Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

Der Newsletter zum UWG
Registrieren Sie sich hier !


 

 

Beispiele

Beispiele irreführender Angaben für Lebensmittel

Verkehrsbezeichnungen

Bio-

Schlank im Schlaf

Abbildung von Obst und Gemüse auf Lebensmittel

Tee/Tea

Natürlich

mit ...

ohne .../frei von ...

Sonstige Beispiele

Verkehrsbezeichnungen

BVerwG, Beschl. v. 20.6.2012, 3 B 87.11 - Nussecken mit Kuvertüre und kakaohaltiger Fettglasur

"Es mag zutreffen, dass es sich bei dem Erzeugnis Kuvertüre um eine zusammengesetzte Zutat (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 LMKV) handelt, die im Zutatenverzeichnis von Fertigpackungen aufgezählt werden darf (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3, § 6 Abs. 2 Nr. 8 LMKV). Das schließt aber nicht aus, dass der Verbraucher durch eine Verwendung der Bezeichnung "Kuvertüre", wie sie hier in Rede steht, in die Irre geführt werden kann, weil er die Angabe "mit Kuvertüre und kakaohaltiger Fettglasur" nicht als Aufzählung von Zutaten für eine einheitliche Überzugsmasse versteht und sich deshalb falsche Vorstellungen über die Qualität des Überzugs macht."

BVerwG, Beschl. v. 5.4.2011, 3 B 79.10 - Hähnchen-Filetstreifen, gebraten, wenn das zuvor spritzgepökelte Filetfleisch teilweise zerrissen und zunächst mit einem Anteil an brätartig fein zerkleinerter Substanz in einen Kunstdarm abgefüllt und gekocht und die erkaltete Masse anschließend in Streifen bzw. Scheiben gleicher Größe zerschnitten wird.

VGH Baden-Württemberg Beschl. v. 29.10.2012, 9 S 1353/11 - "Puten-Filetstreifen, gebraten" und "Hähnchen-Filetstreifen, gebraten"

Bei der Frage, ob eine bestimmte Angabe irreführend ist, ist darauf abzustellen, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die Bezeichnung wahrscheinlich auffassen wird. Bei Anlegung dieses Maßstabs ist auch der Senat der Auffassung, dass ein Großteil der Verbraucher mit der Bezeichnung der Produkte als „Puten- bzw. Hähnchen-Filetstreifen, gebraten“ die Erwartung verbindet, dass diese - wie im traditionellen Fleischerhandwerk - aus dem natürlich gewachsenen Stück Geflügelfleisch geschnitten werden. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf die Festlegungen in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuchs, die hier als wichtiges Hilfsmittel für die Ermittlung der Verbrauchervorstellungen heranzuziehen sind. Denn dort wird der Begriff „Filet“ bei Geflügel als die „von Haut und Knochen befreite („filetierte“) Brustmuskulatur“ beschrieben. Auch deshalb ist davon auszugehen, dass der Verbraucher der Verwendung des Begriffs „Filet“ gerade die Bedeutung eines Qualitätsmerkmals beimisst in dem Sinne, dass die Streifen unmittelbar aus der naturbelassenen Geflügelbrust geschnitten werden. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Referenzverbraucher ernsthaft damit rechnet, dass Produkte mit der Bezeichnung „Filet-Streifen“ aus der erkalteten Masse gewonnen werden, die entsteht, nachdem Geflügelbrüste durch mechanische Behandlung (Tumbeln) eine weiche Struktur erhalten haben und teilweise zerrissen worden sind und dann mit einem erheblichen Anteil an brätartig fein zerkleinerter Fleischmasse in einen Kunstdarm gefüllt und gekocht worden sind.

zurück zur Beispielsübersicht

zurück nach oben

So wichtig wie das tägliche Glas Milch

BGH, Urt.  v. 12.2.2015, I ZR 36/11, Tz. 22 - Monsterbacke II

Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Verbraucher erwarteten bei einem mit dem Werbeslogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch!" beworbenen Früchtequark ein Produkt, das bei (nahezu) täglichem Konsum ähnliche Vorteile wie Milch aufweise, ohne dass ein solcher Konsum aufgrund einer von Milch deutlich abweichenden Zusammensetzung mit Nachteilen, insbesondere für Kinder, verbunden sein könne. Das Berufungsgericht hat dabei außer Acht gelassen, dass es sich bei einem Früchtequark - für den Verbraucher erkennbar - um ein Produkt handelt, das sich in seiner Zusammensetzung deutlich von Milch unterscheidet, so dass sich die Gleichstellungsbehauptung des beanstandeten Slogans ("So wichtig wie …") nicht auf sämtliche Inhaltsstoffe und insbesondere nicht auf den Zuckeranteil beziehen kann, der bei einem Früchtequark schon wegen des darin enthaltenen Fruchtzuckers naturgemäß höher ist als bei Milch.

