Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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Internet (Influencer/Social Media/Blogs etc.)

Literatur: Fuchs/Hahn, Erkennbarkeit und Kennzeichnung von Werbung im Internet, MMR 2016, 503; Suwelack, Felix, Schleichwerbung als Boombranche? Geltung und Wirksamkeit werberechtlicher Grundsätze beim Influencer-Marketing, 2017, 661; Henning-Bodewig, Frauke, Influencer-Marketing - der 'wilde Westen des Werbens'?, WRP 2017, 1415; Mallick, Rani/Weller, David, Aktuelle Entwicklungen im Influencer Marketing – Ein Blick aus der Praxis, WRP 2018, 155; Gerecke, Martin, Kennzeichnung von werblichen Beiträgen im Online-Marketing, GRUR 2018, 153; Schonhofen, Sven/Detmering, Friederike, #AD #SPONSOREDBY #SCHLEICHWERBUNG - Die rechtlichen Voraussetzungen des Influencer-Marketing und ihre Umsetzung in der Praxis, WRP 2018, 1171; Mach, Stefanie, Influencer-Marketing: "Raus aus der Grauzone - hinein in die rechtliche Problemzone", WRP 2018, 1166; Mallick, Rani/Weller, David, 'Authentisch, glaubwürdig, aber nicht privat' - Ein Blick auf die aktuellen Entwicklungen im Influencer Marketing, WRP 2018, 1289; Peifer, Karl-Nikolaus, Influencer-Marketing - Rechtlicher Rahmen und Regulierungsbedürfnis, GRUR 2018, 1218; Scherer, Inge, Rezeption kommerzieller Kommunikation in sozialen Netzwerken durch minderjährige Nutzer, WRP 2019, 277; Ruess, Peter/Bredies, Loni, Millionär dank Million Followers: Rechtliche Bewertung der Entscheidungspraxis zum Influencer-Marketing, WRP 2020, 18; Radtke, Tristan/Camen, Fabian-Phlipp, Des Wortlaut letzter Schluss? Für mehr Rechtssicherheit bei der Kennzeichnung kommerzieller Influencer-Beiträge, WRP 2020, 24; Timmermann, Daniel/Berndt, Bianca, Werbekennzeichnungspflicht von Influencer-Kommunikation, WRP 2020, 996; Nadi, Helmand, Die Erkennbarkeit des kommerziellen Hintergrunds eines Influencer-Beitrags, WRP 2021, 586; Lettl, Tobias, Die lauterkeitsrechtliche Beurteilung des sog. Influencer Marketings, WRP 2021, 1384; Schaub, Renate, Influencer und Lauterkeitsrecht - de lege late und de lege ferenda, GRUR 2021, 1358; Rauer, Nils/Kempf, Anna-Lena, Influencer-Marketing - Rechtsprechung, Gesetzgebung und Vertragspraxis, WRP 2022, 817; Schaub, Renate, Kennzeichnungspflichtige Gegenleistungen beim Influencer-Marketing, NJW 2022, 2510

Im Internet besteht in vielfältiger Art und Weise die Möglichkeit, Produkte oder die Leistungen von Unternehmen zu bewerben oder zu bewerten. In der Regel sind diese Social Media Accounts, Foren, Newsgruppen, Testseiten dazu gedacht, dass Verbraucher oder sonstiger Anwender über ihre Erfahrungen mit einem Produkt oder einem Unternehmen berichten. Allerdings finden sich nicht selten auch Beiträge von Wettbewerbern oder Mitarbeitern von Wettbewerbern, die ein Produkt besonders loben, um den Wettbewerb des Unternehmens zu fördern. Soweit dies nicht offen gelegt wird, handelt es sich eindeutig um Schleichwerbung.

Social Media

Influencer

Ein besonderes Thema sind Beiträge sogenannter Influencer. Zur Frage, ob und wann sie geschäftliche Handlungen vornehmen siehe hier und hier.

Ob und welche Beiträge als Werbung gekennzeichnet werden müssen, war lange umstritten. Der BGH stellt im Ergebnis darauf ab, ob der Beitrag eines Influencers für das eigene Unternehmen klar als kommerzielle Kommunikation erkennbar ist oder er für einen Beitrag für die Waren oder Dienstleistungen eines fremden Unternehmens eine Gegenleistung erhält oder dieser Beitrag einen überschießenden werblichen Inhalt hat.

Ein überschießender werblicher Inhalt sollte auch gegeben sein, wenn der Influencer von seinem Beitrag auf die Website des beworbenen Unternehmers oder Produkts verlinkte. Bei dieser Fallvariante ist aber zu berücksichtigen, dass nach der Änderung des ehemaligen § 5a Abs. 6 UWG zum aktuellen § 5a Abs. 4 UWG bei einer Werbung für ein fremdes Unternehmen kein kommerzieller Zweck mehr vorliegt, wenn der Werbende für sein Verhalten keine Gegenleistung erhalten hat (§ 5a Abs. 4 S. 2 UWG). Diese Gesetzesänderung muss bei der Lektüre der Influencer-Urteile des BGH berücksichtigt werden.

Werbung für das eigene Unternehmen

Der BGH beanstandete in  seinen Entscheidungen nicht, wenn die Instanzgerichte in ihren Entscheidungen davon ausgegangen sind, dass sich aus dem Instagram-Account eines Influencers klar und eindeutig ergibt, dass sie auch mit scheinbar privaten Posts einen kommerziellen Zweck verfolgen.

OLG Frankfurt, Urt. v. 19.5.2022, 6 U 56/21, II.5.b

Bei Berücksichtigung der konkreten Umstände der streitgegenständlichen Beiträge und der Besonderheiten des Mediums Instagram ist davon auszugehen, dass der Durchschnittsverbraucher auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennen wird, dass den Beiträgen ein kommerzieller Zweck insoweit zu Grunde liege, als sie auch der Wertsteigerung des Images der Beklagten dienen und damit dieser für bereits bestehende und künftige „bezahlte Partnerschaften“ Vorteile bringen können. Denn der angesprochene Nutzer des sozialen Mediums Instagram weiß, dass Influencer wie die Beklagte auch Werbeverträge abschließen und sich der Marktwert der Influencer nach der Zahl der Follower bemisst, die wiederum von der Attraktivität der Beiträge des Influencers abhängig ist (BGH MMR 2021, 892 Rn 70 ff. -Influencer III).

Allerdings gibt es sicherlich Konstellationen, wo der kommerzielle Zweck nicht klar und eindeutig erkennbar ist, etwa bei Personen, die erst am Anfang ihrer Influencer-Karriere stehen und noch über keinen verifizierten Account und über eine überschaubare Anzahl an Followern verfügen.

Werbung für ein fremdes Unternehmen

BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 90/20, Tz. 92 - Influencerin I

Die Erkennbarkeit des Umstands, dass der Influencer nicht nur zu rein privaten Zwecken, sondern auch zugunsten seines eigenen Unternehmens und damit zu kommerziellen Zwecken handelt, genügt nicht auch für die Erkennbarkeit des Handelns zugunsten eines fremden Unternehmens. Erforderlich ist nicht nur, dass sich für die Adressaten aus den Umständen überhaupt eine kommerzielle Zweckverfolgung ergibt, sondern es muss jeder mit einem Kommunikationsakt verfolgte kommerzielle Zweck erkennbar sein.

BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 90/20, Tz. 54 – Influencer I

Dass eine geschäftliche Handlung vorliegt, weil der Unternehmer zugunsten seines eigenen Unternehmens handelt, ist kein Indiz dafür, dass auch eine geschäftliche Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens vorliegt.

