Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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e) Medien/Presse

1. Verantwortlichkeit der Presse/Medien

2. Verantwortung des Unternehmers/Produktanbieters

Verantwortlichkeit der Presse/Medien

Presse und sonstige Medien haften für die Verbreitung wettbewerbswidriger Werbung als Täter. Allerdings ist die Haftung aufgrund der grundrechtlich verbürgten Pressefreiheit eingeschränkt. Redaktionelle Medien haften nur für Rechtsverletzungen, nachdem sie darauf hingewiesen wurden oder die sie im Alltagsgeschäft leicht erkennen können. Medien, die mehr Werbezwecken dienen, haften unter Umständen uneingeschränkt.

BGH, Urt. v. 5.2.2015, I ZR 136/13, Tz. 29 – TIP der Woche

Schuldner der in § 8 UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung im Sinne von §§ 3, 7 UWG selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht. Im Falle der Verbreitung wettbewerbswidriger Äußerungen in Medien haftet neben dem Urheber der Äußerung jeder an der Weitergabe und der Verbreitung Beteiligte, soweit sein Verhalten … eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 10.2.2011, I ZR 183/09, Tz. 27 - Irische Butter, mwN).

BGH, Urt. v. 5.2.2015, I ZR 136/13, Tz. 34, 37 – TIP der Woche

Maßgeblich für die eingeschränkte Prüfungspflicht der Presse ist die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Pressefreiheit, die der Presse als Institution zukommt und auch den Anzeigenteil eines Presseorgans umfasst. Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gebührt nicht nur Presseerzeugnissen im herkömmlichen Sinne. Die grundrechtliche Garantie der Pressefreiheit gilt vielmehr auch für Kundenzeitschriften und für Anzeigenblätter, die hauptsächlich Werbeanzeigen und zu einem geringeren Anteil redaktionelle Beiträge enthalten. ...

Der Schutzumfang der Pressefreiheit ist umso geringer, je weniger ein Presseerzeugnis der Befriedigung eines Informationsbedürfnisses von öffentlichem Interesse oder der Einwirkung auf die öffentliche Meinung dient und je mehr es eigennützige Geschäftsinteressen wirtschaftlicher Art verfolgt. Danach kann sich ein Presseunternehmen grundsätzlich nicht mit Erfolg auf eine eingeschränkte Haftung für gesetzwidrige Werbeanzeigen Dritter berufen, wenn die fragliche Zeitschrift keinen nennenswerten meinungsbildenden Bezug hat, sondern nahezu ausschließlich Werbung enthält.

BGH, Urt. v. 5.2.2015, I ZR 136/13, Tz. 39f – TIP der Woche

Der Bundesgerichtshof hat das Erfordernis einer eingeschränkten Pressehaftung auch damit begründet, dass Presseunternehmen regelmäßig unter Zeitdruck stehen und eine umgehende Überprüfung sämtlicher Anzeigen auf Gesetzesverstöße die Arbeit der Presse unzumutbar erschweren würde.

Bei dem Werbeblatt "TIP der Woche" handelt es sich … jedoch nicht um ein der aktuellen Berichterstattung verpflichtetes Presseerzeugnis. Die Beklagte kann sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, sie stehe als Herausgeberin dieses Blattes bei der Bearbeitung der Anzeigenaufträge unter dem Gebot einer raschen Entscheidung.

BGH, Urt. v. 5.2.2015, I ZR 136/13, Tz. 31 – TIP der Woche

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet ein Presseunternehmen für die Veröffentlichung gesetzwidriger Werbeanzeigen Dritter nur, wenn es gegen seine Pflicht zur Prüfung verstoßen hat, ob die Veröffentlichung der Anzeigen gegen gesetzliche Vorschriften verstößt. Bei dem Umfang der Prüfungspflicht ist zu berücksichtigen, dass die Beurteilung von Anzeigen bei der Veröffentlichung unter dem Gebot der raschen Entscheidung steht. Um die Arbeit von Presseunternehmen nicht über Gebühr zu erschweren und die Verantwortlichen nicht zu überfordern, besteht daher mit Blick auf die Gewährleistung der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG nur eine eingeschränkte Prüfungspflicht. Sie beschränkt sich auf grobe und unschwer erkennbare Rechtsverstöße.

BGH, Urt. v. 22.7.2021, I ZR 194/20, Tz. 67 ff - Rundfunkhaftung

Rundfunkveranstalter trifft die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht, ausgestrahlte Fernsehspots auf grobe und offensichtliche Rechtsverstöße zu überprüfen.

Der Haftung wegen Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle für Marktteilnehmer schafft oder andauern lässt, die ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der Dritten daraus drohenden Gefahren notwendig sind. Die hieraus erwachsenden Verkehrspflichten können sich insbesondere als Prüfungspflicht konkretisieren.

