Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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unbegrenzt/endlos

OLG Koblenz, Urt. v. 8.5.2013, 9 U 1415/12 (= WRP 2013,1056)

Der … geltend gemachte Unterlassungsanspruch wegen der … Anpreisung “unbegrenzt im Internet surfen” ist begründet. Hierin ist eine unwahre und damit irreführende Angabe über wesentliche Merkmale der beworbenen Ware im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG zu sehen. Aufgrund der Werbeaussage erwartet der angesprochene Verbraucherkreis, dass ihm die Möglichkeit der Internetnutzung “unbegrenzt”, das heißt ohne Einschränkungen durch die Beklagte, zur Verfügung gestellt wird. Diese Angabe ist objektiv unrichtig, da die Beklagte tatsächlich eine Drosselung der Datentransfergeschwindigkeit von zunächst bis zu 7.200 kBit/s auf bis zu 64 kBit/s vornimmt, wenn der Verbraucher ein Datenvolumen von 500 MB innerhalb eines Monats erreicht hat. Infolge der Verlangsamung der Internetgeschwindigkeit wird die Nutzungsmöglichkeit für den Verbraucher erheblich beeinträchtigt.

Der Einwand der Beklagten, dass eine Irreführung nicht vorliege, weil in dem Werbefilm keine Angaben zu der zur Verfügung gestellten Datentransfergeschwindigkeit gemacht worden seien und auch die nach Drosselung zur Verfügung stehende Geschwindigkeit von bis zu 64 kBit/s das Surfen im Internet erlaube, greift nicht durch. Zutreffend ist insoweit, dass in dem Werbefilm keine konkreten Angaben zur Datentransfergeschwindigkeit gemacht worden sind und dass – wegen der Abhängigkeit der mobilen Internetgeschwindigkeiten von der jeweiligen regionalen Netzabdeckung – in einigen Regionen generell keine höheren Datentransfergeschwindigkeiten als bis zu 64 kBit/s erreicht werden. … Der Verkehr muss aufgrund der Anpreisung “unbegrenzt im Internet surfen” nicht damit rechnen, dass die Beklagte selbst eine Drosselung der Datentransfergeschwindigkeit vornimmt und durch eine solche Maßnahme die Internetnutzung aktiv beeinträchtigt, obwohl aufgrund der Netzabdeckung eine Internetnutzung mit höherer Geschwindigkeit möglich wäre.

Möglicherweise nicht nur wegen der Umstände des Einzelfalls anders:

OLG Köln, Urt. v. 8.11.2013, 6 U 53/13, Tz. 7 ff - Endlos surfen. Ohne Vertrag

Die Hauptaussage der Werbung besteht in der Ankündigung einer „Prepaid-Flatrate“ und nicht in dem Versprechen, der Kunde könne das Internet ohne jegliche Begrenzung nutzen. Insbesondere wird der verständige Verbraucher danach nicht ohne Weiteres erwarten, dass der Tarif ihm eine unbegrenzte Datenübertragung in gleichbleibender Geschwindigkeit erlaube. In dem vom Oberlandesgericht Koblenz mit Urteil vom 8.5.2013,  9 U 1415/12 entschiedenen Fall mag der Anpreisung „unbegrenzt im Internet surfen“ nach den Umständen ein anderer objektiver Aussagegehalt beizulegen gewesen sein. ...

Erfahrene Smartphone-Nutzer wissen, dass praktisch alle Anbieter im Mobilfunkbereich ab einem gewissen monatlichen Volumen der Datenübertragung eine Drosselung der Übertragungsrate, also der Surfgeschwindigkeit vornehmen; sie werden damit auch bei dem vergleichsweise preisgünstigen Angebot der Beklagten rechnen und nähere Angaben zur Höhe der Drosselungsgrenze erwarten.

Weniger versierte Kunden, an die sich die Werbung der Beklagten ebenfalls richtet, benötigen einen dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Hinweis nicht nur auf die Höhe der Drosselungsgrenze, sondern schon auf den Umstand, dass die Beklagte überhaupt eine Drosselung der Surfgeschwindigkeit vornimmt. Denn hierbei handelt es sich um eine Information, die für ihre geschäftliche Entscheidung im Sinne von § 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1 UWG wesentlich ist. Auch diese Verbraucher erkennen aber die in der Auslobung „Endlos surfen“ liegende reklamehafte Übertreibung und werden diese nicht allein wegen des Fehlens eines unmittelbar zugeordneten Fußnotenhinweises als Zusicherung einer gleichbleibend schnellen Internetverbindung missverstehen. Vielmehr genügt es zur Unterrichtung auch dieser Interessenten über wesentliche Merkmale wie die Schnelligkeit der Datenübertragung und deren Drosselung, dass sie im Zusammenhang mit der Preisangabe durch eine deutlich erkennbare Fußnote auf ergänzende Angaben zum Tarif- und Leistungsumfang hingewiesen werden.

… Ob diese Erläuterungen in einer Fußnote erfolgen können und an welcher Stelle sich ein entsprechender Fußnotenhinweis befinden muss, hängt jedoch nicht von der Höhe der Drosselungsgrenze ab. Durch die blickfangmäßig hervorgehobene – offensichtlich übertriebene – Werbeaussage „Endlos surfen“ erweckt die Beklagte keinen objektiv falschen Eindruck, der durch erläuternde Anmerkungen gar nicht mehr korrigiert, sondern nur noch in sein Gegenteil verkehrt werden könnte. Es handelt sich auch nicht um eine so konkrete missverständliche Angabe über die Surfgeschwindigkeit mit oder ohne Drosselung, dass die notwendige Richtigstellung nur durch eine unmittelbar zugeordnete Fußnote erfolgen könnte.

Aber:

OLG Köln, Urt. v. 8.11.2013, 6 U 53/13, Tz. 13 f - Endlos surfen. Ohne Vertrag

Die Auslobung „Daten-Flat mit bis zu 7,2 Mbit/s“ ist missverständlich; denn die Relativierung „bis zu“ lässt nicht hinreichend erkennen, dass die Datenübertragungsrate hinter dem angegebenen Wert ganz erheblich zurückbleibt, sobald der Nutzer die Drosselungsgrenze von 100 MB im Monat überschreitet. Die Werbeadressaten werden zwar wissen, dass die Beklagte für das durchgängige Erreichen der beworbenen Geschwindigkeit nicht ohne Rücksicht auf regionale Faktoren und die Leistungsfähigkeit der Endgeräte oder ähnliche Gegebenheiten außerhalb ihres Netzes einsteht. Angesichts der konkret ausgelobten Übertragungsrate von 7,2 Mbit/s werden aber nicht einmal erfahrene Nutzer und erst recht nicht die mit solchen Angeboten weniger vertrauten Verbraucher ohne Weiteres damit rechnen, dass die Beklagte sich bei Überschreitung der – im Vergleich zu Konkurrenzangeboten nicht einmal besonders hohen – Drosselungsgrenze von 100 MB pro Monat eine drastische Reduzierung der Datenübertragungsrate auf 64 Kbit/s im Download und 16 Kbit/s im Upload vorbehält.

Ein über eine Fußnote erreichbarer aufklärender und erläuternder Hinweis genügt, hätte hier nach Lage der Dinge aber in unmittelbarem Zusammenhang zu der missverständlichen Angabe erfolgen müssen (vgl. zur Teilhabe eines klaren und unmissverständlichen Hinweises am Blickfang BGH, GRUR 2010, 744 [Rn. 43] – Sondernewsletter).