Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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a) Marktverhaltensregel

1. Was ist eine Marktverhaltensregel ?

2. Marktverhaltensregeln und Marktzutrittsregeln

Beispiele

3. Rückgriff auf § 3 Abs. 1 bei Marktzutrittsregelungen ?

Literatur: Wüstenberg, Zur Zweckbestimmung der Marktverhaltensregeln, WRP 2017, 397 ff; Weber, Christoph Andreas, Der Rechtsbruchtatbestand des § 3a UWG in Anwendung auf öffentlich-rechtliche Primärnormen, GRUR 2019, 905

Nach § 3a UWG unlauter sind Verstöße gegen eine Marktverhaltensregel. Die Verletzung anderer Vorschriften wird nicht erfasst.

Was ist eine Marktverhaltensregel ?

 

BGH, Urt. v. 25.3.2021, I ZR 203/19, Tz. 14 - Nutzungsentgelt für bargeldlose Zahlungen

Als Marktverhalten ist jede Tätigkeit auf einem Markt anzusehen, die objektiv der Förderung des Absatzes oder Bezugs dient und mit der ein Unternehmer auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt. Dazu gehören neben dem Angebot von und der Nachfrage nach Waren oder Dienstleistungen auch der Abschluss und die Durchführung von Verträgen (BGH, Urt. v. 8.10.2015 - I ZR 225/13, Tz. 21 - Eizellspende; Urt. v. 2.3.2017, I ZR 194/15 - Konsumgetreide).

Bei der Marktverhaltensregelung muss es sich um eine gesetzliche Vorschrift handeln:

BGH, Urt. v. 26.1.2017, I ZR 207/14, Tz. 31 - ARD-Buffet

Gesetzliche Vorschrift im Sinne dieser Bestimmungen ist jede Rechtsnorm (vgl. Art. 2 EGBGB), die in Deutschland gilt (vgl. BGH, Urt. v. 21.7.2005, I ZR 170/02 - Friedhofsruhe). Dazu zählen alle von deutschen Gesetzgebungsorganen erlassenen Normen, auch wenn ihr räumlicher Anwendungsbereich, wie etwa bei landesrechtlichen Regelungen, begrenzt ist (vgl. Köhler in Köhler/ Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 3a Rn. 1.52).

OLG Köln, Urt. v. 22.11.2019, 6 U 81/19, Tz. 46

Nicht gegen die Annahme einer Marktverhaltensregelung spricht, dass es sich bei den genannten Vorschriften um Verordnungen handelt. Denn auch solche können Marktverhaltensregelungen enthalten.

Der Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift muss darin bestehen, (auch) das Verhalten eines Unternehmens am Markt im Interesse anderer Marktteilnehmer zu steuern. Ob eine Norm (zumindest auch) diesen Regelungszweck dient, muss durch die Auslegung der Norm, insbesondere die Ermittlung ihres Sinns und Zwecks bestimmt werden.

BGH, Urt. v. 2.3.2017, I ZR 194/15, Tz. 20 - Konsumgetreide

Eine Norm regelt das Marktverhalten im Interesse der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer, wenn sie einen Wettbewerbsbezug in der Form aufweist, dass sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommenden Personen schützt.

Ebenso BGH, Urt. v. 8.10.2015, I ZR 225/13, Tz. 21 - Eizellspende; BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 67/18, Tz. 28 - Erfolgshonorar für Versicherungsberater; BGH, Urt. v. 27.4.2017, I ZR 215/15, Tz. 20 – AufzeichnungspflichtOLG Hamburg, Urt. v. 25.10.2018, 3 U 66/17, II.2.b; OLG Köln, Beschl. v. 1.4.2020, 6 U 9/20, Tz. 8

BGH, Urt. v. 30.4.2015, I ZR 13/14, Tz. 56 - Tagesschau-App

Eine gesetzliche Vorschrift ist im Hinblick auf den Zweck des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, die Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen zu schützen (§ 1 Satz 1 UWG), nur dann eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 (alt) UWG, wenn sie eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion hat. Daran fehlt es, wenn eine Vorschrift lediglich bestimmte Unternehmen von bestimmten Märkten fernhalten oder die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs festlegen soll.

