Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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a) Herkunftstäuschung

Bei der Herkunftstäuschung wird zwischen der unmittelbaren Herkunftstäuschung und der mittelbaren Herkunftstäuschung (Herkunftstäuschung im weiteren Sinne) unterschieden (BGH, Urt. v. 22.09.2021, I ZR 192/20, Tz. 46 – Flying V).

1. Unmittelbare Herkunftstäuschung

2. Mittelbare Herkunftstäuschung

3. Erwerbssituation maßgeblich

3. Gemeinsamkeiten der Erzeugnisse sind wichtiger

4. Maßgebliche Verkehrskreise

a. Fachkreise

5. Herkunftstäuschung durch Kennzeichen

6. Bekanntheit des Produkts

7. Bekanntheit des Herstellers?

8. Zeitpunkt der Herkunftstäuschung

9. Vertrieb durch Drittunternehmen

10. Modeerzeugnisse

BGH, Urt. v. 20.9.2018, I ZR 71/17, Tz. 15 - Industrienähmaschinen

Nach § 4 Nr. 3 UWG handelt unlauter, wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt. Dabei ist zwischen einer unmittelbaren Herkunftstäuschung und einer mittelbaren Herkunftstäuschung (einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinne) zu unterscheiden. Eine unmittelbare Herkunftstäuschung liegt vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise annehmen, bei der Nachahmung handele es sich um das Originalprodukt. Eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne liegt vor, wenn der Verkehr die Nachahmung für eine neue Serie oder ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers hält oder wenn er von geschäftlichen oder organisatorischen - wie lizenz- oder gesellschaftsvertraglichen - Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen ausgeht.

Ebenso BGH, Urt. v. 7.12.2023, I ZR 126/22, Tz. 37 - Glück; BGH, Urt. v. 26.1.2023, I ZR 15/22, Tz. 46 - KERRYGOLD; BGH, Urt. v. 22.09.2021, I ZR 192/20, Tz. 46 – Flying V; BGH, Urt. v. 1.7.2021, I ZR 137/20, Tz. 52 - Kaffeebereiter; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2018, 15 U 74/17, Tz. 129 - frittenwerk; OLG Frankfurt, Urt. v. 3.12.2020, 6 U 136/20, II.4.a; OLG Köln, Beschl. v. 31.3.2023, 6 U 6/23, Tz. 51; OLG Köln, Urt. v. 8.9.2023, 6 U 39/23, Tz. 73 - Ankerkraut

Unmittelbare Herkunftstäuschung

Von einer unmittelbaren Herkunftstäuschung wird ausgegangen, wenn der angesprochene Verkehr glaubt, dass das Produkt aus demselben Unternehmen stammt, das auch Anbieter des anderen Produkts ist. Bei einer mittelbaren Herkunftstäuschung erkennt der angesprochene Verkehr, dass das Produkt nicht von dem Unternehmen stammt, das auf das andere Produkt anbietet. Er geht aber davon aus, dass die Unternehmen wirtschaftlich oder organisatorisch miteinander verbunden sind oder zusammenarbeiten.

BGH, Urt. v. 2.12.2015, I ZR 176/14, Tz. 64 – Herrnhuter Sterne

Eine Herkunftstäuschung liegt vor, wenn der angesprochene Verkehr aufgrund von Übereinstimmungen oder Annäherungen der die wettbewerbliche Eigenart begründenden Merkmale den Eindruck gewinnt, die Nachahmung stamme vom Hersteller des Originals oder einem mit ihm verbundenen Unternehmen (vgl. BGH, GRUR 2009, 1069 Rn. 14 f. - Knoblauchwürste). Dafür genügt die Vorstellung, das Originalprodukt sei von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser heißen möge, oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen in den Verkehr gebracht worden (vgl. BGH, GRUR 2006, 79 Rn. 36 - Jeans I; GRUR 2007, 339 Rn. 40 - Stufenleitern; GRUR 2009, 79 Rn. 31 - Gebäckpresse).

OLG Hamburg, Urt. v. 15.2.2018, 5 U 104/17

Eine unmittelbare Herkunftstäuschung liegt vor, wenn der Verkehr das nachahmende Erzeugnis für das Originalprodukt hält. Abzustellen ist auch hierfür auf den Gesamteindruck, wie er sich dem durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer in der Erwerbssituation darstellt.

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2018, 15 U 74/17, Tz. 122 - frittenwerk; OLG Köln, Beschl. v. 31.3.2023, 6 U 6/23, Tz. 53

OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.10.2014, I-15 U 49/14, Tz. 114

Eine Herkunftstäuschung ist gegeben, wenn die angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck gewinnen können, die Nachahmung stamme vom Hersteller des Originals oder einem mit ihm geschäftlich oder organisatorisch verbundenen Unternehmen. Das Hervorrufen bloßer Assoziationen an das Originalprodukt genügt nicht. Maßgebend ist die Sichtweise des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers, der sich für das Produkt interessiert.

Ebenso OLG Hamm , Urt. v. 16.6.2015, 4 U 32/14, Tz. 156 - Le Pliage; OLG Frankfurt, Urt. v. 18.2.2021, 6 U 135/20, II.B.3.a

OLG Köln, Urt. v. 7.3.2014, 6 U 160/13, Tz. 53 - Le Pliage

Eine sich in der konkreten Kaufsituation auswirkende unmittelbare Verwechslung kann daher rühren kann, dass der interessierte Käufer das Produkt zunächst bei ihrem Gebrauch im allgemeinen Verkehr wahrgenommen und sodann in einem Modell der Beklagten, welches ihm in einem Geschäft begegnet, wiederzuerkennen glaubt.

OLG Hamm , Urt. v. 16.6.2015, 4 U 32/14, Tz. 159 - Le Pliage

Eine Herkunftstäuschung scheidet aus, wenn der Verkehr bereits bei geringer Aufmerksamkeit die Unterschiedlichkeit von Original und Nachahmung wahrnimmt (BGH GRUR 2007, 795 - Handtaschen; OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.1.2019, 6 W 86/18, II.3.d).

OLG Hamm , Urt. v. 16.6.2015, 4 U 32/14, Tz. 159 - Le Pliage

Die Herkunftstäuschung setzt nicht voraus, dass alle Gestaltungsmerkmale des Produkts eines Mitbewerbers übernommen werden. Vielmehr kommt es darauf an, dass gerade die übernommenen Gestaltungsmerkmale geeignet sind, im Verkehr auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen (BGH, GRUR 1999, 923, 926 - Tele-Info-CD; BGH, GRUR 2001, 251, 253 - Messerkennzeichnung; BGH, GRUR 2005, 166, 168 - Puppenausstattungen; BGH, GRUR 2007, 795 - Handtaschen).

Ebenso OLG Köln, Beschl. v. 31.3.2023, 6 U 6/23, Tz. 53

Zur Feststellung einer Herkunftstäuschung kann ein Sachverständigengutachten eingeholt werden (vgl. OLG Köln, Urt. v. 20.2.2015, 6 U 99/14, Tz. 33 ff - merci).