Bei der Werbung für ein fremdes Unternehmen sind die Spezialvorschriften aus dem Telemediengesetz (TMG) und dem Medienstaatsvertrag (MStV, vormals Rundfunkstaatsvertrag (RStV)) zu berücksichtigen (s.a. OLG Frankfurt, Urt. v. 19.5.2022, 6 U 56/21, II.5.c).

BGH, Urt. v. 13.1.2022, I ZR 35/21, Tz. 54 – Influencer III

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine geschäftliche Handlung, die die Voraussetzungen des § 5a Abs. 6 UWG erfüllt, nicht als unlauter anzusehen, wenn sie den Erfordernissen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG sowie des § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV und § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV genügt, weil es sich dabei um vorrangige Spezialvorschriften handelt, deren Wertungen durch das Lauterkeitsrecht nicht unterlaufen werden dürfen (vgl. dazu BGH, GRUR 2021, 1414 Rn. 58 bis 61 und 71 - Influencer II).

Telemediengesetz

BGH, Urt. v. 13.1.2022, I ZR 35/21, Tz. 57 f – Influencer III

Influencer, die ein eigenständiges Profil auf der Social-Media-Plattform Instagram, einem Telemedium im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG, betreiben, sind Diensteanbieter im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG (dazu im Einzelnen BGH, GRUR 2021, 1400 Rn. 104 bis 107 - Influencer I; GRUR 2021, 1414 Rn. 49 bis 52 - Influencer II). 

Kommerzielle Kommunikation ist gemäß § 2 Satz 1 Nr. 5 TMG jede Form der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren, Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer sonstigen Organisation oder einer natürlichen Person dient, die eine Tätigkeit im Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen freien Beruf ausübt. Keine kommerzielle Kommunikation stellt nach § 2 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b TMG die Übermittlung von Angaben in Bezug auf Waren und Dienstleistungen oder das Erscheinungsbild eines Unternehmens, einer Organisation oder Person dar, die unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung gemacht werden. Gemäß einer Ergänzung in § 2 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b TMG durch das Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes und weiterer Gesetze vom 19. November 2020 (BGBl. I S. 2456) umfasst dies auch solche unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung oder sonstige Vorteile von natürlichen Personen gemachten Angaben, die eine unmittelbare Verbindung zu einem Nutzerkonto von weiteren natürlichen Personen bei Diensteanbietern ermöglichen.

Eine Gegenleistung liegt aber schon darin, dass das fremde Unternehmen dem Influencer die Ware oder Dienstleistung kostenlos oder vergünstigt zur Verfügung gestellt hat.

BGH, Urt. v. 13.1.2022, I ZR 35/21, Tz. 63/64 – Influencer III

Die in Nr. 11 Satz 1 des Anhangs zur Richtlinie 2005/29/EG vorgesehene Regelung und die in Art. 6 Buchst. a in Verbindung mit Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2000/31/EG niedergelegten Transparenzanforderungen gebieten es in gleicher Weise, der Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen dienende Angaben einer Influencerin mangels Unabhängigkeit als kommerzielle Kommunikation im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 5 TMG anzusehen, wenn der hierdurch begünstigte Unternehmer zwar keine Geldzahlung geleistet, jedoch das dargestellte Produkt der Influencerin zur Verfügung gestellt hat.

OLG Frankfurt, Urt. v. 19.5.2022, 6 U 56/21, II.5.c

Der Bezug zwischen Beitrag und geldwertem Vorteil wird hier durch die naheliegende und daher regelhaft anzunehmende Erwartung des durch den Bericht begünstigten Unternehmens hergestellt, dass die Influencerin über das Produkt berichten werde (vgl. Henning-Bodewig WRP 2017, 1415 Rn 22). Ein solcher Bericht ist durch die Produktbereitstellung initiiert und daher nicht unabhängig, so dass er als kommerzielle Kommunikation nach § 6 Abs. 1 TMG erkennbar sein muss. Der Schutzzweck der Regelung verlangt die Erfassung auch solcher Gewährungen geldwerter Vorteile, mit denen Beiträge gerade erst veranlasst werden sollen, ohne dass zuvor eine Vereinbarung getroffen wurde.

BGH, Urt. v. 13.1.2022, I ZR 35/21, Tz. 66 – Influencer III

Eine für geldwerte Vorteile geltende Geringfügigkeitsschwelle sieht § 2 Satz 1 Nr. 5 TMG nicht vor. Demgegenüber ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV und § 2 Abs. 2 Nr. 12 MStV die kostenlose Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen nur als Produktplatzierung in Sendungen oder nutzergenerierten Videos anzusehen, sofern die betreffende Ware oder Dienstleistung von bedeutendem Wert ist. Für die analoge Anwendung dieser für Produktplatzierung geltenden Geringfügigkeitsschwelle ist im Rahmen des § 6 Abs. 1 TMG jedoch mangels planwidriger Regelungslücke kein Raum.

Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 19.5.2022, 6 U 56/21, II.5.c

Medienstaatsvertrag (MStV, vormals RStV)

BGH, Urt. v. 13.1.2022, I ZR 35/21, Tz. 70 ff – Influencer III

Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV muss Werbung als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein. Dieser Regelung entspricht diejenige in § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV.

Beide Vorschriften sind auf Werbung in Telemedien anwendbar, da sie im VI. Abschnitt des Rundfunkstaatsvertrags bzw. im 2. Unterabschnitt des Medienstaatsvertrags enthalten sind, die jeweils den Titel "Telemedien" tragen.

Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV ist Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die im Rundfunk von einem öffentlich-rechtlichen oder einem privaten Veranstalter oder einer natürlichen Person entweder gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird, mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern. Diese Definition ist auch auf den Begriff der Werbung in Telemedien gemäß § 58 Abs. 1 RStV anzuwenden. § 2 Abs. 2 Nr. 7 MStV enthält nunmehr eine auch ausdrücklich auf Telemedien bezogene, im Übrigen übereinstimmende Definition (vgl. BGH, GRUR 2021, 1400 Rn. 116 bis 118 - Influencer I; GRUR 2021, 1414 Rn. 65 bis 67 - Influencer II, jeweils mwN).

Danach stellt eine Äußerung mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen eines fremden Unternehmens zu fördern, nur dann eine Werbung im Sinne dieser Vorschrift dar, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung gemacht wird. Für die Eigenwerbung setzen § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV und § 2 Abs. 2 Nr. 7 MStV hingegen nicht voraus, dass für diese ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erbracht wird (BGH, GRUR 2021, 1414 Rn. 77 - Influencer II).

Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 19.5.2022, 6 U 56/21, II.5.c

BGH, Urt. v. 13.1.2022, I ZR 35/21, Tz. 75 – Influencer III

Unter einem Entgelt oder einer ähnlichen Gegenleistung im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV und § 2 Abs. 2 Nr. 7 MStV ist neben Geld- oder Sachleistungen jede geldwerte Gegenleistung zu verstehen. Der Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen dienende Angaben einer Influencerin sind daher als Werbung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV und § 2 Abs. 2 Nr. 7 MStV anzusehen, wenn der hierdurch begünstigte Unternehmer zwar keine Geldzahlung geleistet, jedoch das dargestellte Produkt zur Verfügung gestellt hat. Stellt der durch die Angabe begünstigte Unternehmer das Produkt kostenlos und in der naheliegenden und daher regelhaft anzunehmenden Erwartung bereit, dass die Influencerin über das Produkt berichten werde, wird die Angabe gegen eine Gegenleistung gemacht.

