Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

 

 

(3) Nachweis

Ob es bei einem Verband zu den satzungsmäßigen Aufgaben gehört, gewerbliche oder selbstständige berufliche Interessen seiner Mitglieder zu verfolgen und zu fördern sowie sie zu Fragen des lauteren Wettbewerbs zu beraten und zu informieren, und ob die weiteren Voraussetzungen des § 8b UWG erfüllt sind, nämlich ob der Verband

1. mindestens 75 Unternehmer als Mitglieder hat,

2. um Zeitpunkt der Antragstellung seit mindestens einem Jahr seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrgenommen hat,

3. auf Grund seiner bisherigen Tätigkeit sowie seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung gesichert erscheint, dass er

a) seine satzungsmäßigen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen wird und

b) seine Ansprüche nicht vorwiegend geltend machen wird, um für sich Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu erzielen,

4. er seinen Mitgliedern keine Zuwendungen aus dem Verbandsvermögen gewährt werden und Personen, die für den Verband tätig sind, nicht durch unangemessen hohe Vergütungen oder andere Zuwendungen begünstigt werden,

wird im Eintragungsverfahren nach § 8b UWG geprüft und ist von den Gerichten hinzunehmen, solange die Eintragung nicht ruht.

Wegen des Nachweises der Tatbestandvoraussetzungen gilt im übrigen:

BGH, Urt. v. 26.1.2023, I ZR 111/22, Tz. 13 - Mitgliederstruktur

Die Klagebefugnis des Wirtschaftsverbands ist als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen. Dabei ist das Revisionsgericht nicht an die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden. Das Revisionsgericht hat vielmehr selbständig festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Klagebefugnis erfüllt sind; es kann sich hierbei des Freibeweises bedienen. Die Tatsachen, aus denen sich die Klagebefugnis ergibt, müssen spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorgelegen haben und im Revisionsverfahren fortbestehen.

KG, Urt. v. 11.3.2016, 5 U 83/15 (= WRP 2016, 895)

Die Prozessführungsbefugnis des Klägers ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (OLG Frankfurt, Urt. v. 2.5.2019, 6 U 58/18, II.1).

Ebenso KG, Urt. v. 4.5.2021, 5 U 126/19, Tz. 20

Da § 8 Abs. 3 UWG eine Doppelnatur hat und Rechtsgrundlage sowohl der Anspruchsberechtigung (Aktivlegitimation) als auch der Prozessführungsbefugnis eines Verbands ist (BGH, Urt. v. 11.4.1991, I ZR 82/89, Ls. – Verbandsausstattung(= GRUR 1991, 684)), können die rechtlichen Voraussetzungen im Wege des Freibeweises festgestellt werden.

OLG Nürnberg, Urt. v. 5.11.2013, 3 U 78/13, II.3.b.cc

Die Ermittlung der nach diesen Kriterien relevanten Mitgliedsunternehmen erfolgt im Freibeweisverfahren (BGH, Urt. v. 16.11.2006, I ZR 218/03, - Sammelmitgliedschaft IV; BGH v. 18.7.2011 - I ZR 223/10 - Minderjährigenschutz).

Ebenso KG, Urt. v. 4.5.2021, 5 U 126/19, Tz. 20; OLG München, Urt. v. 17.10.2013, 6 U 3929/12, II.1.b; OLG München, Urt. v. 15.5.2014, 6 U 3500/13, II.1.a; KG, Urt. v. 11.3.2016, 5 U 83/15 (= WRP 2016, 895); OLG Naumburg, Urt. v. 31.5.2018, 9 U 4/18, B.I. (WRP 2018, 1130); OLG Frankfurt, Urt. v. 2.5.2019, 6 U 58/18, II.1; OLG Hamburg, Urt. v. 31.8.2023, 5 U 99/20, Tz. 56

Die Mitgliederlisten müssen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung aktuell sein.

BGH, Urt. v. 16.4.2015, I ZR 27/14, Tz. 15 - Bohnengewächsextrakt

Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG müssen noch in der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen und die geforderten Daten müssen in diesem Zeitpunkt noch aktuell sein. ... Der Kläger hat mit der Berufungserwiderung eine aktualisierte Liste vom 2. September 2013 vorgelegt. Diese Liste war hinreichend aktuell, um die Klageberechtigung des Klägers zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 14. Januar 2014 zu belegen.

