuldausgleich. Folglich ist hier die Tatschuld von Bedeutung. Die sich daran anschließende Bemessung der Höhe des einzelnen Tagessatzes ist von der Bestimmung der Tagessatzanzahl zu trennen und richtet sich gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 StGB nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters. Damit soll eine Opfergleichheit bei denjenigen hergestellt werden, deren Taten im Unrechts- und Schuldgehalt vergleichbar sind. ...

Die Höhe des Ordnungsgeldes kann in entsprechender Anwendung dieser Regelung im Ausgangspunkt grundsätzlich gleichfalls anhand von Tagessätzen bestimmt werden. Dabei ist die Anzahl der Tagessätze insbesondere nach Art, Umfang und Dauer des Verstoßes sowie dem Grad des Verschuldens des Verletzers zu bestimmen. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes richtet sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.6.2017, 6 W 49/17

Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes trägt auch den wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung (vgl. hierzu BGH GRUR 2017, 318 - Dügida). Zu diesem Zweck kann auch im Vollstreckungsverfahren nach § 890 ZPO in entsprechender Anwendung strafrechtlicher Vorschriften das Ordnungsgeld durch Festsetzung eines Tagessatzes und der zur Ahndung erforderlichen Tagessatzanzahl bestimmt werden.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.5.2024, 6 W 48/24

Da das Ordnungsmittel für den Betroffenen strafähnliche Wirkung hat, muss seine Verhängung grundlegenden strafrechtlichen Prinzipien genügen. Hierzu zählen etwa das Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. z.B. BGH, Beschl. v. 21.4.2022, I ZB 56/21, Tz. 16 mwN - Außerstrafrechtliches Doppelahndungsverbot). Das Ordnungsgeld muss daher in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung und zum Verschulden des Zuwiderhandelnden stehen (vgl. z.B. BGH, GRUR 2017, 318 Rn. 19 - Dügida, Angemessenheit eines Ordnungsgeldes). Außerdem sind bei der Verhängung einer Geldstrafe und dementsprechend bei der Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach dem Grundsatz der Opfergleichheit die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters oder des Zuwiderhandelnden zu berücksichtigen, um sicherzustellen, dass die Sanktion bei vergleichbaren Straftaten oder Zuwiderhandlungen unterschiedlich bemittelte Täter oder Zuwiderhandelnde gleich schwer trifft.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.9.2023, 20 W 70/23, Tz. 41

Der Bundesgerichtshof hat ... betont, dass es der Grundsatz der Opfergleichheit gebietet, bei der Festsetzung des Ordnungsgeldes die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zuwiderhandelnden zu berücksichtigen, damit die Sanktion bei vergleichbaren Zuwiderhandlungen unterschiedlich bemittelte Zuwiderhandelnde gleich schwer trifft. Anders als die Schuldnerin meint,  genügt es deshalb in Fällen, in denen der wirtschaftliche Vorteil für den Zuwiderhandelnden gering ist, nicht, sich bei der Bemessung des Ordnungsgeldes allein hieran zu orientieren. Vielmehr führt dies lediglich erst einmal dazu, ... dass bei der Ermittlung des Ordnungsgeldes gedanklich von weniger Tagessätzen auszugehen ist. Die eigentliche Höhe des Ordnungsgeldes hängt dann aber sehr wohl von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Zuwiderhandelnden ab. Diese können deshalb trotz gleich schwer wiegender Verstöße zu deutlich unterschiedlichen Ordnungsgeldern führen.

BGH, Beschl. v. 17.12.2020, I ZB 99/19, Tz. 53

In der Zwangsvollstreckung können bei der Bemessung des Ordnungsmittels auch ohne die Grundsätze der fortgesetzten Handlung alle Umstände berücksichtigt werden, die es angemessen erscheinen lassen, bei wiederholten Verstößen nicht das Vielfache der für eine einzelne Zuwiderhandlung als angemessen erachteten Sanktion zu verhängen. Insbesondere kann das Prozessgericht bei der Bemessung in Rechnung stellen, dass der gegenüber der Unternehmensleitung erhobene Verschuldensvorwurf sich dann, wenn der einzelne Teilakt von einem Mitarbeiter begangen worden ist, allein auf das Organisations- oder Überwachungsverschulden des Unternehmens stützt (BGH, GRUR 2009, 427 Rn. 14). In diesem Zusammenhang kann auch die Tatsache berücksichtigt werden, dass bereits ein erstes Ordnungsmittelverfahren stattgefunden hat. Sie kann es rechtfertigen, das Vielfache der für eine einzelne Zuwiderhandlung als angemessen erachteten Sanktion zu verhängen, weil die bislang ergriffenen Maßnahmen zur Vermeidung weiterer Verstöße offensichtlich nicht ausreichten (vgl. BGH, GRUR 2009, 427 Rn. 15).

OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.6.2015, 6 W 48/15, Tz. 9

Eine Titelverletzung soll sich für den Schuldner nicht lohnen. Insoweit erfordert der Zweck des Ordnungsgeldes nach § 890 ZPO grundsätzlich die Festsetzung empfindlich hoher Beträge. Dies entspricht sowohl der Funktion des Ordnungsmittels als zivilrechtlicher Beugemaßnahme zur Vermeidung künftiger Zuwiderhandlung als auch dessen repressivem, strafähnlichem Sanktionscharakter (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.10.2014, 6 W 47/14, Tz. 12).

Ebenso OLG Schleswig, Beschl. v. 14.8.2015, 16 W 76/15; OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.9.2015, 2 W 40/15, Tz. 41; OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.6.2017, 6 W 49/17; OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.6.2018, 6 W 43/18, II.3; KG, Beschl. v. 17.5.2021, 5 W 56/21, Tz. 48

OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.5.2024, 6 W 48/24

Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass angesichts der Wirtschaftskraft der Schuldnerin nur ein hohes Ordnungsgeld geeignet ist, für die Schuldnerin spürbar zu sein und diese effektiv davon abzuhalten, einen entsprechenden Verstoß erneut zu begehen.

Zur Ordnungshaft:

BGH, Beschl. v. 8.12.2016, I ZB 118/15, Tz. 28

Die Ordnungshaft, die an die Stelle des nicht beitreibbaren Ordnungsgeldes tritt (§ 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO), kann bei einem in entsprechender Anwendung von § 40 StGB nach Tagessätzen bemessenen Ordnungsgeld in entsprechender Anwendung von § 43 Satz 2 StGB grundsätzlich in der Weise festgesetzt werden, dass einem Tagessatz ein Tag Ersatzordnungshaft entspricht. Das begegnet keinen Bedenken. Für die Bemessung der Ersatzordnungshaft gibt es keine starren Vorgaben; sie muss aber in einem angemessenen Verhältnis zum uneinbringlichen Ordnungsgeld stehen (Hilbig-Lugani in Prütting/Gehrlein, ZPO, 8. Aufl., § 890 Rn. 21). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn bei einem nach Tagessätzen bemessenen Ordnungsgeld die Zahl der Tage der Ersatzordnungshaft der Zahl der Tagessätze entspricht.

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Verhältnis der Ordnungsstrafe zum Streitwert

BGH v. 30.09.1993, I ZR 54/91 – Vertragsstrafebemessung

Für die Bemessung der Ordnungsstrafe ist der Streitwert des ursprünglichen Unterlassungsverfahrens ohne unmittelbare Aussagekraft. Er indiziert lediglich das Interesse des Klägers an der Unterlassung weiterer Verletzungshandlungen der im Unterlassungsverfahren unmittelbar zur Beurteilung stehenden Art, besagt aber nichts über die maßgebliche Schwere der konkreten Zuwiderhandlung, das Ausmaß des mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Vorteils für den Schuldner und über dessen Verschulden bei der Begehung. Eine schematische Anbindung der Ordnungsgeldhöhe an den Streitwert des Unterlassungsverfahrens - und erst recht eine solche durch Bildung eines Ausgangsbetrags für die Bemessung durch die nicht begründbare Wahl eines bestimmten Prozentsatzes dieses Streitwerts - erscheint danach ausgeschlossen.

Ebenso OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.5.2024, 6 W 48/24

OLG Celle, Beschl. v. 22.11.2012, 13 W 95/12 (=  WRP 2013, 388)

Eine Richtschnur für das Vollstreckungsinteresse bildet auch der Streitwert des Hauptsacheverfahrens (Senat, Beschl. v. 16.11.2012, 13 W 90/12; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.11.1999, 14 W 61/99).

Aber:

OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.9.2015, 2 W 40/15, Tz. 41

Es ist Art und Ausmaß des Verstoßes zu berücksichtigen und nicht auf einen Bruchteil des Streitwertes der Hauptsache abzustellen (vgl. OLG Stuttgart, WRP 2005, 1191, 1192).