OLG Frankfurt, Urt. v. 19.5.2022, 6 U 56/21, II.5.c

Der Bezug zwischen Beitrag und geldwertem Vorteil wird hier durch die naheliegende und daher regelhaft anzunehmende Erwartung des durch den Bericht begünstigten Unternehmens hergestellt, dass die Influencerin über das Produkt berichten werde (vgl. Henning-Bodewig WRP 2017, 1415 Rn 22). Ein solcher Bericht ist durch die Produktbereitstellung initiiert und daher nicht unabhängig, so dass er als kommerzielle Kommunikation nach § 6 Abs. 1 TMG erkennbar sein muss. Der Schutzzweck der Regelung verlangt die Erfassung auch solcher Gewährungen geldwerter Vorteile, mit denen Beiträge gerade erst veranlasst werden sollen, ohne dass zuvor eine Vereinbarung getroffen wurde.

BGH, Urt. v. 13.1.2022, I ZR 35/21, Tz. 76 – Influencer III

Eine für geldwerte Vorteile geltende Geringfügigkeitsschwelle sehen weder § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV noch § 2 Abs. 2 Nr. 7 MStV vor. Eine analoge Anwendung der Geringfügigkeitsschwelle für Produktplatzierung in Sendungen oder nutzergenerierten Videos (§ 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV und § 2 Abs. 2 Nr. 12 MStV), die zwar nicht in Art. 11 der Richtlinie 2010/13/EU, sehr wohl aber in Erwägungsgrund 91 Satz 4 dieser Richtlinie erwähnt ist, auf Beiträge in - im Streitfall betroffenen - Telemedien, die keinen audiovisuellen Mediendienst im Sinne des Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU darstellen, scheidet mangels planwidriger Regelungslücke aus.

Erkennbarkeit der kommerziellen Kommunikation für ein fremdes Unternehmen

BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 90/20, Tz. 92 - Influencerin I

Die Erkennbarkeit des Umstands, dass der Influencer nicht nur zu rein privaten Zwecken, sondern auch zugunsten seines eigenen Unternehmens und damit zu kommerziellen Zwecken handelt, genügt nicht auch für die Erkennbarkeit des Handelns zugunsten eines fremden Unternehmens. Erforderlich ist nicht nur, dass sich für die Adressaten aus den Umständen überhaupt eine kommerzielle Zweckverfolgung ergibt, sondern es muss jeder mit einem Kommunikationsakt verfolgte kommerzielle Zweck erkennbar sein.

OLG Frankfurt, Urt. v. 19.5.2022, 6 U 56/21, II.5.c

Der Annahme, der kommerzielle Zweck einzelner Beiträge, fremde Unternehmen zu fördern, ergebe sich aus den Umständen, kann die häufig anzutreffende Vermischung nicht-werblicher und werblicher Beiträge entgegenstehen. Bei einer solchen Vermischung der Beiträge ergibt sich dieser kommerzielle Zweck nicht bereits aus einer etwaigen Verifizierung des Profils (also der Kennzeichnung als „echtes Profil“ des namentlich benannten Inhabers, die nur bei Personen mit einer bestimmten öffentlichen Bekanntheit bzw. ab einer gewissen Anzahl an Followern erfolgt), einer besonders hohen Anzahl der Follower oder aus einer generellen Bekanntheit des Influencers (vgl. BGH GRUR 2021, 1400 Rn 90 - Influencer I, m.w.N.). Hinsichtlich der Erkennbarkeit der eigennützigen Tätigkeit des Influencers kann diesen Umständen hingegen durchaus Bedeutung zukommen (vgl. BGH GRUR 2021, 1414 Rn 37-44 - Influencer II).

OLG Frankfurt, Urt. v. 19.5.2022, 6 U 56/21, II.5.c

Eine Kennzeichnung ist hier erforderlich. Das allgemeine Wissen von Nutzern darüber, dass Blogger auf Instagram häufig durch Werbekooperationen finanziert würden, steht einer Pflicht zur Kennzeichnung einzelner Beiträge als Werbung für Drittunternehmen nicht entgegen. Selbst followerstarke Profile auf Instagram sind nicht stets (nur) kommerziell motiviert. Follower legen Wert auf Authentizität. Gerade der Eindruck, dass Follower einen Einblick in die durch Werbeeinflüsse und Entgeltfinanzierung unbeeinflusste private Lebensführung erhalten, führt dazu, dass die Follower eine Haltung entwickeln, die sie gegenüber werbefinanzierten und daher gerade typischerweise wegen der Bezahlung geäußerten Vorlieben nicht entwickelten. Follower erwarten daher zu Recht, dass auch ein etwaiges politisches oder - wie hier ernährungsbezogenes - Engagement nicht kommerziell beeinflusst ist (vgl. BGH GRUR 2022, 490 Rn 45-47 - Influencer III).

Frühere Rechtsprechung

KG, Urt. v. 8.1.2019, 5 U 83/18, B.II.1.b – Vreni Frost

Ein rein redaktioneller Beitrag liegt nur vor, wenn der Beitrag allein, zumindest aber vorrangig der Information und Meinungsbildung seiner Adressaten dient. Der Tag (...) und die Inhalte des Instagram-Accounts, zu dem der gesetzte Link geführt hat, hatten keinen erkennbaren Bezug zu dem Text- und dem Bildbeitrag der Antragsgegnerin. Der Textbeitrag der Antragsgegnerin beschäftigt sich mit einem Upgrade, das die Antragsgegnerin auf einem Flug nach oder von New York bei der von ihr ausgewählten Fluggesellschaft erhalten hat. ...

Es ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Absicht der Antragsgegnerin, den Absatz von Waren der Marke (...) zu fördern, auch tatsächlich das Motiv für Tagging und Verlinkung waren. Jedenfalls stellt sich der Tag (...) bei objektiver Betrachtung sowohl in Kenntnis als auch in Unkenntnis dieser Hintergründe als Werbung dar.

Aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Besuchers des Instagram-Accounts der Antragsgegnerin hat der buchstäblich in der Luft hängende Tag (...) keinen Informationsgehalt. Sein einziger erkennbarer Zweck ist es, die Neugier des Besuchers und die Erwartung zu wecken, durch einen Klick Weiteres erfahren zu können. Ziel des Tags ist mithin die Förderung des Absatzes eines fremden Unternehmens, da der so angelockte Besucher unmittelbar mit der Werbung des Unternehmens (...) konfrontiert wird, wenn er dem Link folgt.

KG, Urt. v. 8.1.2019, 5 U 83/18, B.II.3.a.cc – Vreni Frost

Die Grenze zwischen einer im Hinblick auf § 5a Abs. 6 UWG (a.F.; heute § 5a Abs. 4 UWG) unbedenklichen Markennennung im Rahmen  einer  Meinungsäußerung  oder  eines  redaktionellen  Beitrages  einerseits und  zu kennzeichnender  Werbung  andererseits  an  der  Verlinkung  zu  einen  Instagram-Account des Nutzers der Marken zu ziehen, ist jedenfalls dann nicht sachangemessen und der Lebenswirklichkeit des Internets gerecht werdend, wenn dem Verbraucher über den Link nicht unmittelbar der Erwerb des Produkts ermöglicht wird. Wohl jedes aktuelle Textverarbeitungsprogramm gestaltet die Eingabe einer Internetadresse automatisch als Link.

KG, Urt. v. 8.1.2019, 5 U 83/18, B.II.3.a.dd – Vreni Frost

Es stellt sich weiter die Frage, ob jeder einzelne Instagram-Account der Antragsgegnerin als kommerziellen Zwecken dienend gekennzeichnet werden muss, ohne dass auf die Prüfung des redaktionellen Gehalts des einzelnen Posts eingegangen werden muss, weil andere Posts kommerziellen Zwecken Dritter gedient haben bzw. weil der Account insgesamt, und damit jeder einzelne Beitrag, der Eigenwerbung der Antragsgegnerin gedient hat.

