Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

 

 

§ 78 AMG Preise

§ 78 AMG auf dem europarechtlichen Prüfstand

1. Rahmenbedingungen der Preisregulierung

Festzuschlag nach § 2 AMPreisV

2. Sinn und Zweck

3. Marktverhaltenregel gem. § 3a UWG

4. §129 Abs. 3 SGB V

5. Verhältnis zu § 7 HWG

6. Abgabe

6. Rabatte, Gutscheine, Boni, Skonti, Zugaben

Skonto

Zugaben

Werbekostenzuschuss

8. Werbung mit Preisvorteilen

9. Bagatelle

10. Geltung für den pharmazeutischen Unternehmer

11. Geltung für ausländische Apotheken

12. Ausnahmen

Individuell zusammengestellte Arzneimittelblister

12. Irreführende Werbung mit Arzneimittelpreisen

§ 78 AMG auf dem europarechtlichen Prüfstand

Preise von Arzneimitteln waren bis zum 19.10.2016 in weiten Bereichen reguliert. Die Einzelheiten ergaben sich aus § 78 AMG in Verbindung mit der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV).

§ 78 AMG findet auf den grenzüberschreitenden Warenverkehr innerhalb der Europäischen Union keine Anwendung. Im Inland gilt er aber weiter.

EuGH, Urt. v. 19.10.2016, C-148/15, Tz. 24 f– Preisbindung für Arzneimittel

Traditionelle Apotheken sind grundsätzlich besser als Versandapotheken in der Lage, Patienten durch ihr Personal vor Ort individuell zu beraten und eine Notfallversorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Da Versandapotheken mit ihrem eingeschränkten Leistungsangebot eine solche Versorgung nicht angemessen ersetzen können, ist davon auszugehen, dass der Preiswettbewerb für sie ein wichtigerer Wettbewerbsfaktor sein kann als für traditionelle Apotheken, weil es von ihm abhängt, ob sie einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt finden und auf diesem konkurrenzfähig bleiben.

Aus diesem Grund und da der Versandhandel für einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt für in anderen Mitgliedstaaten ansässige Apotheken ein wichtigeres Mittel als für in Deutschland ansässige Apotheken bzw. – wegen der Besonderheiten des deutschen Marktes – sogar das einzige Mittel ist, berührt die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung die Abgabe nationaler Arzneimittel und die Abgabe von Arzneimitteln aus anderen Mitgliedstaaten nicht in gleicher Weise.

EuGH, Urt. v. 19.10.2016, C-148/15, Tz. 34, 39 f, 45 – Preisbindung für Arzneimittel

Zwar fällt das Ziel der Gewährleistung einer flächendeckenden sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung grundsätzlich unter Art. 36 AEUV, doch lässt sich eine Regelung, die eine durch den Vertrag gewährleistete Grundfreiheit wie den freien Warenverkehr beschränken kann, nur dann mit Erfolg rechtfertigen, wenn sie geeignet ist, die Verwirklichung des verfolgten legitimen Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. ...

... Zu dem auf eine qualitativ hochwertige Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gestützten Argument ist festzustellen, dass dem Gerichtshof … keine Belege dafür vorgelegt wurden, dass sich die Versandapotheken ohne eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende einen Preiswettbewerb liefern könnten, so dass wichtige Leistungen wie die Notfallversorgung in Deutschland nicht mehr zu gewährleisten wären, weil sich die Zahl der Präsenzapotheken in der Folge verringern würde. …

Ferner liegen dem Gerichtshof … keine hinreichenden Nachweise dafür vor, dass sich ein Preiswettbewerb bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nachteilig auf die Wahrnehmung bestimmter Gemeinwohlverpflichtungen wie die Herstellung von Rezepturarzneimitteln und die Bereitstellung eines gewissen Vorrats und Sortiments an Arzneimitteln durch die traditionellen Apotheken auswirken würde. Es könnte sich im Gegenteil herausstellen, dass für die traditionellen Apotheken, wenn sie sich einem Preiswettbewerb der Versandapotheken gegenübersehen, ein Anreiz bestünde, solche Aktivitäten zu entfalten.  ...

... Nach alledem erweist sich eine Beschränkung wie die sich aus der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung ergebende als nicht geeignet, die angeführten Ziele zu erreichen, und kann daher nicht als durch die Verwirklichung dieser Ziele gerechtfertigt angesehen werden.

Zur Fortsetzung dieses Verfahrens vor dem OLG Düsseldorf siehe OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.4.2017, I-20 U 149/13; s.a. BGH, Urt. v. 20.2.2020, I ZR 5/19, Tz. 18 - Sofort-Bonus II; BSG, Urt. v. 14.6.2023, B 3 KR 8/22 R

Damit stehen auch andere gesetzliche Regelungen wie § 7 HWG auf dem Prüfstand.

BGH, Beschl. v. 13.7.2023, I ZR 182/22 – Gutscheinwerbung

Unterliegt Werbung für den Bezug verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem gesamten Warensortiment einer Apotheke dem Anwendungsbereich der Regelungen zur Werbung für Arzneimittel in der Richtlinie 2001/83/EG (Titel VIII und VIIIa, Art. 86 bis 100)?

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.4.2017, I-20 U 149/13, Tz. 69

Da die Preisvorschriften im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz HWG in der vorliegenden Konstellation europarechtswidrig sind, würde ... die in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz HWG normierte Ausnahme vom Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1. Halbsatz HWG mit der Folge entfallen, dass die in der Rabattgewährung liegende Zuwendung zulässig wäre.

Bei nicht grenzüberschreitenden Sachverhalten gilt die Arzneimittelpreisbindung weiter:

BGH, Urt. v. 20.11.2018, I ZR 237/16, Tz. 34 ff - Versandapotheke

Auf einen rein innerstaatlichen Sachverhalt ohne grenzüberschreitenden Bezug sind die Regelungen der Art. 34 bis 36 AEUV nicht anwendbar.

Es folgt im Urteil eine umfangreiche Begründung zur europarechtlichen Situation und den verfassungsrechtlichen Auswirkungen, insbesondere unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 GG und der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG.

Sehr ausführlich und unter Berücksichtigung der Marktverhältnisse auch BVerwG, Urt. v. 9.7.2020, 3 C 21/18, Tz. 15 ff. Ebenso zuvor schon

OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 8.9.2017, 13 A 2979.15, Tz. 108, 110

Die für inländische Apotheken fortbestehende Preisbindung ist nicht zu beanstanden. Sie ist insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der Inländerdiskriminierung infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016 nicht unverhältnismäßig (geworden). Den Apothekern, denen die Vorteile des im Bundesgebiet bestehenden Apothekenmonopols zugutekommen, ist eine Beschränkung ihrer wirtschaftlichen Entfaltungsfreiheit durch die Preisbindung auch unter Berücksichtigung des gegenwärtig in Folge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs bestehenden Preiswettbewerbs mit EU-Versandapotheken noch zumutbar. Vor dem Hintergrund des derzeit noch geringen Umsatzanteils ausländischer Versandapotheken an rezeptpflichtigen Arzneimitteln ist jedenfalls derzeit nicht zu beanstanden, wenn dem Ziel der Bekämpfung eines innerhalb Deutschlands geführten Preiskampfes Vorrang vor der Ermöglichung eines - mit nicht konkret absehbaren Folgen verbundenen - Preiswettbewerbs mit ausländischen Versandapotheken zukommt. ...

... Die Preisbindung steht mit Art. 3 Abs. 1 GG im Einklang. Die aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016 folgende Inländerdiskriminierung ist nicht an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen, da es schon an einer Ungleichbehandlung durch denselben Normgeber fehlt und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Gesetzgeber nur verpflichtet ist, in seinem eigenen Herrschaftsbereich den Gleichheitssatz zu wahren.

Es begründet in seiner Entscheidung darüber hinaus umfangreich, dass die Arzneimittelpreisbindung von Art. 12 GG gedeckt ist (Tz. 77 ff) und kein Widerspruch zu europäischem Sekundärrecht besteht (Tz. 114 ff). Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 2.11.2017, 6 U 164/16, II.2.d – Brötchen-Gutschein; KG Berlin, Urt. v. 13.3.2018, 5 U 97/15, Tz. 42.  Dazu nun auch ausführlich BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 206/17, Tz. 33 ff  – Brötchen Gutschein.

Das Verbot eines Gewinnspiels gegenüber einer niederländischen Apotheke verstößt nicht gegen Art. 34 AEUV:

BGH, Urt. v. 18.11.2021, I ZR 214/18, Tz. 65 - Gewinnspielwerbung II

Bei dem hier in Rede stehenden Verbot einer Werbung mit der Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel führt die Anwendung von § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG aF in Verbindung mit § 78 Abs. 1 Satz 1 und §§ 1, 3 AMPreisV nicht zu einem absoluten Verbot eines Preiswettbewerbs. § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG aF stellt daher - bezogen auf den Streitfall - keine nach Art. 34 AEUV verbotene Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit dar. Nationale Vorschriften, die in bestimmten Bereichen bestimmte Formen der Werbung verbieten, die den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren, sind Verkaufsmodalitäten, die nicht in den Anwendungsbereich von Art. 34 AEUV fallen (EuGH, GRUR 2021, 1325 Rn. 40 - DocMorris). Bei dem hier in Rede stehenden Verbot der Gewinnspielwerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel handelt es sich um eine solche Verkaufsmodalität, weil sich das Verbot nicht auf ein bestimmtes Erzeugnis - im vorliegenden Fall ein Arzneimittel - bezieht, sondern auf die Werbung für den Verkauf eines beliebigen Arzneimittels im Versandhandel, unabhängig davon, ob das Arzneimittel aus Deutschland oder aus anderen Mitgliedstaaten stammt (EuGH, GRUR 2021, 1325 Rn. 42 bis 43 - DocMorris).