Nach diesen Maßstäben kann für die Verbreitung einer wettbewerbswidrigen Werbung in Medien neben dem Werbenden selbst auch ein an der Verbreitung beteiligtes Presse- oder Sendeunternehmen haften. Ein Presseunternehmen hat für die Veröffentlichung gesetzwidriger Werbeanzeigen Dritter einzustehen, wenn es gegen seine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht zur Prüfung verstoßen hat, ob die Veröffentlichung der Anzeigen gegen gesetzliche Vorschriften verstößt. Um die Arbeit von Presseunternehmen nicht über Gebühr zu erschweren und die Verantwortlichen nicht zu überfordern, besteht mit Blick auf die Gewährleistung der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG allerdings nur eine eingeschränkte Prüfungspflicht. Sie beschränkt sich auf grobe und unschwer erkennbare Rechtsverstöße. Diese Grundsätze sind auf die Ausstrahlung von Werbung durch einen den Schutz von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG genießenden Rundfunkveranstalter übertragbar.

Bestätigung von OLG Köln, Urt. v. 30.10.2020, 6 U 47/20, Tz. 45

OLG München, Urt. v. 12.4.2017, 6 U 1679/17, II.10.b

Nach ständiger Rechtsprechung haftet der Herausgeber eines Presseerzeugnisses nur für die Veröffentlichung gesetzeswidriger Werbeanzeigen Dritter, wenn er seine Pflicht zur Prüfung verletzt hat, ob die Veröffentlichung der Anzeigen gegen gesetzliche Vorschriften verstößt. Im Hinblick auf die Besonderheiten des Anzeigengeschäfts kann ein Herausgeber eines Presseerzeugnisses nur eingeschränkt für wettbewerbswidrige Anzeigen verantwortlich gemacht werden. Um die tägliche Arbeit nicht über Gebühr zu erschweren und die Verantwortlichen nicht zu überfordern, bestehen bei Anzeigen keine umfassenden Prüfungspflichten. Vielmehr besteht im Hinblick auf die Gewährleistung der Pressefreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 11 Abs. 2 GR-Charta eine Haftung für die Veröffentlichung einer Anzeige nur dann, wenn diese grobe und eindeutige, unschwer erkennbare Wettbewerbsverstöße enthält . Maßgeblich für die eingeschränkte Prüfungspflicht der Presse ist die durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geschützte Pressefreiheit, die der Presse als Institution zukommt und auch den Anzeigenteil eines Presseorgans umfasst. Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gebührt dabei nicht nur Presseerzeugnissen im herkömmlichen Sinne, die grundrechtliche Garantie der Pressefreiheit gilt vielmehr auch für Kundenzeitschriften und für Anzeigenblätter, die hauptsächlich Werbeanzeigen und zu einem geringeren Anteil redaktionelle Beiträge enthalten, wobei im Rahmen des Schutzumfangs allerdings zu berücksichtigen ist, inwieweit das Presseerzeugnis der Befriedigung eines Informationsbedürfnisses von öffentlichem Interesse oder der Einwirkung auf die öffentliche Meinung dient.

Die eingeschränkte Haftung von Presseherausgebern besteht vor dem Hintergrund, dass eine juristische Überprüfung sämtlicher Werbeanzeigen auf etwaige Gesetzesverstöße deren Tätigkeit unzumutbar erschweren würde, da es nicht nur einen beträchtlichen Zeitaufwand nach sich ziehen, sondern auch erhebliche personelle Ressourcen binden würde, wenn jede Anzeige vor der Veröffentlichung durch eine Rechtsabteilung oder einen sonst beauftragten Juristen geprüft werden müsste. Diese Gesichtspunkte gelten auch bei Presseerzeugnissen, die – wie das vierteljährlich erscheinende Kundenmagazin der Beklagten - in größeren zeitlichen Abständen herausgegeben werden. Zwar mag dort der zeitliche Druck geringer sein, als bei Presseerzeugnissen, die der täglichen Berichterstattung verpflichtet sind (vgl. BGH GRUR 2015, 906 Rn. 41 – TIP der Woche), nichtdestotrotz dürfen aber auch den Herausgebern von nicht täglich erscheinenden Presseerzeugnissen keine die regelmäßigen Geschäftsabläufe behindernden Prüfpflichten auferlegt werden (vgl. BGH GRUR 2006, 957 Rn. 14 – Stadt Geldern).

Solange die Störerhaftung im Wettbewerbsrecht angewendet wurde, wurde die Haftung der Presse und Medien daran festgemacht.