Ebenso BGH, Urt. v. 12.3.2020, I ZR 126/18, Tz. 76 - WarnWetter-App; BGH, Urt. v. 23.6.2016, I ZR 71/15, Tz. 15 – Arbeitnehmerüberlassung

BGH, Urt. v. 26.1.2017, I ZR 207/14, Tz. 18 - ARD-Buffet

Eine gesetzliche Vorschrift ist im Hinblick auf den Zweck des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, die Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen zu schützen (§ 1 Satz 1 UWG), nur dann eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG, wenn sie eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion hat. Daran fehlt es, wenn eine Vorschrift lediglich bestimmte Unternehmen von bestimmten Märkten fernhalten oder die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs festlegen soll.

Ein Vorsprung durch Rechtsbruch gemäß § 3a UWG setzt voraus, dass die verletzte Vorschrift (zumindest auch) dazu bestimmt sein muss, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (Marktverhaltensregel). Eine Marktverhaltensregelung in diesem Sinne liegt in jeder gesetzlichen Bestimmung, die das Verhalten eines Unternehmers bei der Kontaktaufnahme (z.B. Werbung) oder beim Kontakt (z.B. Verkaufsgespräche) mit der Marktgegenseite regeln soll. Marktverhaltensregelungen sind insofern gesetzliche Bestimmungen, welche die Marktgegenseite bei ihrer Auswahlentscheidung schützen oder stärken sollen. Allerdings sind Marktverhaltensregeln nicht darauf beschränkt.

BGH, Urt. v. 4.11.2010, I ZR 139/09, Tz. 34 - BIO TABAK

Der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 11 (alt) UWG ist nicht auf solche Marktverhaltensregelungen beschränkt, die eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion in dem Sinne aufweisen, dass sie die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens schützen.

Andere gesetzliche Bestimmungen sind Marktverhaltensregeln, wenn sie eine zumindest sekundäre wettbewerbsbezogene Schutzfunktion haben.

BGH, Urt. v. 2.12.2009, I ZR 152/07, Tz. 18 - Zweckbetrieb

Nach § 4 Nr. 11 (alt) UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die verletzte Norm muss daher jedenfalls auch die Funktion haben, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen. Es reicht nicht aus, dass die Vorschrift ein Verhalten betrifft, das dem Marktverhalten vorausgegangen ist oder ihm erst nachfolgt. Fällt der Gesetzesverstoß nicht mit dem Marktverhalten zusammen, ist eine zumindest sekundäre wettbewerbsbezogene Schutzfunktion der verletzten Norm erforderlich.

BGH, Urt. v. 8.10.2015, I ZR 225/13, Tz. 21 - Eizellspende

Eine Vorschrift, die dem Schutz von Rechten, Rechtsgütern oder sonstigen Interessen von Marktteilnehmern dient, ist eine Marktverhaltensregelung, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme, also durch den Abschluss von Austauschverträgen und den nachfolgenden Verbrauch oder Gebrauch der erworbenen Ware oder in Anspruch genommenen Dienstleistung berührt wird. Nicht erforderlich ist eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion in dem Sinne, dass die Regelung die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens schützt. Die Vorschrift muss jedoch - zumindest auch - den Schutz der wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer bezwecken; lediglich reflexartige Auswirkungen zu deren Gunsten genügen daher nicht.

Ebenso BGH, Urt. v. 10.11.2022, I ZR 16/22, Tz. 19 - Stickstoffgenerator; BGH, Urt. v. 18.11.2021, I ZR 106/20, Tz. 25 – Kabel-TV-Anschluss; BGH, Urt. v. 28.11.2019, I ZR 23/19, Tz. 24 - Pflichten des Batterieherstellers; BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 67/18, Tz. 28 - Erfolgshonorar für Versicherungsberater; BGH, Urt. v. 23.6.2016, I ZR 71/15, Tz. 25 – Arbeitnehmerüberlassung; BGH, Urt. v. 27.4.2017, I ZR 215/15, Tz. 20 – Aufzeichnungspflicht; BGH, Urt. v. 2.3.2017, I ZR 194/15, Tz. 20 - KonsumgetreideOLG Hamburg, Urt. v. 25.10.2018, 3 U 66/17, II.2.b; KG, Urt. v. 24.1.2014, 5 U 42/12, B.III.3.c – Facebook; KG Berlin, Beschl. v. 22.10.2019, 5 U 2/19, Tz. 4; OLG Köln, Beschl. v. 1.4.2020, 6 U 9/20, Tz. 8