Vorinstanz OLG Stuttgart, Urt. v. 3.2.2011, 2 U 61/10

zurück zur Beispielsübersicht

zurück nach oben

Bio-

BGH, Urt. v. 13.9.2012, I ZR 230/11, Tz. 33 f – Biomineralwasser

Für pflanzliche Lebensmittel weist „Bio“ darauf hin, dass das Produkt nach den Bestimmungen der EG-Öko-Verordnung gewonnen worden ist (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, § 5 Rn. 4.65). Für Lebensmittel außerhalb des durch ihren Art. 1 Abs. 2 geregelten Anwendungsbereichs der EG-Öko-Verordnung kann dagegen nicht von vornherein unterstellt werden, dass der Verbraucher durch den Begriff „Bio“ zu einer derartigen Assoziation geführt wird. Dies gilt zumal dann, wenn das betreffende Produkt mit ökologischem Landbau nichts zu tun hat.

Mit dem Begriff „Bio“ verbindet ein erheblicher Teil des Verkehrs die Erwartung, dass das so bezeichnete Produkt weitestgehend frei von Rückständen und Schadstoffen ist und nur unvermeidbare Geringstmengen deutlich unterhalb der rechtlich zulässigen Grenzwerte enthält (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 2010 - I ZR 139/09, GRUR 2011, 633 Rn. 26 = WRP 2011, 858 - BIO TABAK; Bornkamm in Köh-ler/Bornkamm, UWG, § 5 Rn. 4.65; MünchKomm.UWG/Busche, § 5 Rn. 343)

Wenn ein Zeichen auf einem Lebensmittel den Eindruck erweckt, dass es aufgrund einer staatlichen Überprüfung oder Lizenzierung angebracht werde, ist es irreführend, wenn eine solche Überprüfung oder Lizenzierung nicht erfolgt ist. Allerdings erweckt nicht jedes Bio-Zeichen diesen Eindruck. Außerdem ist im Einzelfall eine Interessensabwägung zwischen dem Interesse des Anbieters, ein staatlich nicht anerkanntes Bio-Zeichen anzubringen, und dem Interesse des Verkehrs, über die Grundlage dieses Zeichens nicht getäuscht zu werden, vorzunehmen.

BGH, Urt. v. 13.9.2012, I ZR 230/11, Tz. 46 – Biomineralwasser

Dem Gesetzgeber steht es frei, Bezeichnungen, die den Bestandteil „Bio“ enthalten, einer Regelung zu unterwerfen. Macht er von dieser Möglichkeit nur in einigen wenigen Teilbereichen Gebrauch, führt dies nicht dazu, dass der Zusatz „Bio“ in den anderen Bereichen, für die keine Regelung besteht, nicht mehr verwendet werden dürfte, weil stets die Gefahr bestünde, die Verbraucher gingen von einer offiziellen Zertifizierung aus.

BGH, Urt. v. 13.9.2012, I ZR 230/11, Tz. 46 – Biomineralwasser

Im Streitfall überwiegt das Interesse der Anbieter, die mangels gesetzlicher Regelung grundsätzlich zulässige Bezeichnung „Bio“ nach einer angemessenen Regeln folgenden Zertifizierung durch einen Verband zu verwenden, das Interesse des flüchtigen Verbrauchers, der aufgrund einer staatlichen Regulierung eines anderen Bereichs zu Unrecht auf eine amtliche Zertifizierung schließt.

OLG Frankfurt, Urt. v. 29.4.2021, 6 U 200/19, II.A.I.1.b.ee

Mit der Annahme „unbehandelt (und frei von Zusatzstoffen)“ ergibt sich, dass der Verkehr nicht damit rechnet, dass Volvic - soweit es als Bio-Mineralwasser oder „Natürlich BIO“ bezeichnet wird - als Rohwasser mit einem so hohen Arsenanteil aus der Quelle gefördert wird (16 Mikrogramm = 0,016 Milligramm statt der nach Anlage 4 zu § 6a Abs. 1 MTVO zulässigen 0,010 Milligramm/l), dass es schon den Anforderungen der MTVO für natürliches Mineralwasser nicht genügt und deshalb nachbehandelt werden muss.

Zwar lässt sich der Entscheidung „Biomineralwasser“ nicht unmittelbar entnehmen, wie der BGH die Erwartung „unbehandelt“ konkret definiert. Der Aspekt lässt sich aber zwanglos aus den übrigen oben ausgeführten Annahmen des Verkehrs ableiten, ein Bio-Mineralwasser „erfülle von Natur aus bestimmte Reinheitserfordernisse“ und „zeichne sich (gegenüber natürlichem Mineralwasser) durch besondere Eigenschaften aus“. Das ist bei Volvic nicht der Fall, da es als Rohwasser „von Natur aus“ einen zu hohen Arsengehalt ausweist. Der Verkehr erwartet deshalb nicht, dass das für Volvic geförderte Rohwasser durch Mangansand geleitet werden muss, damit sich ein Teil des darin vorhandenen Arsens am Mangan anlagert. Dabei mag dahinstehen, ob es sich insoweit um einen physikalischen oder - was eher anzunehmen ist - einen chemischen Vorgang handelt, wozu die Beklagten nicht konkret vortragen haben. In jedem Fall geht diese Behandlung über ein bloßes Herausfiltern von gelösten Schwebeteilchen hinaus, was ggf. als Reinigung des Rohwassers noch nicht als Behandlung anzusehen wäre.