Maßstab für die Beurteilung, ob eine Werbeanzeige einen groben, unschwer erkennbaren Rechtsverstoß aufweist, ist demzufolge nicht die Sichtweise eines juristisch gebildeten Betrachters, sondern diejenige des mit der Schaltung der Werbeanzeige befassten Mitarbeiters der Redaktion. Nur wenn sich aus dessen Warte die Gesetzeswidrigkeit der Anzeige geradezu aufdrängt, ist er gehalten, die Werbeanzeige nicht bzw. erst nach Durchführung einer fachkundigen juristischen Prüfung freizugeben (vgl. BGH GRUR 1990, 1012, 1014 – Pressehaftung).

Der Anknüpfungspunkt für die Haftung der Medien/Presse für wettbewerbswidrige Anzeigen und Werbebeiträge bestand in der früheren Rechtsprechung des BGH in der Störerhaftung. Damit schieden gleichzeitig Schadensersatzansprüche gegen das veröffentlichende Medium aus, weil der Störer nicht schadenersatzpflichtig war.

BGH, Urt. v. 26.1.2006, I ZR 121/03, Tz. 13 - Schlank-Kapseln

Ein Presseunternehmen haftet für die Veröffentlichung von Werbeanzeigen Dritter wettbewerbsrechtlich als Störer, wenn es gegen seine Pflicht zur Prüfung verstoßen hat, ob die Veröffentlichung der Anzeige gegen gesetzliche Vorschriften verstößt. Diese Prüfungspflicht beschränkt sich auf grobe und eindeutige, unschwer erkennbare Wettbewerbsverstöße.

Ebenso BGH, Urt. v.14.6.2006, I ZR 249/03, Tz. 14 - Stadt Geldern

BGH, Urt. v. 26.1.2006, I ZR 121/03, Tz. 15 f - Schlank-Kapseln

Die von Verfassungs wegen (Art. 5 GG) gebotene Beschränkung der Prüfungspflicht auf grobe, vom Verleger oder Redakteur unschwer zu erkennende Verstöße hat ihren Grund auch darin, dass die Prüfung der Veröffentlichung von Inseraten unter dem Gebot einer raschen Entscheidung steht und unter Berücksichtigung der Eigenart ihrer Tätigkeit an Verleger oder Redakteur keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden dürfen.

... Etwaige Nachforschungen nach Eingang des Anzeigenauftrags können nicht verlangt werden, weil die Prüfung, ob der Veröffentlichung einer Anzeige rechtliche Gründe entgegenstehen, unter dem Gebot einer raschen Entscheidung steht.

Am Beispiel einer irreführenden Werbeanzeige:

BGH, Urt. v. 26.1.2006, I ZR 121/03, Ls. - Schlank-Kapseln

Veröffentlicht ein Presseunternehmen eine irreführende Werbeanzeige für ein Schlankheitsmittel, so haftet es nicht ohne weiteres schon dann als Störer, wenn es die Angaben, die später als unrichtig festgestellt werden, als solche dem Anzeigentext bei der gebotenen Sorgfalt hätte entnehmen können. Da die Pressehaftung auf grobe und eindeutige, unschwer erkennbare Wettbewerbsverstöße beschränkt ist, greift sie in einem solchen Fall nicht ein, wenn bei der gebotenen Prüfung vor der Veröffentlichung ohne Fachkenntnisse nur vermutet werden kann, dass die Anzeige irreführend ist.

Mittlerweile wurde die Störerhaftung vom BGH im Wettbewerbsrecht aufgegeben. Damit wird die Presse zum Täter. Die Folge davon wäre, dass die Medien/Presse als Täter auch schadenersatzpflichtig wären.

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Verantwortung des Unternehmers/Produktanbieters

OLG Hamburg, Urt. v. 14.9.2017, 3 U 246/16, B.I.1 – Vaginaler Selbsttest

Da die Gestaltung redaktioneller Beiträge im eigenen Verantwortungsbereich des Presseorgans liegt, kann grundsätzlich aus deren Aufmachung in der Regel keine wettbewerbsrechtliche Verantwortlichkeit des Unternehmens hergeleitet werden, über dessen Produkte berichtet wird, so dass insoweit grundsätzlich ein Prüfungsvorbehalt entfällt. Ein solcher Vorbehalt ist mit Blick auf die grundsätzliche Eigenverantwortung der Presse nur ausnahmsweise geboten. Ein solcher kann in Betracht kommen, wenn zum Beispiel nach Art und Inhalt eines Interviews und/oder bei Berücksichtigung der Gegebenheiten auf Seiten des Adressaten die Möglichkeit eines Berichts mit werbendem Charakter nicht ganz fernliegt (vgl. BGH, GRUR 1997, 541, Rn. 23 - Produkt-Interview).

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