BGH, Urt. v. 8.10.2015, I ZR 225/13, Tz. 28 - Eizellspende

Eine Regelung dient dem Interesse der Mitbewerber, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt. Das Interesse der Mitbewerber an einer Gleichbehandlung in dem Sinne, dass alle auf dem betreffenden Markt tätigen Unternehmer der Vorschrift unterliegen, reicht für sich allein nicht aus, weil die Schaffung gleicher Voraussetzungen für alle Mitbewerber in der Regel nicht Zweck, sondern Folge jeder gesetzlichen Regelung ist. Die Norm muss daher unmittelbar die unternehmerische Betätigung und nicht nur reflexartig das Interesse an allgemeiner Gesetzestreue schützen. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen zumindest auch den Zweck verfolgt, die Freiheit der wettbewerblichen Entfaltung der Mitbewerber zu schützen.

BGH, Urt. v. 1.12.2016, I ZR 143/15, Tz. 20 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln

Die verletzte Norm muss jedenfalls auch die Funktion haben, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen. Dieser Zweck muss nicht der einzige und nicht einmal der primäre sein. Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm dann, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt; es genügt nicht, dass sie ein wichtiges Gemeinschaftsgut oder die Interessen Dritter schützt, sofern damit nicht gleichzeitig auch die Interessen von Marktteilnehmern geschützt werden sollen.

Ebenso OLG Hamburg, Urt. v. 25.10.2018, 3 U 66/17, II.2.b; OLG Köln, Urt. v. 14.10.2011, 6 U 225/10, II.1.b. S.a. BGH, Urt. v. 2.12.2009, I ZR 152/07, Tz. 18 - Zweckbetrieb

OLG Köln, Urt. v. 14.10.2011, 6 U 225/10, II.1.b

Es ist nicht Aufgabe des Lauterkeitsrechts, alle nur denkbaren Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit geschäftlichen Handlungen (auch) lauterkeitsrechtlich zu sanktionieren, sofern sie zu einem Vorsprung im Wettbewerb führen.

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.5.2014, I-15 69/14, Tz. 20

OLG Hamburg, Urt. v. 25.2.2016, 5 U 26/12, I.2.c

Unerheblich ist, ob die Vorschrift den Schutz aller Marktteilnehmer bezweckt oder nur der Mitbewerber oder nur der Verbraucher oder nur der sonstigen Marktteilnehmer.

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Marktverhaltensregeln und Marktzutrittsregel

 

Bei den Gesetzesverstößen wird differenziert zwischen Marktverhaltensregeln und Marktzutrittsregeln (Marktzugangsregeln).

BGH, Urt. v. 8.11.2018, I ZR 108/17, Tz. 37 - Deutschland-Kombi

Gemäß § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, sofern der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Daran fehlt es, wenn eine Vorschrift lediglich bestimmte Unternehmen von bestimmten Märkten fernhalten oder die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs festlegen soll.

Diese Differenzierung findet seine Entsprechung in der Rechtsprechung des EuGH zum Anwendungsbereich der UGP-Richtlinie:

EuGH, Urt. v. 7.7.2019, C-393/17, Tz. 41, 45, 47 - Kirschstein

Geschäftspraktiken müssen unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung ihrer Produkte an Verbraucher zusammenhängen. ...

Bei einer nationalen Vorschrift, die bestimmen soll, welcher Wirtschaftsteilnehmer berechtigt ist, eine Dienstleistung zu erbringen, die Gegenstand eines Handelsgeschäfts ist, ohne unmittelbar die Praktiken zu regeln, die dieser Wirtschaftsteilnehmer sodann einsetzen darf, um den Absatz dieser Dienstleistung zu fördern oder voranzutreiben, nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie sich auf eine Geschäftspraktik bezieht, die unmittelbar mit der Erbringung dieser Dienstleistung im Sinne der Richtlinie 2005/29 zusammenhängt. ...