Der Umstand, dass Volvic entgegen den Erwartungen des Verkehrs in Bezug auf den bei der Förderung natürlich vorhandenen Arsengehalt nachbehandelt werden muss, reicht allein für sich aus, dass Volvic nach der maßgeblichen Verkehrsauffassung tatsächlich kein Bio-Mineralwasser ist.

zurück zur Beispielsübersicht

zurück nach oben

Schlank im Schlaf

für ein Brot, das im Rahmen einer Diät -umstritten - schlank machen soll.

OLG Schleswig, Beschl. v. 21.6.2012, 6 W 1/12, II.3.b.aa - Irreführende Werbung für Brot

Der Werbespruch verstößt in der konkreten Form, in der er im Flyer gebraucht wird, gegen § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB. Nach dieser Vorschrift ist es verboten, irreführend für Lebensmittel zu werben, was insbesondere dann gegeben ist, wenn einem Lebensmittel Wirkungen beigelegt werden, die ihm nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zukommen oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind.

zurück zur Beispielsübersicht

zurück nach oben

Abbildung von Obst und Gemüse auf Lebensmittel

OLG Hamm, Urt. v. 14.2.2012, I-4 U 143/11, Tz. 60 – Sparkling Tea

Betrachtet der Verbraucher die Flaschen, sieht er die Abbildungen der Früchte bzw. der Rooibos-Pflanze. Jedoch nimmt der Verbraucher in unmittelbarer Nähe hierzu auch die Hinweise auf die Geschmacksrichtungen "Citrus & Ginger Geschmack", "Peach & Jasmine Geschmack" sowie "Orange & Lemmongrass Geschmack" wahr. Hinzu kommt, dass der angemessen gut unterrichtete, durchschnittlich aufmerksame und verständige Verbraucher weiß, dass der Geschmack der "Erfrischungsgetränke" – auch dieses Wort befindet sich ausdrücklich auf der Vorderseite der Flasche – häufig nur durch Aromen erzeugt wird. Zwar können sich Geschmacksrichtungen und Zutaten, wie etwa bei Kamillentee, decken. Ist dies jedoch, wie insbesondere bei aromatisierten Tees oder teeähnlichen Erzeugnissen, nicht der Fall, wird bei der Bezeichnung der Ware bzw. der Aufmachung der Verpackung regelmäßig die Geschmacksrichtung im Vordergrund stehen. Dies ist auch im Sinne des Verbrauchers, da dieser seinen Tee bzw. sein teeähnliches Erzeugnis regelmäßig anhand der ihm zusagenden Geschmacksrichtung und gerade nicht aufgrund der verwendeten Zutaten auswählt.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.3.2012, 6 U 12/11 - Bella FONTANIS Mango-Orangenblüte

Der durchschnittlichen aufmerksame und verständige Verbrauchers, der die naturgetreue Abbildung von Früchten oder Pflanzenteilen auf dem Etikett eines Erfrischungsgetränks wahrnimmt, erwartet bei der Abbildung einer Pflanze oder Frucht auf einem Erfrischungsgetränk, dass Fruchtsaft und/oder Fruchtmark der abgebildeten Pflanze bzw. der Frucht in dem Getränk enthalten ist. Dies gilt jedenfalls, wenn das Getränk selber eine entsprechende Färbung aufweist, die dem Verbraucher einen Hinweis auf einen zusätzlichen Inhalt gibt, den er zusammen mit der abgebildeten Frucht oder dem abgebildeten Pflanzenbestandteil als Hinweis auf einen entsprechenden Gehalt des Getränkes deutet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es sich um ein Getränk handelt, das ganz überwiegend aus Mineralwasser besteht („Near-Water-Produkt“).

Die Entscheidungen des OLG Hamm und des OLG Karlsruhe unterscheiden sich nur auf den ersten Blick. In beiden Urteiel wurden die verschiedenen Indizien, die für oder gegen eine Irreführung sprechen, eingehend abgewogen. Maßgeblich ist am Ende, welcher Eindruck für den Verbraucher überwiegt.

