Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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(a) Rechtsdienstleistungen

OLG Hamburg, Urt. v. 23.11.2023, 5 U 25/23, Tz. 68

Der Gesetzgeber hat im RDG die Systematik des Rechtsdienstleistungs- und des Nebenleistungsbegriffs neu austariert, die von ihm bezweckte (vorsichtige) Öffnung des Rechtsdienstleistungsmarkts soll indes nicht durch eine Herabsetzung der Schwelle des Rechtsdienstleistungsbegriffs, sondern durch die (im Vergleich zum früheren Recht) abgeschwächten Voraussetzungen für eine zulässige Nebenleistung erfolgen (Deckenbrock/Henssler in Deckenbrock/Henssler, Rechtsdienstleistungsgesetz, 5. Aufl., § 2 RDG Rn. 34b). Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 RDG erfasst jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht. Ob es sich um einfache oder schwierige Rechtsfragen handelt, ist unerheblich (BGH GRUR 2016, 820, 824 Rn. 43 – Schadensregulierung durch Versicherungsmakler; BGH GRUR 2016, 1189, 1191 Rn. 23 – Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur; BGH GRUR 2021, 758, 761 Rn. 32 – Rechtsberatung durch Architektin). Im Ergebnis ist für die Frage der Erforderlichkeit einer rechtlichen Prüfung auf die Verkehrsanschauung oder die erkennbare Erwartung des Rechtssuchenden abzustellen; insoweit kennt das Gesetz eine objektive und eine subjektive Komponente (Deckenbrock/Henssler in Deckenbrock/Henssler, Rechtsdienstleistungsgesetz, 5. Aufl., § 2 RDG Rn. 35, m.w.N.).

BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 113/20, Tz. 18 - Vertragsdokumentengenerator

Eine Rechtsdienstleistung ist nach § 2 Abs. 1 RDG jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Abzustellen ist nicht auf die berufliche oder geschäftliche Gesamttätigkeit, sondern auf die im Rahmen der jeweiligen beruflichen oder geschäftlichen Tätigkeit erbrachte einzelne Dienstleistung (Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drucks. 16/3655, S. 37).

OLG Dresden, Urt. v. 26.4.2022, 14 U 2489/21, Rn. 23

Die Verbotsnorm des § 3 RDG setzt voraus, dass die außergerichtliche Rechtsdienstleistung selbständig erbracht wird. § 3 RDG enthält im Hinblick auf das Erfordernis einer selbständigen Erbringung der Rechtsdienstleistung eine über die Regelungen der §§ 1 f. RDG hinausgehende Einschränkung des Verbots, die voraussetzt, dass sich der Handelnde eigenverantwortlich und frei von Weisungsbefugnissen Dritter betätigt (Deckenbrock/Henssler/Seichter, RDG, 5. Aufl. 2021, § 3 Rn. 4; OLG Hamm MittdtschPatAnw 2015, 294 Rn. 120; OLG Stuttgart NJW 1992, 3052).

Weisungsgebundenheit wurde vom OLG Dresden bei der Stornoabwehr durch einen selbständigen Handelsvertreter angenommen, der nach § 86 Abs. 1 Hs. 2 HGB die Nebenpflicht hat, die Interessen des Unternehmers zu wahren (BGHZ 112, 218 Rn. 16).

BGH, Urt. v. 14.1.2016, I ZR 107/14, Tz. 43 – Schadensregulierung durch Versicherungsmakler

Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 RDG erfasst jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht. Ob es sich um eine einfache oder schwierige Rechtsfrage handelt, ist unerheblich. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Gesetzgebungsgeschichte, Zweck und systematischer Einordnung des § 2 Abs. 1 RDG.

Es folgt eine umfangreiche Begründung. Ebenso BGH, Urt. v. 11.2.2021, I ZR 227/19, Tz. 32 - Rechtsberatung durch Architektin; BGH, Urt. v. 31.3.2016, I ZR 88/15, Tz. 23 - Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur

BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 113/20, Tz. 20 f - Vertragsdokumentengenerator

Die mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz erfolgte Neuausrichtung des Rechts der außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen gebietet keine enge Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Rechtsdienstleistung.

Der Gesetzgeber hat mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz das Ziel verfolgt, das Berufsrecht zu deregulieren und zu liberalisieren und das Rechtsdienstleistungsrecht für künftige Entwicklungen neuer Dienstleistungsberufe zu öffnen (vgl. BT-Drucks. 16/3655, S. 38 und 42). Er wollte der systematischen Neuausrichtung des Rechtsdienstleistungsgesetzes allerdings nicht im Rahmen der Definition der Rechtsdienstleistung in § 2 Abs. 1 RDG, sondern im Rahmen des Erlaubnistatbestands des § 5 RDG Rechnung tragen (BT-Drucks. 16/3655, S. 37). Der durch den Begriff der Rechtsdienstleistung eröffnete Anwendungsbereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes sollte deshalb weit gefasst und erst innerhalb des für zulässige Nebenleistungen geschaffenen Erlaubnistatbestands des § 5 Abs. 1 RDG unter Berücksichtigung der Schutzzwecke des Rechtsdienstleistungsgesetzes entschieden werden, ob eine Tätigkeit als Nebenleistung zulässig ist (BT-Drucks. 16/3655, S. 37 und 51 f.). Der danach mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz verfolgte Kontrollzweck gibt keinen Anlass zu einer restriktiven Auslegung des Begriffs der Rechtsdienstleistung (BGH, GRUR 2016, 820 Rn. 47 f. - Schadensregulierung durch Versicherungsmakler).

