Mehrdeutige Aussagen
BGH, Urt. v. 31.3.2016, I ZR 88/15 - Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur
Der Werbende muss im Fall der Mehrdeutigkeit seiner Werbeaussage die verschiedenen Bedeutungen gegen sich gelten lassen (BGH, Urt. v. 8.3.2012, I ZR 202/10, GRUR 2012, 1053 Tz. 17 = WRP 2012, 1216 - Marktführer Sport).
Ebenso OLG Köln, Beschl. v. 19.9.2017, 6 W 97/17, Tz. 23 - Das beste Netz gibt‘s bei; OLG Köln, Urt. v. 27.11.2020, 6 U 65/20 – 100,- € günstiger als 299,- € (WRP 2021, 371, Tz. 63); OLG Nürnberg, Urt. v. 24.5.2022, 3 U 4652/21, Tz. 43; OLG Köln, Urt. v. 23.9.2022, 6 U 70/22, Tz. 108; OLG Nürnberg, Beschl. v. 15.11.2023, 3 U 1722/23; OLG Nürnberg, Urt. v. 19.8.2025, 3 U 562/25 UWG, Tz. 55
OLG Hamm, Urt. v. 15.3.2011, I-4 U 203/10
Bei mehrdeutigen oder missverständlichen Angaben muss die Angabe in jeder Beziehung zutreffend sein, um eine Irreführung verneinen zu können. Der Werbende muss jede der verschiedenen Bedeutungen gegen sich gelten lassen (Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage, § 5 Rn. 2.111).
OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.5.2014, I-15 50/14, Tz. 40
Angaben, die die maßgebliche Durchschnittsperson in verschiedener Weise auffassen kann, sind bereits irreführend, wenn auch nur einer der möglichen Anhaltspunkte nicht der Wahrheit entspricht (BGH, GRUR 1997, 665 – Schwerpunkgebiete). Überdies ist zu beachten, dass bereits ein Quorum von ca. einem Viertel der durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, die in die Irre geführt werden, ausreicht (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, § 5 UWG Rn 2.106 m.w.N.).
OLG Köln, Urt. v. 24.6.2016, 6 U 78/15, II.2.a
Bei mehrdeutigen Aussagen muss der Werbende die ungünstige Auslegung gegen sich gelten lassen. Er darf sich nicht unter Berufung auf die eigene, unklare Ausdrucksweise der Verantwortung entziehen. Dementsprechend darf, wenn die Reichweite eines Begriffs fachlich umstritten ist, der Werbende nicht ohne weiteres das für ihn günstige Verständnis des Begriffs verwenden.
Aber
OLG Köln, Urt. v. 27.11.2020, 6 U 65/20 – 100,- € günstiger als 299,- € (WRP 2021, 371)
Allerdings genügt es für eine wettbewerblich relevante Irreführung nicht, dass die Werbung nur von einem nicht ganz unbeachtlichen Teil des angesprochenen Verkehrs in unrichtiger Weise verstanden wird.
Allerdings kann das richtige Verständnis eines mehrdeutigen Begriffs erläutert werden.
KG, Urt. v. 21.1.2025, 5 U 103/22, Tz. 59
Ist eine Werbung ... – wie hier – mehrdeutig, sind die an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage zu stellenden ... Anforderungen regelmäßig nur erfüllt, wenn bereits in der Werbung selbst eindeutig und klar erläutert wird, welche konkrete Bedeutung in dem in Rede stehenden Kontext maßgeblich ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2024 – I ZR 98/23, Rn. 29, juris - klimaneutral).
Siehe auch hier.
Unklare Aussagen
OLG Nürnberg, Urt. v. 19.8.2025, 3 U 562/25 UWG, Tz. 56
Ordnet man die Bezeichnung als unklar ein, weil der Verkehr mit ihr zwar keine klare Vorstellung verbindet, der beworbenen Dienstleistung aber gerade diejenigen Merkmale fehlen, in denen der Verkehr aufgrund der Werbung den Vorteil des Angebots erblickt, ist ebenfalls Unlauterkeit gegeben. In diesen Fällen verbindet der Verkehr, auch wenn klare Vorstellungen fehlen, immerhin gewisse Erwartungen, die objektiv nicht erfüllt werden (Köhler/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 43. Aufl. 2025, UWG § 5 Rn. 1.110; Fezer/Büscher/Obergfell/Peifer/Obergfell, 3. Aufl. 2016, UWG § 5 Rn. 247; BGH, Urteil vom 7. März 1969 – I ZR 41/67, GRUR 1969, 546 (547 f.) – „med“). Auf eine genaue Vorstellung des Verkehrs von solchen Eigenschaften und Merkmalen kommt es mithin nicht an. Erforderlich hierzu ist nur, dass bei den angesprochenen Kunden Erwartungen aufkommen, die über vage, verschobene Vorstellungen oder Gedankenassoziationen hinausgehen (Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 8. Aufl. 2023, UWG § 5 Rn. 172). Anerkannt ist, dass eine derartige Unklarheit insbesondere im auch hier betroffenen Bereich des Gesundheitswesens aufkommen kann (BGH, Urteil vom 7. März 1969 – I ZR 41/67, GRUR 1969, 546 (548) – „med“; Köhler/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 43. Aufl. 2025, UWG § 5 Rn. 1.110).
Beispiele
OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2016, I-15 U 39/16 (WRP 2017, 331)
Die Bezeichnung „Heilpraktiker für Psychotherapie“ ist unklar, weil sie offen lässt, ob der Beklagte nur eingeschränkt für das Gebiet der Psychotherapie als Heilpraktiker zugelassen ist oder ob er über die normale Zulassung als Heilpraktiker hinaus über eine entsprechende Zusatzqualifikation verfügt. Ein Teil der Leser der Internetseite wird sie in letzterem Sinne verstehen, indem er eine Parallele zu den Berufsbezeichnungen für Fachärzte zieht, die Ärzte mit einer Zusatzqualifikation für ein bestimmtes Fachgebiet ausweisen, zumal die vom Beklagten verwendete Bezeichnung die Einschränkung der Zulassung nicht ausdrücklich hervorhebt. Dies wäre jedoch für diesen Teil des angesprochenen Verkehrs zur Klarstellung erforderlich gewesen, um dem durch die Bezeichnung hervorgerufenen Eindruck einer Zusatzqualifikation entgegenzuwirken.