Rahmenbedingungen der Preisregulierung

BGH, Urt. v. 8.2.2024, I ZR 91/23, Tz. 16 - Großhandelszuschläge II

Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel hat ihre Grundlage in § 78 AMG. Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG ist ein einheitlicher Apothekenabgabepreis für Arzneimittel zu gewährleisten, die vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossen sind. Danach müssen Apotheken bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Patienten einheitliche Preise verlangen. Für diese Arzneimittel haben zudem die pharmazeutischen Unternehmer nach § 78 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 AMG einen einheitlichen Abgabepreis sicherzustellen. In § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG wird der Verordnungsgeber ermächtigt, Preisspannen für Arzneimittel, die im Großhandel oder in Apotheken im Wiederverkauf abgegeben werden, festzusetzen. Nach § 78 Abs. 1 Satz 3 AMG gelten die Preisvorschriften für den Großhandel aufgrund von § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG auch für pharmazeutische Unternehmer, die eine Tätigkeit nach § 4 Abs. 22 AMG - also den Großhandel mit Arzneimitteln - ausüben, bei der Abgabe an Apotheken, die die Arzneimittel zur Abgabe an den Verbraucher beziehen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AMPreisV in der für die streitgegenständliche Preisliste der Beklagten mit Stand vom 15. Juli 2019 maßgeblichen, vom 11. Mai 2019 bis zum 26. Juli 2023 geltenden Fassung sind bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch den Großhandel an Apotheken oder Tierärzte auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ein Festzuschlag von 70 Cent (seit dem 27. Juli 2023: 73 Cent) sowie die Umsatzsteuer zu erheben; zusätzlich darf auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer höchstens ein Zuschlag von 3,15 %, höchstens jedoch 37,80 € erhoben werden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AMPreisV).

OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16, II.3.a

Für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel ist ein einheitlicher Apothekenabgabepreis der Apotheken nicht vorgeschrieben, die Arzneimittelpreisverordnung gilt hierfür nicht (vgl. § 1 Abs. 4 AMPreisV).

OLG Brandenburg, Urt. v. 6.6.2023, 6 U 86/21, II.2.c

Verschreibungspflichtige Medikamente sind nach § 78 AMG auf unterschiedlichen Vertriebsstufen Gegenstand der Preisbindung: Pharmazeutische Unternehmer sind nach § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG verpflichtet, einen einheitlichen Abgabepreis für solche Arzneimittel sicherzustellen, die vom Verkauf außerhalb der Apotheken ausgeschlossen sind, Apotheken müssen für diese Arzneimittel einen einheitlichen Apothekenabgabepreis gewährleisten, also bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Patienten einheitliche Preise verlangen (§ 78 Abs. 2 Satz 2 AMG). Für den dazwischen geschalteten Großhandel ermächtigt § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG den Verordnungsgeber, Preisspannen für Arzneimittel festzusetzen, die im Großhandel oder in Apotheken im Wiederverkauf abgegeben werden. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber mit der AMPreisV Gebrauch gemacht.

BGH, Urt v. 9.9.2010, I ZR 193/07, Tz. 16 - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE

Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 AMG ist für die verschreibungspflichtigen (Fertig-)Arzneimittel und die zwar nicht verschreibungs-, aber apothekenpflichtigen (Fertig-)Arzneimittel, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden, ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten. Die Einzelheiten regelt die auf der Grundlage des § 78 Abs. 1 AMG ergangene Arzneimittelpreisverordnung. Diese legt für verschreibungspflichtige Arzneimittel in § 2 die Preisspannen des Großhandels bei der Abgabe im Wiederverkauf an Apotheken und in § 3 die Preisspannen der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf jeweils zwingend fest (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 4 AMPreisV). Die Bestimmung des § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG stellt die Rechtslage insoweit zusammenfassend klar, als danach ein einheitlicher Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers für alle Arzneimittel zu gewährleisten ist, soweit für diese verbindliche Preise und Preisspannen durch die Arzneimittelpreisverordnung bestimmt sind. Erst hierdurch ergibt sich in Verbindung mit den Handelszuschlägen, die die Arzneimittelpreisverordnung festlegt, ein einheitlicher, bei der Abgabe an den Endverbraucher verbindlicher Apothekenabgabepreis. Diese Regelungen sollen insbesondere gewährleisten, dass die im öffentlichen Interesse gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt ist (vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BT-Drucks. 11/5373 Anl. 2 S. 27).

S.a. OLG Köln, Urt. v. 19.2.2014, 6 U 113/13; OLG Köln, Urt. v. 19.2.2014, 6 U 103/13; OLG Hamm, Urt. v. 11.6.2015, 4 U 12/15, Tz. 69

BGH, Urt. v. 5.3.2015, I ZR 185/13, Tz. 14 - Patientenindividuell zusammengestellte Arzneimittelblister

Nach § 78 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 AMG haben pharmazeutische Unternehmer im Sinne von § 4 Abs. 18 AMG für apothekenpflichtige Arzneimittel, für die nach § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten ist, einen einheitlichen Abgabepreis sicherzustellen, wenn für sie durch die gemäß § 78 Abs. 1 AMG erlassene Arzneimittelpreisverordnung Preise und Preisspannen bestimmt sind. Zu diesem Zweck werden im Humanarzneimittelbereich bei Fertigarzneimitteln im Sinne von § 4 Abs. 1 AMG gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 AMPreisV die Preisspannen des Großhandels bei der Abgabe im Wiederverkauf an Apotheken und gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2, §§ 3, 6 und 7 AMPreisV die Preisspannen und Preise der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf festgelegt. Davon ausgenommen sind nach § 1 Abs. 4 AMPreisV die Preisspannen und Preise für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel und nach § 1 Abs. 3 Satz 1 AMPreisV die Preisspannen und Preise der Apotheken in den dort aufgeführten Fällen der Arzneimittelabgabe. Danach muss der pharmazeutische Unternehmer einen einheitlichen Abgabepreis nur sicherstellen, wenn das Arzneimittel der Arzneimittelpreisverordnung unterfällt. Das ist bei den individuell für Patienten hergestellten Arzneimittelblistern nicht der Fall. Diese sind nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen.

BGH, Urt. v. 8.5.2013, I ZR 98/12, Tz. 10 - RezeptBonus

Die auf der Grundlage des § 78 Abs. 1 AMG in der Arzneimittelpreisverordnung näher geregelte Preisregulierung ist, da sie der Versorgungssicherheit dient, in verfassungsrechtlicher Hinsicht als wirtschaftliches Gegengewicht zum Apothekenmonopol des § 43 Abs. 1 AMG grundsätzlich gerechtfertigt (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 122. Lief. 2012, § 78 AMG Anm. 3; Hofmann in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2012, § 78 Rn. 28 mwN). … Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit diesen Regelungen wiederholt befasst, ohne insoweit Anlass für Bedenken zu sehen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19.9.2002, 1 BvR 1385/01, NJW 2002, 3693).

OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16, II.1.b.cc  - Smiles®Plus Partnerprogramm

Die Beklagte kann sich nicht auf eine „Mischkalkulation“ ihres Bonuspunktesystems berufen. Entgegen der Annahme des Landgerichts kann bei der Prüfung, ob die gewährten Bonuspunkte gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV verstoßen, nicht auf eine umsatzbezogene Gesamtbetrachtung der Beklagten abgestellt werden. … § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV stellt jedoch nach seinem klaren Wortlaut auf die einzelnen Fertigarzneimittel ab.

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Festzuschlag nach § 2 AMPreisV

BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 172/16, Tz. 24 – Großhandelszuschläge

Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel hat ihre Grundlage in § 78 AMG. Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG ist ein einheitlicher Apothekenabgabepreis für Arzneimittel zu gewährleisten, die vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossen sind. Danach müssen Apotheken bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Patienten einheitliche Preise verlangen. Für diese Arzneimittel hat zudem der pharmazeutische Unternehmer nach § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG einen einheitlichen Abgabepreis sicherzustellen. In § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AMG wird der Verordnungsgeber ermächtigt, Preisspannen für Arzneimittel, die im Großhandel, in Apotheken oder von Tierärzten im Wiederverkauf abgegeben werden, und Preise für Arzneimittel, die in Apotheken oder von Tierärzten hergestellt und abgegeben werden, festzusetzen. Nach § 78 Abs. 1 Satz 3 AMG gelten die Preisvorschriften für den Großhandel aufgrund von § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG auch für pharmazeutische Unternehmer bei der direkten Abgabe an Apotheken, die die Arzneimittel zur Abgabe an den Verbraucher beziehen.

BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 172/16, Tz. 29 ff – Großhandelszuschläge

Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV ist sprachlich eindeutig. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV "darf" auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Umsatzsteuer "höchstens" ein Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro, zuzüglich eines Festzuschlags von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer "erhoben werden". Diese Regelung stellt die Erhebung von Zuschlägen in das Ermessen des Großhandels (KG, GRUR-RR 2013, 78, 79). Zu Unrecht wird dem im Schrifttum entgegengehalten, damit werde die Neufassung dieser Vorschrift durch Art. 8 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (AMNOG) vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I, S. 2262) nicht berücksichtigt (Meyer, PharmR 2013, 39). Die sprachliche Struktur der Regelung der Großhandelszuschläge in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV ("darf ... höchstens ... erhoben werden") ist weder durch Art. 8 Nr. 1 AMNOG noch durch vorangehende Änderungen der Arzneimittelpreisverordnung angetastet worden. Diese Struktur ist seit ihrer Einführung am 1. Januar 1981 im Grundsatz unverändert geblieben. Die Regelung sah bereits in der Fassung vom 1. Januar 1981 vor, dass bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer "höchstens Zuschläge nach Absatz 2 oder 3 sowie die Umsatzsteuer erhoben" werden "dürfen". Durch Art. 8 Nr. 1 AMNOG haben sich allein die Zuschläge geändert, die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV vom Großhandel auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers aufgeschlagen werden können. Damit wird nach dem Wortlaut in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV ("darf ... höchstens ... erhoben werden") nicht ein Fest- oder Mindestpreis, sondern ein Höchstpreis festgelegt. Für die Festlegung eines Mindestpreises hätte der Gesetzgeber, der in Art. 8 Nr. 1 AMNOG den Wortlaut dieser Verordnung festgelegt hat, Begriffe verwenden müssen, aus denen sich ergibt, dass der Großhandel auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers "mindestens" den genannten Festzuschlag aufschlagen "muss".

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann aus der Verwendung des Wortes "Festzuschlag" nicht geschlossen werden, dass dieser Zuschlag stets zu erheben ist. Mit der Beschreibung des Zuschlags von 70 Cent als "fest" wird vom Wortlaut her lediglich zum Ausdruck gebracht, dass es sich um einen Zuschlag in Höhe eines festen Betrags handelt, der im Gegensatz zu dem variablen Aufschlag von 3,15 Prozent vom Preis des jeweiligen Arzneimittels unabhängig ist.

Soweit die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV einen "Festzuschlag" und die "Umsatzsteuer" als solche Zuschläge nennt, die der Unternehmer erheben "darf", ergibt sich hieraus nichts anderes (Zwenke/Hoßbach, MPR 2016, 130, 131; aA OLG München, Urteil vom 23. Februar 2017 - 29 U 2934/16, juris Rn. 46; Meyer, PharmR 2016, 56, 61 f.). Die Regelung zählt enumerativ die zulässigen Zuschläge auf, die dem Großhandel bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln an Apotheken gestattet sind. Daraus folgt lediglich, dass weitere Zuschläge unzulässig sind, nicht jedoch, dass diese Zuschläge stets zu erheben sind.

Ebenso KG GRUR-RR 2013, 78, Tz. 13; s.a. OLG Brandenburg, Urt. v. 6.6.2023, 6 U 86/21, II.2.c.bb Anderer Ansicht zuvor OLG Bamberg, Urt. v. 29.6.2016, 3 U 216/15. Tz. 66 OLG Saarbrücken, Urt. v. 31.8.2016, 1 U 150/15, B.II.3.c; OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16, II.1.b.aa  - Smiles®Plus Partnerprogramm

Wegen früherer Diskussionen wurde § 2 AMPreisV 2019 klarer gefasst.

OLG Brandenburg, Urt. v. 6.6.2023, 6 U 86/21, II.2.c.cc

Nach § 78 AMG, § 2 Abs. 1 AMPreisV ist eine Belieferung von Apotheken durch den pharmazeutischen Großhandel zu Preisen, die unter dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers zuzüglich eines Festzuschlages von 70 Cent liegen, unzulässig.

Dies ergibt sich im Grundsatz bereits aus dem Wortlaut, den § 2 Abs. 1 AMPreisV durch die Novellierung vom 06.05.2019 im Zuge des TSVG erhalten hat, auch wenn dort Skonti nicht ausdrücklich erwähnt werden. § 2 Abs. 1 AMPreisV ist in Abweichung zu der Vorfassung mit der Formulierung „sind... zu erheben“ zwingend ausgestaltet und lässt Ausnahmen nicht zu. Durch die Wendung im Imperativ, dass auf einen bestimmten Preis ein Festzuschlag „zu erheben“ ist, kommt zum Ausdruck, dass ein preislicher Spielraum nicht besteht (vgl. BGH, Urteil vom 05.10.2017 - I ZR 172/16 Rn. 33 zu § 3 AMPreisV).

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Sinn und Zweck

BGH, Urt. v. 9.9.2010, I ZR 193/07, Ls. – Unser Dankeschön an Sie !

Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind nach ihrem Zweck dazu bestimmt, den (Preis-)Wettbewerb unter den Apotheken zu regeln.

Ebenso OLG Celle, Urt. v. 19.12.2019, 13 U 87/18, Tz. 31

BGH, Urt. v. 5.3.2015, I ZR 185/13, Tz. 22 - Patientenindividuell zusammengestellte Arzneimittelblister

Mit der Gewährleistung einheitlicher Apothekenabgabepreise soll im Hinblick auf die Beratungs- und Schlüsselfunktion der Apotheken ein Preiswettbewerb auf der Handelsstufe der Apotheken ausgeschlossen oder jedenfalls vermindert und dadurch im öffentlichen Interesse die gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt und zudem das finanzielle Gleichgewicht des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung abgesichert werden.

Ebenso KG Berlin, Urt. v. 13.3.2018, 5 U 97/15, Tz. 41

OLG Frankfurt, Urt. v. 10.7.2014, 6 U 32/14, Tz. 5

Die genannten Bestimmungen des Arzneimittelpreisrechts sollen die Einhaltung eines einheitlichen Apothekenabgabepreises sichern, d.h. jeden Preiswettbewerb zwischen Apotheken beim Verkauf preisgebundener Arzneimittel verhindern.

S.a. OLG Hamm, Urt. v. 11.6.2015, 4 U 12/15, Tz. 65

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Marktverhaltenregel gem. § 3a UWG

 BGH, Urt. v. 9.9.2010, I ZR 193/07, Ls. – Unser Dankeschön an Sie !

Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV stellen Marktverhaltensregelungen i.S. des § 3a UWG dar.

Ebenso BGH, Urt. v. 18.11.2021, I ZR 214/18, Tz. 61 - Gewinnspielwerbung II; BGH, Urt. v. 5.10.2017, I ZR 172/16, Tz. 22 – Großhandelszuschläge; OLG Hamm, Urt. v. 11.6.2015, 4 U 12/15, Tz. 65; OLG Bamberg, Urt. v. 29.6.2016, 3 U 216/15. Tz. 64; OLG Saarbrücken, Urt. v. 31.8.2016, 1 U 150/15, B.II.3.c; OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16, II.1.b.ff, OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16, II.2.b.ff  - Smiles®Plus Partnerprogramm; OLG Celle, Urt. v. 19.12.2019, 13 U 87/18, Tz. 31

BGH, Urt. v. 8.2.2024, I ZR 91/23, Tz. 14 - Großhandelszuschläge II

Bei § 78 Abs. 1 AMG und § 2 AMPreisV handelt es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG handelt, weil sie nach ihrem Zweck dazu bestimmt sind, den (Preis-)Wettbewerb unter den Pharmagroßhändlern zu regeln.

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§ 129 Abs. 3 SGB V

BGH, Urt. v. 18.11.2021, I ZR 214/18, Tz. 66 f - Gewinnspielwerbung II

Die Werbung mit der Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel bei dem Vertrieb verschreibungspflichtiger Arzneimittel ist ... gemäß § 129 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB V in Verbindung mit § 78 Abs. 1 Satz 1 AMG, §§ 1, 3 AMPreisV unzulässig.

Nach § 129 Abs. 3 Satz 2 SGB V dürfen Apotheken verordnete Arz-neimittel an Versicherte als Sachleistungen nur abgeben und können unmittelbar mit den Krankenkassen nur abrechnen, wenn der Rahmenvertrag zwischen dem Bund der Krankenkassen und der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen In-teressen gebildeten Spitzenorganisation der Apotheker gemäß § 129 Abs. 2 SGB V für sie Rechtswirkung hat. Bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte als Sachleistungen sind Apotheken, für die der Rahmenvertrag Rechtswirkungen hat, zur Einhaltung der in der nach § 78 des Arzneimittelgeset-zes erlassenen Rechtsverordnung festgesetzten Preisspannen und Preise ver-pflichtet und dürfen Versicherten keine Zuwendungen gewähren (§ 129 Abs. 3 Satz 3 SGB V).

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Verhältnis zu § 7 Abs. 1 Nr. 2 HWG

BGH, Urt. v. 9.9.2010, I ZR 193/07, Ls. – Unser Dankeschön an Sie !

Die Bestimmungen der § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV sind neben § 7 HWG anwendbar. Die beiden Regelungsbereiche weisen unterschiedliche Zielsetzungen auf. Der Zweck der in § 7 HWG enthaltenen Regelung besteht vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht. durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst werden sollen. Er unterscheidet sich daher erheblich von den Zwecken, die mit der arzneimittelpreisrechtlichen Regelung verfolgt werden.