Diese Frage ist im Hinblick auf die Grundrechte der Antragsgegnerin aus Art. 11 EU-Grundrechtecharta zu verneinen. ...

Das Bestreben eines Influencers, Werbeeinnahmen zu erzielen, rechtfertigt es nicht, ihn zu verpflichten, jede Äußerung mit einem Hinweis zu versehen, mit dem der Verkehr einen nachrangigen oder minderen Wert des Beitrags verbindet. Insoweit kann für einen Influencer nichts anderes gelten, als für andere Medienunternehmen, die sich durchweg zumindest auch über Werbeeinnahmen finanzieren und für Auftraggeber insbesondere dann attraktiv sind, wenn eine Vielzahl von Personen erreichen, ganz gleich, ob man diese nun als  Leser, Zuschauer oder Follower bezeichnet.

Eine Differenzierung nach dem Gegenstand der redaktionellen Berichterstattung bzw. der Meinungsäußerung ist mit der Meinungsäußerungs- und Medienfreiheit nicht vereinbar. Berichte über Modetrends sind nicht weniger schützenswert als Berichte über gesellschafts- und tagespolitische Themen.

Das Ziel, den in der Regel wohl ohnehin konsuminteressierten Follower eines Blogs, wie die Antragsgegnerin ihn betreibt, vor einer nicht hinreichend informierten geschäftlichen Entscheidung zu schützen, lässt sich ohne weiteres erreichen, indem die Beiträge als kommerziellen Zwecken dienend gekennzeichnet werden, für die die Antragsgegnerin unmittelbar oder mittelbar ein Entgelt oder einen geldwerten Vorteil erhalten hat. Sind Beiträge als kommerziellen Zwecken dienend gekennzeichnet, erkennt der Besucher des Accounts auch dann, dass der Inhaber des Accounts als Werbeträger unternehmerisch tätig ist, wenn andere Beiträge, die Meinungsäußerungen oder redaktionelle Inhalte enthalten, nicht gekennzeichnet sind.

Nächste Frage ist, ob der Adressat den kommerziellen Zweck eines Posts auch dann ohne weiteres erkennt, wenn nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wird.

OLG München, Urt. v. 25.6.2020, 29 U 2333/19, Tz. 33, 36 – Cathy Hummels

Ein relevantes Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks liegt vor, wenn das äußere Erscheinungsbild der Handlung so gestaltet wird, dass der Verbraucher ihren kommerziellen Zweck nicht klar und eindeutig erkennen kann. Der Verbraucher muss auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennen können, dass der Handlung ein kommerzieller Zweck zugrunde liegt (...). ...

Bei Berücksichtigung der konkreten Umstände der streitgegenständlichen vier Posts und der Besonderheiten des Mediums Instagram ist davon auszugehen, dass die … angesprochenen Durchschnittsverbraucher auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennen, dass den Posts ein kommerzieller Zweck insoweit zugrunde liegt, als sie auch der Wertsteigerung des Images der Beklagten dienen und damit dieser für bereits bestehende und künftige „bezahlte Partnerschaften“ Vorteile bringen. Denn der angesprochene Nutzer des sozialen Mediums Instagram weiß, dass Influencer wie die Beklagte auch Werbeverträge abschließen und sich der Marktwert der Influencer nach der Zahl der Follower bemisst, die wiederum von der Attraktivität der Posts des Influencers abhängig ist.

Bestätigt durch BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 125/20 - Influencerin II

OLG Hamburg, Urt. v. 2.7.2020, 15 U 142/19, II.2.b (MD 2020, 610)

Bei dem Instagram-Account der Beklagten handelt es sich aufgrund des am Anfang des Profils gesetzten blauen Hakens um einen verifizierten Account, den Instagram nur Personen mit einer bestimmten öffentlichen Bekanntheit bzw. ab einer gewissen Anzahl an Followern zugesteht. Dieses ‚Statussymbol‘ auf der Social Media Plattform lässt auf einen Account schließen, der sich sehr stark der Imagepflege widmet und aus rein kommerziellen Erwägungen betrieben wird. … Jedem Verbraucher/jeder Verbrauchern wird unmittelbar bewusst, dass es sich um einen öffentlichen Auftritt der Beklagten handelt. Damit ist auch jedem Nutzer deutlich, dass die Beklagte die Postings nicht schaltet, um ihre Freunde über ihre Aktivitäten zu informieren und sich mit ihnen auszutauschen, sondern das kommerzielle Zwecke der Grund hierfür sind. Instagram-Accounts werden vor allem von Verbrauchern aufgerufen, die sich mehr oder weniger regelmäßig auf diese Medium bewegen und deshalb darüber informiert sind, dass Social Media nicht nur private, sondern oftmals auch kommerziell genutzte Kartons beinhalten. …

… Wer sich bei Instagram registriert, weiß um die Besonderheiten und die Gesetzmäßigkeiten dieses Mediums. Spätestens wenn der Nutzer feststellt, dass die Beklagte auf ihrer Seite die hier streitgegenständlichen Verlinkungen zu den Unternehmen der von ihr getragenen Kleidung vorhält, wird überaus deutlich, dass es sich um einen kommerziellen Account handelt. …

Das Influencer Marketing hat sich in den letzten Jahren zu einer respektablen Vermarktungsform entwickelt, mitunter wird von dem wichtigsten digitalen Vermarktungstrend überhaupt gesprochen. … Bei denjenigen Personen, die ihren Instagram-Account öffentlich machen, handelt es sich in der Regel um Personen, die einen kommerziellen Zweck verfolgen – dies ist auch den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt. In diesem Zusammenhang gehört des weiteren, dass sich die Beklagte selbst als sogenannte Influencer bezeichnet, wobei es sich in der Regel um bekannte und beliebte Personen handelt, die sich dafür bezahlen lassen, dass sie mit einem bestimmten Produkt abgebildet werden.

Allein die Darstellung, mit der die Beklagte in ihren Posts einen persönlichen und privaten Anstrich zu geben versucht, führt nicht aus der Tatsache heraus, dass der kommerzielle Zweck deutlich wird. Sofern andere zu dem Thema ergangene Entscheidungen hierauf abstellen, folgt der Senat dem ausdrücklich nicht. Die Einkleidung kommerzieller Interessen in vorgeblich privates wird auf den Posts der Beklagten deutlich und stellt sich als Marketingmaßnahme dar, die der Verbraucher nicht verborgen bleibt und ihr zudem auch bekannt ist. ...

Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Rechtsstreitigkeiten des Klägers gegen verschiedene Influencer*innen in Deutschland … große mediale Aufmerksamkeit erregt haben. Hierdurch ist der kommerzielle Zweck der Instagram-Accounts von Influencer*innen zusätzlich bzw. noch breiter bekannt geworden, sodass spätestens jetzt auch für den (nur) durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbraucher kein Zweifel mehr daran bestehen kann, dass diese Accounts zu kommerziellen Zwecken betrieben werden.

Strenger:

OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.10.2019, 6 W 68/19

Die Antragsgegnerin ist bereit, für Produktplatzierungen Entgelte von Drittunternehmen anzunehmen. Dann aber liegt es nahe, dass sie mit den Tags jedenfalls das Interesse von Drittunternehmen an einem Influencer-Marketing in Kooperation mit ihr wecken möchte, um Umsätze zu generieren; das genügt (OLG Braunschweig, Urt. v. 8.1.2019, 2 U 89/18, Tz. 14). Keiner der Posts … enthält auch nur im Ansatz einen redaktionellen Beitrag, der das Setzen der Tags veranlasst haben könnte. Es besteht daher kein Anlass, einen der Posts als privat zu behandeln (insoweit anders die Fallgestellung zu KG, Urt. v. 08.1.2019, 5 U 83/18).

