Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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(2) Wettbewerbsverhältnis zu Verbandsmitgliedern

1. Wettbewerbsverhältnis

2. Erhebliche Zahl von Unternehmen

a. Soviel, dass ein missbräuchliches Verhalten ausgeschlossen ist

b. Sammelmitgliedschaften

Grenzen der Klagebefugnis durch Sammelmitgliedschaften

3. Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art

4. auf demselben Markt

a. Auf demselben Markt in sachlicher Hinsicht

b. Auf demselben Markt in räumlicher Hinsicht

5. Vertreiben

Wettbewerbsverhältnis

Die Klagebefugnis der Verbände wird in erster Linie dadurch eingeschränkt, dass sie nur tätig werden können, wenn Interessen ihrer Mitglieder von einer geschäftlichen Handlung berührt werden. Aus diesem Grunde muss ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehören, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art wie der in Anspruch genommene Unternehmer vertreiben, und zwar auf demselben Markt, so dass ihre Interessen berührt werden. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

OLG Bremen, Urt. v. 23.12.2022, 2 U 103/22 (MD 2023, 676)

Auch in seiner Neufassung verlangt § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG über die Eintragung hinaus die im konkreten Fall festzustellende Voraussetzung, dass dem Verband eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben (KöhlerlFeddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., § 8 UWG, Rdnr. 3.36; Haertel in: BeckOK.UWG, 18. Ed., § 8 UWG, Rdnr. 174).

Die Rechtsprechung ist allerdings großzügig. Die Anforderungen sind nicht streng.

  • Eine erhebliche Anzahl ist bereits erreicht, wenn die Mitglieder des Verband in der Weise repräsentativ sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbands ausgeschlossen werden kann.

  • Für die Annahme von Waren gleicher oder verwandter Art reicht es aus, dass die Unternehmen in derselben oder in angrenzenden Branche aktiv sind.

BGH, Urt. v. 16.11.2006, I ZR 218/03 - Sammelmitgliedschaft V

Es reicht aus, dass eine nicht gänzlich unbedeutende potenzielle Beeinträchtigung mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden kann. Ein entsprechendes Wettbewerbsverhältnis wird wesentlich durch die gemeinsame Zugehörigkeit zur selben Branche oder zu zumindest angrenzenden Branchen begründet. Die Beurteilung, ob dies der Fall ist, hat von dem Wettbewerbshandeln des in Anspruch Genommenen auszugehen. Dabei ist jedoch, wenn die Werbung für ein Produkt beanstandet wird, nicht das Gesamtsortiment maßgeblich, sondern grundsätzlich auf den Branchenbereich abzustellen, dem die beanstandete Wettbewerbsmaßnahme zuzurechnen ist.

Ebenso BGH, Urt. v. 16.4.2015, I ZR 27/14, Tz. 11 - Bohnengewächsextrakt OLG Koblenz, Urt. v. 20.1.2016, 9 U 1181/15 - Magnetfeldtherapie; OLG Frankfurt, Urt. v. 2.5.2019, 6 U 58/18, II.2.a; OLG Bremen, Hinweisbeschl. v. 24.1.2024, 2 U 60/23

OLG Frankfurt, Urt. v. 2.5.2019, 6 U 58/18, II.2.a

Es ist nicht erforderlich, dass der Mitbewerber gerade bei den Waren oder Dienstleistungen, die mit den beanstandeten Wettbewerbsmaßnahmen beworben worden sind, mit den Mitgliedsunternehmen im Wettbewerb steht (BGH GRUR 2007, 809 Rn. 14 - Krankenhauswerbung). Entscheidend ist daher nicht, ob die Mitglieder des Klägers sich als Wettbewerber „fühlen“, sondern ob sie potentiell solche sein können. Zu berücksichtigen ist weiter, dass bei Online-Angeboten prinzipiell räumliche Grenzen nicht existieren.

BGH, Urt. v. 22.7.2021, I ZR 194/20, Tz. 25 - Rundfunkhaftung

Für die Eigenschaft als Mitbewerber kommt es allein auf das tatsächliche Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses unabhängig davon an, ob die das Wettbewerbsverhältnis begründende Tätigkeit gesetzeskonform ist.

Wollen Verbände einer Person ein Verhalten verbieten, das eigenen und fremden Wettbewerb fördert, muss ein Wettbewerbsverhältnis auch zum geförderten Unternehmen bestehen.

BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 90/20, Tz. 17 - Influencerin I

Da der Kläger die Beiträge der Beklagten sowohl unter dem Gesichtspunkt angreift, dass es sich um geschäftliche Handlungen zugunsten der Beklagten selbst handele, als auch unter dem Gesichtspunkt, dass sie damit den Absatz der über die "Tap Tags" verlinkten Unternehmen fördere, muss der Kläger sowohl über eine erhebliche Zahl an Mitgliedern verfügen, die in einem Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu der Beklagten stehen, als auch über solche, die in einem entsprechenden Wettbewerbsverhältnis zu den geförderten Drittunternehmen stehen.

BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 125/20, Tz. 14 f - Influencerin II

Ob im Rahmen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG bei der Bestimmung des relevanten Markts auf den Beklagten oder auf das fremde Unternehmen abzustellen ist, zu dessen Gunsten der Beklagte gehandelt hat, hängt davon ab, ob der Kläger eine geschäftliche Handlung des Beklagten zugunsten dessen eigenen Unternehmens oder zugunsten des fremden Unternehmens angreift. Im Fall der Förderung fremden Wettbewerbs muss das Wettbewerbsverhältnis nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zwischen dem geförderten Unternehmen und den Mitgliedsunternehmen bestehen. ...

Da der Kläger die Beiträge der Beklagten sowohl unter dem Gesichts-punkt angreift, dass es sich um geschäftliche Handlungen zugunsten der Beklagten selbst handele, als auch unter dem Gesichtspunkt, dass sie damit den Absatz der über die "Tap Tags" verlinkten Unternehmen fördere, muss der Kläger sowohl über eine erhebliche Zahl an Mitgliedern verfügen, die in einem Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu der Beklagten stehen, als auch über solche, die in einem entsprechenden Wettbewerbsverhältnis zu den geförderten Drittunternehmen stehen.

OLG Köln, Urt. v. 26.9.2014, 6 U 56/14, Tz. 24

Ein Verband kann auch Verstöße von Dritten verfolgen, die – selbst wenn sie in einem anderen Markt tätig sind - den (fremden) Wettbewerb eines mit den Verbandsmitgliedern konkurrierenden Unternehmens fördern (vgl. BGH GRUR 2001, 529, 531 – Herz-Kreislauf-Studie).