OLG Köln, Urt. v. 19.6.2020, 6 U 263/19, Tz. 35 - SmartLaw

Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalles erfordert, § 2 Abs. 1 RDG. Für die Auslegung der Norm sind ihr Wortlaut, Sinn und Zweck, ihre systematische Einordnung und die Gesetzgebungsgeschichte maßgebend. Diese Auslegungskriterien schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich gegenseitig. Unter ihnen hat keines einen unbedingten Vorrang vor einem anderen, wobei Ausgangspunkt der Auslegung der Wortlaut der Vorschrift ist.

KG, Beschl. v. 12.5.2021, 5 U 1091/20, Tz. 43

Nach § 2 Abs. 1 RDG ist eine Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Die Vorschrift erfasst jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht. Ob es sich um einfache oder schwierige Rechtsfragen handelt, ist unerheblich (BGH, Urteil vom 11. Februar 2021 – I ZR 227/19, Rn. 32, juris – Rechtsberatung durch Architekten). Dies ergibt sich aus Wortlaut, Gesetzgebungsgeschichte, Zweck und systematischer Einordnung des § 2 Abs. 1 RDG (BGH, Urt. v. 31.3.2016, I ZR 88/15, Tz. 23 - Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur; Urt. v. 14.1.2016, I ZR 107/14, Tz. 43 - Schadensregulierung durch Versicherungsmakler).

OLG Köln, Urt. v. 19.6.2020, 6 U 263/19, Tz. 42 - SmartLaw

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 27.11.2019, VIII ZR 185/18, zum Betreiben eines Mietpreisrechners ausgeführt, dass der Begriff der „Rechtsdienstleistung“ in Gestalt der Inkassodienstleistung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG … unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des RDG und vor allem im Hinblick auf die mit dem Gesetz in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfolgte Zielsetzung einer grundlegenden, an den Gesichtspunkten der Deregulierung und Liberalisierung ausgerichteten, die Entwicklung neuer Berufsbilder erlaubenden Neugestaltung des Rechts der außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen nicht in einem zu engen Sinne zu verstehen ist. Vielmehr sei - innerhalb des mit dem RDG verfolgten Schutzzwecks, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen - eine eher großzügige Betrachtung geboten (BGH, Urt. v. 27.11.2019, VIII ZR 285/18, Tz. 141).

BGH, Urt. v. 14.1.2016, I ZR 107/14, Tz. 51 – Schadensregulierung durch Versicherungsmakler

Unerheblich ist, ob die Dienstleistung einen typischen Fall ... betrifft oder ob es sich um ein standardisiertes, massenhaft verwendetes und aus einer geringfügigen Anpassung vorhandener Textbausteine zusammengesetztes Schreiben handelt. Diese Umstände, die nicht selten auch bei anwaltlicher Tätigkeit vorliegen können, führen zwar dazu, dass die rechtliche Prüfung des Einzelfalls einfach erscheinen mag. Die rechtliche Prüfung des Einzelfalls wird aber nicht dadurch überflüssig, dass ein Musterschreiben für einen konkreten Fall angepasst wird.

OLG Köln, Urt. v. 19.6.2020, 6 U 263/19, Tz. 74 - SmartLaw

Für die Frage, ob Rechtsdienstleistungen erbracht werden, ist es unerheblich, mit welchen technischen Mitteln dies erfolgt. So ist das Vorliegen einer Rechtsdienstleistung nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil der Rechtsuchende keinen persönlichen Kontakt zu dem Dienstleistenden aufnimmt, sondern etwa über eine Telefon-Hotline oder ein Internetforum seine konkreten Rechtsfragen prüfen lassen will. Hier hängt es stets vom Inhalt des Beratungsangebots und der Erwartung des Rechtsuchenden ab, ob die Beratung als Rechtsdienstleistung einzustufen ist.

Beispiele

BGH, Urt. v. 31.3.2016, I ZR 88/15, Tz. 24 - Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur

Die Anmeldungen gewerblicher Schutzrechte - Patente, Gebrauchsmuster und Marken – erfordern eine Rechtsprüfung, die über eine schematische Rechtsanwendung ohne weitere Rechtsprüfung hinausgeht.

BGH, Urt. v. 31.3.2016, I ZR 88/15, Tz. 41 - Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur

Das Schreiben, mit dem er auf eine Abmahnung wegen eines Markenrechtsverstoßes durch eine Markenanmeldung reagiert hat, ist als Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG anzusehen.

OLG Oldenburg, Beschl. v. 10.1.2017, 6 W 107/16 (MD 2017, 328)

Mit der konkreten Werbung verstieß diese gegen die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 3, 5 RDG. Mit dem in der Werbung verwendeten Begriff "Unfall-Rundum-Service" bot die Antragsgegnerin eine komplette Unfallschadenabwicklung inklusive einer Rechtsdienstleistung i. S. v. § 2 RDG an, da neben der technischen auch die umfassende haftungsrechtliche Abwicklung eines Unfallschadens Bestandteil des Angebots war. Für den angesprochenen Verkehrskreis ... ließ sich der Werbeaussage in keiner Weise entnehmen, dass bestimmte Fälle, etwa bei besonders schwieriger Rechtslage, ausgenommen sein sollten. Das Erbringen einer solchen Rechtsdienstleistung war der Antragsgegnerin indes nicht erlaubt.

OLG Frankfurt, Urt. v. 28.5.2015, 6 U 51/14, Tz. 20

Zu den Rechtsdienstleistungen ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten zu rechnen, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Dies kann schon bei der Hilfe zum Ausfüllen anspruchsbezogener Formulare der Fall sein (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, § 4 UWG, Rn. 11.64).

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OLG Köln, Urt. v. 19.6.2020, 6 U 263/19 - SmartLaw

Anders noch die Vorinstanz: LG Köln, Urt. v. 8.10.2019, 33 O 35/19, Tz. 41, 45, 47 - Vertragsgenerator