OLG Frankfurt, Urt. v. 22.6.2017, 6 U 122/16 - Olivenmix

Die in der Packung enthaltenen Oliven sind wegen der durchsichtigen Verpackung erkennbar. Damit erhält der Verbraucher die Information, welche Oliven sich tatsächlich in der Verpackung befinden. Die Angabe "schwarze Oliven" findet sich auf dem Etikett nicht. Das Argument des Klägers, da Oliven schwarzer Farbe auf dem Etikett und in der Verpackung erkennbar seien, gehe der Verbraucher davon aus, dass das Produkt schwarze Oliven, nicht etwa geschwärzte Oliven, enthalte, verfängt nicht. Denn geschwärzte Oliven weisen eben auch eine schwarze Farbe auf. Die Verbraucher, denen bekannt ist, dass natürlich gereifte schwarze Oliven niemals so dunkel sind wie geschwärzte Oliven, erkennen sofort, dass das Produkt geschwärzte Oliven enthält. Diejenigen Verbraucher hingegen, die annehmen, geschwärzte Oliven sähen genauso aus wie natürlich gereifte schwarze Oliven, können sich anhand der Zutatenliste darüber informieren, dass das streitgegenständliche Produkt geschwärzte Oliven enthält. Auch derjenige, der nicht weiß, dass geschwärzte Oliven zum Verzehr angeboten werden, der sich aber als vernünftig aufmerksamer und kritischer Verbraucher in seiner Kaufentscheidung nach der Zusammensetzung des Erzeugnisses richtet, wird ebenfalls auf der Zutatenliste nachlesen, woraus der Oliven-Mix besteht. Derjenige Verbraucher schließlich, der sich über die Frage, ob die schwarzen Oliven natürlich gereift oder geschwärzt sind, keine Gedanken macht, wird nicht Irre geführt, da er keine Fehlvorstellung entwickelt.

S.a. OLG Hamburg, Urt. v. 28.3.2019, 3 U 117/18

zurück zur Beispielsübersicht

zurück nach oben

Tee/Tea

OLG Hamm, Urt. v. 14.2.2012, I-4 U 143/11, Tz. 50 – Sparkling Tea

Der Verbraucher ist daran gewöhnt, dass unter zusammengesetzten Bezeichnungen mit dem Bestandteil "Tee" oder "Tea" außer zum Aufbrühen mit bestimmten Zubereitungen in Tüten oder Aufgussbeuteln verschiedene "Tee"-Produkte angeboten werden, die erkennbar anders hergestellt worden sind. Er kennt seit langem Instantprodukte sowie "Eistee" oder "Ice Tea" genannte Erfrischungsgetränke. Diese werden häufig unter Verwendung von Tee-Extrakten hergestellt, während eine Zubereitung aus frisch aufgebrühtem Tee ersichtlich die Ausnahme bildet. Darüber hinaus begegnet der Verbraucher seit einiger Zeit weiteren auf den Markt drängenden (sogenannten "Near Water") Erfrischungsgetränken mit Tee-Extrakt und Geschmacksbezeichnungen wie "Weißtee", "Grüner Tee" oder "Roter Tee". Dementsprechend ist der Verbraucher ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht überrascht und in seinen Erwartungen enttäuscht, wenn er erfährt, dass ein in Flaschen abgefülltes und – unter anderem – mit dem Wort "Tea" bezeichnetes Getränk mit Tee-Extrakt statt mit frisch aufgebrühtem Tee hergestellt worden ist.

s.a. OLG Köln, Urt. v. 18.11.2011, 6 U 119/11 – Sparkling Tea

zurück nach oben

Natürlich

OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.2.2013, 20 U 59/12, II. - nur natürliche Zutaten

Der Name "Himbeer-Vanille-Abenteuer" und die Abbildungen von Himbeeren und Vanilleblüten deuten auf die Geschmacksrichtung des Tees. Sie alleine rechtfertigen nicht den Schluss, dass Zutaten von Himbeeren und Vanille in der Teemischung enthalten sind. Der auf Front und Oberseite enthaltene Zusatz "Früchtetee mit natürlichen Aromen" besagt, dass Aromen zugesetzt wurden, die natürlichen Ursprungs sind. Die Natürlichkeit aller Bestandteile wird durch das Siegel "nur natürliche Zutaten", …, ausdrücklich betont. … In der Zutatenliste heißt es sodann, dass die natürlichen Aromen Himbeer- bzw. Vanillegeschmack haben, was zweifelsfrei zum Ausdruck bringt, dass sie nur über den entsprechenden Geschmack verfügen, hieraus aber nicht gewonnen wurden. … Zwar mag nicht allgemein bekannt sein, dass es Aromen natürlichen Ursprungs gibt, die nicht aus Himbeeren und Vanille hergestellt sind, aber deren Geschmack haben, so dass die Angaben auf Front und Oberseite der streitgegenständlichen Verpackung für sich gesehen aus der Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers möglicherweise nicht eindeutig sind. Seine richtige und vollständige Information durch die Zutatenliste genügt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft jedoch, um eine Irreführung auszuschließen. Zur Verkehrserwartung an Angaben auf einer Lebensmittelverpackung hat der EuGH bereits mehrfach entschieden, dass Verbraucher, die sich in ihrer Kaufentscheidung nach der Zusammensetzung der Erzeugnisse richten, zunächst das Zutatenverzeichnis lesen, dessen Vorhandensein vorgeschrieben ist (vgl. EuGH-SLG Jahr 1999, I Seite 731 Rdnr. 37 - Van der Laan; EuZW 2000, 508 (Rdnr. 22) - naturrein).

