Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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Deutsches Lebensmittelbuch

Über die Bedeutung des Lebensmittelbuchs bei der Bestimmung eines Begriffsinhalt aus dem Lebensmittelbereichs bestehen bei den Gerichten in Nuancen unterschiedliche Auffassungen - insbesondere zwischen Zivil- und Verwaltungsgerichten. Sie sind sich allerdings darin einig, dass dem Lebensmittelbuch für das Begriffsverständnis wichtige Anhaltspunkte entnommen werden können.

Oberlandesgericht Köln, Urt. v. 18.11.2011, 6 U 119/11, Tz. 7

Die Beurteilung hat sich nicht etwa in erster Linie am Deutschen Lebensmittelbuch (§ 15 LFGB) zu orientieren. Die dort niedergelegten Leitsätze mögen als sachverständige Beschreibung der für die Verkehrsfähigkeit bedeutsamen Herstellung, Beschaffenheit und sonstigen Merkmale von Lebensmitteln unter Umständen entsprechende bestehende oder künftig herauszubildende Erwartungen der Verbraucher nahelegen können, sind aber weder verbindliche Rechtsnormen noch in jedem Fall zuverlässige Abbilder des aktuellen Verbraucherverständnisses.

Ebenso OLG Hamm, Urt. v. 14.2.2012, I-4 U 143/11, Tz. 46 – Sparkling Tea; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.2.2013, 20 U 59/12, II. - nur natürliche Zutaten

OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.3.2012, 6 U 12/11, Tz. 22 - Bella FONTANIS Mango-Orangenblüte

Die nach § 15 LFGB aufgestellten Leitsätze … des deutschen Lebensmittelbuches (BAnz. Nr. 62 v. 29.03.2003, GMBl. Nr. 18 S. 383 vom 15.04.2003) stellen zwar keine verbindliche Rechtsnormen und auch nicht in jedem Fall ein zuverlässiges Abbild des aktuellen Verbraucherverständnisses dar, wohl aber eine sachverständige Beschreibung der für die Verkehrsfähigkeit bedeutsamen Herstellung, Beschaffenheit und der sonstigen Merkmale von Lebensmitteln, die unter Umständen entsprechende bestehende oder künftig herauszubildende Erwartungen der Verbraucher nahelegen können (OLG Köln Magazindienst 2012, 214 - Sparkling Tea; s.o.).

OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 23.10.2012, 13 B 986/12, Tz. 20

Eine wichtige Auslegungshilfe bei der Feststellung der Verkehrsauffassung über ein bestimmtes Lebensmittel stellen die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs dar, in denen auf der Grundlage des § 15 LFGB Herstellung, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale von Lebensmitteln, die für die Verkehrsfähigkeit der Lebensmittel von Bedeutung sind, beschrieben werden. Diese haben zwar keine Rechtsnormqualität, begründen aber eine Vermutungswirkung dafür, was der Verbraucher von einem in den Leitsätzen beschriebenen Lebensmittel erwartet.

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 15.8.2022, 9 A 517/20, Tz. 17 - Geflügel-Salami

Bei der Bestimmung der Erwartung des maßgeblichen Durchschnittsverbrauchers hat das Verwaltungsgericht zunächst ‑ was die Klägerin im Ausgangspunkt nicht beanstandet ‑ auf die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs zurückgegriffen. Diese Leitsätze sind keine Rechtsnormen, können aber als Orientierung zur Ermittlung der Verbrauchererwartung herangezogen werden.

VGH Bayern, Urt. v. 13.3.2013, 9 B 09.2135, Tz. 19

Das Gericht kann zur Ermittlung der maßgeblichen Verbrauchererwartung auf Auslegungshilfen in Form der Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs, die von der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission auf der Grundlage von § 33 LMBG/§§ 15, 16 LFGB beschlossen wurden bzw. werden, stützen kann. Aufgabe dieser Leitsätze ist es, die Verkehrsauffassung hinsichtlich der den Wert bildenden „Merkmale“ eines Lebensmittels, einschließlich seiner Herstellung, zu beschreiben (vgl. Meyer in Meyer/Streinz, LFGB, § 15 Rn. 3). Sie begründen als "Sachverständigengutachten von besonderer Qualität" eine Vermutung, was der Verbraucher von einem nach Herstellung, Beschaffenheit und sonstigen Merkmalen in den Leitsätzen beschriebenen Lebensmittel erwartet (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.12.1987, 3 C 18.87, Tz. 34; Beschl. v.18.10.2000, 1 B 45.00, Tz. 9).

OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 23.10.2012, 13 B 986/12, Tz. 22

Gegen die Berücksichtigung der Leitsätze als Auslegungsregel bestehen auch unter gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkten keine Bedenken, wenn sie sich auf die Feststellung der Verkehrsauffassung beschränken. Die Verkehrsauffassung ist ein Kriterium für die Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Irreführungsverbote. Insbesondere bei der Etikettierung gemäß Art. 5 der Richtlinie 2000/13/EG ist auf die Verkehrsauffassung im Bestimmungsland abzustellen, so dass deren sachverständige Feststellung nicht unzulässig sein kann.

Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6KhViJliP