OLG Schleswig, Beschl. v. 18.10.2021, 6 W 25/21 (MD 2022, 251)

Eine Berührung von Mitgliederinteressen liegt vor, wenn die Mitglieder aufgrund der Zuwiderhandlung einen eigenen Anspruch aus § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG hätten. Dies setze eine Spürbarkeit der Beeinträchtigung i. S. v. § 3 Abs. 2 i. V. m. § 2 Abs. 2 Nr. 8 UWG voraus (Holweg in Büscher, UWG 2019, § 8 Rn. 316; Köhler u. a./ders./Feddersen, § 8 Rn.3.51; Ohly in ders./Sosnitza, UWG, 7. Aufl. 2016, § 8 Rn. 108; unklar Seichter in Ullmann Juris PK-UWG, Stand: 17.12.2019, § 8 Rn. 185). Dieser Auffassung hat sich auch der Senat angeschlossen.

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Erhebliche Zahl von Unternehmen

Soviel, dass ein missbräuchliches Verhalten ausgeschlossen ist

Das Tatbestandsmerkmal der erheblichen Zahl von Unternehmen, die einem Verband angehören müssen, stellt nicht auf eine absolute Zahl oder Größe der Mitglieder ab. Entscheidend ist vielmehr, dass die Mitglieder nach Zahl und/oder Größe auf dem relevanten Markt in ihrer Gesamtheit so repräsentativ für die Branche sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen ausgeschlossen werden kann.

BGH, Urt. v. 1.3.2007, I ZR 51/04 – Krankenhauswerbung

Erheblich in diesem Sinn ist die Zahl der Mitglieder des Verbands auf dem einschlägigen Markt dann, wenn diese Mitglieder als Unternehmer, bezogen auf den maßgeblichen Markt, in der Weise repräsentativ sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbands ausgeschlossen werden kann. Dies kann auch schon bei einer geringen Zahl auf dem betreffenden Markt tätiger Mitglieder anzunehmen sein (vgl. BGH WRP 2007, 778 Tz 18 - Sammelmitgliedschaft V, m.w.N.). Darauf, ob diese Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichem Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmern repräsentativ sind, kommt es nicht an.

Ebenso BGH, Urt. v. 26.1.2023, I ZR 111/22, Tz. 26 - Mitgliederstruktur; BGH, Urt. v. 7.5.2015, I ZR 158/14, Tz. 14 - Der Zauber des Nordens; BGH, Urt. v. 23.10.2008, I ZR 197/06, Tz. 12 – Sammelmitgliedschaft VI; BGH, Urt. v. 16.11.2006, I ZR 218/03, Tz. 18  - Sammelmitgliedschaft V; BGH, Urt. v. 17.8. 2011, I ZR 223/10, Tz. 19; OLG München, Urt. v. 15.5.2014, 6 U 3500/13, II.1.b.aa; KG, Urt. v. 4.5.2021, 5 U 126/19, Tz. 31; OLG Frankfurt, Urt. v. 2.5.2019, 6 U 58/18, II.2.c; OLG München, Urt. v. 31.1.2019, 29 U 1385/18 (MD 2019, 486); OLG München, Urt. v. 15.5.2014, 6 U 3188/13;  OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.11.2014, I-15 U 46/14, Tz. 61; OLG Brandenburg, Urt. v. 28.4.2015, 6 U 6/14, Tz. 46; KG Berlin, Urt. v. 2.6.2017, 5 U 196/16; OLG Naumburg, Urt. v. 31.5.2018, 9 U 4/18, B.I. (WRP 2018, 1130); OLG Frankfurt, Urt. v. 2.5.2019, 6 U 58/18, II.2.c; OLG Köln, Urt. v. 5.4.2019, 6 U 151/18, Tz. 56; OLG Koblenz, Beschl. v. 3.2.2020, 9 W 356/19, Tz. 9; OLG Hamm, Beschl. v. 2.3.2021, I-4 U 6/21; OLG Hamm, Urt. v. 23.3.2021, 4 U 130/20, Tz. 19; OLG Schleswig, Urt. v. 3.8.2023, 6 U 64/22, Tz. 23; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.4.2023, 20 U 65/22, Tz. 35; OLG Bremen, Hinweisbeschl. v. 24.1.2024, 2 U 60/23

BGH, Urt. v. 23.10.2008, I ZR 197/06, Tz. 12 – Sammelmitgliedschaft VI

Darauf, ob diese Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichen Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmen repräsentativ sind, kommt es nicht entscheidend an. Dies ergibt sich schon daraus, dass andernfalls die Klagebefugnis von Verbänden auf oligopolistischen Märkten unangemessen eingeschränkt würde. Die Gesamtzahl der in der Branche tätigen Unternehmen und deren Marktbedeutung ist daher nicht von entscheidender Bedeutung. Ebenso wenig muss ein Verband zu Bedeutung und Umsatz seiner (mittelbaren oder unmittelbaren) Mitglieder vorzutragen. Dem Zweck des Gesetzes, die Klagebefugnis der Verbände auf Fälle zu beschränken, die die Interessen einer erheblichen Zahl von verbandsangehörigen Wettbewerbern berühren, wird schon dann hinreichend Rechnung getragen, wenn im Wege des Freibeweises festgestellt werden kann, dass es dem Verband bei der betreffenden Rechtsverfolgung nach der Struktur seiner Mitglieder um die ernsthafte kollektive Wahrnehmung der Mitgliederinteressen geht.

Ebenso BGH v. 18.7.2011, I ZR 223/10, Tz. 14 - Minderjährigenschutz

Es reicht aus, dass der Verband nicht nur "vereinzelte Individualinteressen, sondern gemeinsame Interessen bedeutsamer Mitbewerber wahrnimmt" (BGH, Urt. v. 7.5.2015, I ZR 158/14, Tz. 16 - Der Zauber des Nordens).

Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 2.5.2019, 6 U 58/18, II.2.c; OLG Hamm, Urt. v. 23.3.2021, 4 U 130/20, Tz. 19

Weitere Rechtsprechung:

BGH, Urt. v. 26.1.2023, I ZR 111/22, Tz. 26 - Mitgliederstruktur

Der Kläger braucht deshalb auch nicht zu Bedeutung und Umsatz seiner (mittelbaren oder unmittelbaren) Mitglieder vorzutragen. Dem Zweck des Gesetzes, die Klagebefugnis der Verbände auf Fälle zu beschränken, die die Interessen einer erheblichen Zahl von verbandsangehörigen Wettbewerbern berühren, wird schon dann hinreichend Rechnung getragen, wenn im Wege des Freibeweises festgestellt werden kann, dass es dem Verband bei der betreffenden Rechtsverfolgung nach der Struktur seiner Mitglieder um die ernsthafte kollektive Wahrnehmung der Mitgliederinteressen geht.