OLG Hamburg, Urt. v. 8.9.2016, 5 U 265/11, Tz. 40 ff

Die Beurteilung eines Lebensmittels als „natürlich“ richtet sich danach, was darunter zu verstehen ist. Da der Aussagegehalt bei der Werbung mit „Natürlichkeit“ ganz unterschiedlich sein kann, verbietet sich eine einheitliche Beurteilung (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 5 Rn. 4.50).

Vom EuGH wurde bislang lediglich die Auslobung „naturrein“ für Konfitüre überprüft (EuGH, EuZW 2000,  508 – „naturrein“). In dieser Entscheidung stellte der EuGH wegweisende Grundsätze für den Umgang mit der Bezeichnung „Natur“/„natürlich/„naturrein“ auf (vgl. auch Voit/Grube, Lebensmittelinformationsverordnung, 2. Aufl. 2016, Art. 7 Rn. 115) und kam zu dem Ergebnis, dass die Angabe „naturrein“ für eine Erdbeerkonfitüre nicht irreführend sei, weil das der Konfitüre zugesetzte Pektin ein natürlicher Zusatzstoff sei und im Zutatenverzeichnis ordnungsmaß aufgeführt werde. Auch das OLG Hamburg nahm in einer Entscheidung aus dem Jahr 2002 bereits zu einer Konfitüre Stellung, die als „naturrein“ ausgelobt wurde (vgl. OLG Hamburg, GRUR-RR 2002, 395 – Konfitüre „naturrein“) und stellte fest, dass auch ein behandeltes Produkt als „naturrein“ ausgelobt werden dürfe, wenn der Verbraucher mit der Art und Weise, wie das Produkt behandelt worden sei, rechne. Im Fall einer Konfitüre sei für jeden Verbraucher unzweifelhaft, dass die Früchte durch Erhitzen haltbar gemacht und die in Gläsern angebotenen Konfitüren und Fruchtaufstriche keine Rohfrüchte seien, die sich in unverändertem Naturzustand befänden.

Ausgehend von diesen Grundsätzen versteht der Senat, dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählen, die beworbene Natürlichkeit der Tütensuppe nicht dahingehend, dass in der Suppe nur sonnengereifte, frische Tomaten sind und sie allein dem Produkt Geschmack und Farbe verleihen würden. Der Verbraucher, der eine Fertigtütensuppe erwirbt, erwartet von vornherein kein natürliches Produkt, da die Bestandteile nicht in ihrem natürlichen Zustand, sondern getrocknet enthalten seien, was für den Durchschnittsverbraucher auch erkennbar sei. Insoweit lässt sich die Rechtsprechung des OLG Hamburg „naturrein“ auf den vorliegenden Fall übertragen. So wie jeder Verbraucher weiß, dass die Früchte in der Konfitüre erhitzt und nicht als Rohfrüchte enthalten sind, weiß auch jeder Verbraucher, dass in einer Tomatentütensuppe keine sonnengereiften Tomaten in Rohform, sondern in getrocknetem Zustand enthalten sind.

zurück zur Beispielsübersicht

zurück nach oben

mit ...

OLG Hamburg, Urt. v. 27.3.2014, 3 U 184/12, Tz. 41, 43 - 'mit Käse'

Ein Unterlassungsanspruch gemäß § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB besteht nicht, weil die Aussage "mit Käse" nicht irreführend ist. ...

Die angesprochenen Verbraucher verstehen die Angabe "mit Käse" dahingehend, dass in dem Kartoffelgratin Käse enthalten ist, der den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, durch die Käse definiert ist, entspricht, hier also § 1 Abs. 1 KäseVO. … Schmelzkäse ist ein Käseerzeugnis, das mindestens zu 50 Prozent, bezogen auf die Trockenmasse, aus Käse hergestellt wird, § 1 Abs. 4 Nr. 1 KäseV. Bei dem im Schmelzkäse enthaltenen Käse handelt es sich auch um eine Zutat des Kartoffelgratins im Sinne der LMKV. Besteht eine Zutat aus mehreren Zutaten (zusammengesetzte Zutat), so gelten diese gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 LMKV ihrerseits als Zutaten des Lebensmittels. Der ausweislich der Zutatenliste aus Käse, Butter, Süßmolkenpulver und Schmelzsalzen bestehende Schmelzkäse ist eine zusammengesetzte Zutat iSd § 5 Abs. 1 S. 2 LMKV. Dass der Käseanteil an dem Gesamtprodukt gering ist, da das Gratin lediglich 2% Schmelzkäse enthält, ist unerheblich, weil sich der Angabe "mit Käse" nicht entnehmen lässt, wieviel Käse in dem Produkt enthalten ist.

zurück zur Beispielsübersicht

zurück nach oben

ohne .../frei von ...

