Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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e) Einstweilige Verfügung

Gesetzeswortlaut ab 9. Oktober 2013

§ 51 Abs. 4 GKG

Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der sich aus Absatz 2 und 3 ergebende Wert in der Regel unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen.

Zu § 51 Abs. 2 und 3, auf den die Vorschrift verweist, siehe hier.

Vor der Einführung der Bestimmung im Rahmen des Gesetzes gegen unlautere Geschäftspraktiken, das am 9. Oktober 2013 in Kraft trat, gab es keine entsprechende Regelung zum Streitwert des einstweiligen Verfügungsverfahrens. Die unterschiedliche Bewertung von Hauptsache- und einstweiligem Verfügungsverfahren entsprach aber der Praxis einiger Gerichte. Die Gerichte bleiben auch seitdem unterschiedlicher Auffassung.

OLG Oldenburg, Beschl. v. 21.12.2015, 6 W 107/15

Die Streitwertfestsetzung für die wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage wie auch für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung richtet sich gemäß §§ 51,53 Abs. 1 GKG, 3 ZPO nach freiem Ermessen. In Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist insofern gemäß § 51 Abs. 2 GKG der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers/Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, wobei der danach ermittelte Streitwert gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 GKG angemessen zu mindern ist, wenn die Bedeutung der Sache für den Beklagten/Antragsgegner erheblich geringer zu bewerten ist. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist gemäß § 51 Abs. 4 GKG der sich aus § 51 Abs. 2 und Abs. 3 GKG ergebende Wert in der Regel unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen. Er ist in der Regel niedriger als der Streitwert einer entsprechenden Klage festzusetzen, da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nur auf vorläufige Sicherung des Antragstellers gerichtet ist, nicht auf die Durchsetzung des Anspruchs selbst

Das Kammergericht, das OLG Hamm, das OLG Nürnberg und das OLG Celle ziehen im einstweiligen Verfügungsverfahren 1/3 des Gegenstandswerts einer Hauptklage ab (vgl. KG, Beschl. v. 2.1.2024, 5 W 95/23 (MD 2024, 229); KG, Beschl. v. 8.9.2020, 5 W 1023/20, Tz. 5; KG v. 14.11.2006, 5 W 254/06 (= GRUR-RR 2007, 63); OLG Hamm v. 2.7.2009, 4 U 39/09; OLG Celle v. 14.5.2010, 13 W 38/10; OLG Hamm, Urt. v. 23.1.2014, 4 U 118/13, Tz. 36; OLG Nürnberg, Urt. v. 18.7.2032, 3 U 1092/23, Tz. 52; OLG Celle, Beschl. v. 14.6.2011, 13 U 50/11; OLG Celle, Beschl. v. 8.2.2016, 13 W 6/16, Tz. 9); das OLG Frankfurt "etwa ein Drittel" (OLG Frankfurt, Beschl. v. 14.3.2017, 6 W 24/17). Die Oberlandesgerichte Oldenburg und Dresden halbieren den Streitwert (OLG Oldenburg, Beschl. v. 21.12.2015, 6 W 107/15; OLG Dresden, Beschl. v. 2.12.2016, 14 W 445/16)); das OLG Stuttgart zieht 25 % des Hauptsachewerts ab (OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.9.2015, 2 W 41/15, Tz. 6; OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.12.2020, 2 U 85/20). Das OLG Hamburg zieht 1/5 tel ab, wenn nicht aufgrund besonderer Umstände eine andere Bewertung erforderlich erscheint (OLG Hamburg, Beschl. v. 22.9.2023, 3 W 30/23, Tz. 19; OLG Hamburg, Beschl. v. 22.12.2017, 3 W 92/17). Das OLG Zweibrücken hat den Streitwert in einem Einzelfall von 5.000,- € auf 3000,- € reduziert. Ob dort von einer 3/5-tel Regelung ausgegangen werden kann, bleibt abzuwarten (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 4.8.2014, 4 W 46/14 (= NJW-RR 2014, 1535)).

ABER:

OLG Nürnberg, Urt. v. 18.7.2032, 3 U 1092/23, Tz. 52

Im Einzelfall, nämlich soweit das Verfügungsverfahren tatsächlich zu einer endgültigen Erledigung des Streits führt oder mit hoher Wahrscheinlichkeit führen wird, gilt annähernd der gleiche Streitwert wie im Hauptsacheverfahren (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.8.2016, 4 W 62/16, Tz. 2).

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.2.2021, 6 W 55/20, 2.a

Ein genereller Abzug in Eilverfahren gegenüber dem Wert der Hauptsache ist - auch in Anbetracht von § 51 Abs. 4 GKG - nicht angebracht, wenn das Verfügungsverfahren zur endgültigen Erledigung des Streits führt oder mit hoher Wahrscheinlichkeit führen wird (OLG Karlsruhe, MDR 2016, 1116; Senat, Beschl. v. 10.9.2018, 6 W 33/18 und v. 20.7.2020, 6 W 1/20). Vielmehr kann im Einzelfall zumindest annähernd der gleiche Streitwert wie im Hauptsacheverfahren gelten (OLG Karlsruhe, MDR 2016, 1116 [BGH 09.06.2016 - V ZB 17/15] mwN). Dass die Dinge hier so liegen, führt die Beschwerdeerwiderung selbst aus, die zudem darauf hinweist, dass die Antragsgegnerin auf die einstweilige Verfügung hin eine Abschlusserklärung abgegeben hat. Mit einer endgültigen Erledigung des Streits durch das Verfügungsverfahren war bereits zum nach § 40 GKG maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu rechnen.

Außerdem:

OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.6.2018, 6 W 63/18

Nach der ... ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats ist für den Wert des Eilverfahrens dann ausnahmsweise kein Abschlag (§ 51 Abs. 4 GKG) gegenüber den Angaben in der Abmahnung vorzunehmen, wenn der Rechtsanwalt im Abmahnschreiben klargestellt hat, dass der der Kostenforderung zugrunde liegende Gegenstandswert das wirtschaftliche Interesse seines Mandanten an der Durchsetzung des Anspruchs im Eilverfahren repräsentiere.

Der Streitwert hat keine Auswirkungen auf die Zuständigkeit der Gerichte, da die Eingangsinstanz für Ansprüche aus dem Gesetze gegen den unlauteren Wettbewerb immer das Landgericht ist. Er wirkt sich nur auf die Berechnung der Gerichts- und Rechtsanwaltskosten und mittelbar auf die Zulässigkeit eines Berufungsverfahrens aus, für die eine Beschwer von 600,- Euro gefordert wird. Je nachdem, wie die Gerichte zukünftig § 51 Abs. 4 GKG in Verbindung mit dem Auffangstreitwert von 1000,- Euro gemäß § 51 Abs. 2 GKG handhaben, könnte es mit dem Erreichen der Beschwer in einstweiligen Verfügungsverfahren kritisch werden. Jedenfalls ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut kein Anhaltspunkt dafür, § 51 Abs. 4 GKG in Fällen, in denen der Streitwert (der Hauptsache) nach § 51 Abs. 2 GKG bei 1000,- Euro liegt, nicht anzuwenden.