OLG Koblenz, Urt. v. 1.12.2010 , 9 U 258/10

Es ist darauf abzustellen, ob die Zahl und die wirtschaftliche Bedeutung der branchenzugehörigen Verbandsmitglieder den Schluss darauf zulassen, dass nicht lediglich Individualinteressen einzelner, sondern objektiv gemeinsame („kollektive“) gewerbliche Interessen der Wettbewerber wahrgenommen werden. Ist der Markt eng und sind dementsprechend nur wenige Mitbewerber vorhanden, so können auch nur zwei oder sogar nur ein Unternehmen als Mitglied ausreichen.

Ebenso OLG Koblenz, Beschl. v. 3.2.2020, 9 W 356/19, Tz. 9; OLG Hamm, Beschl. v. 2.3.2021, I-4 U 6/21

OLG Nürnberg, Urt. v. 5.11.2013, 3 U 78/13, II.3.b.dd

Eine absolute oder relative Mindestzahl von Unternehmen ist nicht erforderlich.

BGH, Urt. v. 26.1.2023, I ZR 111/22, Tz. 30 - Mitgliederstruktur

Von den vom Kläger benannten 25 Mitgliedern sind mehr als 20 Mitglieder in die Kategorie Tierbedarf oder Tiernahrung einzuordnen. Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass diese Anzahl ausreichend ist, um von einer ernsthaften kollektiven Wahrnehmung der Interessen durch den Kläger auszugehen.

OLG München, Urt. v. 17.10.2013, 6 U 3929/12, II.1.c

Je nach Sachlage des Einzelfalls kann die Mitgliedschaft einer geringen Zahl, im Einzelfall sogar eines einzigen (OLG Nürnberg WRP 1995, 338, 339) oder zweier (BGH GRUR 1997, 446 - Geburtstagswerbung II; BGH GRUR 1998, 170 f. - Händlervereinigung) einschlägiger Unternehmen ausreichend sein.

Ebenso KG, Urt. v. 4.5.2021, 5 U 126/19, Tz. 31

OLG Brandenburg, Urt. v. 28.4.2015, 6 U 6/14, Tz. 46

Darauf, ob diese Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichem Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmern repräsentativ sind, kommt es nicht an (BGH, Urt. v. 1.3.2007, I ZR 51/04, Tz. 15).

... Mitglieder sind nicht bereits dann unberücksichtigt zu lassen, wenn sie ihre Migliedsbeiträge nicht zahlen, weil dies ihre Mitgliedschaft nicht ohne weiteres beendet (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, § 8 UWG, RdNr. 3.66).

OLG Frankfurt, Urt. v. 2.5.2019, 6 U 58/18, II.2.c

Mitgliedern mit stationären Ladengeschäften, die schon länger am Markt tätig sind, kommt für § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG größeres Gewicht zu als Mitgliedern mit kleinen Online-Shops auf Verkaufsplattformen wie e-Bay, die ebenso schnell entstehen wie wieder verschwinden können. Die mit der Schaffung eines klassischen stationären Einzelhandelsgeschäfts verbundenen Investitionen und Mühen sprechen für eine gewisse Verstetigung der geschäftlichen Tätigkeit, während Online-Shops auf Plattformen wie E-Bay mit geringerem Umsatz nicht dasselbe Gewicht zukommen kann. Die Eröffnung eines Geschäftsbetriebs ist ebenso schnell geschehen wie dessen Einstellung, nämlich durch einen Mausklick vom heimischen Wohnzimmer aus.

Ebenso OLG Koblenz, Beschl. v. 3.2.2020, 9 W 356/19, Tz. 12

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Sammelmitgliedschaften

Eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern kann einem Verband bereits angehören, wenn ihm ein anderer Verband angehört, der über eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern verfügt, von denen er beauftragt wurde, gegen Wettbewerbsverstöße vorzugehen. Es ist nicht erforderlich, das die Mitglieder, die dem Verband die Aktivlegitimation vermitteln, im Verband selber Mitgliederstatus haben. Daraus leitet sich im Ergebnis die umfassende Aktivlegitimation der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs mit Hauptsitz in Bad Homburg ab, der alle Handelskammern in Deutschland (mit Ausnahme der IHK Aachen (KG, Urt. v. 11.3.2016, 5 U 83/15 (= WRP 2016, 895)) angehören, die ihrerseits nach Art. 8 Abs. 4 Nr. 4 aktivlegitimiert sind.

BGH, Urt. v. 27.4.2017, I ZR 55/16, Tz. 11 - Preisportal

Bei der Prüfung, ob einem Verband eine erhebliche Zahl von Wettbewerbsunternehmen angehört, können auch solche Unternehmer zu berücksichtigen sein, die Mitglied in einem Verband sind, der seinerseits Mitglied des klagenden Verbands ist.

Ebenso BGH, Urt. v. 26.1.2023, I ZR 111/22, Tz. 27 - Mitgliederstruktur; OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.12.2018, 1 U 41/18, B.I.3.a; OLG Schleswig, Urt. v. 3.8.2023, 6 U 64/22, Tz. 23

BGH, Urt. v. 16.11.2006, I ZR 218/03, Ls. – Sammelmitgliedschaft V

Für die Klagebefugnis eines Verbands kommt es grundsätzlich nicht darauf an, über welche mitgliedschaftlichen Rechte dessen - mittelbare oder unmittelbare - Mitglieder verfügen. Es genügt, dass ein Verband, der dem klagenden Verband Wettbewerber des Beklagten als (mittelbare) Mitglieder vermittelt, von diesen mit der Wahrnehmung ihrer gewerblichen Interessen - gegebenenfalls auch schlüssig - beauftragt worden ist und seinerseits den klagenden Verband durch seinen Beitritt mit der Wahrnehmung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder beauftragen durfte.