OLG Celle, Urt. v. 11.11.2021, 13 U 84/20, Tz. 40, 50

Die angesprochenen Verbraucher verstehen die „Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern“ dahin, dass die Eier, die sich in dem abgepackten Karton mit der streitgegenständlichen Angabe befinden, von Hühnern stammen, deren Salmonellenfreiheit zum Zeitpunkt des Eierlegens oder aber jedenfalls vor dem Inverkehrbringen der Eier durch die Beklagte jeweils durch einen entsprechenden Test nachgewiesen ist. Dieses Verständnis entspricht dem Wortlaut der Angabe. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Angabe sich nicht auf dem vorgedruckten Etikett befindet, sondern auf dem jeweils individuell hergestellten Etikett, dass die Packstelle mit dem jeweiligen Packdatum und einem Barcode ausweist. Dies bestärkt die schon durch den Wortlaut bedingte Vorstellung, dass diejenigen Hühner, die die in dem Karton befindlichen Eier gelegt haben, nachweislich salmonellenfrei sind. Für den Verbraucher bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich tatsächlich nur um regelmäßige - zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verstoßes zweiwöchentliche - Salmonellentests handelt, bei der auch nicht die einzelnen Hühner, sondern Ausscheidungen aus der Herde getestet werden. ...

Es mag sehr unwahrscheinlich sein, dass trotz der getroffenen Vorsichtsmaßnahmen Hühner zum Zeitpunkt des Eierlegens von Salmonellen befallen sind, obwohl die regelmäßigen Bestandstests negativ waren. Diese Schlussfolgerung ändert jedoch nichts daran, dass die Aussage, die Salmonellenfreiheit der einzelnen Hühner, die die Eier in der Packung gelegt haben, sei nachgewiesen, nicht zutrifft. Aus Sicht des Verbrauchers besteht ein erheblicher Unterschied zwischen dieser plakativen und für ihn sehr eingängigen Werbeaussage und der von der Beklagten gezogenen Schlussfolgerung, dass eine unentdeckte Salmonelleninfektion von Hühnern sehr unwahrscheinlich sei, weil sie Schutzmaßnahmen gegen den Eintrag von Salmonellen treffe und alle zwei Wochen repräsentative Proben aus dem Stall der Herde getestet würden.

OLG Celle, Urt. v. 11.11.2021, 13 U 84/20, Tz. 57

Der Verstoß gegen das lebensmittelrechtliche Irreführungsverbot ist auch zu seiner spürbaren Beeinträchtigung der Verbraucherinteressen im Sinne von § 3a UWG geeignet, weil die Kaufentscheidung des Verbrauchers hierdurch beeinflusst werden kann. Ein erheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher wird großen Wert auf die zugesagte nachgewiesene Salmonellenfreiheit legen, daher die derart beworbenen Eier bei gleichem Preis bevorzugen und auch bereit sein, hierfür einen gewissen Preisaufschlag zu zahlen.

Glutenfrei

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25.5,2022, 9 A 2719/19, Tz. 26f

Dem Verbraucher wird durch den Hinweis „Das Produkt ist glutenfrei.“ suggeriert, dass sich die Produkte durch ihre Glutenfreiheit besonders auszeichneten und damit auch eine besondere Qualität verbunden sei. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass bei einem durchschnittlichen Verbraucher nicht nur der (unzutreffende) Eindruck entstehe, dass die Klägerin besondere Anstrengungen auf sich genommen habe, glutenhaltige Zutaten aus der Produktionskette zu entfernen. Vielmehr sei mit der Angabe „glutenfrei“ bei einem durchschnittlichen Verbraucher auch die Auffassung verbunden, es handle sich um ein besonders gesundes Produkt. So weise die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e. V. regelmäßig darauf hin, dass eine immer größer werdende Zahl an Verbrauchern eine glutenfreie Ernährung als bloßen Diät- oder Modetrend wahrnehme und sich einem vermeintlichen Zeitgeist entsprechend freiwillig glutenfrei ernähre.

… Eine glutenfreie Ernährung existiert derzeit durchaus (auch) als Diät- oder Modetrend, und der Hinweis auf die Glutenfreiheit ist deshalb geeignet, dem insoweit maßgeblichen Durchschnittsverbraucher einen besonderen Vorzug dieser Lebensmittel zu suggerieren.

zurück zur Beispielsübersicht

zurück nach oben

Sonstige Beispiele

OLG Koblenz, Urt. v. 21.12.2022, 9 U 591/22, Tz. 33 f - Rohkost (WRP 2023, 1510)

Der maßgebliche Verkehr erwartet bei dem Begriff Rohkost, dass die betreffenden Lebensmittel nicht erheblich – und daher nicht über 60° Celsius – erhitzt worden sind. Ist ein Lebensmittel nicht anders zu verzehren, ändert sich daran nichts. Dann kann das Lebensmittel vielmehr niemals eine – zum Verzehr geeignete – Rohkost darstellen.