Eine solche Regelung unterscheidet sich somit deutlich von Vorschriften, die vorsehen, wie ein Wirtschaftsteilnehmer, der zur Erbringung von Dienstleistungen dieser Art berechtigt ist, deren Vermarktung fördern darf.

Teilweise wird vertreten, dass ein Verstoß gegen Marktzutrittsregeln nicht gleichzeitig zu einem Verstoß gegen § 3a UWG führt. Diese Auffassung entspricht aber in dieser Allgemeinheit nicht der Rechtsprechung des BGH. Auch Marktzugangsregeln können, insbesondere wenn sie dem Verbraucherschutz dienen, Marktverhaltensregeln sein.

BGH, Urt. v. 26.1.2017, I ZR 207/14, Tz. 31 - ARD-Buffet

Eine gesetzliche Vorschrift ist im Hinblick auf den Zweck des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, die Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen zu schützen (§ 1 Satz 1 UWG), nur dann eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG aF, § 3a UWG, wenn sie eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion hat. Daran fehlt es, wenn eine Vorschrift lediglich bestimmte Unternehmen von bestimmten Märkten fernhalten oder die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs festlegen soll.

BGH, Urt. v. 28.11.2019, I ZR 23/19, Tz. 42 - Pflichten des Batterieherstellers

Regelungen über den Marktzutritt unterfallen als reine Marktzutrittsregelungen nur dann nicht dem Anwendungsbereich des § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF), wenn sie bestimmten Personen den Marktzutritt aus Gründen verwehren, die nichts mit deren Marktverhalten, das heißt der Art und Weise zu tun haben, wie diese Personen am Markt agieren.

Ebenso BGH, Urt. v. 10.11.2022, I ZR 16/22, Tz. 23 - Stickstoffgenerator

BGH, Urt. v. 23.6.2016, I ZR 71/15, Tz. 16 – Arbeitnehmerüberlassung

Eine Marktzutrittsregelung kann allerdings auch eine sekundäre wettbewerbsbezogene Schutzfunktion aufweisen und damit zugleich das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer regeln. Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn die Betätigung auf einem bestimmten Markt einer öffentlich-rechtlichen Erlaubnis bedarf, um im Interesse der Marktpartner, insbesondere der Verbraucher, eine bestimmte Qualität, Sicherheit oder Unbedenklichkeit der angebotenen Waren oder Dienstleistungen sicherzustellen.

Ebenso BGH, Urt. v. 10.11.2022, I ZR 16/22, Tz. 23 - Stickstoffgenerator; BGH, Urt. v. 28.11.2019, I ZR 23/19, Tz. 42 - Pflichten des Batterieherstellers

BGH, Urt. v. 23.6.2016, I ZR 71/15, Tz. 16 – Arbeitnehmerüberlassung

Eine Vorschrift, die eine Erlaubnispflicht zur Ausübung eines bestimmten Gewerbes statuiert und damit eine Marktzutrittsregelung darstellt, ist zugleich eine Marktverhaltensregelung, soweit sie darüber hinaus auch den Schutz anderer Marktteilnehmer vor einer Gefährdung ihrer Rechtsgüter durch unzuverlässige Gewerbetreibende bezweckt.

BGH, Urt. v. 28.11.2019, I ZR 23/19, Tz. 42 - Pflichten des Batterieherstellers

Eine Regelung, die den Marktzugang reglementiert, stellt insbesondere dann eine Marktverhaltensregelung dar, wenn sie unmittelbar auf die Herstellung der Wettbewerbsgleichheit zwischen den auf dem betreffenden Markt tätigen Unternehmern gerichtet ist.

Ebenso BGH, Urt. v. 10.11.2022, I ZR 16/22, Tz. 23 - Stickstoffgenerator

Wenn eine gesetzliche Regelung allerdings nur bezweckt, einen bestimmten Anbieter - in der Regel die öffentliche Hand - vom Markt fernzuhalten, liegt darin keine Marktverhaltensregelung. Die Marktzugangsregel muss ebenfalls eine zumindest sekundäre wettbewerbsrechtliche Schutzfunktion haben.