Ebenso BGH, Urt. v. 18.11.2021, I ZR 214/18, Tz. 60 - Gewinnspielwerbung II; BGH, Urt. v. 24.11.2016, I ZR 163/15, Tz. 16 - Freunde werben Freunde; OLG München, Urt. v. 12.4.2018, 6 U 1679/17, II.3

OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 8.9.2017, 13 A 2979.15, Tz. 72ff

Die Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes und die Preisbindungsvorschriften verfolgen unterschiedliche Zielsetzungen. Der Zweck der in § 7 HWG enthaltenen Regelungen besteht vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst werden sollen. Die Bestimmung der Preisbindungsvorschriften verhindert dagegen den (Preis-) Wettbewerb unter den Apotheken mit dem Ziel, auf diese Weise für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln Sorge zu tragen.

Nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWG gehen im Konfliktfalle die Preisvorschriften des AMG dem HWG vor (siehe dazu unten OLG Frankfurt, Urt. v. 10.7.2014, 6 U 32/14 und OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.4.2015, 6 U 17/15)

OLG Hamm, Urt. v. 11.6.2015, 4 U 12/15, Tz. 87

§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG sieht in seiner ab dem 13.08.2013 geltenden Fassung für den Geltungsbereich der arzneimittelrechtlichen Preisbindung eine heilmittelwerberechtliche Geringfügigkeitsschwelle generell und damit nicht (mehr) nur bei Barrabatten nicht vor, da solche eine Differenzierung sachlich nicht gerechtfertigt ist (vgl. BT-Drucksache 17/13770, S. 21).

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Abgabe

BGH, Urt. v. 26.2.2014, I ZR 77/09, Tz. 15 – Holland-Preise

Im Hinblick auf den Zweck des Arzneimittel- und Apothekenrechts, die Wirkung von Arzneimitteln zu ermöglichen und vor den mit ihrer Anwendung verbundenen Risiken zu schützen, liegt eine Abgabe im Sinne von § 78 AMG dann vor, wenn durch einen auf ein Arzneimittel bezogenen Vorgang bewusst und gewollt die Möglichkeit einer eigenen Verwendung in Form der Anwendung oder Weitergabe des Mittels durch einen anderen als den bisherigen Inhaber der Verfügungsgewalt geschaffen wird. Bei Abholmodellen liegt der Ort der Abgabe danach zwar grundsätzlich dort, wo die vom Empfänger mit der Abholung beauftragte Person das Mittel abholt. Bei entsprechenden Gestaltungen ist jedoch jeweils zu prüfen, ob tatsächlich eine dem unmittelbaren Besitz vergleichbare Zugriffsmöglichkeit besteht und ob zudem keine Gestaltung vorliegt, die allein dazu dient, zwingende apothekenrechtliche oder arzneimittelrechtliche Vorschriften zu umgehen.

OLG München, Urteil vom 26.06.2014, 29 U 800/13, II.1.a.bb

Im Hinblick auf den Zweck des Arzneimittel- und Apothekenrechts, die Wirkung von Arzneimitteln zu ermöglichen und vor den mit ihrer Anwendung verbundenen Risiken zu schützen, liegt eine Abgabe im Sinne des § 78 AG dann vor, wenn durch einen auf ein Arzneimittel bezogenen Vorgang bewusst und gewollt die Möglichkeit einer eigenen Verwendung in Form der Anwendung oder Weitergabe des Mittels durch einen anderen als den bisherigen Inhaber der Verfügungsgewalt geschaffen wird.

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Rabatte, Gutscheine, Boni, Skonti, Zugaben etc.

BGH, Urt. v. 9.9.2010, I ZR 193/07, Tz. 17 f – Unser Dankeschön an Sie !

Ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt nicht nur dann vor, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt. Die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung werden vielmehr auch dann verletzt, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen.

Insbesondere ein über einen bestimmten Geldbetrag lautender Gutschein stellt einen Vorteil im vorstehend genannten Sinn dar. Abweichendes kann allenfalls dann gelten, wenn der Gutscheinseinlösung wesentliche Hindernisse entgegenstehen oder die Vorteile nicht allein für den Erwerb des preisgebundenen Arzneimittels, sondern auch aus anderem Anlass gewährt werden, etwa weil der Kunde beim Erwerb Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen muss.

Ebenso BGH, Urt. v. 18.11.2021, I ZR 214/18, Tz. 49 ff - Gewinnspielwerbung II (zu einem Gewinnspiel); BGH, Urt. v. 20.11.2018, I ZR 237/16, Tz. 29 - Versandapotheke; BGH, Urt. v. 24.11.2016, I ZR 163/15, Tz. 37 - Freunde werben Freunde; BGH, Urt. v. 8.5.2013, I ZR 98/12, Tz. 12f - RezeptBonus; OLG Köln, Urt. v. 19.2.2014, 6 U 113/13, Tz. 31; OLG Köln, Urt. v. 19.2.2014, 6 U 103/13, Tz. 29; OLG Hamm, Urt. v. 11.6.2015, 4 U 12/15, Tz. 70; OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16, II.1.b.bb; OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16, II.1.b.bb  - Smiles®Plus Partnerprogramm; OLG Frankfurt, Urt. v. 2.11.2017, 6 U 164/16, II.2.a – Brötchen-GutscheinKG Berlin, Urt. v. 13.3.2018, 5 U 97/15, Tz. 32; OLG München, Urt. v. 12.4.2017, 6 U 1679/17, II.8; OLG Celle, Urt. v. 19.12.2019, 13 U 87/18, Tz. 35; OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.10.2022, 6 U 108/21, Tz. 52

BGH, Urt. v. 24.11.2016, I ZR 163/15, Tz. 37 - Freunde werben Freunde

So verhält es sich, wenn der Neukunde den korrekten Preis für das verschreibungspflichtige Arzneimittel mit der Aussicht entrichtet, seinem ihn werbenden Freund die ausgelobte Werbeprämie zu verschaffen. Dies lässt den Erwerb verschreibungspflichtiger Arzneimittel für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen als in einer anderen Apotheke, die keine entsprechende Werbeprämie gewährt.

OLG Celle, Urt. v. 19.12.2019, 13 U 87/18, Tz. 37

Ein Zweck der in § 78 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 1 AMG grundsätzlich vorgesehenen Beschränkung wird darin gesehen, dass durch die Verpflichtung, einen einheitlichen Apothekenabgabepreis sicherzustellen, die Gewährung von Rabatten seitens der pharmazeutischen Unternehmer an die Handelsstufen grundsätzlich ausgeschlossen werden soll, um wirtschaftliche Spielräume für gesetzlich fixierte Rabatte für die Kostenträger der gesetzlichen Sozialversicherung zu schaffen, und um eine einheitliche Grundlage für weitergehende Rabattverhandlungen mit den Kostenträgern zu gewährleisten.

OLG Hamm, Urt. v. 11.6.2015, 4 U 12/15, Tz. 70, 77

Für die Beantwortung der Frage, ob zwischen der Vorteilsgewährung und dem Erwerb eines preisgebundenen Arzneimittels eine Koppelung besteht, kommt es nicht darauf an, welche Deutung der Apotheker dem Geschehen gibt. Entscheidend ist allein die Sicht eines (informierten) Kunden. Denn schließlich soll durch die fragliche Absatzförderungsmaßnahme – und um nichts anderes handelt es sich – auf dessen geschäftliche Entschließungen Einfluss genommen werden. Erklärungen des Apothekers im Zusammenhang mit der Vorteilsgewährung kommt damit allenfalls eine Indizwirkung für die Frage nach einer Koppelung zu (OLG Frankfurt GRUR-RR 2006, 233, 235).

OLG Frankfurt, Urt. v. 10.7.2014, 6 U 32/14, Tz. 5f

Als unzulässige wirtschaftliche Vorteile kommen grundsätzlich auch Prämien oder Gutscheine von geringem Wert in Betracht, solange sie nur geeignet sind, den unerwünschten Preiswettbewerb zwischen Apotheken zu beeinflussen, weil der Verbraucher veranlasst werden kann, sich künftig erneut für die Apotheke zu entscheiden, von der er den Vorteil erhalten hat.

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung zu bejahen. Der Wert des dem Kunden gewährten Einkaufsgutscheins von 1,- € liegt als solcher über der Grenze, die den Preiswettbewerb beeinflussen kann. Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil die Antragsgegnerin diesen Einkaufsgutschein nicht „offen“, sondern als Gewinn innerhalb eines überreichten „Rubbelloses“ gewährt.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.4.2015, 6 U 17/15, Tz. 8

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verbietet es das Arzneimittelpreisrecht grundsätzlich, dem Kunden gekoppelt an den Erwerb des zum festgesetzten Preis abgegebenen Arzneimittels Vorteile jeglicher Art zu gewähren, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen und daher geeignet sind, den vom Gesetzgeber nicht erwünschten Preiswettbewerb in diesem Bereich zu beeinflussen. Dass von diesem arzneimittelpreisrechtlichen Verbot die Gewährung von Gutscheinen, die bei anderen Unternehmen eingelöst werden können, ausgenommen sein soll, ist weder den einschlägigen Vorschriften noch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu entnehmen.