Im Übrigen fördert die Antragsgegnerin mit ihren mit Tags versehenen Posts jedenfalls ihr eigenes Unternehmen. Als Influencerin erzielt die Antragsgegnerin Einkünfte damit, dass sie Produkte und auch sich selbst vermarktet. … Die Antragsgegnerin nutzt also ihre Bekanntheit als Influencerin, um eigene Produkte zu vermarkten. Ihr Instagram-Account ist daher insgesamt als kommerziell und nicht je nach Post als kommerziell oder privat zu bewerten.

OLG Braunschweig, Urt. v. 13.5.2020, 2 U 78/19 (MDR 2020, 872)

Ein gesonderter Hinweis ist nur dann entbehrlich, wenn sich der kommerzielle Zweck unmittelbar aus den Umständen ergibt, was voraussetzt, dass für den Verbraucher auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar ist, dass es sich der Sache nach um Werbung für den Hersteller des betreffenden Produkts handelt. Dabei liegt es gerade in der Natur des Influencer-Posts, dass der werbliche Charakter im Allgemeinen nicht auf den ersten Blick erkennbar ist.

Es ist gerade Sinn und Zweck der Werbung der Beklagten, ihre Follower zum Erwerb entsprechender Kleidungsstücke bei den betreffenden Herstellern zu bewegen, die diese sonst nicht oder nicht zu diesem Zeitpunkt erworben hätten. Ein Einfluss des Influencers auf die geschäftliche Entscheidung seines Followers ist aus der Natur der Sache heraus regelmäßig zu bejahen. Die Verbraucher oder Follower der Beklagten verstehen die Beklagte als Vorbild und folgen ihrem Beispiel bei der Auswahl von Kleidung wie einer Empfehlung, welcher sie aufgrund ihrer scheinbar privaten Natur eine größere Objektivität und Neutralität beimessen, als es bei entsprechend offengelegter, d. h. gekennzeichneter Werbung, die den kommerziellen Zweck gegenüber den Verbrauchern nicht verschleiert, der Fall wäre.

Im Ergebnis bestätigt durch BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 90/20 - Influencerin I

OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.10.2019, 6 W 68/19

Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrem Instagram-Account an jugendliche Verbraucher als Follower. Diesen gegenüber präsentiert sie sich als eine Person, die andere an ihrem Privatleben teilnehmen lässt, nicht als gewerblich handelnde Unternehmerin, die mit ihren Posts Umsätze generiert. Ihre Follower interessieren sich für die Antragsgegnerin in erster Linie als Privatperson, nicht als Werbebotschafterin für die Drittunternehmen, die sie bewirbt. Auch wenn die Antragsgegnerin sich bei einzelnen Drittunternehmen im Rahmen ihrer Posts für das Sponsoren von Reisen und Unterkunft bedankt, besteht kein Grund anzunehmen, dass ihren Followern bewusst ist, dass die Antragsgegnerin mit der Unterhaltung ihres in Instagram-Accounts vorwiegende geschäftliche Interessen verfolgt. Es entspricht gerade dem Konzept des Influencer-Marketings, dass Influencer nicht als Werbefiguren erscheinen, sondern als Privatpersonen.

Das OLG Karlsruhe differenziert zwischen Posts zur Förderung des eigenen Unternehmens und Posts zugunsten fremder Unternehmen:

OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.9.2020, 6 U 38/19, Tz. 113 ff

Bei der Offensichtlichkeit der Verfolgung des kommerziellen Zwecks ist – anders als dies zu abweichenden Bewertungen gelangende Oberlandesgerichte getan haben (OLG München, Urt. v. 25.06.2020, 29 U 2333/19 OLG Hamburg, Urt. v. 02.07.2020, 15 U 142/19) – zu differenzieren. Im Hinblick auf den von der Beklagten verfolgten Zweck, ihren eigenen Absatz zu fördern, erkennt der Senat sowohl die Entwicklung des Berufsbildes „Influencer“ als auch die Selbstverständlichkeit von dessen Verbreitung bei den angesprochenen Adressaten. ...

Die angesprochenen Adressaten, gerade Jugendliche und junge Erwachsene, die auf ihren Account stoßen, wissen vielmehr, dass die Beklagte Influencerin ist, kennen ihr Geschäftsmodell und wissen, womit die Beklagte ihre Einkünfte erzielt. Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass der von der Beklagten verfolgte kommerzielle Zweck, zugunsten ihres eigenen Unternehmens tätig zu werden und mit ihren Posts den Absatz ihrer eigenen Dienstleistungen an Werbepartner zu fördern, nicht verkannt wird, weil er sich aus den Umständen ergibt. ...

Anderes gilt jedoch für den weiteren kommerziellen Zweck, zugunsten der Unternehmen bestimmter Dritter tätig zu sein und den Absatz von deren Produkten zu fördern. Dieser kommerzielle Zweck ergibt sich nicht unmittelbar aus den Umständen.

... Stets erzeugt der Influencer aber eine besondere Bereitschaft seiner Follower, die Botschaften des Influencers wahrzunehmen und ihnen wohlwollend näherzutreten. In den Posts enthaltene Werbebotschaften gelangen in den Genuss des Wohlwollensvorteils, wohingegen herkömmliche Werbung erst die Abneigung der Adressaten überwinden muss. Während die Werbeaussage einer aus anderen Gründen prominenten Person (sog. celebrity endorsement) häufig gekünstelt wirkt und als das erscheint, was sie per definitionem ist, nämlich gekauft, treten Influencer ihren Followern innerhalb des sozialen Netzwerks auf Augenhöhe gegenüber und wirken authentisch. In ihren Posts gerieren sich Influencer als Privatpersonen, die lediglich ihr Leben (mit-)teilen, dabei aber zugleich fremde Produkte präsentieren.

Es liegt damit in der Natur der Posts des Influencers, dass in ihnen Werbebotschaften zugunsten bestimmter dritter Unternehmen und Inhalte vermengt sind.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.9.2020, 6 U 38/19, Tz. 119 ff

Die angesprochenen Verkehrskreise gehen nicht davon aus, dass der Influencer einen kommerziellen Zweck der Absatzförderung hinsichtlich sämtlicher in der Gestaltung des Posts erkennbar dargestellter Produkte verfolgt. Im Gegenteil halten die Mitglieder der Community bis zu einem – auch von Influencern wahrgenommenen – Punkt den Influencer, wie er sich in seinen Posts präsentiert, für „authentisch“, für „einen von ihnen“, der es eben geschafft hat, für das, was alle wollen, auch noch eine erhebliche Vergütung zu erhalten.

Die wettbewerbliche Gefährdungslage resultiert also gerade aus der Gemengelage von privatem Erscheinungsbild und von Drittinteressen unberührten Kommunikationselementen einerseits und von Drittinteressen beeinflussten Kommunikationselementen andererseits. Diese Gefährdungslage, die durch das Geschäftsmodell des Influencers geschaffen wird, gebietet zu ihrer Begrenzung eine umfassende Pflicht zur Offenlegung der wirtschaftlichen Beziehungen des Influencers zu Drittunternehmen.

Im Hinblick auf die zu unterscheidenden kommerziellen Zwecke kann abschließend nicht angenommen werden, dass bereits die oben bejahte Einsicht der angesprochenen Verkehrskreise, dass die Beklagte den kommerziellen Zweck der Förderung ihres eigenen Absatzes verfolgt, ausreicht, um sie „bösgläubig“ zu machen und damit den Anforderungen des § 5a Abs. 6 UWG zu genügen (anders OLG München, Urt. v. 25.06.2020, 29 U 2333/19, allerdings ohne Differenzierung der betroffenen kommerziellen Zwecke). Es genügt nicht, dass für die Adressaten aus den Umständen ergibt, dass überhaupt ein kommerzieller Zweck verfolgt wird, sondern es muss jeder mit einem Kommunikationsakt verfolgte kommerzielle Zweck erkennbar sein. Maßgeblich ist insoweit der Schutzzweck von § 5a Abs. 6 UWG (a.F.; heute § 5a Abs. 4 UWG).