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Gesamtordnungsgeld entsprechend §§ 53 ff StGB bei mehreren Verstößen ?

Oberlandesgericht Köln, Beschl. v. 10.5.2006, 6 W 52/06, Tz. 23 f

Der Senat teilt nicht die von der Schuldnerin vertretene Auffassung, dass wegen mehrerer Verstöße ein Gesamtordnungsgeld nach §§ 53 ff. StGB festzusetzen sei. Allerdings wird im Schrifttum teilweise eine entsprechende Anwendung dieser strafrechtlichen Vorschriften im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 890 ZPO befürwortet mit der Folge, dass das Gesamtordnungsgeld in der Summe hinter der Addition der Teilbeträge zurück zu bleiben hätte (so Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 21. Auflage, § 890 Rn. 41; Brüning in Harte/Henning UWG, vor § 12 Rn. 322).

Für eine entsprechende Anwendung der §§ 53 ff. StGB fehlt es an den Voraussetzungen. Das Vollstreckungsverfahren und das Strafverfahren unterliegen unterschiedlichen Grundsätzen. Dem Vollstreckungsgläubiger ist es unbenommen, wegen verschiedener Verstöße gegen einen Unterlassungstitel nacheinander Vollstreckungsantrag zu stellen. Außerdem wird die Ordnungsmittelfestsetzung weder durch eine aufgrund desselben Verstoßes verfallene Vertragsstrafe noch durch eine aufgrund eines anderen Vollstreckungstitels eines weiteren Gläubigers wegen derselben Verletzungshandlung bereits erfolgte Ordnungsmittelfestsetzung ausgeschlossen. Der im Strafverfahren unabdingbare Grundsatz "ne bis in idem" ist im Vollstreckungsverfahren insoweit unanwendbar. Für eine Gesamtstrafenbildung ist angesichts dessen kein Raum.

A. A. zur Anwendung des Grundsatzes des ne bis in idem OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.4.2016, 6 W 13/16, II.1. Näheres dazu hier.

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Beispiele

Telefonanrufe zu Werbezwecken ohne ausreichende Einwilligung

KG Berlin, Beschl. v. 29.10.2012, 5 W 107/12, I.4

Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei unerbetener Telefonwerbung in Rechnung zu stellen, dass ein massiver Angriff auf Verbraucherinteressen in Rede steht, welcher das - auch verfassungsrechtlich - geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Angerufenen und dessen Privatsphäre in schlechterdings nicht hinzunehmender Weise missachtet (Senat WRP 2010, 789). Das vom Landgericht verhängte Ordnungsmittel von 3.000 € pro illegalem Anruf ist vor diesem Hintergrund nicht zu hoch bemessen. Die nach Auffassung der Beschwerde "exorbitante Höhe von 78.000 €" resultiert allein aus der Vielzahl (26) der illegalen Telefonanrufe der Titelschuldnerin. Jeder Verstoß rechtfertigt für sich genommen ein einzelnes, alsdann aufzusummierendes, Ordnungsmittel.

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Anzahl der Zuwiderhandlungen bei Handlungspflichten

OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.4.2016, 6 W 13/16, II.2

Der Beklagte konnte seine Unterlassungsverpflichtung … nur dadurch erfüllen, dass er selbst aktiv wird und die in seinen ... - Anzeigen enthaltenen Widerrufsbelehrungen jeweils durch eine Telefonnummer ergänzt, weil nur so der bisherige wettbewerbswidrige Zustand beseitigt werden konnte. Soweit er dies - ob bewusst oder aus Versehen - unterlassen hat, lag jeweils ein Verstoß durch "Nichtstun" vor. Dieser Verstoß kann bei natürlicher Betrachtungsweise nur als einheitliches, zusammengehöriges Tun bewertet werden.

OLG München, Beschl. v. 26.4.2023, 29 W 1697/21, Tz. 6

Das Landgericht hat zu Recht eine natürliche Handlungseinheit durch Unterlassen der vollständigen Löschung der Verstöße auf der Webseite der Schuldnerin (einschließlich des Caches) und auf dem Facebookauftritt der Schuldnerin angenommen. Es ist von einem einheitlichen Nichthandeln bzw. einem einheitlichen unzureichenden Beseitigen auszugehen.

Siehe zur vergleichbaren Thematik bei Verstößen gegen Unterlassungserklärungen hier.

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