Wenn der Hersteller im Laufe der Zeit wechselt, kommt es darauf an, ob der angesprochene Verkehr eine Produktkontinuität annimmt.

BGH, Urt. v. 2.12.2015, I ZR 176/14, Tz. 66 – Herrnhuter Sterne

Für eine Herkunftstäuschung genügt, dass der Verkehr davon ausgeht, das ihm bekannte und nachgeahmte Originalprodukt werde durch ein bestimmtes Unternehmen hergestellt, dessen Inhaber zwar möglicherweise im Laufe der Zeit gewechselt habe, aber im Blick auf das durchgängig einheitliche Erscheinungsbild die Produktionskontinuität wahre.

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Mittelbare Herkunftstäuschung

BGH, Urt. v. 22.09.2021, I ZR 192/20, Tz. 51 – Flying V

Eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne liegt vor, wenn der Verkehr die Nachahmung für eine neue Serie oder ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers hält oder wenn er von geschäftlichen oder organisatorischen - wie lizenz- oder gesellschaftsvertraglichen - Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen ausgeht (vgl. BGH, GRUR 2019, 196 Rn. 15 - Industrienähmaschinen, mwN).

Ebenso OLG Hamburg, Urt. v. 12.10.2023, 5 U 104/22, Tz. 119

BGH, Urt. v. 22.4.2009, I ZR 144/06 - Knoblauchwürste

Eine unmittelbare Herkunftstäuschung besteht nicht, wenn der Verkehr wegen der auf den Produkten deutlich aufgebrachten Unternehmens- und Produktkennzeichnungen die unterschiedliche Herkunft der Produkte der Produkte erkennt. Es kommt dann aber eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne in Betracht. Eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne liegt vor, wenn der Verkehr die Nachahmung für ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers hält oder wenn er von geschäftlichen oder organisatorischen Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen ausgeht. Eine auffällig angebrachte Herstellerangabe (Marke), die dem Verkehr nicht als Handelsmarke bekannt ist, schließt eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne aber in der Regel aus.

Ebenso BGH, Urt. v. 7.12.2023, I ZR 126/22, Tz. 43 - Glück; OLG Köln, Urt. v. 14.7.2017, 6 U 197/16, Tz. 110, s.a. OLG Hamburg, Urt. v. 15.2.2018, 5 U 104/17, II.1.a.cc; OLG Köln, Urt. v. 26.4.2019, 6 U 164/18, Tz. 118 f - Rotationsrasierer

BGH, Urt. v. 1.7.2021, I ZR 137/20, Tz. 63 - Kaffeebereiter

Soll die Annahme einer vermeidbaren Herkunftstäuschung mit dem Argument bejaht werden, die angesprochenen Verkehrskreise könnten annehmen, dass lizenzvertragliche Verbindungen zwischen dem Hersteller des Originalprodukts und dem Anbieter der Nachahmung bestehen, müssen bei einer deutlichen Kennzeichnung der Produkte mit einem abweichenden Herstellerkennzeichen Hinweise vorliegen, die diese Annahme rechtfertigen. Ein solcher Hinweis kann beispielsweise darin liegen, dass die Beklagte zuvor Originalprodukte der Klägerin vertrieben hat (vgl. BGH, Urt. v. 24.5.2007, I ZR 104/04, Tz. 36 - Gartenliege) oder die Parteien früher einmal durch einen Lizenzvertrag verbunden waren (BGH, GRUR 2019, 196 Tz. 20 - Industrienähmaschinen). Sofern die Gefahr einer Herkunftstäuschung damit begründet werden soll, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt werde, es handele sich bei dem Produkt des Wettbewerbers um eine neue Serie oder eine Zweitmarke des Unterlassungsgläubigers, müssen entsprechende Feststellungen zum Verständnis dieser Verkehrskreise getroffen werden (BGH, Urt. v. 2.4.2009, I ZR 199/06, Tz. 15 - Ausbeinmesser).

Ebenso BGH, Urt. v. 7.12.2023, I ZR 126/22, Tz. 37 - Glück; BGH, Urt. v. 26.1.2023, I ZR 15/22, Tz. 46 - KERRYGOLD; BGH, Urt. v. 22.09.2021, I ZR 192/20, Tz. 51 – Flying V; vgl. auch OLG Köln, Urt. v. 28.7.2023, 6 U 175/22, Tz. 19 (WRP 2023, 1389); OLG Köln, Urt. v. 8.9.2023, 6 U 39/23, Tz. 74 - Ankerkraut

Der Verkehr muss die Marke aber in der Erwerbssituation wahrnehmen.

BGH, Urt. v. 1.7.2021, I ZR 137/20, Tz. 57 - Kaffeebereiter

Da bei der Frage, ob eine Herkunftstäuschung vorliegt, auf die Erwerbssituation abzustellen ist und im Streitfall ein Erwerb über das Internet in Rede steht, hat die Beurteilung anhand der Gestaltung des Internetangebots für den beanstandeten Kaffeebereiter zu erfolgen. Eine abweichende Herstellerkennzeichnung ist grundsätzlich geeignet, einer unmittelbaren Herkunftstäuschung entgegenzuwirken. Dabei kommt es allein auf die Erkennbarkeit der abweichenden Herstellerkennzeichnung in der Erwerbssituation an; ist die abweichende Herstellerkennzeichnung in der Erwerbssituation nicht erkennbar, kommt es nicht darauf an, ob sie auf dem Produkt angebracht oder in anderer Weise angegeben ist.

Gegen OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.1.2019, 6 W 86/18, II.3.d; s.a. OLG Frankfurt, Urt. v. 18.2.2021, 6 U 135/20, II.B.3.a

OLG Köln, Urt. v. 28.6.2013, 6 U 183/12, Tz. 37 - Mikado-Keksstift

Eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne liegt vor, wenn der Verkehr die Nachahmung für ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers hält oder wenn er von geschäftlichen oder organisatorischen Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen ausgeht (vgl. BGH Urt. v. 19.10.2000, I ZR 225/98 - Viennetta; BGH Urt. v. 2.4.2009, I ZR 144/06, Tz. 15 - Knoblauchwürste).

Ebenso OLG Hamburg, Urt. v. 8.9.2016, 3 U 54/14

OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.3.2016, 15 U 51/14, Tz. 138 - Handfugenpistolen

Es genügt die Gefahr, dass der Verkehr annimmt, es handele sich bei dem nachgeahmten Produkt um eine neue Serie oder um eine Zweitmarke des Originalherstellers oder es bestünden lizenz- oder gesellschaftsvertragliche Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen.