Die Vorschrift trägt dem Schutzbedürfnis Rechnung, das daraus entsteht, dass Verbraucher kommerziellen Annäherungen und Äußerungen eher skeptisch, reserviert und mit Vorbehalten gegenübertreten, augenscheinlich ohne kommerzielle Absicht vorgetragenen Äußerungen aber offener, positiv und regelmäßig vertrauensvoll. Dieser Schutzzweck verlangt, dass die Offensichtlichkeit des kommerziellen Zwecks konkret und produktbezogen vorzuliegen hat.

OLG Köln, Urt. v. 19.2.2021, 6 U 103/20, Tz. 70

Soweit eingewandt wird, dass Blogger auf Instagram häufig durch Werbekooperationen finanziert werden, schließt dieses allgemeine Wissen nicht aus, dass Kooperationen sowie entgeltfinanzierte Inhalte nach den gesetzlichen Vorgaben zu kennzeichnen wären. Die fehlende Kennzeichnung ist auch nicht entbehrlich, weil der werbliche Charakter eindeutig aus dem Umfeld der Veröffentlichung folgt. Insbesondere sind selbst followerstarke Profile auf Instagram nicht stets kommerziell motiviert (so aber wohl im Ergebnis OLG München MMR 2020, 772 Rn. 36). Auch der Vortrag der Beklagten widerspricht dieser pauschalen Annahme. Die Beklagte gesteht zu, dass ihre Follower Wert auf Authentizität legen, die in der Tat ein entscheidender Erfolgsfaktor für Influencer ist. Gerade der Eindruck, dass Follower einen Einblick in die durch Werbeeinflüsse und Entgeltfinanzierung unbeeinflusste private, also letztlich „ehrliche“ Lebensführung erhalten, führt dazu, dass die Follower eine Haltung entwickeln, die sie gegenüber werbefinanzierten und daher gerade typischerweise wegen der Bezahlung geäußerten Vorlieben nicht entwickeln (vgl. LG Karlsruhe, BeckRS 2019, 3975, Rn. 30, 34). Auch die Beklagte legt auf diese Authentizität Wert, wenn sie vorträgt, in jüngerer Zeit verstärkt politisches Engagement über ihre Vorbildfunktion zu kommunizieren. Follower erwarten zu Recht, dass ein solches Engagement nicht kommerziell motiviert oder beeinflusst ist. Man würde dem Charakter von Instagram als soziales Medium nicht gerecht werden, würde man alle Profile als kommerziell motiviert ansehen.

OLG Köln, Urt. v. 19.2.2021, 6 U 103/20, Tz. 73, 76 f

In der bisherigen Rechtsprechung ist noch nicht abschließend geklärt, welche Indizien vorliegen müssen, um eine kommerzielle Absicht von Instagram-Postings zu vermuten mit der Folge, dass die Blogbetreiberin diese Vermutung zu widerlegen hätte. ...

Aus Sicht des Senats kann weder pauschal gefolgert werden, dass ein auch geringer redaktioneller Anlass bereits das kommerzielle Interesse ausschließt, noch dass allein bei Nachweis eines konkreten Entgelts die Unlauterkeit anzunehmen wäre. Entscheidend ist vielmehr, dass § 5a Abs. 6 UWG (a.F.; heute § 5a Abs. 4 UWG) eine Vermutung zugunsten einer überwiegenden kommerziellen Absicht nur ausschließt, wenn einerseits sowohl eine konkrete Entgeltzahlung als auch ein mittelbarer Vorteil seitens des begünstigen Unternehmens ausscheidet, andererseits keine einseitige und übermäßige Herausstellung des objektiv begünstigten Unternehmens vorliegt.

Diese Wertung berücksichtigt zwar, dass auch die soziale Kommunikation über Instagram-Accounts dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG unterliegt. Sie trägt aber ebenso dem Umstand Rechnung, dass auch im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 GG Abstufungen dergestalt möglich, dass vorwiegend der Unterhaltung dienende Beiträge einen geringeren Schutz genießen als Beiträge, die journalistisch-redaktioneller Natur sind und gerade dadurch auch der kollektiven Meinungsbildung dienen (z.B. BVerfGE 34, 269, 283; BVerfGE 97, 228, 257; BVerfGE 101, 361, 391; BVerfGE 120, 180 Tz. 65). Damit steht es im Einklang, dass das informative Gewicht der Beiträge einer sozialen Kommunikation auch eine Rolle bei der Beweislastverteilung spielt.

Einerseits ist dem Blogger also der Nachweis zu gestatten, dass und inwiefern die von ihm präsentierten Produkte und Accessoires mit eigenen Mitteln beschafft wurden (KG GRUR 2019, 543 Rn. 70), andererseits ist zu gewichten, ob und in welchem Maße die zu den Bilddarstellungen gesetzten Texte einen Informationsgehalt haben und ob die Links zu den davon objektiv begünstigten Unternehmen redaktionell veranlasst und in der vorgenommenen Form auch erforderlich sind, um den redaktionellen Anlass zu erfüllen. Auf diese Weise wird dem Gefährdungspotential Rechnung getragen, das gerade die soziale Kommunikation für Verbraucherinteressen in sich trägt. Die Kennzeichnungsgebote für kommerzielle Kommunikationen sollen nämlich den Verbraucher vor einer Irreführung über die eigentliche Motivation einer Kommunikation schützen, aber auch wirtschaftliche Einflüsse auf die inhaltliche Kommunikation begrenzen (BGHZ 110, 278, 287 = GRUR 1990, 611, 615 – Werbung im Programm). Der ursprünglich für Rundfunk und Presse entwickelte Grundsatz ist auch bei der sozialen Kommunikation in Diensten wie Instagram beachtlich. Gerade durch die Vermischung privater Kommunikation mit der dadurch angestrebten Entwicklung eines für die Unternehmenskommunikation attraktiven Images der Protagonisten ist eine klare Trennung zwischen kommerziellen und inhaltlichen Botschaften vorzunehmen.

OLG Koblenz, Urt. v. 16.12.2020, 9 U 595/20, Tz. 110

Für die Erkennbarkeit des kommerziellen Zwecks ist entscheidend, dass das Konzept von Influencern generell sowie in Anbetracht der zur Gerichtsakte gelangten Posts der Beklagten auch von dieser im Besonderen gerade darin besteht, private und kommerzielle Inhalte zu vermischen. Auf diese Weise inszenieren sie ihr (Privat-)Leben unter Präsentation dazu passender Waren und Dienstleistungen. Die entsprechende Gestaltung des Instagram-Profils und der entsprechenden Posts erschwert den Betrachtern die entsprechende Unterscheidung, weil sich ihre Follower für die Influencer in erster Linie als Privatperson interessieren, nicht jedoch als Werbebotschafterin von Unternehmen. Gerade deshalb verstehen sie den jeweiligen Influencer als Vorbild und folgen dessen Beispiel bei der Auswahl von Waren und/oder konkreter Dienstleistungen wie einer Empfehlung, welcher sie aufgrund ihrer scheinbar privaten Natur eine größere Objektivität und Neutralität beimessen, als es bei entsprechend offengelegter, d.h. gekennzeichneter Werbung, die den kommerziellen Zweck gegenüber den Verbrauchern nicht verschleiert, der Fall wäre. Gerade auf diesem durch den Eindruck von Privatheit - im Hinblick auf die Person des Influencers und auf die einzelnen Beiträge - sowie die damit suggerierte Authentizität hervorgerufenen Effekt beruht der Werbewert von Influencern und damit deren Geschäftsmodell. Zudem ist der Instagram-Account der Beklagten auch nicht als Business-Account gekennzeichnet. Es bedarf somit zumindest einer analysierenden Betrachtung des Profils der Beklagten sowie erst Recht der einzelnen Posts, um die Beklagte überhaupt als Influencerin zu identifizieren. Erst wenn dies gelungen ist, schließt sich indes die Frage an, ob die angesprochenen Adressaten das Geschäftsmodell sogenannter Influencer kennen, deshalb auch wissen, womit die Beklagte "ihr Geld verdient" und deshalb den von dieser mit ihren Posts verfolgten kommerziellen Zweck nicht verkennen. Im Übrigen erfordert das Erkennen des kommerziellen Zwecks im Falle von Posts wie dem hier in Rede stehenden auch deswegen eine analysierende Betrachtung, weil die für den kommerziellen Zweck mitentscheidenden Unternehmenstags erst nach einem "Klick" auf das gepostete Bild sichtbar werden.