Nach OLG Saarbrücken muss der Verband seine Aktivlegitimation auf Nachfrage des Abgemahnten bereits vorprozessual substantiieren.

OLG Saarbrücken, Beschl. v. 27.11.2017, 1 W 38/17

Der Abgemahnte hat zwar vorgerichtlich keinen Anspruch auf Überlassung einer nicht anonymisierten Mitgliederliste des Antragstellers (Senatsbeschluss vom 6.6.2017, 1 W 18/17-; OLG Hamm, Beschl. vom 23.2.2017, I-4 W 1902/16 -). …

Der Abgemahnte hat aber einen Rechtsanspruch darauf, dass ihm die zur Prüfung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen schlüssig dargelegt werden. Hierzu bedarf es konkreter Mitteilung, ob der Verband tatsächlich über eine ausreichende Anzahl von Mitgliedern verfügt, die auf dem räumlich relevanten Markt Dienstleistungen ähnlicher Art anbieten. ...

Der Antragsteller hätte der Antragsgegnerin daher als Reaktion auf das Anwaltsschreiben vom 26.6.2017 vorgerichtlich mitteilen müssen, ob und inwiefern ihm eine erhebliche Zahl von Mitgliedern angehört, die auf dem relevanten räumlichen Markt im Heilbehandlungssektor tätig sind, was beispielsweise durch Vorlage einer anonymisierten aktuellen Mitgliederliste geschehen konnte.

Bis zum 1.12.2021 galt im übrigen, dass bei einem aktiven Verband eine tatsächliche Vermutung dafür sprach, dass er die Verbandszwecke auch verfolgt.

BGH, Urt. v. 27.4.2000, I ZR 287/97, Tz. 23 - Fachverband

Bei einem ordnungsgemäß gegründeten und aktiv tätigen Verband spricht eine tatsächliche Vermutung für die tatsächliche Zweckverfolgung, die der Gegner zu widerlegen hat (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.1974, I ZR 117/73, GRUR 1975, 377, 378  - Verleger von Tonträgern; Urt. v. 7.11.1985, I ZR 105/83, GRUR 1986, 320, 321 - Wettbewerbsverein I).

KG Berlin, Urt. v. 12.10.2012, 5 U 19/12, Tz. 9 - Ginger Beer

Bei einem ordnungsgemäß gegründeten und aktiv tätigen Verband spricht eine tatsächliche Vermutung für die tatsächliche Zweckverfolgung, die der Gegner zu widerlegen hat (BGH GRUR 2000, 1093, 1095 - Fachverband). Bei einem jahrelang als klagebefugt anerkanntem Verband genügt hinsichtlich der tatsächlichen Zweckverfolgung daher ein bloßes Bestreiten nicht, da zu vermuten ist, dass diese Voraussetzungen weiter vorliegen (OLG Stuttgart GRUR-RR 2009, 343, 344). Wenn einem Angreifer auf dieser Grundlage bereits in der Vergangenheit die tatsächliche Vermutung für das Vorliegen seiner Prozessführungsbefugnis zugebilligt worden ist, so macht auch das eine besondere Prüfung entbehrlich, soweit nicht Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme vorgetragen oder ersichtlich sind (vgl. auch BGH GRUR 2000, 1093, 1095 - Fachverband).

OLG Brandenburg, Urt. v. 28.4.2015, 6 U 6/14, Tz. 49

Ist ein Verband - wie der VSW - jahrelang als klagebefugt anerkannt, so ist zu vermuten, dass diese Voraussetzung weiterhin vorliegt (vgl. BGH, Urt. v. 14.11.1996, I ZR 164/94 - Geburtstagswerbung II (=GRUR 1997, 476)). Konkrete Tatsachen, die diese Vermutungswirkung entkräften könnten, hat der Beklagte nicht dargetan.

OLG München, Urt. v. 8.12.2016, 29 U 1893/16 - Bioresonanztherapie

Ist ein Verband - wie hier der VSW - jahrelang als klagebefugt anerkannt, so ist zu vermuten, dass diese Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6MCE7Xc1P