Ebenso OLG München, Urt. v. 12.7.2018, 29 U 1311/18, Tz. 26 - Badelatsche; OLG Frankfurt, Urt. v. 18.2.2021, 6 U 135/20, II.B.3

OLG Köln, Urt. v. 14.7.2017, 6 U 197/16, Tz. 111

Für die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft genügt es, wenn der Verkehr bei dem nachgeahmten Produkt annimmt, es handele sich um eine neue Serie oder um eine Zweitmarke oder es bestünden lizenz- oder gesellschaftsrechtliche Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO, § 4 Rn. 3.44, mwN). Auch hiergegen spricht im Ausgangspunkt, wenn eine deutliche Herstellerangabe erfolgt, wenn diese nicht als Handelsmarke wahrgenommen wird.

OLG Köln, Urt. v. 20.16.2014, Tz. 26, 6 U 176/11 - Pippi Langstrumpf

Nach § 4 Nr. 9 a) UWG ist das Anbieten eines Nachahmungsprodukts unlauter, wenn dadurch eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft des Nachahmungsprodukts herbeigeführt wird. Das bloße Hervorrufen von Assoziationen an das Originalprodukt genügt für die Herkunftstäuschung allerdings nicht.

Aus den Übereinstimmungen der Produkte kann aber noch nicht auf lizenzvertragliche Beziehungen zwischen ihren Anbietern geschlossen werden:

BGH, Urt. v. 20.9.2018, I ZR 71/17, Tz. 20 - Industrienähmaschinen

Es fehlt an über die fast identische Nachahmung hinausgehenden Hinweisen auf mögliche lizenzrechtliche Verbindungen. Ein solcher Hinweis könnte beispielsweise darin liegen, dass die Beklagte zuvor Originalprodukte der Klägerin vertrieben hat oder die Parteien früher einmal durch einen Lizenzvertrag verbunden waren.

OLG Hamburg, Urt. v. 21.9.2017, 3 U 112/15

Dass Generika nach Ablauf eines arzneilichen Patents unter Bezugnahme auf die Zulassungsunterlagen des Originalherstellers ohne dessen Zustimmung hergestellt werden können, ist dem Fachverkehr bekannt. Die Annahme lizenzrechtlicher Beziehungen zwischen den Parteien kommt daher allenfalls in Betracht, wenn der Verkehr annehmen könnte, dass es sich bei den Parteien um konzernverbundene Unternehmen handelt. Aber selbst im Bereich konzernverbundener Generikaunternehmen sind lizenzrechtliche Verbindungen eines solchen Unternehmens zum Originalhersteller nicht schon naheliegend. Denn auch derartige Generikaunternehmen bedürfen für die Herstellung und den Vertrieb von Generika grundsätzlich keiner Zustimmung des Originalherstellers. ...

Dass es auch Tochterunternehmen eines Originalherstellers gibt, die nach Ablauf des Patentschutzes zum Originalarzneimittel Generika vertreiben, begründet deshalb nicht schon die Annahme, der Fachverkehr könnte jeden Generikahersteller für ein möglicherweise mit dem Originalhersteller konzernverbundenes Unternehmen halten. Bloße Vermutungen allgemeiner Art genügen dafür nicht.

Aus den Übereinstimmungen der Produkte kann auch noch nicht auf eine Zweitmarke geschlossen werden

BGH, Urt. v. 26.1.2023, I ZR 15/22, Tz. 54 - KERRYGOLD

Allein aus den Ähnlichkeiten zwischen den einander gegenüberstehenden Herstellerangaben, der von der Beklagten verwendeten Bezeichnung der geografischen Herkunft ihrer Produkte und der Übernahme von gestalterischen Merkmalen der Verpackung der Produkte der Klägerin kann nicht geschlossen werden, dass damit bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt wird, dass es sich bei den mit "DAIRYGOLD" gekennzeichneten Produkten der Beklagten um eine neue Serie oder eine Zweitmarke der Klägerin zu ihrer Erstmarke "KERRYGOLD" handelt. Vielmehr müssen nähere tatsächliche Feststellungen getroffen werden, aus denen sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Verbraucher die Dairygold-Produkte der Beklagten als neue Produkte der Klägerin ansehen oder die Bezeichnung "DAIRYGOLD" für eine Zweitmarke der Klägerin halten (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2000, I ZR 90/98 - Messerkennzeichnung). Die Gefahr einer mittelbaren Herkunftstäuschung unter dem Gesichtspunkt, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt wird, es handele sich bei dem Produkt des Wettbewerbers um eine neue Serie oder eine Zweitmarke des Unterlassungsgläubigers, kann beispielsweise in Betracht kommen, wenn das in Rede stehende Produkt über einen anderen Vertriebsweg oder zu einem günstigeren Preis als das Originalprodukt angeboten wird.

Fortsetzung OLG Köln, Urt. v. 20.10.2023, 6 U 20/21 - Dairygold II (In der wiedereröffneten Berufungsinstanz ging das OLG Köln von einer unmittelbaren Herkunftstäuschung aus.)

Zum Vertrieb eines Non-Food-Artikels bei einem Discounter:

OLG Hamburg, Urt. v. 12.10.2023, 5 U 104/22, Tz. 120, 141

Sofern die Gefahr einer Herkunftstäuschung damit begründet werden soll, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt werde, es handele sich bei dem Produkt des Wettbewerbers um eine neue Serie oder eine Zweitmarke des Unterlassungsgläubigers, müssen entsprechende Feststellungen zu den Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem in Rede stehenden Markt und zum Verständnis der von den Produkten angesprochenen Verkehrskreise getroffen werden (vgl. BGH GRUR 2022, 160 Rn. 53 f. - Flying V; BGH GRUR 2023, 736 Rn. 46 - KERRYGOLD). Die Gefahr einer mittelbaren Herkunftstäuschung unter dem Gesichtspunkt, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt wird, es handele sich bei dem Produkt des Wettbewerbers um eine neue Serie oder eine Zweitmarke des Unterlassungsgläubigers, kann beispielsweise in Betracht kommen, wenn das in Rede stehende Produkt über einen anderen Vertriebsweg oder zu einem günstigeren Preis als das Originalprodukt angeboten wird (BGH GRUR 2023, 736 Rn. 54 - KERRYGOLD). ...

Der angesprochene Verkehr weiß, dass Discounter wie die Antragsgegnerinnen - sowohl im Lebensmittelbereich als auch im Non-Food-Bereich - Produkte bekannter Hersteller unter eigenen Marken vertreiben (vgl. OLG Köln GRUR 2019, 856 Rn. 86 - Rotationsrasierer). Dies lässt sich auch im Streitfall feststellen. Der Verkehr erwartet konkret unter der Handelsmarke „LIVARNO“ nicht nur verschiedene Hersteller, sondern rechnet auch mit dem Originalhersteller. Daher erscheint es im Streitfall ohne weiteres möglich und ist naheliegend, dass der Verbraucher bei den Verletzerprodukten, die im Rahmen einer Aktionswoche angeboten worden sind, annehmen wird, dass es sich um ein günstigeres „Zweitlinien“-Discounter-Produkt des Originalherstellers handelt, das nämlich letztlich von der Antragstellerin selbst für L. produziert wurde oder dass jedenfalls eine Gestattung oder sonstige rechtliche Verbindung vorliegt. Wie ausgeführt steht der Täuschung die Begründung einer Täuschungsgefahr gleich (OLG Köln GRUR-RR 2018, 207 Rn. 90 - Jeanshose mit V-Naht; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 4 Rn. 3.41).