Relevanz für die geschäftliche Entscheidung

OLG Hamburg, Urt. v. 2.7.2020, 15 U 142/19, II.2.c (MD 2020, 610)

Ob eine Eignung zur Veranlassung einer geschäftlichen Entscheidung des Verbrauchers besteht, ist aus der Sicht der angesprochenen Verbraucher oder Verbrauchergruppen zu beurteilen. … Die Bewertung hat unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalls unter Berücksichtigung aller Umstände der betreffenden geschäftlichen Handlung, insbesondere auch des verwendeten Kommunikationsmittels und seiner Beschränkungen sowie der Beschaffenheit und Merkmale des betreffenden Produkts zu erfolgen. Dazu muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Das ist zu fragen, ob der durchschnittliche Verbraucher voraussichtlich eine andere geschäftliche Entscheidung getroffen hätte wenn er über die betreffenden Informationen verfügt hätte. Im Regelfall wird dies zwar nach der Lebenserfahrung zu bejahen sein. So insbesondere, wenn es die wesentlichen Merkmale oder den Preis der Ware oder Dienstleistung betrifft, weil sie für den Verbraucher grundsätzlich ein bestimmender Faktor für seine Entscheidung sind. ...

... Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen ergibt eine Gesamtwürdigung der Umstände im konkreten Einzelfall, dass die Nichtkenntlichmachung der Tap Tags den Verbraucher nicht zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die Follower eines Instagram-kanns wissen und rechnen damit, dass auf den Seiten der von Ihnen favorisierten Influencer in Werbung betrieben wird. Sie rufen den Account auf, um sich über Neuheiten auf dem Modemarkt zu informieren oder Anregungen für Reisen, Lifestyle etc. zu erhalten Sie interessieren sich für die von der Beklagten getroffenen Auswahl, die für den Verbraucher, der ihr folgt, das ausschlaggebende ist. Ziel des Besuches eines Instagram-Accounts ist es zum einen, sich allgemein über Mode, Reisen und Lifestyle zu informieren und aus der Masse von Produkten und Herstellern diejenigen herauszufiltern, die man aus Gründen des Geschmacks oder um einem Modetrend zu folgen, selbst tragen möchte. Zum anderen ist entscheidend, dass die dargestellte Mode gerade von der Beklagten beworben wird. Aus gutem Grunde benutzen Modehersteller bekannte Personen und prominente als Werbemittel. … Insoweit unterscheidet sich die hier zugrunde liegende Situation, bei der nicht nur neue Medien bzw. neue technische und mediale Möglichkeiten, sondern auch ein neues Kauf- und Entscheidungsverhalten der Verbraucher zugrunde zu legen ist, deutlich von den bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen. In dem redaktionellen Teil eines Printmediums versteckte Werbung ist hiermit nicht zu vergleichen.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.9.2020, 6 U 38/19, Tz. 129 f

Die unzureichende Kenntlichmachung muss geeignet sein, den Verbraucher zu einer anderenfalls nicht getroffenen Entscheidung zu veranlassen. Dafür genügt aber die bloße Eignung der geschäftlichen Handlung. Maßstab der Beurteilung ist ein Durchschnittsmitglied des nach § 3 Abs. 4 UWG angesprochenen Adressatenkreises.

Aufgrund der mangelnden Kennzeichnung als Werbung werden die Besucher des Accounts der Beklagten zunächst veranlasst, dem Post überhaupt in größerem Maße Beachtung zu schenken als im Fall seiner Kennzeichnung und sodann den darin enthaltenen Informationen angesichts des Eindrucks eines privaten Berichts eine größere Bedeutung beizumessen als einem als Werbung gekennzeichneten Beitrag. ... Ferner werden die tap tags für den Betrachter erst sichtbar, wenn sie das Bild mit der Maus bzw. auf einem Touchpad mit einem Finger anklicken. Gerade der nicht erkennbare Zusammenhang des Tags mit den veröffentlichten Inhalten ist geeignet, zunächst die Neugier des Besuchers zu wecken und ihn zu bewegen, durch nochmaliges Anklicken die verlinkten Instagram-Accounts zu besuchen, um dort weiteres zu erfahren (KG, Urt. v. 08.01.2019, 5 U 83/18 – #vrenifrost, GRUR 2019, 543, 545).

Darlegungs- und Beweislast

KG, Urt. v. 8.1.2019, 5 U 83/18, B.II.3.a.bb – Vreni Frost

Nach den allgemeinen Regeln trägt der Antragsteller die Darlegungs- und Beweislast bzw. Glaubhaftmachungslast für die nach § 5 Abs. 6 UWG (a.F.; heute § 5a Abs. 4 UWG) anspruchsbegründenden Tatsachen. ...

Da der Antragsteller als Außenstehender keinen Einblick in die Beziehungen der Antragsgegnerin zu den Herstellern und Vertreibern der auf ihrem Account vorgestellten Produkte hat, während die Antragsgegnerin insoweit ohne weiteres Aufklärung leisten kann, kann die Darlegungs- und Beweislast  des  Antragstellers  dadurch  gemildert  werden,  dass  die  Antragsgegnerin  eine sekundäre Darlegungslast trifft. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Antragsteller über bloße Verdachtsmomente hinaus die für einen Wettbewerbsverstoß der  Antragsgegnerin  sprechenden  Tatsachen  vorgetragen  und  unter  Beweis  gestellt  bzw. glaubhaft gemacht hat.

Bei der Werbung für Dritte liegt ein kommerzieller Zweck nur vor, wenn der Werbende vom beworbenen Unternehmen dafür eine Gegenleistung erhalten hat. Das wird nach § 5a Abs. 4 S. 3 UWG vermutet. Der Werbende kann aber das Gegenteil glaubhaft machen.

Kenntlichmachung des kommerziellen Zwecks

OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.2.2019, 6 W 9/19, II.3.e.2, f

Ein Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks liegt vor, wenn das äußere Erscheinungsbild der geschäftlichen Handlung so gestaltet wird, dass der Verbraucher ihren kommerziellen Zweck nicht klar und eindeutig erkennen kann (BGH GRUR 2013, 644 [BGH 31.10.2012 - I ZR 205/11] Rn. 15 - Preisrätselgewinnauslobung V). Dabei ist auf den konkreten Fall abzustellen und es sind alle tatsächlichen Umstände sowie die Beschränkungen des verwendeten Kommunikationsmittels zu berücksichtigen. Maßgebend ist nach § 3 Abs. 4 UWG die Sicht des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers oder des durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen Verbrauchergruppe. ...