BGH, Urt. v. 2.12.2009, I ZR 152/07, Tz. 23 - Zweckbetrieb

Die Wettbewerbsbezogenheit einer Bestimmung ist nicht gleichzusetzen mit einer Marktbezogenheit i.S. des § 4 Nr. 11 UWG (alt). Eine Marktbezogenheit im Sinne dieser Bestimmung liegt nur dann vor, wenn die Vorschrift, gegen die der Wettbewerber bei seinem geschäftlichen Handeln verstößt, eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion aufweist. Daran fehlt es etwa dann, wenn eine Vorschrift lediglich bestimmte Unternehmen von bestimmten Märkten fernhalten oder die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs festlegen soll.

BGH, Urt. v. 25.4.2002, I ZR 250/00, II. 1. b - Elektroarbeiten

Bei einem Verstoß gegen Vorschriften über den Marktzutritt muss anhand einer - am Schutzzweck des UWG auszurichtenden - Würdigung des Gesamtcharakters des Verhaltens geprüft werden, ob es durch den Gesetzesverstoß das Gepräge eines wettbewerbsrechtlich unlauteren Verhaltens erhält. Der Gesetzesverstoß kann dazu allein nicht genügen, wenn die verletzte Norm nicht zumindest eine sekundäre wettbewerbsbezogene, d.h. – entsprechend dem Normzweck des UWG - eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene, Schutzfunktion hat (vgl. BGHZ 144, 255, 267 - Abgasemissionen).

BGH, Urt. v. 26.9.2002, I ZR 293/99, II. 1. A), (1) – Altautoverwertung

Bei der Verletzung von Vorschriften über den Marktzutritt muss anhand Würdigung des Gesamtcharakters des Verhaltens geprüft werden, ob dieses durch den Gesetzesverstoß das Gepräge eines wettbewerbsrechtlich unlauteren Verhaltens erhält. Der Gesetzesverstoß kann dazu allein nicht genügen, wenn die verletzte Norm nicht zumindest eine sekundäre wettbewerbsbezogene, d.h. eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion hat.

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Beispiele

 

BGH, Urt. v. 2.3.2017, I ZR 194/15, Tz. 20 - Konsumgetreide

Bestimmungen, die produktbezogene Absatzverbote oder Absatzbeschränkungen regeln oder Informationspflichten hinsichtlich des Umgangs mit den von den Kunden erworbenen Produkten begründen, stellen regelmäßig Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a dar.

BGH, Urt. v. 6.2.2020, I ZR 93/18, Tz. 40 - SEPA-Lastschrift

Verbraucherschutzgesetze im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG sind in der Regel zugleich Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG

Ebenso  OLG Köln, Urt. v. 26.2.2021, 6 U 85/20, Tz. 26

OLG Köln, Beschl. v. 9.4.2020, 6 U 292/19

Ob eine Vorschrift dem Verbraucherschutz dient, ist durch Auslegung nach dem Zweck der Regelung zu ermitteln. Der Verbraucherschutz braucht nicht der alleinige Zweck sein, er darf aber hinter anderen Zwecken nicht völlig zurücktreten. Erstrecht genügt es nicht, dass die Vorschrift lediglich (auch) verbraucherschützende Wirkung zeitigt. Die Vorschrift muss den Zweck haben, Personen in ihrer Eigenschaft als Verbraucher im Sinne des § 2 Abs. 2 UWG in Verbindung mit § 13 BGB zu schützen. Dazu gehören etwa solche Vorschriften, die im vertraglichen Bereich insbesondere durch Aufstellung von Informationspflichten den Schutz von Verbrauchern bezwecken sowie alle Vorschriften, die Verhaltenspflichten des Unternehmers gegenüber Verbraucher begründen und deren Verletzung kollektiv Interessen der Verbraucher beeinträchtigen.

OLG Frankfurt, Urt. v. 1.2.2018, 6 U 37/17, II.1

Von einer Marktverhaltensregelung ist auszugehen, wenn die Norm für die Betätigung auf einem bestimmten Markt eine öffentlich-rechtliche Erlaubnis vorsieht und damit im Interesse der Marktteilnehmer eine bestimmte Qualität, Sicherheit oder Unbedenklichkeit der angebotenen Waren oder Dienstleistungen sicherstellen will.