OLG Hamm, Urt. v. 11.6.2015, 4 U 12/15, Tz. 71f

Insbesondere ein über einen bestimmten Geldbetrag lautender Gutschein stellt einen Vorteil im vorstehend genannten Sinn dar (BGH GRUR 2010, 1136 - Unser Dankeschön für Sie m.w.N.); denn mit ihm können - bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise - von der Pflicht zur Zuzahlung befreite Kassenpatienten sowie Privatversicherte tatsächlich etwas „verdienen“ und Kassenpatienten ohne Befreiung von der Zuzahlungspflicht immerhin einen Teil der Zuzahlung sparen, indem sie mit den Gutscheinen Waren erwerben (BGH GRUR 2013, 1264 - RezeptBonus). Nichts anderes gilt für Gutscheine, die zwar nicht ausdrücklich auf einen bestimmten Geldbetrag lauten, gleichwohl in Gestalt der Möglichkeit, die Gutscheine gegen Waren einzutauschen, einen wirtschaftlichen Wert verkörpern (BGH BeckRS 2010, 23769 - Bonussystem).

Abweichendes kann allenfalls dann gelten, wenn der Gutscheineinlösung wesentliche Hindernisse entgegenstehen (BGH GRUR 2010, 1136 - Unser Dankeschön für Sie m.w.N.), wobei ein Hindernis auch darin bestehen kann, dass es sich bei den angebotenen Sachprämien lediglich um aus Sicht des Kunden unnütze oder wertlose Gegenstände handelt (BGH BeckRS 2010, 23769 - Bonussystem), oder wenn die Vorteile nicht allein für den Erwerb des preisgebundenen Arzneimittels, sondern auch aus anderem Anlass gewährt werden, etwa weil der Kunde beim Erwerb Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen muss (BGH GRUR 2010, 1136 - Unser Dankeschön für Sie m.w.N.).

OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 8.9.2017, 13 A 2979.15, Tz. 65 ff

An einer Koppelung fehlt es, wenn der Vorteil nicht für den Erwerb eines preisgebundenen Arzneimittels, sondern aus anderem Anlass gewährt wird, etwa weil der Kunde Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen muss, wie etwa im Fall der Nachlieferung eines Präparats, weil dies nicht vorrätig ist, oder im Fall des Auftretens längerer Wartezeit bei der Zubereitung eines Arzneimittels.

Die Annahme eines Verstoßes gegen Preisbindungsvorschriften erfordert in tatsächlicher Hinsicht die Feststellung, dass der Vorteil gerade für den Erwerb des preisgebundenen Arzneimittels gewährt wird und er zudem ‑ aus der maßgebenden Sicht des verständigen Verbrauchers - den Erwerb des preisgebundenen Arzneimittels günstiger erscheinen lässt. An diesen Voraussetzungen dürfte es … regelmäßig fehlen, wenn dem Kunden nach Abschluss des Kaufs preisgebundener Arzneimittel zum Zwecke der Kundenbindung und in Erfüllung einer auf Grund der allgemeinen Üblichkeit existierender Kundenerwartung nicht zuvor ausgelobte geringwertige Sachzuwendungen (etwa Warenproben, Papiertaschentücher, Traubenzucker, Halsbonbons) mitgegeben werden.

Das OLG Stuttgart hält die Abgabe eines Gutscheins, mit dem beim nächsten Kauf ein Rabatt (auf nicht preisgebundene Ware) gewährt wird, jedenfalls nicht für einen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 UWG (kaufmännische Sorgfalt):

OLG Stuttgart, Urt. v. 20.12.2018, 2 U 26/18, Tz. 51 ff

Der Kunde der Beklagten ist verpflichtet, den vollen Preis für die bestellte Ware zu bezahlen.

Der Kunde der Beklagten erhält mit dem Bonus ein Recht auf einen der Höhe nach festgesetzten Preisnachlass auf eine künftige, rechtlich gesonderte Bestellung von Waren aus einem bestimmten Teilsortiment der Beklagten. Dieser wird ihm durch Abzug des Bonus‘ vom Gesamtkaufpreis der späteren Bestellung gewährt.

Der so gewährte, unwiderrufliche, aufschiebend bedingte Anspruch ist zwar ein geldwerter Vorteil für den Kunden, der wirtschaftlich einem Preisnachlass letztlich gleichkommen kann. Ob der Kunde eine weitere Bestellung aus dem Sortiment, für das der Bonus gilt, vornimmt und ob er dabei seinen Verrechnungsanspruch in Anspruch nimmt, ist zum Zeitpunkt der Bonusgewährung regelmäßig noch offen. Von daher steht der Bonus einem Preisnachlass auf die Ausgangsbestellung auch wirtschaftlich nicht gleich.

Bestätigt durch BGH, Urt. v. 20.2.2020, I ZR 5/19 - Sofort-Bonus II

In der Gewährung von Punkten seitens eines Bestellsystems für die Bestellung eines preisgebundenen Arzneimittels in einer dem System angeschlossenen Apotheke wurde ein Versto´gesehen:

OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.10.2022, 6 U 108/21, Tz. 53

Die Beklagte gewährt Kunden beim Erwerb eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels mit der Zuwendung von 50 [X.]punkten einen Vorteil, der den Erwerb des Arzneimittels wirtschaftlich günstiger erscheinen lässt. Nach der Lebenserfahrung können – gerade wenn der Abgabepreis in allen Apotheken identisch ist – auch Zuwendungen von geringem Wert den Kunden veranlassen, bei nächster Gelegenheit ein preisgebundenes Arzneimittel in der Hoffnung auf weitere Vergünstigungen wieder in derselben Apotheke zu erwerben. Entscheidend ist dabei, dass der gewährte Vorteil nach der Verkehrsauffassung den Erwerb des Arzneimittels bei der fraglichen Apotheke wirtschaftlich günstiger erscheinen lässt. Dies ist bei der Gewährung von 50 [X.]punkten zweifelsfrei der Fall, da dieser geldwerte Vorteil nicht nur als Ausdruck von Kundenfreundlichkeit aufgefasst werden kann.

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Skonto

BGH, Urt. v. 8.2.2024, I ZR 91/23, Tz. 18 - Großhandelszuschläge II

Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV normiert für den pharmazeutischen Großhandel bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln an Apotheken die Verpflichtung, einen Mindestpreis zu beanspruchen, der der Summe aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, dem Festzuschlag von 70 Cent und der Umsatzsteuer entspricht, und dass die Gewährung von Skonti, die zu einer Unterschreitung dieses Mindestpreises führen, unzulässig ist.

wird ausführlich begründet

BGH, Urt. v. 8.2.2024, I ZR 91/23, Tz. 34, 37 - Großhandelszuschläge II

Es bedarf … keiner Prüfung, ob die von der Beklagten beworbenen beziehungsweise gewährten Skonti "echte" Skonti darstellen, mit denen eine vertraglich nicht geschuldete Zahlung durch den Käufer vor Fälligkeit abgegolten wird, oder ob es sich um "unechte" Skonti handelt, die lediglich die pünktliche Zahlung durch den Käufer honorieren (vgl. hierzu Mand in Gröning/Mand/Reinhard, Heilmittelwerberecht, Stand Januar 2015, § 7 HWG Rn. 142; ders., A&R 2020, 3, 9 f.). ...

Nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck soll § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV in der seit dem 11. Mai 2019 geltenden Fassung mit einer Festlegung eines Mindest- und eines Höchstpreises eine Preisbindung gewährleisten. Die Gewährung von (echten oder unechten) Skonti, die dazu führen, dass tatsächlich Preise außerhalb des festgelegten Preisrahmens gezahlt werden, ist hiermit nicht vereinbar. Die Festsetzung von Preisspannen liefe leer, wenn sie durch Rabatte und Skonti unterlaufen werden könnte.

OLG Brandenburg, Urt. v. 6.6.2023, 6 U 86/21, II.2.c

Für den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMPreisV zu erhebenden Festzuschlag scheidet eine Skontierung aus, wenn man ihn nicht als Teil des Entgelts begreift (...). Stellt der Festzuschlag kein Entgelt für das veräußerte Arzneimittel dar, sondern einen aus Anlass eines Verkaufsgeschäfts zu leistenden, der Höhe nach durch öffentlich-rechtliche Normen bestimmten Beitrag zur Sicherung der Existenz des Großhandels und zur Gewährleistung der Belieferung der Apotheken in der Fläche mit dem Ziel, eine umfassende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu erreichen (...), ist er der Disposition der Parteien entzogen und kann er auch nicht Gegenstand eines Nachlasses für vorfristige Zahlung sein (...). Denn dann würde er seiner Funktion als Finanzierungsbeitrag zur Sicherung der im öffentlichen Interesse der allgemeinen Gesundheitsversorgung liegenden Existenz und Funktionsfähigkeit des Großhandels beraubt.