BGH, Urt. v. 16.11.2006, I ZR 218/03, Tz. 21 – Sammelmitgliedschaft V

Auf die Frage, ob die Organisation, die dem klagenden Verband Mitglieder vermittelt, bei diesem stimmberechtigt ist, kommt es nur an, wenn  Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Mitgliedschaft der Organisation dazu dienen sollte, künstlich die Voraussetzungen für die Verbandsklagebefugnis zu schaffen (vgl. BGH GRUR 2006, 873 Tz 20 - Brillenwerbung). Nicht erforderlich ist es, dass die unmittelbaren Mitglieder den klagenden Verband jeweils noch ausdrücklich zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen ermächtigt haben (vgl. BGH, Urt. v. 27.1.2005, I ZR 146/02 - Sammelmitgliedschaft III).

Eingehend dazu auch KG Berlin, Urt. v. 27.3.2012, 5 U 39/10 - Deutsches Hygienezertifikat (= WRP 2012, 993); KG, Urt. v. 20.4.2016, 5 U 116/14, I.1. S.a. OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.1.2016, I-20 U 13/15 (MD 2016, 469)

Es ist auch ausreichend, dass dem Verband ein Unternehmen angehört, dass die Interessen eines anderen Unternehmens wahrnimmt, das seinerseits mit dem Unterlassungsschuldner im Wettbewerb steht, soweit dieses alleine oder mit anderen Unternehmen, die dem Verband angehören oder auf diese Weise mittelbar vom Verband vertreten werden, nur ausreichend repräsentativ am Markt sind.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.1.2016, I-20 U 13/15 (MD 2016, 469)

Der Mitgliedschaft vermittelnde Verband kann auch ein Unternehmen sein, sofern ein Einverständnis besteht, dass dieses oder ein von ihm Beauftragter Verband durch die Geltendmachung solcher Ansprüche auch die gewerblichen Interessen der mit ihm verbundenen Mitbewerber wahrnimmt, wobei das Einverständnis nicht ausdrücklich erklärt sein muss, sondern sich aus der Natur der Rechtsbeziehung ergeben kann (BGH GRUR 2005, 522, 523 – Sammelmitgliedschaft II).

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Grenzen der Klagebefugnis durch Sammelmitgliedschaften

KG Berlin, Urt. v. 27.3.2012, 5 U 39/10 - Deutsches Hygienezertifikat (= WRP 2012, 993)

Die dem Kläger durch die Mitgliedschaft der IHK Berlin vermittelte Klagebefugnis kann nicht weiter gehen, als die den einzelnen Kammern nach § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG zustehende Klagebefugnis.

Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Klagebefugnis einer Industrie und Handelskammer aber weder davon abhängig, dass ihr ein oder mehrere Mitglieder angehören, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben wie der in Anspruch genommene Unternehmer, noch davon, dass die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt.

Die ungeschriebene Einschränkung der Klagebefugnis einer Industrie und Handelskammer ergibt sich aus der Beschreibung ihres Aufgabenbereichs in §1 Abs. 1 IHKG:

Sie ist dementsprechend nur klagebefugt, soweit es um Wettbewerbsverstöße von Unternehmern aus dem Bereich Industrie und Handel geht, in diesem Aufgabenbereich aber uneingeschränkt.

KG, Urt. v. 20.4.2016, 5 U 116/14, I.1

Aufgrund der Mitgliedschaft der Industrie- und Handelskammern ist der Kläger sachlich in einem umfassenden Umfang prozessführungsbefugt (BGH, GRUR 1995, 122 – Laienwerbung für Augenoptiker. Die Industrie- und Handelskammern sind ihrerseits gem. § 8 Abs. 3, Nr. 4 UWG ohne Einschränkung auf ein konkretes Wettbewerbsverhältnis umfassend klagebefugt.

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Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art

BGH, Urt. v. 16.11.2006, I ZR 218/03, Tz. 19 - Sammelmitgliedschaft IV

Der Begriff der Waren gleicher oder verwandter Art im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.) ist weit auszulegen. Die beiderseitigen Waren müssen sich ihrer Art nach so gleichen oder nahestehen, dass der Absatz des einen durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann. Es reicht aus, dass eine nicht gänzlich unbedeutende potentielle Beeinträchtigung mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden kann. Ein entsprechendes Wettbewerbsverhältnis wird wesentlich durch die gemeinsame Zugehörigkeit zur selben Branche oder zu zumindest angrenzenden Branchen begründet (vgl. BGH GRUR 2006, 778 Tz 19 - Sammelmitgliedschaft IV, m.w.N.). Die Beurteilung, ob dies der Fall ist, hat von dem Wettbewerbshandeln des in Anspruch Genommenen auszugehen. Dabei ist jedoch, wenn die Werbung für ein Produkt beanstandet wird, nicht das Gesamtsortiment maßgeblich, sondern grundsätzlich auf den Branchenbereich abzustellen, dem die beanstandete Wettbewerbsmaßnahme zuzurechnen ist (BGH GRUR 2006, 778 Tz 19 - Sammelmitgliedschaft IV).

Ebenso BGH, Urt. v. 26.1.2023, I ZR 111/22, Tz. 25 - Mitgliederstruktur; BGH, Urt. v. 7.5.2015, I ZR 158/14, Tz. 14 - Der Zauber des Nordens; BGH, Urt. v. 16.4.2015, I ZR 27/14, Tz. 11 - Bohnengewächsextrakt; BGH, Urt. v. 16.11.2006, I ZR 218/03, Tz. 17 - Sammelmitgliedschaft V; KG, Urt. v. 4.5.2021, 5 U 126/19, Tz. 26; OLG Hamburg, Urt. v. 5.7.2012, 3 U 65/10, II.2.c – 40 #1 Hits THE SIXTIES; OLG Hamm, Urt. v. 30.10.2012, I-4 U 61/12, II.2; OLG Nürnberg, Urt. v. 5.11.2013, 3 U 78/13, II.3.b.aa; OLG München, Urt. v. 15.5.2014, 6 U 3500/13, II.1.b.aa; OLG München, Urt. v. 15.5.2014, 6 U 3188/13; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.11.2014, I-15 U 46/14, Tz. 61; OLG Celle, Beschl. v. 20.01.15, 13 U 108/14; OLG Brandenburg, Urt. v. 28.4.2015, 6 U 6/14, Tz. 44; OLG Koblenz, Urt. v. 20.1.2016, 9 U 1181/15 - Magnetfeldtherapie; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.1.2016, I-20 U 13/15; KG, Urt. v. 11.3.2016, 5 U 151/14 (MD 2016, 631); OLG München, Urt. v. 8.12.2016, 29 U 1893/16 - Bioresonanztherapie; KG Berlin, Urt. v. 2.6.2017, 5 U 196/16OLG Hamburg, Urt. v. 21.12.2017, 3 U 26/15, Tz. 69; OLG Naumburg, Urt. v. 31.5.2018, 9 U 4/18, B.I. (WRP 2018, 1130); OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.9.2020, 6 U 38/19, Tz. 52; OLG Karlsruhe, Urt. v. 3.7.2020, 4 U 121/19, I.A.1.a; OLG Stuttgart, Urt. v. 4.11.2021, 2 U 49/21, Tz. 31 – Collagen Youth Drink; OLG Bremen, Urt. v. 23.12.2022, 2 U 103/22 (MD 2023, 676); OLG Hamm, Urt. v. 29.8.2023, 4 U 222/22, Tz. 39

Bei der Beurteilung ist auf die Sicht des angesprochenen Verkehrs abzustellen (OLG München,Urt. v. 15.5.2014, 6 U 3500/13, II.1.b.aa).