Zurückhaltender bei Food-Artikeln beim Discounter:

OLG Köln, Urt. v. 8.9.2023, 6 U 39/23, Tz. 76 ff - Ankerkraut

Bei Eigenmarken ist dem Verkehr bekannt, dass sich dahinter andere Hersteller verbergen können. Insoweit besteht jedenfalls im Ansatz die Möglichkeit, dass der angesprochenen Verbraucher von lizenz- oder gesellschaftsvertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien ausgehen könnte. Dagegen gibt es keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Verbraucher könnte die Produkte der Beklagten als neue Produkte der Klägerin oder die Bezeichnung „BUTCHER´S by Penny“ für einer Zweitmarke der Klägerin halten.

Der Verbraucher hat keine Veranlassung, auf die Klägerin als mögliche Herstellerin der Gewürzmischungen zu schließen. Das Renommee und die besondere Unternehmensgeschichte legen eine vertragliche Zusammenarbeit mit Discountern nicht nahe, jedenfalls nicht in der Form, dass die Produkte unauffällig in die Eigenmarke eingegliedert werden. Beim Bestehen lizenz- oder gesellschaftsvertraglicher Beziehungen würde der Verbraucher vielmehr eine werbewirksame eindeutige Bezugnahme auf die Klägerin erwarten. Insgesamt betrachtet hält die angegriffene Produktausstattung einen so deutlichen Abstand zum Originalprodukt der Klägerin, dass unter Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen der wettbewerblichen Eigenart, dem Grad der Nachahmung und den besonderen wettbewerblichen Umständen der Vorwurf einer unlauteren Nachahmung nicht begründet ist.

Bei durchschnittlicher wettbewerblicher Eigenart und einer allenfalls nachschaffenden Nachahmung gelten nach dem Grundsatz der Wechselwirkung relativ hohe Anforderungen an die Feststellung des Unlauterkeitstatbestandes. Besondere Begleitumstände, die hier ohne das Bestehen von Verwechslungsgefahr zu einer unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung führen könnten, sind nicht dargetan. Der angesprochene Verkehr erkennt die Leistungsergebnisse der Parteien als das, was sie sind, nämlich als Konkurrenzprodukte.

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Erwerbssituation maßgeblich

BGH, Urt. v. 1.7.2021, I ZR 137/20, Tz. 52 - Kaffeebereiter

Maßgeblich für die Frage, ob eine Herkunftstäuschung vorliegt, ist die Erwerbssituation (vgl. BGH, GRUR 2017, 734 Rn. 62 - Bodendübel, mwN). Eine Herkunftstäuschung kann durch eine deutlich sichtbare, sich vom Originalprodukt unterscheidende Kennzeichnung der Nachahmung ausgeräumt werden, wenn die angesprochenen Verkehrskreise diese einem bestimmten Unternehmen nicht allein anhand ihrer Gestaltung zuordnen, sondern sich beim Kauf auch an den Herstellerangaben in der Werbung, den Angebotsunterlagen oder an der am Produkt angebrachten Herstellerkennzeichnung orientieren (BGH, GRUR 2017, 734 Rn. 61 - Bodendübel, mwN).

BGH, Urt. v. 1.7.2021, I ZR 137/20, Tz. 55 - Kaffeebereiter

Da bei der Frage, ob eine Herkunftstäuschung vorliegt, auf die Erwerbssituation abzustellen ist und im Streitfall ein Erwerb über das Internet in Rede steht, hat die Beurteilung anhand der Gestaltung des Internetangebots für den beanstandeten Kaffeebereiter zu erfolgen. Eine abweichende Herstellerkennzeichnung ist grundsätzlich geeignet, einer unmittelbaren Herkunftstäuschung entgegenzuwirken. Dabei kommt es allein auf die Erkennbarkeit der abweichenden Herstellerkennzeichnung in der Erwerbssituation an; ist die abweichende Herstellerkennzeichnung in der Erwerbssituation nicht erkennbar, kommt es nicht darauf an, ob sie auf dem Produkt angebracht oder in anderer Weise angegeben ist.

OLG Frankfurt, Urt. v. 31.3.2022, 6 U 191/200, II.3.d

Für die Herkunftstäuschung ist der Moment des Kaufs maßgeblich.

Ebenso OLG Hamburg, Urt. v. 12.10.2023, 5 U 104/22, Tz. 119

OLG Nürnberg, Urt. v. 29.3.2022, 3 U 3358/21, Tz. 18

Namentlich kann ein unterschiedlicher Vertriebsweg einer Herkunftstäuschung entgegenstehen, so etwa, wenn die nachgeahmten Produkte vom Berechtigten ganz überwiegend in eigenen Geschäften oder als solche gekennzeichneten Abteilungen angeboten werden (BGH, Urt. v. 11.1.2007, I ZR 198/04 - Handtaschen, Tz. 40) oder der eine seine Ware über stationären Handel, der andere über Heimvorführungen vertreibt (BGH, Urt. v. 10.4.2003, I ZR 276/00 - Tupperwareparty).

Im Einzelhandel

OLG Köln, Beschl. v. 31.3.2023, 6 U 6/23, Tz. 55

Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass Smoothies wie andere Lebensmittel auch ohne besonders sorgfältiges Studium aller Angaben auf der Produktverpackung gekauft werden, sondern regelmäßig im Vorbeigehen durch einen schnellen Griff in das Regal. Für die Beurteilung der Herkunftstäuschung kann daher in erster Linie auf die Schauseite der Flaschen abgestellt werden.

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Gemeinsamkeiten der Erzeugnisse sind wichtiger

BGH, Urt. v. 28.5.2009, I ZR 124/06, Tz. 41 - LIKEaBIKE

Bei der Beurteilung der Herkunftstäuschung kommt es weniger auf die Unterschiede und mehr auf die Übereinstimmungen der Produkte an. Dies folgt aus dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr die in Rede stehenden Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines Erinnerungseindrucks gewinnt, in dem die übereinstimmenden Merkmale stärker hervortreten als die unterscheidenden (st. spr.; vgl. nur BGH GRUR 2007, 795 Tz. 34 - Handtaschen).