Ist der Festzuschlag nach seinem Sinn und Zweck nicht skontierfähig, so gilt dies zugleich für den nach § 2 Abs. 1 Halbs. 1 AMPreisV aus Festzuschlag und Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers zusammengesetzten Mindestpreis insgesamt (...). Eine Beschränkung insoweit auf den Festzuschlag erfüllte den Gesetzeszweck nicht, weil er zusammen mit dem nach dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers bestimmten Entgelt für das verkaufte verschreibungspflichtige Arzneimittel einheitlich in das Eigentum des Großhändlers übergehe, ohne dass eine reale Trennung vorgenommen würde. Ließe man ein Skonto zwar nicht auf den Festzuschlag, wohl aber auf die anderen in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV genannten Preisbestandteile (insbesondere den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers) zu, würde deshalb auch der Festzuschlag, ggf. anteilig - indirekt - nicht mehr „erhoben“ (vgl. von Czettritz/Thewes, PharmR 2014, 460, 461). Stattdessen könnte es entgegen der gesetzlichen Zielsetzung zu dem ruinösen Wettbewerb zwischen Großhändlern kommen, welchen der Verordnungsgeber mit der Einführung des Festzuschlages gerade vermeiden wollte.

OLG Stuttgart, Urt. v. 25.8.2011, 2 U 21/11, Tz. 61

Ist eine Verletzung der Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung bereits dann gegeben, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, der Kunde aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile wie Einkaufsgutscheine erhält oder ihm Bonuspunkte gutgeschrieben werden, so muss dies erst recht gelten, wenn eine vom Kunden zu erbringende Zahlung - wie vorliegend durch das Skonto - unmittelbar reduziert wird.

Skonti im Großhandel

OLG Bamberg, Urt. v. 29.6.2016, 3 U 216/15. Tz. 78 ff

Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV legt eine Mindestgrenze für den Abgabepreis der dort erfassten Arzneimittel fest. Dieser setzt sich aus dem Herstellerpreis, dem Festzuschlag und der Umsatzsteuer zusammen; lediglich der prozentuale Zuschlag von 3,15% ist der Preisdisposition des Großhandels und seiner Abnehmer unterworfen.

Die Gewährung von Skonti wird von der Vorschrift des § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV erfasst.

… Die Einräumung von Skonti stellt sich als Teil der Preisgestaltung der Beklagten dar. Mit dieser Vereinbarung wird der Kaufpreis für den Fall einer Zahlung innerhalb eines bestimmten Zeitfensters einvernehmlich reduziert. Die Gewährung von Skonti ist damit nichts anderes als eine besondere Art des Preisnachlasses.

Diese Entscheidung ist insoweit überholt, als dass der Großhändler nicht verpflichtet ist, auf den Herstellerpreis einen Festzuschlag vorzunehmen (s.o.)

OLG Saarbrücken, Urt. v. 31.8.2016, 1 U 150/15, B.II.3.c

Skonto wird ebenfalls von § 2 Absatz 1 Satz 1 AMPreisV erfasst. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des OLG Bamberg in seinem Urteil vom 29.06.2016, 3 U 216/15 an.

Zwar werden Skonti grundsätzlich für eine besonders rasche Zahlung aufgrund einer besonderen vertraglichen Vereinbarung eingeräumt. Da die Kunden der Verfügungsbeklagten keinen Anspruch auf Einräumung eines solchen Skonto haben, stellt er sich jedoch letztlich als Teil der Preisgestaltung dar, die im Ergebnis zu einem Preisnachlass führt.

OLG Celle, Urt. v. 19.12.2019, 13 U 87/18, Tz. 45

Die Zulassung von Preisnachlässen für Fälle einer nur fristgerechten Zahlung, in denen dem Verkäufer mithin kein gesonderter Vorteil zufließt, stellt eine Umgehung des Rabattverbots dar. Allein die Motivation, einen Anreiz zu setzen, Zahlungsverzögerungen zu reduzieren, rechtfertigt solche – nicht ausdrücklich zugelassenen – Preisvorteile nicht. Solche sog. unechten Skonti sind deshalb jedenfalls wie sonstige Preisnachlässe zu behandeln (OLG Bamberg, Urt. v. 29.6.2016, 3 U 216/15; OLG Saarbrücken, Urt. v. 31.8.2016, 1 U 150/15).

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Zugaben

OLG Frankfurt, Urt. v. 2.11.2017, 6 U 164/16, II.2.c – Brötchen-Gutschein

Die Beklagte hat gegen die vorstehend beschriebenen Merkmale der arzneimittelpreisrechtlichen Bestimmungen verstoßen. Sie hat einem Kunden anlässlich des Erwerbs eines rezeptpflichtigen und preisgebundenen Arzneimittels einen Brötchen-Gutschein über "2 Wasserweck oder 1 Ofenkrusti" ausgehändigt, der bei einer bestimmten, in der Nähe der Apotheke der Beklagten gelegenen Bäckerei eingelöst werden konnte. Sie hat damit einen Vorteil gewährt, der den Erwerb des Arzneimittels wirtschaftlich günstiger erscheinen lässt. Denn nach der Lebenserfahrung können - gerade wenn der Abgabepreis in allen Apotheken identisch ist - auch Zuwendungen von geringem Wert den Kunden veranlassen, bei nächster Gelegenheit ein preisgebundenes Arzneimittel in der Hoffnung auf weitere Vergünstigungen wieder in der gleichen Apotheke zu erwerben. ...

Es spielt keine Rolle, dass der ausgegebene Gutschein nicht auf einen bestimmten Geldbetrag lautete, sondern auf einen Sachwert. … Es kommt entscheidend darauf an, ob der gewährte Vorteil nach der Verkehrsauffassung den Erwerb des Arzneimittels bei der fraglichen Apotheke wirtschaftlich günstiger erscheinen lässt.

Werbekostenzuschuss

OLG Saarbrücken, Urt. v. 31.8.2016, 1 U 150/15, B.II.3.c.cc

Ein umsatzabhängige Werbekostenzuschuss kann einen (verdeckten) Rabatt darstellen, der zu einer Preisreduzierung führt, … wenn es sich bei dem Werbekostenzuschuss um einen weiteren versteckten Rabatt handelt, dem keine echte Gegenleistung gegenübersteht.

OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16, II.2.b.dd  - Smiles®Plus Partnerprogramm

Es kann daher dahinstehen, ob die vom Werbegabeverbot des § 7 Abs. 1 HWG nicht umfassten „Werbe- und Verkaufshilfen“ auch bei der Prüfung der Überschreitung der zulässigen Preisnachlässe gemäß § 78 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV unberücksichtigt bleiben müssen.

OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16, II.1.b.dd

Die von der Beklagten zusätzlich gewährten Service-Pakete stellen ebenfalls geldwerte Vorteile i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV dar. ...

Die Service-Pakete bestehen aus jeweils fünf verschiedenen Produktkategorien, enthalten Produkte zur Abgabe an die Apothekenkunden wie Pflaster, Boxen, Gummibären, ..., Frisbees, Telefonböcke, Kugelschreiber und Dosieretiketten und sind zur unentgeltlichen Weitergabe an die Apothekenkunden vorgesehen. Zwar ist auf den einzelnen Paketen und den Verpackungen der darin befindlichen Gegenstände jeweils das als Smiley ausgestaltete Logo des ... Smiles®Plus Partnerprogramms der Beklagten angebracht. Konkrete Arzneimittel der Beklagten werden damit aber nicht beworben. Die Apotheken sind auch nicht verpflichtet, die in den Service-Paketen enthaltenen Produkte ausschließlich an Apothekenkunden weiterzureichen, denen sie Arzneimittel der Beklagten abgeben. Die Apothekenkunden werden die unentgeltlich überlassenen Gegenstände als eine weitergehende Leistung der Apotheke zur Kundenbindung ansehen und nicht als Werbung der Beklagten für einzelne Importarzneimittel oder deren Leistungsfähigkeit.

Maßgeblich ist bei der Bewertung der Verbrauchs- bzw. Verkehrswert, den der Gegenstand im Allgemeinen für den Durchschnittsadressaten hat. Auf den Herstellungs- oder Anschaffungswert kommt es nicht an (vgl. Brixius in: Bülow/Ring/Artz/Brixius, HWG, 5. Aufl. 2016, § 7 Rn. 80).

OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16, II.2.b.dd  - Smiles®Plus Partnerprogramm

Im Streitfall handelt es sich bei den Service-Paketen nicht um Werbung der Beklagten gegenüber Apothekenkunden. Die Service-Pakete bestehen aus jeweils fünf verschiedenen Produktkategorien, enthalten Produkte zur Abgabe an die Apothekenkunden wie Pflaster, Boxen, Gummibären, Tüten, Patientenbroschüren, Karabiner, Taschentücher, Frisbees, Telefonblöcke, Kugelschreiber und Dosieretiketten und sind zur unentgeltlichen Weitergabe an die Apotheken-kunden vorgesehen. Zwar ist auf den einzelnen Paketen und den Verpackungen der darin befindlichen Gegenstände jeweils das als Smiley ausgestaltete Logo des …Smiles®Plus Partnerprogramms der Beklagten angebracht. Konkrete Arzneimittel der Beklagten werden damit aber nicht beworben. Die Apotheken sind auch nicht verpflichtet, die in den Service-Paketen enthaltenen Produkte ausschließlich an Apothekenkunden weiterzureichen, denen sie Arzneimittel der Beklagten abgeben. Die Apothekenkunden werden die unentgeltlich überlassenen Gegenstände als eine weitergehende Leistung der Apotheke zur Kundenbindung ansehen und nicht als Werbung der Beklagten für einzelne Importarzneimittel oder deren Leistungsfähigkeit. Vielmehr stellen die an die Bonuspunkte gekoppelten Service-Pakete eine zusätzliche Rabattierung der von den Apotheken abgegebenen Arzneimittel der Beklagten dar.

