Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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§ 6 Nr. 1 HWG

Unzulässig ist eine Werbung, wenn

1. Gutachten oder Zeugnisse veröffentlicht oder erwähnt werden, die nicht von wissenschaftlich oder fachlich hierzu berufenen Personen erstattet worden sind und nicht die Angabe des Namens, Berufes und Wohnortes der Person, die das Gutachten erstellt oder das Zeugnis ausgestellt hat, sowie den Zeitpunkt der Ausstellung des Gutachtens oder Zeugnisses enthalten

Sinn und Zweck

 

OLG Hamburg, Urt. v. 27.6.2002, 3 U 136/00, II.1 (= GRUR-RR 2002, 365)

Die Regelung des § 6 HWG verfolgt u.a. den Zweck, es demjenigen, an den sich eine solche Werbung wendet, mit Hilfe der gesetzlich vorgegeben Angaben (Name, Beruf, Wohnort des Gutachters oder Ausstellers des Zeugnisses sowie Zeitpunkt der Ausstellung des Gutachtens) zu ermöglichen, sich ein eigenes Urteil über den Inhalt und den Beweiswert des Gutachtens usw. zu bilden. Das Fachpublikum, an das sich die Werbung richtet, soll mit Hilfe der Quellenangaben in die Lage versetzt werden, die mitgeteilten Ergebnisse kritisch und selbständig zu überprüfen.

Gutachten

 

OLG Hamburg, Urt. v. 27.6.2002, 3 U 136/00, II.1 (= GRUR-RR 2002, 365)

Unter den Begriff des Gutachtens lassen sich sprachlich zwanglos auch die Bezeichnungen Studie, klinische Prüfung, Feldstudie oder Compliance-Studie fassen. Maßgeblicher Gesichtspunkt ist insoweit, dass die Beklagte mit fachlichen Daten wirbt, die den Eindruck vermitteln, sie seien in wissenschaftlicher Weise erhoben worden. Wissenschaftlichen Erkenntnissen wird erfahrungsgemäß eine hohe Beweiskraft zugeschrieben, so dass sie besonders werbewirksam sind.

Zeugnis

 

OLG Hamburg, Urt. v. 27.6.2002, 3 U 136/00, II.1 (= GRUR-RR 2002, 365)

Ein Zeugnis im Sinne des § 6 Nr. 1 HWG liegt bereits dann vor, wenn einzelne Ergebnisse und Beobachtungen bestätigt werden. Ein Zeugnis braucht also nicht eine eingehende Untersuchung, ja nicht einmal besondere Fachkenntnisse vorauszusetzen.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.7.2021, 6 W 43/21

Klinischen Studien, Feldstudien oder Compliance-Studien fallen in den Anwendungsbereich des § 6 Nr. 1 HWG, ohne dass es einer abschließenden Prüfung bedürfte, ob sie Gutachtencharakter haben, da die werbliche Verwertung der dort getätigten Beobachtungen bzw. dort gewonnenen Ergebnisse auf jeden Fall Zeugnischarakter haben (OLG Hamburg GRUR-RR 2002, 365 - Quellenangaben; LG Baden-Baden MD 2007, 601; Fezer/Büscher/Obergfell, Lauterkeitsrecht: UWG, 3. Aufl., Lebensmittel-, Kosmetik- und Heilmittelwerbung, Rn 496; BeckOK HWG/Reese, 5. Ed. 1.2.2021, HWG § 6 Rn 45 - 47).

Erwähnen

 

OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.7.2021, 6 W 43/21

Ausreichend ist insoweit, dass allgemein auf die Studie Bezug genommen wird oder ein Hinweis darauf erfolgt, ohne es ganz oder teilweise im Wortlaut wiederzugeben (LG Baden-Baden MD 2004, 433, 435; MD 2007, 601, 602; BeckOK HWG/Reese, 5. Ed. 1.2.2021, HWG § 6 Rn 55).

Fundstellenangabe

 

OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.7.2021, 6 W 43/21

Die notwendige Angabe der Fundstelle hat die Antragsgegnerin nicht vorgenommen. Nicht ausreichend ist die Angabe der Fachinformation als Fundstelle, in der wiederum die „richtige“ Fundstelle aufgeführt ist. Der Regelungszweck des § 6 UWG, die unmittelbare Überprüfung der in Bezug genommenen Ergebnisse zu ermöglichen, würde nicht erreicht, wenn der angesprochene Verkehr erst die Fachinformation konsultieren müsste. Diese ist zwar für den Verkehr verfügbar und muss nicht erst angefordert werden. Notwendig wäre jedoch ein Suchen der Information in der fünfseitigen eng bedruckten Fachinformation, was ein unmittelbares und schnelles Überprüfen der Studienergebnisse erheblich erschwert. Zudem findet der interessierte Verkehr dort auch nicht die Studie selbst, sondern nur eine Zusammenfassung. Erst die dort enthaltenen bibliographischen Daten ermöglichen in einem weiteren Schritt das Auffinden der Studie.