OLG Köln, Urt. v. 26.9.2014, 6 U 56/14, Tz. 23

Der einschlägige sachliche Markt wird durch den weit auszulegenden Begriff der Waren oder gewerblichen Leistungen gleicher oder verwandter Art gekennzeichnet. Abzustellen ist dabei auf das Angebot einer Ware schlechthin, unabhängig davon, ob das in Rede stehende Produkt nur vermittelt oder selbst angeboten wird (so für Immobilienangebote durch Makler, Bauträger und Bauunternehmer BGH GRUR 1997, 934, 935 – 50 % Sonder-AfA; GRUR 2001, 260 Rn. 19 – Vielfachabmahner). Auch die Vertriebsform ist für die sachliche Marktabgrenzung ohne Belang (s. Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, § 8 Rn. 3.38a).

KG Berlin, Urt. v. 12.10.2012, 5 U 19/12, Tz. 4 - Ginger Beer

Es reicht aus, dass eine nicht gänzlich unbedeutende (potentielle) Beeinträchtigung mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden kann (BGH GRUR 2006, 778, Tz. 19 - Sammelmitgliedschaft IV).

OLG Hamburg, Urt. v. 5.7.2012, 3 U 65/10, II.2.c – 40 #1 Hits THE SIXTIES

Wird ein bestimmtes Produkt beanstandet, ist grundsätzlich nicht das Gesamtsortiment maßgeblich, sondern es ist auf den Branchenbereich abzustellen, dem die beanstandete Maßnahme zuzurechnen ist.

Ebenso BGH, Urt. v. 16.11.2006, I ZR 218/03; OLG Karlsruhe, Urt. v. 3.7.2020, 4 U 121/19, I.A.1.a

OLG Koblenz, Urt. v. 1.12.2010 , 9 U 258/10

Maßgebend ist die gemeinsame Zugehörigkeit zur gleichen Branche oder zumindest zu angrenzenden Branchen.

Ebenso OLG Nürnberg, Urt. v. 5.11.2013, 3 U 78/13, II.3.b.aa

Wenn der potentielle Unterlassungsschuldner bspw. durch seine Produktbezeichnung so auftritt, als gehöre sein Produkt in ein bestimmtes Marktsegment, obwohl es sich um ein anderes Segment handelt, muss er sich beim Wettbewerbsverhältnis so behandeln lassen, als gehöre er auch in das Segment, in das er sich selber stellt.

KG Berlin, Urt. v. 12.10.2012, 5 U 19/12, Tz. 5 - Ginger Beer

Entgegen der Berufung ist in Konstellationen der vorliegenden Art bei der Frage des Vertriebs von Waren gleicher oder verwandter Art nicht nur auf das vom Angegriffenen tatsächlich vertriebene Produkt, sondern auch auf das vom Angegriffenen suggerierte Produkt abzustellen. Es kommt mit anderen Worten (also auch) darauf an, auf welche Produkte sich die beanstandete Werbemaßnahme bezieht.

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auf demselben Markt

Die Mitglieder des Verbands müssen auf demselben Markt tätig sein wie der Unterlassungsschuldner, dessen Verhalten beanstandet wird. Derselbe Markt ist sachlich und räumlich zu verstehen.

OLG Nürnberg, Urt. v. 5.11.2013, 3 U 78/13, II.3.b.aa

Für die Bestimmung des sachlich und räumlich relevanten Marktes ist maßgeblich, ob sich die betreffenden Waren ihrer Art nach so gleichen oder nahe stehen, dass der Absatz des einen Unternehmens durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann.

OLG Schleswig, Beschl. v. 18.10.2021, 6 W 25/21 (MD 2022, 251)

Es genügt, wenn eine Beeinträchtigung mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist. Dafür bedarf es nicht notwendig gleicher oder verwandter Branchenzugehörigkeit.

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Auf demselben Markt in sachlicher Hinsicht

Ausgangspunkt ist die Bestimmung des Marktes, auf dem der Unternehmer, dessen Verhalten beanstandet wird, seine Waren oder Dienstleistungen vertreibt oder mit der beanstandeten Maßnahme zu vertreiben versucht.

BGH, Urt. v. 23.10.2008, I ZR 197/06, Tz. 8 – Sammelmitgliedschaft VI

Zur Bestimmung des räumlich relevanten Marktes kommt es allein auf die Geschäftstätigkeit der Unterlassungsschuldners an.

Ebenso OLG Bremen, Hinweisbeschl. v. 24.1.2024, 2 U 60/23

OLG München, Urt. v. 27.4.2023, 29 U 7344/21, Tz. 30 - Irische Impotenzfernbehandlung

Für die lauterkeitsrechtliche Marktabgrenzung ist, weitergehend als im Kartellrecht, nicht ausschließlich der Verwendungszweck des Abnehmers (Bedarfsmarktkonzept) maßgebend. Vielmehr müssen die beiderseitigen Waren oder Leistungen sich ihrer Art nach so gleichen oder nahestehen, dass der Absatz des einen Unternehmers durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen Unternehmers beeinträchtigt werden kann. Dazu kann eine nicht gänzlich unbedeutende potenzielle Beeinträchtigung mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit ausreichen 

Das Wettbewerbsverhältnis auf dem relevanten Markt kann durch die Wettbewerbsmaßnahme selber begründet werden.

Die Verbandsmitglieder und der angegriffene Unternehmer müssen sich nicht an denselben Kundenkreis wenden.