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Werbung mit Preisvorteilen

BGH, Urt. v. 8.5.2013, I ZR 98/12, Tz. 17 - RezeptBonus

Die Bestimmung des § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG verbietet es dem Apotheker nicht nur, dem in dieser Vorschrift geregelten Gebot der Einheitlichkeit widersprechende Preise zu verlangen, sondern auch, mit solchen Preisen zu werben; denn auch eine Werbung mit Preisen, die dem genannten Gebot nicht entsprechen, gefährdet und beeinträchtigt die Einheitlichkeit des Apothekenabgabepreises.

Ebenso OLG Hamm, Urt. v. 11.6.2015, 4 U 12/15, Tz. 74

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Bagatelle

BGH, Urt. v. 8.2.2024, I ZR 91/23, Tz. 50 - Großhandelszuschläge II

Die Frage, ob eine Eignung zur spürbaren Interessenbeeinträchtigung besteht, ist nach dem Schutzzweck der jeweils verletzten Marktverhaltensregelung zu beurteilen. Bei dieser Beurteilung sind diejenigen Zwecke zu berücksichtigen, die die Einordnung der Vorschrift als Marktverhaltensregelung rechtfertigen, weil sie die Interessen der Marktteilnehmer betreffen (BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 206/17, Tz. 54 - Brötchen-Gutschein, mwN). Da die Regelungen in § 78 AMG und § 2 AMPreisV dazu bestimmt sind, den (Preis-)Wettbewerb unter den Pharmagroßhändlern zu regeln (s. o. Rn. 14), dürfen sie nicht dadurch unterlaufen werden, dass ein dagegen erfolgter Verstoß als nicht spürbar eingestuft und damit als nicht wettbewerbswidrig angesehen wird (vgl. BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 206/17, Tz. 57 - Brötchen-Gutschein).

OLG Hamm, Urt. v. 11.6.2015, 4 U 12/15, Tz. 73

Die arzneimittelrechtliche Preisbindung kennt - als solche - auch keine Bagatellgrenze. Ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt damit auch dann vor, wenn dem Kunden lediglich geringwertige Vorteile zugewandt werden (BGH BeckRS 2010, 23769 - Bonussystem).

OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.4.2015, 6 U 17/15, Tz. 9

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind auch Vorteile von geringem Wert (in der Entscheidung „Bonussystem“ in Höhe von 0,40 €) geeignet, den unerwünschten Preiswettbewerb zwischen Apotheken auszulösen. Dies entspricht auch der Lebenserfahrung; denn gerade wenn der Abgabepreis in allen Apotheken identisch ist, können auch Zuwendungen von geringem Wert den Kunden veranlassen, bei nächster Gelegenheit ein preisgebundenes Arzneimittel wieder in der Hoffnung auf weitere Vergünstigungen in derjenigen Apotheke zu erwerben, in der er bei früheren Käufen eine solche Zuwendung erhalten hat.

Eine Zuwendung, die nach § 7 Abs. 1 HWG zulässig ist, stellte bis zum 13.8.2013 keinen Verstoß gegen § 78 Abs. 2 AMG dar - und zwar auch dann nicht, wenn sie - entgegen der Vorgabe des HWG - nicht produktbezogen gewährt wird. Siehe zur früheren Rechtslage: BGH, Urt. v. 9.9.2010, I ZR 193/07, TZ. 24 – Unser Dankeschön an Sie ! ; BGH, Urt. v. 8.5.2013, I ZR 98/12, Tz. 20 - RezeptBonus

Diese Rechtslage hat sich durch die HWG-Reform, die zum 13.8.2013 in Kraft getreten ist, geändert, indem vom Gesetzgeber in § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWG einen Teilsatz eingeführt wurde, demzufolge die Preisvorschriften des AMG der Erlaubnis des HWG zur Gewährung geringwertiger Zuwendungen vorgehen.

OLG Frankfurt, Urt. v. 10.7.2014, 6 U 32/14, Tz. 10

Der Bundesgerichtshof hat die Gewährung von Einkaufsgutscheinen im Wert von bis zu 1,-- € als unterhalb der Spürbarkeitsgrenze des § 3 I UWG liegend angesehen, weil die Gewährung derartiger Vorteile mit § 7 Abs. 1 1 Nr. 1 Fall 2 HWG a.F. vereinbar war. Dieser besonderen, der Vermeidung von Wertungswidersprüchen dienenden Beurteilung ist jedoch die Grundlage entzogen, nachdem der Gesetzgeber mit der Änderung von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWG in der seit dem 13.8.2013 geltenden Fassung die heilmittelrechtliche Zulässigkeit von Zuwendungen verschärft und im letzten Halbsatz ausdrücklich geregelt hat, dass derartiger Zuwendungen stets unzulässig sind, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes gelten. Diese Gesetzesänderung diente nach der Entwurfsbegründung (Bundestagsdrucksache 17/13770, S. 21) erklärtermaßen dazu, als Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Einheitlichkeit der Rechtsordnung wiederherzustellen. Unter diesen Umständen kann die Spürbarkeit im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG nicht mehr unter Hinweis auf den Wertungswiderspruch verneint werden, der sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus den unterschiedlichen Regelungen im Arzneimittelrecht und im Heilmittelwerberecht in der bis zum 12.8.2013 geltenden Fassung ergab (ebenso LG Berlin, Urt. v. 16.1.2014, 52 O 272/13, Tz. 72).

Ebenso OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.4.2015, 6 U 17/15, Tz. 10; OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16; II.1.b.gg

Unabhängig von der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung ist die Gewährung von Preisnachlässen ordnungswidrig sein, da es beim Ordnungsverstoß auf die Relevanz nicht ankommen soll.

VG Berlin, Urt. v. 16.4.2013, 90 K 4.11 T, 1.

Apotheker haben bei Werbemaßnahmen das allgemeine Wettbewerbsrecht, das Heilmittelwerbegesetz und die Berufsordnung zu beachten (§ 14 Abs. 1 Satz 1 BO Berlin). Nicht erlaubt ist insbesondere das Abgehen von Vorschriften über Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel – insbesondere das Gewähren von Rabatten oder sonstigen Preisnachlässen – und die Werbung hiermit (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 BO Berlin).

Die Überreichung eines Wertgutscheins bei Abgabe von rezeptpflichtigen Arzneimitteln verstößt gegen § 14 Abs. 2 Nr. 2 BO i.V.m. § 78 Abs. 2 Satz 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG). Danach ist u.a. für verschreibungspflichtige Arzneimittel ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten. Einzelheiten der Bildung des einheitlichen Apothekenabgabepreises regelt die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisVO). Diese Regelungen, die zu einem centgenauen Abgabepreis von rezeptpflichtigen Arzneimittel führen, sollen neben dem Ziel, die Kosten im Gesundheitswesen zu senken, gewährleisten, dass die im öffentlichen Interesse gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit solchen Arzneimitteln dadurch sichergestellt werden, dass Preiswettbewerb auf der Handelsstufe der Apotheken ausgeschlossen oder jedenfalls vermindert wird (vgl. Stellungnahme des Bundesrats zum Regierungsentwurf zum 4. Gesetz zur Änderung des AMG, BT-Drs. 11/5373, S. 27; Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschl. v. 22.8.2012 – Gms-OGB 1/10, Tz. 25 m.w.N.).

Ein Apotheker verstößt auch dann gegen die Arzneimittelpreisbindung, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen als in einer anderen Apotheke. ...

VG Berlin, Urt. v. 16.4.2013, 90 K 4.11 T, 1.

Die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes und die Preisbindungsvorschiften sind nebeneinander anwendbar. § 14 Abs. 2 BO konkretisiert („insbesondere“) eine eigenständige Berufspflicht, die § 14 Abs. 1 Satz 3 begründet. Danach darf die Werbung den öffentlichen Auftrag der Apothekerinnen und Apotheker, die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen, und das Vertrauen der Allgemeinheit in die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung nicht gefährden.

Deshalb vermögen wettbewerbsrechtliche Überlegungen zur Spürbarkeit i.S.v. § 3 Abs. 1 UWG auch den Anwendungsbereich der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zur Arzneimittelpreisbindung nicht einzuschränken. Weder die Preisbindungsvorschriften noch die Berufsordnung für Apotheker sehen eine § 3 Abs. 1 UWG vergleichbare „Spürbarkeitsschwelle“ vor.

Berufsgericht für die Heilberufe Nürnberg-Fürth , Urt. v. 8.2.2012; BG - Ap 8/11, IV. (= A&R 2012, 96)

Der Beschuldigte hat sich vorsätzlicher Verstöße gegen §§ 1 Abs. 2 und 3, 18, 20 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 u. 3 der Berufsordnung der Bayerischen Landesapothekerkammer KdöR (BO) schuldig gemacht. …

Für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung ist die Frage, ob durch die von dem Beschuldigten in Aussicht gestellten Boni die Spürbarkeitsgrenze des § 3 Abs. 1 UWG überschritten wird. Nach § 3 Abs. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung nur dann unzulässig, wenn sie nicht nur unlauter ist, sondern wenn sie darüberhinaus geeignet ist, Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen. Anders als nach dem UWG ist nach der Berufsordnung jedes unlautere Tun eines Apothekers unzulässig, somit auch jede Werbung, die unlauteren Wettbewerb darstellt (§ 20 Abs. 1 BO). Dies gilt insbesondere dann, wenn wie in dem hier zu beurteilenden Fall, damit geworben wird, dass Arzneimittel gesetzwidrig zumindest mittelbar entgegen zwingender Vorschriften der Arzneimittelpreisverordnung billiger abgegeben werden.