Belegt wird dies im Übrigen klar und eindeutig auch gerade von der beklagtenseits ... als Anlage zur erstinstanzlichen Gerichtsakte gereichten wissenschaftlichen Fachpublikation. So heißt es dort, zur Rohkost zählten allgemein oder im weiteren Sinne jede frische, unerhitzte Nahrung, sowohl pflanzlicher als auch tierischer Herkunft. Rohe Nahrung werde in der Trivialiteratur als „lebendig“ bezeichnet, durch Kochen veränderte Nahrung hingegen als „denaturiert“ oder „tot“. Zudem finde sich oft die Angabe einer kritischen Temperatur, welche die Nahrung nicht überschritten haben dürfe. Diese liege um die 40° C und wird meist mit der bei höheren Temperaturen beginnenden Denaturierung von Proteinen (v. a. Nahrungsenzyme) begründet.

OLG Koblenz, Urt. v. 21.12.2022, 9 U 591/22, Tz. 38 (WRP 2023, 1510)

Der maßgebliche Verkehr versteht zudem die Begriffe „Rohkostqualität“ und „rohköstlich“ aufgrund ihres wortprägenden Bestandteils „roh“ beziehungsweise „Rohkost“ jedenfalls auch dahingehend, dass es bei den derart charakterisierten Lebensmitteln um Rohkost handelt. Mit den entsprechenden Begrifflichkeiten wird weiter lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die jeweiligen Rohkost-Produkte von besonders guter Qualität sind, und zwar zum einen wegen des besonders guten Geschmacks („rohköstlich“) sowie zum anderen wegen der im Vergleich zu anderen Lebensmitteln besonderen Güte von Rohkost-Produkten allgemein („Rohkostqualität“).

OLG München, Urt. v. 19.3.2015, 6 U 3985/14, II.1 - Sexgewürz

Für die Frage einer irreführenden Angabe i.S.d. § 11 LFGB ist auf das Verständnis des angesprochenen Verkehrs abzustellen, d.h. im Streitfall auf die Sichtweise eines Publikums, das, mit den Grundbegriffen der Kochkunst vertraut, seine entsprechenden Fertigkeiten ausbauen und Gerichte verfeinern möchte und sich zu diesem Behufe näher mit Gewürzen befasst. Die so bestimmten – situationsadäquat aufmerksamen und verständigen – Adressaten werden der Angabe "Sexgewürz" keine Bedeutung dahingehend beimessen, dass das so etikettierte Produkt über die Eignung zum Abschmecken von Speisen hinaus weitere physiologische Wirkungen entfalte, nämlich dahingehend, dass der Genuss eines mit der Gewürzmischung zubereiteten Gerichts positive Auswirkungen auf die erotische Empfänglichkeit des Betroffenen habe. Dabei ist zu sehen, dass die Internetseite der Beklagten nicht primär von Personen auf der Suche nach sexuellen Stimulantien aufgesucht wird, sondern von einer am Thema Kochkunst interessierten Klientel…. Selbst wenn man mit dem Kläger davon ausgehen wollte, dass dem Publikum das im Volksglauben geläufige Vorwissen eigen sei, wonach einzelne Gewürze unter bestimmten Umständen – in bestimmter Dosierung oder in bestimmten Kombinationen zu sich genommen – aphrodisierende Wirkung entfalten können, und wenn man weiter annehmen wollte, dass eben diese Assoziation durch die Kombination der Begriffe "Sex" und "Gewürz" evoziert werde, erlaubt dies keine abweichende Beurteilung.

OLG Celle, Urt. v. 11.11.2021, 13 U 84/20, Tz. 40 - nachweislich salmonellenfreie Hühner

Die angesprochenen Verbraucher verstehen die „Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern“ dahin, dass die Eier, die sich in dem abgepackten Karton mit der streitgegenständlichen Angabe befinden, von Hühnern stammen, deren Salmonellenfreiheit zum Zeitpunkt des Eierlegens oder aber jedenfalls vor dem Inverkehrbringen der Eier durch die Beklagte jeweils durch einen entsprechenden Test nachgewiesen ist. Dieses Verständnis entspricht dem Wortlaut der Angabe. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Angabe sich nicht auf dem vorgedruckten Etikett befindet, sondern auf dem jeweils individuell hergestellten Etikett, dass die Packstelle mit dem jeweiligen Packdatum und einem Barcode ausweist. Dies bestärkt die schon durch den Wortlaut bedingte Vorstellung, dass diejenigen Hühner, die die in dem Karton befindlichen Eier gelegt haben, nachweislich salmonellenfrei sind. Für den Verbraucher bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich tatsächlich nur um regelmäßige - zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verstoßes zweiwöchentliche - Salmonellentests handelt, bei der auch nicht die einzelnen Hühner, sondern Ausscheidungen aus der Herde getestet werden.