OLG Schleswig, Urt. v. 3.8.2023, 6 U 64/22, Tz. 19

Die beiderseitigen Waren werden auf demselben Markt vertrieben, wenn sie sich ihrer Art nach so gleichen oder so nahestehen, dass der Absatz des einen durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann. Es reicht aus, dass eine nicht gänzlich unbedeutende potentielle Beeinträchtigung mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden kann. Ein entsprechendes Wettbewerbsverhältnis wird wesentlich durch die gemeinsame Zugehörigkeit zur selben Branche oder zur zumindest angrenzenden Branchen begründet. Bei dieser Prüfung ist nicht das gesamte Sortiment des in Anspruch genommenen in den Blick zu nehmen, sondern nur der Branchenbereich, dem die beanstandete Wettbewerbshandlung zuzurechnen ist

OLG Schleswig, Urt. v. 3.8.2023, 6 U 64/22, Tz. 20

Der gemeinsame Markt i. S. d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG geht aber weit über den Kreis gleichwertig austauschbarer Produkte hinaus. Auf einem gemeinsamen Markt gehandelt werden vielmehr alle Produkte, deren Absatz sich möglicherweise beeinflussen kann.

OLG Bremen, Hinweisbeschl. v. 24.1.2024, 2 U 60/23

In sachlicher Hinsicht kommt es dabei nicht auf das Gesamtsortiment, sondern bloß darauf an, auf welche Waren oder Dienstleistungen und dementsprechend auf welchen Branchenbereich sich die beanstandete Werbemaßnahme bezieht.

OLG Frankfurt, Urt. v. 2.5.2019, 6 U 58/18, II.2.c

Es ist nicht erforderlich, dass der Mitbewerber gerade bei den Waren oder Dienstleistungen, die mit den beanstandeten Wettbewerbsmaßnahmen beworben worden sind, mit den Mitgliedsunternehmen im Wettbewerb steht (BGH GRUR 2007, 809 Rn. 14 - Krankenhauswerbung). Entscheidend ist daher nicht, ob die Mitglieder des Klägers sich als Wettbewerber „fühlen“, sondern ob sie potentiell solche sein können. Zu berücksichtigen ist weiter, dass bei Online-Angeboten prinzipiell räumliche Grenzen nicht existieren.

Die Verbandsmitglieder und der angegriffene Unternehmer müssen nicht auf derselben Wirtschaftsstufe tätig sein.

KG Berlin, Urt. v. 12.10.2012, 5 U 19/12, Tz. 6 - Ginger Beer

Die Beteiligten müssen  nicht auf der gleichen Wirtschafts- oder Handelsstufe stehen (vgl. BGH GRUR 1998, 489, 491 - Unbestimmter Unterlassungsantrag III). Denn auf jeder dieser Stufen verdient ein Unternehmer, sei er nun (beispielsweise) Hersteller, Großhändler, Einzelhändler oder Gastronom, letztlich daran, dass Letztverbraucher das jeweilige Produkt nachfragen. Es ist also unerheblich, wenn die Antragsgegnerin nur Zwischenstufen beliefert bzw. beliefern will.

Ebenso OLG Köln, Urt. v. 5.4.2019, 6 U 151/18, Tz. 57; OLG Karlsruhe, Urt. v. 3.7.2020, 4 U 121/19, I.A.1.a; OLG Bremen, Hinweisbeschl. v. 24.1.2024, 2 U 60/23

OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.11.2014, I-15 U 46/14, Tz. 61

Bei der Beurteilung der Klagebefugnis eines Verbandes zur Förderung gewerblicher Interessen sind auch solche Mitgliedsunternehmen zu berücksichtigen, die mit dem angegriffenen werbenden Unternehmen nicht auf der gleichen Wirtschafts- oder Handelsstufe stehen oder sich anderer Vertriebsformen bedienen, sofern nur eine nicht gänzlich unbedeutende potenzielle Beeinträchtigung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden kann. Ein entsprechendes Wettbewerbsverhältnis wird wesentlich durch die gemeinsame Zugehörigkeit zur selben Branche begründet.

OLG München, Urt. v. 27.4.2023, 29 U 7344/21, Tz. 32 - Irische Impotenzfernbehandlung

Bei der Beurteilung, ob Waren oder Dienstleistungen „gleicher oder verwandter Art“ sind, kommt es nicht auf öffentlich-rechtliche Vorgaben an, sondern ... im Rahmen einer weiten Auslegung vielmehr darauf, ob der Absatz des einen Unternehmers durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen Unternehmers beeinträchtigt werden kann. Da grundsätzlich irgendein Handeln des beklagten Unternehmers ausreicht, ist nicht entscheidend, welchen regulatorischen Abgrenzungen und Einordnungen seine Tätigkeit unterfällt, sondern vielmehr die Frage, ob es sich beeinträchtigend auf das Handeln der Mitgliedsunternehmen des klagenden Verbandes auswirken kann.

OLG Bremen, Hinweisbeschl. v. 24.1.2024, 2 U 60/23

Die Beteiligten müssen nicht denselben Kundenkreis haben und müssen nicht derselben Wirtschafts- oder Handelsstufe angehören. Ebenso ist die Vertriebsform unbeachtlich.

Beispiele

KG Berlin, Urt. v. 27.11.2015, 5 U 20/14, I.3.b

Die streitgegenständlichen Werbeaussagen beziehen sich zwar konkret auf  Medizinprodukte zur Cellulite-Behandlung. Zu den dadurch berührten Branchen gehören aber neben der Branche der Hersteller von Medizinprodukten auch die Branchen, die ihrer Art nach von Cellulite-Behandlungen berührt werden. Cellulite-Behandlungen sind zwar in der Regel keine Heilbehandlungen. Cellulite kann aber einerseits im Rahmen der Schönheitschirurgie behandelt werden. Damit sind branchenmäßig insbesondere Ärzte, Kliniken und Krankenhäuser befasst. Cellulite in einem größeren Umfang kann auch eine erhebliche psychische Bedeutung erlangen und unter diesem Gesichtspunkt medizinische Hilfe erfordern. Als problematisch empfundene Cellulite kann andererseits auch kosmetisch jedenfalls kaschiert werden. Insoweit ist die Kosmetikbranche angesprochen. Neben einer sportlichen Betätigung kann auch das Ernährungsverhalten und ein Abbau von Körperfett Einfluss auf eine Cellulite haben und insoweit bieten etwa Apotheken und Hersteller von Naturheilmitteln (als Branche verstanden) Produkte.