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Geltung für den pharmazeutischen Unternehmer

BGH, Urt. v. 8.2.2024, I ZR 91/23, Tz. 17 - Großhandelszuschläge II

Die Beklagte ist zwar als Parallel- und Reimporteurin selbst gemäß § 4 Abs. 18 Satz 2 AMG pharmazeutische Unternehmerin. Sie übt jedoch als solche eine Tätigkeit des Großhandels gemäß § 4 Abs. 22 AMG aus, das heißt eine Tätigkeit, die berufs- oder gewerbsmäßig zum Zwecke des Handeltreibens ausgeübt wird und die in der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder Ausfuhr von Arzneimitteln besteht, mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln an andere Verbraucher als Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte oder Krankenhäuser. Damit hat sie nach § 78 Abs. 1 Satz 3 AMG die Preisvorschriften für den Großhandel zu beachten (Hofmann in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 3. Aufl., § 78 Rn. 40 bis 41).

OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16II.1.b.aa.bbb

Gemäß  § 78 Abs. 1 Satz 3 AMG gelten die Preisvorschriften für den Großhandel aufgrund von § 78 Abs. 1 Satz 1 AMG und § 2 AMPreisV auch für pharmazeutische Unternehmer.

Ebenso OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16, II.1.b.aa  - Smiles®Plus PartnerprogrammOLG Brandenburg, Urt. v. 6.6.2023, 6 U 86/21, II.2.c

OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16II.2.a

Der pharmazeutische Unternehmer ist in seiner Preisbildung zwar grundsätzlich frei, darf jedoch bei der Abgabe seiner Importarzneimittel an den Großhandel keine Zuschläge gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV verlangen. Er ist verpflichtet, ein bestimmtes Arzneimittel stets zum gleichen Preis anzubieten. Der einheitliche Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers darf bei der Abgabe an den Großhandel sowie an die Apotheken nicht unterschritten werden, so dass eine Überschreitung der höchstzulässigen Zuschläge in den Handelsstufen ausgeschlossen ist.

Indem die Beklagte den Apotheken für jede von ihnen abgegebene Packung eines über den Großhandel bezogenen verschreibungspflichtigen Arzneimittels geldwerte Vorteile verspricht und gewährt, unterschreitet sie ihren gegenüber dem Großhandel verlangten einheitlichen Abgabepreis und stellt diesen entgegen § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG nicht sicher. Preisnachlässe auf den einheitlichen Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers können gemäß § 78 Abs. 3 Satz 2 AMG lediglich Sozialleistungsträger und private Krankenversicherungen mit dem pharmazeutischen Unternehmer für die zu ihren Lasten abgegebenen verschreibungspflichtigen Arzneimittel vereinbaren. Diese Regelung ermöglicht einen Wettbewerb der Krankenversicherungen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen vom pharmazeutischen Unternehmer gewährte Preisvorteile lediglich den Krankenkassen und damit im Ergebnis dem Endverbraucher, nicht aber dem Großhandel oder Apotheken zugutekommen.

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Geltung für ausländische Apotheken

Siehe dazu einleitend die Entscheidung des EuGH zur Unvereinbarkeit des deutschen Preisrechts mit der europäischen Warenverkehrsfreiheit sowie die darauf aufbauenden Entscheidungen deutscher Gerichte. Das Preisbindungsrecht gilt auch nicht mehr für Lieferungen an eine ausländische Apotheke, die die Arzneimittel dann an Endabnehmer in Deutschland vertreibt.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.5.2019, I-20 U 126/188, Tz. 19, 22 ff

Die Belieferung ausländischer Versandapotheken mit für den deutschen Markt bestimmten, verschreibungspflichtigen Medikamenten zu Preisen unterhalb des einheitlichen Herstellerabgabepreises ist nach § 78 Abs. 3 S. 1 AMG – und damit auch der werbende Hinweis auf diese Bezugsmöglichkeit – nicht unlauter, weil die in Rede stehenden Vorschriften auf einen grenzüberschreitenden Sachverhalt nicht anwendbar sind. …

Die Bestimmung des § 78 Abs. 3 S. 1 AMG findet auf die Lieferung an ausländische Versandapotheken keine Anwendung. Nach dieser Vorschrift haben die pharmazeutischen Unternehmer für Arzneimittel, für die ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten ist, einen einheitlichen Abgabepreis festzusetzen. Sie dürfen insbesondere keine Rabatte gewähren.

Unter diese Vorschrift fällt das hier beanstandete Verhalten, nämlich die Belieferung einer ausländischen Versandapotheke, schon deshalb nicht, weil die ausländische Versandapotheke nicht an den einheitlichen Apothekenabgabepreis gebunden ist.

Die Pflicht zur Beachtung eines einheitlichen Herstellerabgabepreises knüpft unmittelbar an das Bestehen einer Preisbindung hinsichtlich des Apothekenabgabepreises an (BGH GRUR 2015, 1033 Rn. 20 – Patientenindividuell zusammengestellte Arzneimittelblister).

Vor der EuGH-Entscheidung hatte die Frage, ob die Vorschrift des § 78 AMG auch für ausländische Apotheken gilt, die Arzneimittel im Wege des Versandhandels in Deutschland anbieten und hier vertreiben, wurde wegen divergierender Auffassungen des Bundessozialgerichts und des Bundesgerichthofs zunächst dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (BGH, Beschl. v. 9.9.2010, I ZR 72/08 - Sparen Sie beim Medikamentenkauf!) beschäftigt. Dieser hatte sich für die Anwendung deutschen Preisrechts auf ausländische Versandapotheken ausgesprochen (BGH, Beschl. v. 22. 8.2012, GmS-OGB 1/10; dazu nun auch BGH, Beschl. v. 26.2.2014, I ZR 72/08 – EU-Versandapotheken; BGH, Urt. v. 26.2.2014, I ZR 77/09, Tz. 10 – Holland-Preise; BGH, Urt. v. 26.2.2014, I ZR 79/10; Tz. 9 – Sofort-Bonus). Eine Verletzung europäischen Primärrechts sah er darin nicht, auch wenn die Europäische Kommission Zweifel angemeldet hat (BGH, Beschl. v. 27.1.2016, I ZR 67/14).

Die Entscheidung wurde danach durch eine Ergänzung des Arzneimittelgesetzes bestätigt. Danach galten die Preisvorschriften auch für ausländische Apotheken, die Arzneimittel nach Deutschland versenden.

§ 78 Abs. 1 S. 4 AMG

Die Arzneimittelpreisverordnung ... gilt auch für Arzneimittel, die gemäß § 73 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden.

§ 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a AMG - Verbringungsverbot

(1) Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder Genehmigung nach § 21a oder zur Registrierung unterliegen, dürfen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes nur verbracht werden, wenn sie zum Verkehr im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassen, nach § 21a genehmigt, registriert oder von der Zulassung oder der Registrierung freigestellt sind und

im Falle des Versandes an den Endverbraucher das Arzneimittel von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, welche für den Versandhandel nach ihrem nationalen Recht, soweit es dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, oder nach dem deutschen Apothekengesetz befugt ist, entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel versandt wird

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Ausnahmen

Individuell zusammengestellte Arzneimittelblister

BGH, Urt. v. 5.3.2015, I ZR 185/13, Tz. 15 - Patientenindividuell zusammengestellte Arzneimittelblister

Keine Bindung der Preise der Apotheken besteht gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV bei der Abgabe von aus Fertigarzneimitteln entnommenen Teilmengen, soweit deren Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke unverändert bleibt. Diese Voraussetzungen sind nach dem Wortlaut der Norm vorliegend erfüllt. Die Apotheken geben die Fertigarzneimittel in Teilmengen ab. Dass im Zeitablauf die Gesamtmenge einer Arzneimittelpackung ausgeliefert wird, schließt die Anwendung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV nicht aus. … Die Vorschrift erfordert auch nicht, dass die Abgabe der Teilmenge auf einer ärztlichen Verordnung beruht.

BGH, Urt. v. 5.3.2015, I ZR 185/13, Tz. 22 - Patientenindividuell zusammengestellte Arzneimittelblister

Soweit danach bei Fertigarzneimitteln, die dazu bestimmt sind, in individuell zusammengestellten Blistern abgegeben zu werden, gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV im Verhältnis zwischen den Apotheken und den Verbrauchern keine Preisbindung besteht, kann auch im Verhältnis der pharmazeutischen Unternehmer zu den Apotheken kein Verbot der Gewährung von Rabatten bestehen, da die in § 78 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 AMG geregelte Pflicht der pharmazeutischen Unternehmer zur Sicherstellung eines einheitlichen Abgabepreises an das Bestehen einer solchen Preisbindung anknüpft.

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Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG

http://www.webcitation.org/6vnM3KJnt