S.a. BGH, Urt. v. 2.12.2015, I ZR 176/14, Tz. 47 – Herrnhuter SterneOLG Köln, Urt. v. 10.7.2013, 6 U 209/12, Tz. 85; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.12.2014, I-15 U 92/14, Tz. 127 – Le Pliage; OLG Hamm , Urt. v. 16.6.2015, 4 U 32/14, Tz. 159 - Le Pliage; OLG Hamburg, Urt. v. 8.9.2016, 3 U 54/14OLG Frankfurt, Urt. v. 19.4.2018, 6 U 56/17, II.2.d; OLG Frankfurt, Urt. v. 18.2.2021, 6 U 135/20, II.B.3.a; OLG Köln, Beschl. v. 31.3.2023, 6 U 6/23, Tz. 53

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Maßgebliche Verkehrskreise

Für die Beurteilung der Gefahr einer Herkunftstäuschung ist auf diejenigen Verkehrskreise abzustellen, an die sich das Produkt richtet. Handelt es sich um ein Produkt für Verbraucher, ist auf den situationsadäquat aufmerksamen, durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers abzustellen; handelt es sich um ein Produkt für Fachkreise, ist auf eine situationsadäquat aufmerksame Durchschnittsperson dieser Fachkreise abzustellen.

Maßgeblich sind aber nicht immer nur die Personen, die als Abnehmer der Ware oder Dienstleistung in Betracht kommen, sondern alle, die das Produkt identifizieren können. Dieser Aspekt hat insbesondere bei Luxusartikeln Bedeutung. Anders sieht es bei Produkten aus, die sich an Fachkreise richten, wenn diese Produkte von bestimmten Einkäufern erworben werden, die nicht notwendig auch die Nutzer sind.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.12.2014, I-15 U 92/14, Tz. 127 – Le Pliage

Eine Herkunftstäuschung scheidet aus, wenn der Verkehr bereits bei geringer Aufmerksamkeit die Unterschiedlichkeit von Original und Nachahmung wahrnimmt (BGH GRUR 2007, 795 Rn 41 – Handtaschen).

Verkehrskreise bei einem Luxusartikel:

OLG Frankfurt, Urt. v. 1.12.2011, 6 U 251/10, Tz. 30 

Zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählen nicht nur diejenigen Frauen, die bereit und in der Lage sind, eine Handtasche für über 3.000,- € zu erwerben. Die von der Klägerin dargelegte Berichterstattung sowohl in Modezeitschriften wie auch der allgemeinen (Tages-)Presse ist vielmehr geeignet, der ... Bekanntheit auch bei einem an Mode interessierten Publikum zu verschaffen, das selbst entweder nicht bereit oder wirtschaftlich nicht dazu in der Lage ist, eine Original-...-Tasche zu erwerben, gleichwohl aber die Entwicklung in diesem Modesegment sehr genau verfolgt. Wie den Mitgliedern des Senats aus eigener Anschauung bekannt ist, orientieren sich an Mode interessierte Verbraucherinnen und Verbraucher auch bei Kaufentscheidungen für „normalpreisige“ Modeartikel an den an den in Modemagazinen dargestellten oder der allgemeinen Presse vorgestellten „high-end“-Produkten, so dass aufgrund der von der Klägerin dargelegten Presseberichterstattung von einer Bekanntheit der ... auszugehen ist, die über die Schicht ihrer potentiellen Käuferinnen und Käufer hinaus geht.

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Fachkreise

BGH, Urt. v. 15.4.2010, I ZR 145/08, Tz. 32 – Femur-Teil

Richtet sich ein Produkt nur an Fachkreise, kommt es für die Frage, ob die Gefahr einer Herkunftstäuschung besteht, alleine auf diese Fachkreise und deren Kenntnisse vom Markt, den Anbietern und deren Produkten an.

BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014, I ZR 133/13, Tz. 23 - Keksstangen

In den Fällen, in denen der Hersteller ausschließlich Fachleute anspricht, ist regelmäßig davon auszugehen, dass er die Art und Weise seiner Präsentation allein am Maßstab des durchschnittlichen Fachbesuchers ausrichtet. Dieser hat im Regelfall einen höheren Kenntnisstand über die im Markt angebotenen Produkte, ihre Form und Marktanteile sowie über die Hersteller und Vertriebsgesellschaften.

Ebenso BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014, I ZR 133/13, Tz. 36 - Keksstangen

OLG Köln, Urt. v. 29.10.2010 - 6 U 119/10

Bei an Fachkreise gerichteten Angeboten ist nicht auf eine möglicherweise gelegentlich vorkommende oberflächliche Prüfung durch die Erwerber abzustellen, sondern auf die Sicht durchschnittlich informierter und aufmerksamer Fachleute, die bei der Einkaufsentscheidung (und gegebenenfalls auch danach, wenn die Benutzung der Produkte eine sorgfältige Planung voraussetzt) mit der gebotenen Sorgfalt vorgehen und deshalb bei Kenntnis der verschiedenen Hersteller und deren jeweiliger Produktpalette sowie angesichts unterschiedlicher Herstellerkennzeichen auf den Produkten keiner Herkunftstäuschung unterliegen werden.

OLG Köln, Urt. v. 29.10.2010 - 6 U 119/10

Soweit Fachleute ihre Kaufentscheidungen auf Grund genauer Abstimmung und Prüfung von zeichnerisch und schriftlich vorliegenden, an spezifischen Bestellerwünschen orientierten Angeboten verschiedener unter ihrer Firma handelnder Hersteller treffen, werden sie sich über die betriebliche Herkunft keine falschen Vorstellungen machen.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.4.2010, 6 U 46/09, Tz. 65 – Reisebürosoftware

Für diese Eignung zur Herkunftstäuschung kommt es maßgeblich auf diejenigen Verkehrskreise an, die über die Beschaffung des Erzeugnisses entscheiden, .... Das sind die Inhaber oder die von diesen beauftragten fachkundigen Mitarbeiter von Reisebüros. Dagegen kommt es nicht auf die Vorstellungen der sonstigen Mitarbeiter an, die mit solchen Erzeugnissen arbeiten, jedoch nicht über die Anschaffung der entsprechenden Erzeugnisse zu entscheiden haben.

Unter Verweis auf

BGH, Urt. v. 14.12.1995, I ZR 240/93, II.3.a – Vakuumpumpen (=GRUR 1996, 210)

Eine Herkunftstäuschung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrieb unter einer notwendig eingehenden Beratung praktisch nur durch Fachleute an Fachleute erfolgt, die sich - anders als das breite Publikum bei Alltagsgeschäften - die in Rede stehenden Erzeugnisse aufmerksamer und mit mehr Sachverstand anschauen und sich überdies im Blick auf den zu gewährenden Service und Reparaturdienst auch gerade für das hinter dem Produkt stehende Unternehmen interessieren.

S.a. OLG Köln, Urt. v. 13.1.2012, 6 U 122/11, Tz. 22

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Herkunftstäuschung durch Kennzeichen

Bei der Herkunftstäuschung durch Kennzeichenmittel sind die Vorgaben und Grenzen des Markenrechts zu beachten.