KG Berlin, Urt. v. 2.6.2017, 5 U 196/16

Maßgeblich für die Beurteilung, ob die Mitglieder des Antragstellers der Antragsgegnerin auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt als Wettbewerber begegnen, also um Kunden konkurrieren können, ist nicht ein “Markt für ästhetische Anwendungen wie CoolSculpting", sondern vielmehr weitergehend der Markt zur Herbeiführung einer verschlankenden Veränderung von Körperformen (beispielsweise durch Fettreduktion). Eine derartige Veränderung, wie sie die Antragsgegnerin mit ihrer Behandlungsmethode anstrebt, lässt sich alternativ auch durch Diät, Sport, Nahrungsergänzungsmittel, (Heil-)Fasten und/oder plastische Chirurgie (Fettabsaugung) erreichen (vgl. auch OLG Celle v. 27.03.2017 - 13 U 199/16 - II 2a bb). Dass insoweit anders als bei ihrer Dienstleistung eine gezielte Fettentfernung so nicht möglich sei, schließt eine von der Kundschaft gleichwohl in Erwägung gezogene Substitution nicht aus, ist dies doch - im Gegenteil - gerade ein Werbeargument für die Antragsgegnerin, um Interessenten weg von besagten Alternativen und hin zu ihrer Dienstleistung zu bewegen (vgl. auch OLG Celle v. 11.05.2017 - 13 U 199/16 - I 1b).

OLG Schleswig, Urt. v. 3.8.2023, 6 U 64/22, Tz. 19

Nahrungsergänzungsmittel und allgemeine Lebensmittel einerseits sind ebenso wie diätetische Mittel und Arzneimittel andererseits Waren verwandter Art (KBF/Köhler/ Feddersen, § 8 Rn. 3.41; TPL/Hofmann, § 8 Rn. 229). Nach der Lebenserfahrung ist die Notwendigkeit der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln eng mit den Ernährungsgewohnheiten insgesamt verbunden, so dass auch Lebensmittelunternehmen, Lebensmittelhersteller und Unternehmen, die Naturheilmittel oder diätetische Mittel vertreiben, mit Waren verwandter Art handeln (BGH GRUR 2015, 1140, 1141 Rn. 11 - Bohnengewächsextrakt; BGH GRUR 1997, 541, 542). Sind in Nahrungsergänzungsmitteln zudem Inhaltsstoffe wie Vitamine enthalten, die auch die pharmazeutische Industrie anbietet, so stehen auch hierzu gehörige Unternehmen im Wettbewerb mit Unternehmen, die Nahrungsergänzungsmittel anbieten (BGH GRUR 1997, 541, 542 - Produkt-Interview).

OLG Schleswig, Urt. v. 3.8.2023, 6 U 64/22, Tz. 20

Wie Lebensmittel, so ergänzen sich auch Futter- und Futterergänzungsmittel. Beide werden deshalb auf dem gleichen Markt wie Futtermittel allgemein vertrieben.

OLG Hamm, Urt. v. 29.8.2023, 4 U 222/22, Tz. 39

Ein abstraktes Wettbewerbsverhältnis besteht grundsätzlich auch im Arzneimittel- und Heilbehandlungsbereich bei dem Vertrieb von Arzneimitteln einerseits und dem Vertrieb von Dienstleistungen zur Durchführung von Heilbehandlungen andererseits. Dies ergibt sich nicht nur aus der gemeinsamen Zweckbestimmung, der Gesundheit der Patienten zu dienen. In einer nicht zu vernachlässigenden Zahl von Fällen wird nach der Lebenserfahrung vielmehr auch zwischen der Behandlung mit Hilfe von Arzneimitteln und einer (ärztlichen) Heilbehandlung gewählt mit der Folge, dass der Absatz von Arzneimitteln den Umsatz mit Heilbehandlungen beeinträchtigen kann und umgekehrt.

Zur Bewerbung einer diagnostischen Untersuchung mit dem Ziel der Verschreibung eines Arzneimittel:

OLG München, Urt. v. 27.4.2023, 29 U 7344/21, Tz. 31 - Irische Impotenzfernbehandlung

Die seitens der Beklagten für den hier zu entscheidenden Unterlassungsantrag maßgeblichen Vermittlungsleistungen im Hinblick auf die ärztliche Fernbehandlung sind nicht diagnoseoffen und allgemein auf Diagnostik und Behandlung im Bereich der Männergesundheit gerichtet, sondern darauf, nach Auswertung eines Fragebogens in eine „Online-Diagnose“ dreier konkreter Beschwerdebilder – den Erektionsstörungen, dem Haarausfall und dem vorzeitigen Samenerguss – sowie die anschließende Verschreibung bestimmter auf der Internetseite sichtbarer und konkret vorgegebener Medikamente bzw. Wirkstoffe (Sildenafil, Cialis, Viagra, Tadalafil, Levitra, Spedra) einzumünden. Die Vermittlung der ärztlichen Fernbehandlung ist damit nicht Selbstzweck, sondern aufgrund der Verschreibungspflicht dieser Arzneimittel nach § 48 AMG nur notwendiger Zwischenschritt, um die bei lebensnaher Betrachtung vom Kunden von vornherein gewünschte Abgabe der Medikamente mit starkem Lifestyle-Bezug ebenfalls vermitteln zu können. Damit besteht für den Vertrieb von Arzneimitteln durch die Mitgliedsunternehmen der Klägerin infolge der Vermittlungsleistungen der Beklagten betreffend die ärztliche Fernbehandlung eine im Rahmen von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG a.F. bereits ausreichende, nicht gänzlich unbedeutende potenzielle Beeinträchtigung mit einer gewissen – bei realistischer Betrachtung – sogar nicht nur ganz geringen Wahrscheinlichkeit.

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Auf demselben Markt in räumlicher Hinsicht

Der relevante Markt kann sich auf ganz Deutschland erstrecken, Er kann sich jedoch auch auf einen mehr oder weniger großen regionalen Teil beschränken. Maßgeblich ist, ob Verbandsmitglieder auch räumlich die relevanten Waren oder Dienstleistungen auf demselben Markt anbieten wie der Unternehmer, dessen Verhalten beanstandet wird.

Ausgangspunkt der Prüfung ist dabei der Markt, den der angegriffene Unternehmer tatsächlich bedient oder mit dem beanstandeten Verhalten anspricht.

BGH, Urt. v. 23.10.2008, I ZR 197/06, Tz. 8 – Sammelmitgliedschaft VI

Zur Bestimmung des räumlich relevanten Marktes kommt es allein auf die Geschäftstätigkeit der Unterlassungsschuldners an.

In einem zweiten Schritt ist das Verbreitungsgebiet des Mediums festzustellen. Der räumlich relevante Markt für eine beanstandete Werbung kann nicht weiter sein als die Reichweite des Mediums, in dem sie verbreitet wird.