OLG Nürnberg, Urt. v. 7.2.2017, 3 U 1537/16, Tz. 24, 26 - Weidemilch

Es erscheint zweifelhaft, ob ein relevanter Teil des angesprochenen Verbraucherkreises tatsächlich unter der Bezeichnung "Weide-Milch" eine Milch versteht, die nur von Kühen stammt, die sich am Tag der Melkung oder am Vortag mindestens 6 Stunden auf der Weide befanden und angesichts der globalisierten Welt die Erwartung hegen, dass die Milch aus Teilen der Welt kommt, in denen Kühe das ganze Jahr über im Freien weiden können. Der Senat, dessen Mitglieder ebenfalls zu den angesprochenen Verbraucherkreisen gehören, hält es für naheliegender, dass der normal informierte und vernünftig aufmerksame und kritische Verbraucher unter der Bezeichnung "Weide-Milch" eine Milch versteht, die von Kühen stammt, welche, wenn auch nicht ganzjährig, aber jedenfalls im Rahmen der üblichen Weidesaison und Weidezeiten auf der Wiese grasen. ...

... Der Verbraucher wird vorliegend die auf der rückseitigen Etikettierung enthaltenen Angaben "Frische Vollmilch pasteurisiert ...hocherhitzt" und auch den direkt darunter enthaltenen, klarstellenden Hinweis zum Begriff "Weide-Milch" und den Weidezeiten der milchgebenden Kühe zur Kenntnis nehmen. Dies gilt insbesondere deshalb, als es sich bei dem streitgegenständlichen Produkt um Frischmilch handelt, die nur begrenzt haltbar ist.

OLG München, Urt. v. 1.2.2018 - 29 U 885/17, II.2 - NEUSCHWANSTEINER

Nach Art. 7 Abs. 1a) LMIV dürfen Informationen über Lebensmittel insbesondere in Bezug auf die Methode der Herstellung nicht irreführend sein. Die Beklagte suggeriert gegenüber dem angesprochenen Verkehr mit der Angabe Brewed after the time-honoured Méthode Royale eine besondere Herstellungsmethode, die dem Bier überdurchschnittliche Eigenschaften zuschreibt, die es tatsächlich nicht hat.

Aufgrund der verwendeten Bezeichnung Méthode Royale und des hohen Preises erwartet der Durchschnittsverbraucher einen besonderen Brauvorgang, der das streitgegenständliche Märzenbier zu einem Luxusprodukt werden lässt. Méthode Royale hat Anklänge an die besondere Herstellungsmethode für Champagner (Méthode Champenoise). Hierauf deuten sowohl die französische Schreibweise mit Akzent im ansonsten englischsprachigen Text als auch die Aufmachung des Produktes in Form einer Champagnerflasche hin. ...

... Tatsächlich nutzt die Beklagte die Bezeichnung Brewed after the time-honoured Méthode Royale lediglich zur Umschreibung der althergebrachten Braumethode zur Herstellung eines gewöhnlichen untergärigen Märzenbieres, das viele bayerische Brauereien zu einem Halbliterpreis von unter einem Euro im Handel anbieten.

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 15.8.2022, 9 A 517/20, Tz. 17, 19 - Geflügel-Salami

Bei der Bestimmung der Erwartung des maßgeblichen Durchschnittsverbrauchers hat das Verwaltungsgericht zunächst auf die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs zurückgegriffen. Diese Leitsätze sind keine Rechtsnormen, können aber als Orientierung zur Ermittlung der Verbrauchererwartung herangezogen werden. ...

Seine Auffassung, dass der Verbraucher bei einem Fleischerzeugnis mit der Bezeichnung „Geflügel Salami“ die Verwendung ausschließlich von Geflügel erwarte, hat das Verwaltungsgericht dem Leitsatz Nr. I. 2.11.4 für Fleisch und Fleischerzeugnisse entnommen. Nach Absatz 1 Satz 1 dieses Leitsatzes werden Fleischerzeugnisse (…), in deren Bezeichnung des Lebensmittels auf die Verwendung von Geflügel hingewiesen wird, ausschließlich aus Teilen der Tierarten Huhn und/oder Pute (= Truthuhn) hergestellt. Nach Absatz 3 wird, wenn Geflügelfleischerzeugnisse unter Mitverwendung von anderen Tierarten hergestellt werden, auf diese Tierart in der Bezeichnung des Lebensmittels hingewiesen, z. B. „Geflügel-Wiener Würstchen mit Rindfleisch“, „Puten-Leberwurst mit 20 % Schweinefleisch“.

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 15.8.2022, 9 A 517/20, Tz. 17, 19 - Geflügel-Salami

Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Verbrauchererwartung bei dem streitgegenständlichen Produkt ‑ unter Berücksichtigung seiner Aufmachung insgesamt - maßgeblich durch die (isolierte) Angabe „Geflügel Salami“ auf der Vorderseite der Verpackung beeinflusst wird. Der falsche Eindruck, der dadurch beim Verbraucher in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels erweckt wird (ausschließliche Verwendung von Geflügel), wird durch die Kenntlichmachung, dass in dem Produkt (auch) Bestandteile vom Schwein enthalten sind, (nur) auf der Rückseite der Verpackung nicht berichtigt.

zurück nach oben