BGH, Urt. v. 15.6.2000, I ZR 90/98, II.2.b.aa – Messerkennzeichnung

Zwar brauchen nicht alle Gestaltungsmerkmale des Produktes eines Wettbewerbers übernommen zu werden; vielmehr kommt es darauf an, dass gerade die übernommenen Gestaltungsmerkmale geeignet sind, im Verkehr auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen. Bei der Beurteilung der Herkunftstäuschung, die erst durch eine von den Parteien verwandte Kennzeichnung hervorgerufen wird, gelten aber die aus dem Kennzeichenrecht bekannten Grundsätze zur Verwechslungsgefahr. Mithin ist auch hier davon auszugehen, dass der Verkehr ein Kennzeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen, wie es ihm bei der konkreten Verwendung entgegentritt, aufnimmt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen.

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Bekanntheit des Produkts

a. In der Regel gewisse Bekanntheit des nachgeahmten Produkts erforderlich

b. Ort der Bekanntheit

c. Zeitpunkt der Bekanntheit

In der Regel gewisse Bekanntheit des nachgeahmten Produkts erforderlich

BGH, Urt.v. 9.10.2008, I ZR 126/06, Tz. 35 - Gebäckpresse

Die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft eines nachgeahmten Erzeugnisses setzt, sofern nicht Original und Nachahmung nebeneinander vertrieben werden und der Verkehr damit beide Produkte unmittelbar miteinander vergleichen kann, voraus, dass das nachgeahmte Erzeugnis eine gewisse Bekanntheit erlangt hat.

Ebenso BGH, Urt. v. 2.12.2015, I ZR 176/14, Tz. 31, 58 – Herrnhuter Sterne; OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.3.2016, 15 U 51/14, Tz. 139 - Handfugenpistolen; OLG Hamburg, Urt. v. 12.10.2023, 5 U 104/22, Tz. 123; OLG Hamburg, Urt. v. 15.2.2018, 5 U 104/17, II.1.a.cc; OLG Köln, Urt. v. 25.8.2017, 6 U 170/16, Tz. 59; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2018, 15 U 74/17, Tz. 122 - frittenwerk; OLG Köln, Urt. v. 26.4.2019, 6 U 164/18, Tz. 116 - Rotationsrasierer; OLG Hamburg, Urt. v. 16.5.2019, 3 U 104/17, Tz. 71; OLG Frankfurt, Urt. v. 2.6.2022, 6 U 205/20, II.A.3; OLG Hamburg, Urt. v. 27.4.2023, 15 U 105/22, Tz. 37, 48 - Weihnachtsliköre

Etwas anderes gilt, wie sich bereits dem vorstehenden Zitat entnehmen lässt, aber nach dieser Rechtsprechung, wenn Original und Nachahmung zu gleicher Zeit am gleichen Ort, also nebeneinander angeboten und vertrieben werden (s.a. BGH, Urt. v. 2.12.2015, I ZR 176/14, Tz. 58 – Herrnhuter SterneBGH, Urt. v. 9.10.2008, I ZR 126/06, Tz. 35 – Gebäckpresse; OLG Frankfurt, Urt. v. 12.5.2015, 11 U 104/14, Tz. 30; OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.3.2016, 15 U 51/14, Tz. 139 - Handfugenpistolen). Dafür genügt es aber bereits, wenn beide Produkte auf derselben Internetplattform angeboten werden:

OLG Köln, Urt. v. 20.12.2017, 6 U 110/17, Tz. 87

Beide Parteien vertreiben ihre Produkte maßgeblich über die Internetauktionsplattform F, so dass die Produkte nebeneinander vertrieben werden. Gerade im Rahmen einer Internetauktionsplattform ist es naheliegend, dass die Produkte von den angesprochenen Verkehrskreisen unmittelbar miteinander verglichen werden. Dies stellt einen maßgeblichen Anreiz dafür dar, Produkte über Internetplattformen zu erwerben. Auf die Bekanntheit der Produkte im Markt kommt es daher nicht an.

In anderen Fällen genügt eine geringe Bekanntheit:

BGH, Urt.v. 9.10.2008, I ZR 126/06, Tz. 35 - Gebäckpresse

Es genügt bereits eine Bekanntheit, bei der sich die Gefahr der Herkunftstäuschung in noch relevantem Umfang ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden.

Ebenso BGH, Urt. v. 2.12.2015, I ZR 176/14, Tz. 58 – Herrnhuter Sterne; OLG Hamburg, Urt. v. 16.5.2019, 3 U 104/17, Tz. 71

OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2018, 15 U 74/17, Tz. 122 - frittenwerk

Voraussetzung für eine Herkunftstäuschung ist zunächst, dass das nachgeahmte Erzeugnis eine gewisse Bekanntheit bei nicht unerheblichen Teilen des angesprochenen Verkehrs erlangt hat, und zwar in einem solchen Ausmaß, dass sich in relevantem Umfang die Gefahr der Herkunftstäuschung ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden (...). Eine Verkehrsgeltung in Sinne von § 4 Nr. 2 MarkenG muss nicht erreicht sein (...), sondern es genügt eine gewisse Bekanntheit auf dem inländischen Markt im Zeitpunkt der Markteinführung der Nachahmung (BGH, GRUR 2009, 79 – Gebäckpresse). Bekanntheit setzt nur Kenntnis des nachgeahmten Originals, nicht auch die Kenntnis des Namens des Originalherstellers voraus (...). Die Bekanntheit kann sich nicht nur aus entsprechenden Werbeanstrengungen, sondern auch aus der Dauer der Marktpräsenz, den hohen Absatzzahlen des Originals oder dem hohen Marktanteil ergeben (...). Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt der Markteinführung der Nachahmung (...).

Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 2.6.2022, 6 U 205/20, II.A.3

BGH, Urt. v. 2.12.2015, I ZR 176/14, Tz. 58 – Herrnhuter Sterne

Dafür genügt die Bekanntheit des nachgeahmten Originalerzeugnisses. Es ist nicht erforderlich, dass die angesprochenen Verkehrskreise es namentlich dem Originalhersteller zuordnen können (vgl. BGH, GRUR 2006, 79 Tz. 36 - Jeans I).

OLG Frankfurt, Urt. v. 12.12.2019, 6 U 83/18, II.3.a

Voraussetzung für eine Herkunftstäuschung ist, dass das nachgeahmte Erzeugnis eine „gewisse Bekanntheit“ bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise erlangt hat. Denn andernfalls kann die Gefahr einer Herkunftstäuschung nicht bestehen. Ist nämlich dem Verkehr nicht bekannt, dass es ein Original gibt, scheidet eine Herkunftstäuschung in aller Regel schon begrifflich aus. Für das erforderliche Maß an Bekanntheit gilt: Das Erzeugnis muss bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise eine solche Bekanntheit erreicht haben, dass sich in relevantem Umfang die Gefahr der Herkunftstäuschung ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden.