BGH, Urt. v. 23.6.2016, I ZR 71/15, Tz. 23 – Arbeitnehmerüberlassung

Arbeitnehmerschutzvorschriften stellen im Blick auf das Angebot von Waren oder Dienstleistungen des Unternehmers betriebsinterne Regelungen dar, denen ein unmittelbarer Bezug zum Auftreten und Verhalten des Unternehmers auf dem Absatzmarkt fehlt. Sie weisen daher grundsätzlich keine auf das Marktverhalten des Unternehmers bezogene Schutzfunktion auf. Daran ändert grundsätzlich auch der Umstand nichts, dass sich der Unternehmer durch den Verstoß gegen eine Marktzutrittsregelung beim Absatz von Waren oder Dienstleistungen indirekt einen Wettbewerbsvorsprung vor seinen gesetzestreuen Mitbewerbern verschaffen kann. Eine Marktverhaltensregelung im Interesse der Mitbewerber liegt allerdings vor, wenn sie unmittelbar auf die Herstellung der Wettbewerbsgleichheit zwischen den auf dem betreffenden Markt tätigen Unternehmern gerichtet ist.

BGH, Urt. v. 23.6.2016, I ZR 71/15, Tz. 25 – Arbeitnehmerüberlassung

Die Erlaubnispflicht zur Ausübung bestimmter Gewerbe regelt ein Marktverhalten grundsätzlich allein im Interesse der auf der Gegenseite stehenden Marktteilnehmer, nicht dagegen im Interesse der Mitbewerber.

BGH, Urt. v. 23.6.2016, I ZR 71/15, Tz. 37 – Arbeitnehmerüberlassung

Eine Vorschrift, die dem Schutz von Rechten, Rechtsgütern oder sonstigen Interessen von Marktteilnehmern dient, ist eine Marktverhaltensregelung, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme, das heißt durch den Abschluss von Austauschverträgen und den nachfolgenden Gebrauch oder Verbrauch der erworbenen Ware oder in Anspruch genommenen Dienstleistung berührt wird.

Aber:

BGH, Urt. v. 23.6.2016, I ZR 71/15, Tz. 21 – Arbeitnehmerüberlassung

Für die Annahme einer wettbewerbsbezogenen Schutzfunktion einer Vorschrift reicht es nicht aus, dass sie der Wahrung eines wichtigen Gemeinschaftsguts dient oder dass sie die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs im Interesse der Allgemeinheit festlegen soll. Erforderlich ist vielmehr ein Bezug zu individuellen Interessen der Marktteilnehmer.

BGH, Urt. v. 23.6.2016, I ZR 71/15, Tz. 25 – Arbeitnehmerüberlassung

Reflexartige Auswirkungen zugunsten von Marktteilnehmern rechtfertigen für sich gesehen nicht die Annahme einer Marktverhaltensregelung im Interesse dieser Marktteilnehmer.

OLG Koblenz, Urt. v. 20.1.2021, 9 U 964/20 (GRUR-RR 2021, 171)

Soweit das Bürgerliche Recht vorvertragliche oder vertragliche Informationspflichten aufstellt, handelt es sich um Marktverhaltensregelungen. Dies ist unter anderem in § 312 d I 1 BGB der Fall.

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Rückgriff auf § 3 Abs. 1 bei Marktzutrittsregelungen ?

 

BGH, Urt. v. 23.6.2016, I ZR 71/15, Tz. 45 – Arbeitnehmerüberlassung

Ein Verstoß gegen eine reine Marktzutrittsregelung hat nicht zur Folge, dass die Marktteilnahme selbst unlauter ist. Verstöße gegen außerwettbewerbsrechtliche Normen, die nicht als Zuwiderhandlungen gegen Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG zu sanktionieren sind, können nicht allein wegen ihrer Gesetzeswidrigkeit als nach § 3 Abs. 1 UWG unlauter angesehen werden (vgl. BGH, GRUR 2016, 513 Rn. 35 - Eizellspende, mwN).

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