In einem dritten Schritt ist zu prüfen, ob sich das beanstandete Verhalten potentiell auf die Geschäftstätigkeit der Mitgliedsunternehmen des Verbandes auswirken kann. Die Anforderungen einer Beeinträchtigung sind gering. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls.

OLG Hamm, Urt. v. 29.8.2023, 4 U 222/22, Tz. 40

Die (mittelbaren) Mitglieder des Klägers und der Beklagte begegnen sich als Wettbewerber auf demselben räumlichen Markt, weil der Beklagte für seine Dienstleistungen über das Internet bundesweit ... wirbt. Es ist überdies davon auszugehen, dass die Werbung des Beklagten für die von ihm angebotenen Haartransplantationen auch tatsächlich bundesweit auf Interesse stößt, weil es für Patienten, die an einer Inanspruchnahme dieser Dienstleistung interessiert sind, (anders als etwa bei den Dienstleistungen eines Hausarztes) weniger auf eine besondere geographische Nähe zwischen ihrem Wohnsitz und dem Standort der Transplantationspraxis als vielmehr auf andere Kriterien wie z.B. den Ruf des Transplanteurs oder die von ihm angewandte Technik ankommen dürfte.

OLG Celle, Urt. v. 2.8.2012, 13 U 4/12

Der räumlich maßgebliche Markt wird im Wesentlichen durch die Reichweite der Geschäftstätigkeit des werbenden Unternehmens bestimmt. Er kann örtlich oder regional begrenzt sein. Die Marktstellung des werbenden Unternehmens, die Attraktivität seines Angebots und die Reichweite seiner Werbung können für die Bestimmung der Grenzen des Marktes maßgeblich sein (vgl. BGH, GRUR 1998, 170 – Händlervereinigung, im Überblick: Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 2 Rdnr. 106 c).

Ebenso OLG Bremen, Hinweisbeschl. v. 24.1.2024, 2 U 60/23

Bei der Werbung im Internet ist der räumliche Markt in der Regel ganz Deutschland, es sei denn, dass es sich der Art nach um Waren handelt, die nicht verschickt werden (vgl. OLG Celle, Urt. v. 31.7.2018, 13 U 26/18, II.1.a; OLG Celle, Urt. v. 2.8.2012, 13 U 4/12), oder um Dienstleistungen, die vor Ort in Anspruch genommen werden und für deren Inanspruchnahme niemand weite Reisen tätigt.

OLG Rostock, Beschl. v. 12.3.2021, 2 U 15/20

Der Wortlaut des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG hebt nicht auf alle Mitglieder des Verbandes ab, sondern nur auf die konkret dem betreffenden Markt zurechenbaren. Anderenfalls liefe die vom Gesetzgeber gewollte Begrenzung auf bestimmte Märkte ins Leere. Dass dies zur Folge haben kann und oftmals auch haben wird, dass ein / derselbe Verband nicht per se bundesweit klagebefugt ist, sondern sich ein fragmentarisches Bild mit regionalen Unterschieden ergibt – bei branchenübergreifenden Verbänden ggf. außerdem auch mit Unterschieden je nach Branchenbereich –, ist im System des Verbandsklagewesens, wie § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG es konstituiert, angelegt und damit im Zuge der Rechtsanwendung hinzunehmen. Dass sich vorliegend insbesondere auch aus dem Gesichtspunkt einer etwaigen Branchenverbandseigenschaft des Klägers nichts anderes ergibt, hat das Landgericht rechtlich zutreffend hervorgehoben.

Zu die Salzgrottenwerbung eines Dermatologen im Internet:

OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.12.2018, 1 U 41/18, B.I.3.c

Der Kläger greift die Werbung der Beklagten im Internet für eine bestimmte therapeutische Methode zur Behandlung von Hauterkrankungen wie Neurodermitis an. … Die Werbung der Beklagten richtet sich, da im Internet geschaltet, an ein bundesweites Publikum und mit Blick darauf, dass unter Atem- und Hauterkrankungen leidende Patienten nach allgemeiner Erfahrung durchaus bereit sind, auch weit entfernte Therapiemöglichkeiten (Kuraufenthalt an der Nordsee) in Anspruch zu nehmen und nicht in jeder deutschen Stadt Anbieter vorhanden sind, die über vergleichbare Einrichtungen wie diejenige der Beklagten verfügen, ist davon auszugehen, dass Interessenten für einen Besuch in der Salzgrotte der Beklagten auch weitere Wege auf sich nehmen.

Zum Glücksspielmarkt in Mecklenburg-Vorpommern:

OLG Rostock, Beschl. v. 12.3.2021, 2 U 15/20

Dass das Landgericht den räumlich einzubeziehenden Markt im Ausgangspunkt mit einem Radius von etwa 25 km veranschlagt hat, erscheint dem Senat plausibel, zumal die Kammer mit dem näher erläuterten Einbezug des Schweriner Raumes bzw. der Bildung einer Standortachse zwischen Schwerin und Wismar lebensnah auf die konkreten regionalen Strukturen abgestellt und nicht lediglich formal eine mehr oder minder willkürlich gegriffene Luftlinie zu Grunde gelegt hat. Allgemein ist in der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass bei Spielhallen in der Regel nur auf den näheren räumlichen Einzugsbereich – unter Umständen nur auf unmittelbar benachbarte Gemeindegebiete – abzustellen ist, weil die betreffenden Konsumentenkreise in der Regel keine weiten Wege in Kauf nehmen, um dem Glücksspiel nachzugehen (OLG Brandenburg, Urt. v. 8.10.2019 – 6 U 51/18, Tz. 26; OLG Frankfurt, Urt. v. 13.6.2019, 6 U 141/18, Tz. 27).

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Vertreiben

Mit dem Vertreiben ist der Absatz der Waren oder Dienstleistungen auf dem relevanten Markt gemeint. Die Herstellung der Waren allein reicht nicht aus. Auch Nachfragehandlungen auf dem relevanten Markt, die bei Mitbewerbern ein Wettbewerbsverhältnis begründen, sind bei Verbänden nicht geeignet, das erforderliche Wettbewerbsverhältnis zwischen Verbandsmitgliedern und dem Unternehmen, dessen Verhalten beanstandet wird, zu begründen. Teilweise wird für eine analoge Anwendung auf Nachfragehandlungen plädiert (so Köhler in Köhler/Bornkamm § 8, Rdn. 3.37; Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, § 8, Rdn. 100).

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Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6MCDtOOy0