OLG Frankfurt, Urt. v. 12.12.2019, 6 U 83/18, II.3.a

Eine Verkehrsgeltung iSd § 4 Nr. 2 MarkenG ist nicht erforderlich. Dagegen muss eine gewisse Bekanntheit auf dem inländischen Markt bestehen (BGH GRUR 2009, 79 Rn. 35 – Gebäckpresse). Daher kommt es auf eine etwaige Bekanntheit auf einem ausländischen Markt nicht an, selbst wenn der ausländische Wettbewerber nach Art. 1 II, 2 I PVÜ Gleichbehandlung genießt (BGH GRUR 2009, 79 Rn. 35 - Gebäckpresse). Maßgebender Zeitpunkt für die Bekanntheit ist die Markteinführung der Nachahmung (BGH GRUR 2007, 339 Rn. 39 - Stufenleitern; BGH GRUR 2009, 79 Rn. 35 - Gebäckpresse) sowie beim Unterlassungsanspruch der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.

OLG Hamburg, Urt. v. 12.10.2023, 5 U 104/22, Tz. 123

Für das erforderliche Maß an Bekanntheit gilt: Das Erzeugnis muss bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise eine solche Bekanntheit erreicht haben, dass sich in relevantem Umfang die Gefahr der Herkunftstäuschung ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden. Bekanntheit setzt nur Kenntnis des nachgeahmten Originals, nicht auch die Kenntnis des Namens des Originalherstellers voraus (vgl. Senat GRUR-RS 2020, 49864 Rn. 68 - Waffenminiatur). Maßgebender Zeitpunkt ist die Markteinführung der Nachahmung, …, sowie beim Unterlassungsanspruch der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 4 Rn. 3.41a).

OLG Köln, Urt. v. 18.10.2013, 6 U 11/13. Tz. 86 - Seilwinde

Die Bekanntheit kann sich nicht nur aus hohen Absatzzahlen des Originals, sondern auch aus entsprechenden Werbeanstrengungen ergeben. Solche Werbeanstrengungen können in Prospekten, Katalogen und Messeauftritten bestehen (Senat, Urt. v. 27.6.2003, 6 U 16/03 - Küchen-Seiher).

Ebenso OLG Hamburg, Urt. v. 12.10.2023, 5 U 104/22, Tz. 123

OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.3.2016, 15 U 51/14, Tz. 139 - Handfugenpistolen

Die Bekanntheit kann sich aus der Dauer der Marktpräsenz, den hohen Absatzzahlen des Originals oder einem hohen Marktanteil ergeben.

OLG Frankfurt, Urt. v. 12.12.2019, 6 U 83/18, II.3.a

Für die Feststellung der Bekanntheit gilt: Die Bekanntheit kann sich nicht nur aus entsprechenden Werbeanstrengungen (zB Prospekte, Kataloge, Messeauftritte), sondern auch aus der Dauer der Marktpräsenz, den hohen Absatzzahlen des Originals oder dem hohen Marktanteil ergeben.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.12.2014, I-15 U 92/14, Tz. 125 – Le Pliage

Eine Verkehrsgeltung iSv § 4 Nr 2 MarkenG muss nicht erreicht sein (BGH GRUR 2002, 275, 277 – Noppenbahnen; BGH GRUR 2006, 79 Rn 35 – Jeans I), sondern es reicht eine gewisse Bekanntheit auf dem inländischen Markt im Zeitpunkt der Markteinführung der Nachahmung aus (BGH GRUR 2009, 79 Rn 35 – Gebäckpresse). Die Bekanntheit kann sich nicht nur aus entsprechenden Werbeanstrengungen, sondern auch aus der Dauer der Marktpräsenz, den hohen Absatzzahlen des Originals oder dem hohen Marktanteil ergeben (BGH GRUR 2007, 339 Rn 32 – Stufenleitern; BGH GRUR 2007, 984 Rn 32 – Gartenliege; BGH WRP 2013, 1189 Rn 27 – Regalsystem).

Ebenso OLG Hamm , Urt. v. 16.6.2015, 4 U 32/14, Tz. 157 - Le Pliage

OLG Frankfurt, Urt. v. 22.10.2015, 6 U 108/14

Zwar ist eine Verkehrsgeltung nicht erforderlich. Ausreichend, aber erforderlich, ist es, dass das wettbewerbliche eigenartige Erzeugnis bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise eine solche Bekanntheit erreicht hat, dass sich in relevantem Umfang die Gefahr der Herkunftstäuschung ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden. ...

Bezogen auf den Verkehrskreis der Interessentinnen für hochwertige Trachtenmode ist der Absatz von 1087 Paar Schuhen in der Zeit vom 27. August 2010 bis zum … 01.04.2013 nicht ausreichend, um den Schluss auf eine gewisse Bekanntheit des klägerischen Erzeugnisses zuzulassen.

BGH, Urt. v. 2.12.2015, I ZR 176/14, Tz. 58 – Herrnhuter Sterne

An die von seinem Vorgänger erarbeitete Verkehrsbekanntheit des Originalprodukts kann auch ein nachfolgender Hersteller anknüpfen.

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Ort der Bekanntheit

BGH, Urt.v. 9.10.2008, I ZR 126/06, Tz. 35 - Gebäckpresse

Maßgebend ist eine Bekanntheit auf dem inländischen Markt. Der vermeintliche Rechtsinhaber kann sich nicht über Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 PVÜ auf eine eventuelle Bekanntheit des Produkts im Ausland berufen. Der ausländische Wettbewerber genießt zwar gemäß Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 PVÜ Gleichbehandlung. Dies ändert jedoch nichts daran, dass auch er die nach inländischem Recht erforderlichen Tatbestandsmerkmale erfüllen muss.

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Zeitpunkt der Bekanntheit

BGH, Urt.v. 9.10.2008, I ZR 126/06, Tz. 35 - Gebäckpresse

Entscheidend ist der Zeitpunkt der Markteinführung der Nachahmung.

Ebenso BGH, Urt. v. 2.12.2015, I ZR 176/14, Tz. 58 – Herrnhuter SterneOLG Hamm , Urt. v. 16.6.2015, 4 U 32/14, Tz. 157 - Le Pliage

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Bekanntheit des Herstellers?

BGH, Urt. v. 24.5.2007 – I ZR 104/04 – Gartenliege

Für die Annahme einer vermeidbaren Herkunftstäuschung ist es nicht erforderlich, dass der Verkehr das Unternehmen, dem er die ihm bekannte Ware zuschreibt, namentlich kennt. Vielmehr genügt , dass er die Vorstellung hat, die Ware sei von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser heißen möge, oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen in den Verkehr gebracht worden. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die Ware nicht unter einer Herstellerbezeichnung vertrieben wird.

Ebenso OLG Köln, Urt. v. 28.6.2013, 6 U 183/12, Tz. 35 - Mikado-Keksstift; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.12.2014, I-15 U 92/14, Tz. 126 – Le Pliage; OLG Hamm , Urt. v. 16.6.2015, 4 U 32/14, Tz. 158 - Le Pliage; OLG Hamburg, Urt. v. 27.4.2023, 15 U 105/22, Tz. 48 - Weihnachtsliköre

Allerdings kann eine (mittelbare) Herkunftstäuschung ausscheiden, wenn den angesprochenen Verkehr die Hersteller (Marken) bekannt sind:

OLG München, Urt. v. 12.7.2018, 29 U 1311/18, Tz. 26 - Badelatsche

Dass der Verkehr annimmt, dass es sich bei einer Badelatsche mit der Kennzeichnung „DOLCE & GABBANA“ um eine neue Serie oder eine Zweitmarke Puma handelt, ist fernliegend. Gegen die Annahme lizenzvertraglicher oder gesellschaftsvertraglicher Beziehungen oder auch eine sonstige Kooperation zwischen Puma und der Dolce & Gabbana S.r.L. spricht, dass der Verkehr sich bei Schuhen an den am Produkt oder der Verpackung angebrachten Herstellerangaben orientiert (vgl. BGH GRUR 2017, 734 Tz. 61 - Bodendübel). Die eindeutige Kennzeichnung der Produkte nur mit „DOLCE & GABBANA“ bzw. nur mit Puma spricht für den Verkehr somit gegen die Annahme einer in irgendeiner Form bestehenden Kooperation.

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Zeitpunkt der Herkunftstäuschung

BGH, Urt. v. 1.7.2021, I ZR 137/20, Tz. 48 - Kaffeebereiter

Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei der Prüfung, ob durch eine Nachahmung eine vermeidbare Herkunftstäuschung hervorgerufen wird, auf den Zeitpunkt der Markteinführung der Nachahmung abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.2001, I ZR 199/99, Tz. 34 - Noppenbahnen; Urt. v. 21.9.2006, I ZR 270/03, Tz. 39 - Stufenleitern; BGH, GRUR 2016, 730 Tz. 58 - Herrnhuter Stern). Daraus ergibt sich, dass dieser Zeitpunkt auch für die Prüfung der Frage maßgeblich ist, ob die an sich gegebene wettbewerbliche Eigenart durch einen Vertrieb des in Rede stehenden Produkts unter einem Zweitkennzeichen entfallen ist. Die wettbewerbliche Eigenart muss grundsätzlich im Zeitpunkt des Angebots der Nachahmung auf dem Markt noch bestehen.

BGH, Urt. v. 15.4.2010, I ZR 145/08, Tz. 34 – Femur-Teil

Eine nicht schon im Zeitpunkt der Werbung und/oder des Kaufs, sondern erst nachfolgend auftretende Herkunftstäuschung kann nach dem UWG 2004 keine Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz begründen, weil dessen Bestimmungen allein das Marktverhalten regeln und Rechtsfolgen daher nur für solche Verhaltensweisen vorsehen, die schon für sich gesehen eine Störung des Marktgeschehens darstellen.

Ob nachfolgend auftretende Herkunftstäuschung im nach dem UWG 2008 einen Anspruch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz begründen, ist noch offen (dafür z.B. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4 Rdn. 9.41). Der Unterschied zum UWG 2004 besteht darin, dass als geschäftliche Handlung im UWG 2008 auch Handlungen erfasst werden, die nach einem Geschäftsabschluss erfolgen.

OLG Hamburg, Urt. v. 21.9.2017, 3 U 112/15

Nach der Rechtsprechung des BGH zum UWG 2004 kann eine nicht schon im Zeitpunkt der Werbung und/oder des Kaufs, sondern erst nachfolgend auftretende Herkunftstäuschung keine Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz begründen, weil die Bestimmungen des UWG 2004 allein das Marktverhalten regeln und Rechtsfolgen daher nur für solche Verhaltensweisen vorsehen, die schon für sich gesehen eine Störung des Marktgeschehens darstellen (BGH, GRUR 2010, 1125 (1128), Rn. 34 - Femur-Teil). Ob daran unter der Geltung des UWG 2008 festzuhalten ist, hat der BGH offen gelassen (BGH, a.a.O., Rn. 35 - Femur-Teil). Für eine solche Sicht spricht, dass unter der Geltung des neuen UWG auch eine post-sale-confusion zu berücksichtigen ist (§ 2 Abs. 1 Ziff. 1 UWG [... oder nach einem Geschäftsabschluss.."]; siehe auch: Köhler/Bornkamm/Köhler, a.a.O., Rn. 3.44b zu § 4 UWG).

Die nach früherer Rechtsprechung geltende Unbeachtlichkeit der Post-Sale-Confusion ist im Rahmen der Beurteilung der vermeidbaren Herkunftstäuschung unter Geltung des heutigen UWG höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt. … Von praktischer Bedeutung ist diese Frage vor allem dann, wenn Einkäufer und Verwender des Produkts unterschiedliche Personen sind und der Verwender, etwa weil die Verpackung mit dem aufklärenden Hinweis bereits entfernt worden ist, das gekaufte Produkt irrtümlich für das Originalprodukt hält.

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Vertrieb durch Drittunternehmen

BGH, Urt.v. 9.10.2008, I ZR 126/06, Tz. 31 - Gebäckpresse

Eine Täuschung des Verkehrs über die betriebliche Herkunft kann auch dann eintreten, wenn das nachgeahmte Produkt von einem Drittunternehmen unter dessen Kennzeichen vertrieben wird. Es genügt, dass der Verkehr die Vorstellung hat, die Ware sei von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser heißen möge, oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen in den Verkehr gebracht worden.

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Modeerzeugnisse

OLG Köln, Urt. v. 14.7.2017, 6 U 197/16, Tz. 111

Gerade bei Modeprodukten wie Jeanshosen legt der Verkehr besonderen Wert auf die Gestaltung und führt diese auf eine betriebliche Herkunft zurückführt. Daher liegt es aufgrund der erheblichen Übereinstimmungen nahe, dass der Verkehr bei solchen Modeprodukten von einer zumindest lizenzrechtlichen Beziehung zwischen den Parteien ausgeht. Hiergegen spricht dann auch nicht, dass die Antragsgegnerin selbst mit ihrer Marke „H“ eine gewisse Bekanntheit erzielt hat. Denn unstreitig ist, dass alle Hersteller von Jeanshosen jeweils ihre Produkte unter verschiedenen Marken im Rahmen einer „Multibrandstrategie“ anbieten, was nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung unstreitig ist. Vertreten alle Unternehmen eine solche Strategie, werden die angesprochenen Verkehrskreise von Jeans nicht in der Lage sein, den hinter der jeweiligen Marke stehenden Hersteller zu benennen und sodann aus den vorgenannten Gründen davon ausgehen, dass es sich um eine Zweitmarke des Herstellers handelt. Gerade bei Modelabels sind dem Verbraucher die hinter der Marke stehenden Hersteller regelmäßig unbekannt.

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Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6tbuxPvEP