... Ergibt sich der kommerzielle Zweck bereits aus dem Zusammenhang, ist kein gesonderter Hinweis erforderlich. Der Verbraucher muss jedoch auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel (BGH GRUR 2013, 644 [BGH 31.10.2012 - I ZR 205/11] Rn. 21 - Preisrätselgewinnauslobung V; KG WRP 2018, 224 Rn. 13) erkennen können, dass der Handlung ein kommerzieller Zweck zugrunde liegt. Nur in diesem Fall ist es unnötig, darauf noch gesondert hinzuweisen.

KG, Beschl. v. 11.10.2017, 5 W 221/17, Tz. 13 f – Influencer Marketing

Wie der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung kenntlich zu machen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls und des verwendeten Kommunikationsmittels ab. Der Hinweis muss jedoch so deutlich erfolgen, dass aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds der jeweils angesprochenen oder betroffenen Verbraucherkreise kein Zweifel am Vorliegen eines kommerziellen Zwecks besteht (OLG Celle WRP 2017, 1236 f.; Köhler a.a.O. Rn. 7.27). Der kommerzielle Zweck muss auf den ersten Blick hervortreten (OLG Celle WRP 2017, 1236, 1237; Seichter in: Ullmann, a.a.O. § 5a Rn. 141). Das ist vorliegend nicht der Fall.

Nur zwei der fünfzehn Beiträge enthalten überhaupt einen Hinweis, der einen Versuch der Kenntlichmachung im vorstehenden Sinne darstellen könnte, nämlich für “Pantene” (“#sponsoredbypanteneprov”) und für “Maxandco” (“#ad”). Das genügt indes in beiden Fällen nicht (vgl. für “Sponsored by” BGH GRUR 2014, 879, Rn. 29 – GOOD NEWS II; für “#ad” in ähnlicher Ausgestaltung wie hier OLG Celle WRP 2017, 1236, 1237).

OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.9.2020, 6 U 38/19, Tz. 126 f

Die in einigen Posts enthaltenen Hinweise auf eine bezahlte Partnerschaft der Beklagten mit Drittunternehmen genügen ebenfalls nicht, um die spezifische Intransparenz im Hinblick auf die Reichweite des kommerziellen Zwecks der Förderung fremden Wettbewerbs zu beseitigen. Im Gegenteil entsprechen diese Hinweise offensichtlich nicht der Reichweite des oben festgestellten kommerziellen Zwecks, denn die Beklagte verwendet solche Hinweise nur in Fällen, in denen sie tatsächlich eine Vergütung erhält. Tatsächlich ist der objektive Zusammenhang mit der Förderung fremden Absatzes aber schon dann zu bejahen, wenn lediglich ein Werbeüberschuss besteht, d.h. Produkte bestimmter Unternehmen in einer Weise hervorgehoben werden, die vom jeweiligen Gegenstand der Kommunikation nicht gefordert wird. Bei den streitgegenständlichen tap tags ist das der Fall.

Auch der Einsatz von tap tags ist kein Umstand, der für sich genommen den kommerziellen Zweck der Absatzförderung bereits unmittelbar erkennbar macht. Zum einen fehlt es bei den tap tags an einem Werbehinweis zum richtigen Zeitpunkt, nämlich unmittelbar beim Erscheinen des sichtbar gemachten tap tags, d.h. nach erstmaligem Anklicken des Bildes. Erst nach dem Anklicken des tap tags erscheint der Unternehmens-Account des verlinkten Produktherstellers. Es ist auch keineswegs unmittelbar ersichtlich, dass die Beklagte sämtliche tap tags einfügt, um den Absatz von Unternehmen zu fördern.

Produktbewertungen/Empfehlungen

OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.2.2019, 6 W 9/19, II.3.e.2, q

Der Verkehr wird bei Produktbewertungen grundsätzlich davon ausgehen, dass diese grundsätzlich ohne Gegenleistung erstellt werden. Er mag den Bewertungen zwar nicht den gleichen Stellenwert einräumen wie redaktionellen Beiträgen, jedoch davon ausgehen, dass die Bewerter die Produkte aufgrund eines eigenen Kaufentschlusses erworben haben und nunmehr ihre Bewertung unbeeinflusst von Dritten mitteilen. Auf dieser Grundlage basiert die Idee eines jeden Bewertungsportals bzw. der Produktbewertung in Verkaufsportalen. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Erwartung des Verkehrs - im Gegensatz zu redaktionellen Angeboten - bei Produktbewertungen zunehmend auch auf subjektiv gefärbte positive oder negative Stellungnahmen gerichtet ist, denen er erfahrungsgemäß mit größerer Skepsis begegnet (Ahrens/Richter, WRP 2011, 814, 816). Er wird jedenfalls weiterhin die Erwartung haben, dass der - subjektiv urteilende - Bewerter für seine Bewertung keine Gegenleistung erhalten hat, diese zwar möglicherweise nicht ähnlich "objektiv" wie ein idealtypischer redaktioneller Bericht ist, aber doch in dem Sinne authentisch, dass sie eben nicht "gekauft" ist. ...

... Produktbewertungen, bei denen für den Verkehr erkennbar ist, dass der Rezensent eine Gegenleistung erhalten hat, werden vom Verkehr anders gewürdigt werden als Bewertungen, bei denen der Rezensent für das Produkt bezahlt hat. Damit ist das Nichtkenntlichmachen geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

OLG Köln, Urt. v. 16.12.2020, 6 W 102/20, Tz. 32 f

Die Unähnlichkeit des Werbe- und Vergütungsmodells beim Affiliate-Marketing im Vergleich zu klassischen Anzeigenmodellen führt dazu, dass die von der Antragsgegnerin angeführte Übernahme der Trennungsvorgaben aus dem klassischen Anzeigenbereich, bei dem der Hinweis „Anzeige“ stets oberhalb der Werbeanzeige erscheine, nicht ausreicht. Bei einer klassischen Anzeige gibt es eine entsprechende Übung und damit Gewöhnung des Verkehrs. Auch wird eine Werbeanzeige in der Regel umrandet dargestellt und unmittelbar oberhalb der Umrandung der Hinweis „Anzeige“ angebracht, womit der Bezug des Inhalts der Umrandung zum Hinweis hergestellt wird. Vorliegend handelt es sich bei den Beiträgen nach Ansicht der Antragsgegnerin bereits nicht um eine Werbeanzeige, es fehlt an einer Umrandung und daran, dass der Hinweis unmittelbar an einer Umrandung angebracht ist. Damit ist allein die Anbringung oberhalb des in Bezug zu nehmenden Beitrags übernommen worden. Nicht jeder oberhalb eines Beitrags dargestellte Hinweis wird jedoch vom Verbraucher - ohne weiterreichende Anhaltspunkte wie etwa Sternchenhinweise o.ä. – als zum nachfolgenden Beitrag gehörend aufgefasst. Auch ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich, dass eine generelle Übung bei Affiliate-Link-Modellen existierte, dass diese stets oberhalb des Beitrags mit einem Einkaufswagensymbol eingeleitet und durch eine Rubrikleiste vom dazugehörenden Beitrag getrennt dargestellt würden.

Ohne Kenntnis vom Inhalt des Hinweises ist für den Leser der kommerzielle Charakter der in den Beiträgen vorhandenen Affiliate-Links auch aus den sonstigen Umständen nicht erkennbar. Zwar sind auch innerhalb des Beitrags die Links farblich hervorgehoben und in der Regel mit einem Einkaufswagensymbol gekennzeichnet. Dadurch wird dem Leser deutlich gemacht, dass es sich um Links auf kommerzielle Seiten Dritter handelt. Dass die Verlinkungen in dem Beitrag den Leser jedoch nicht nur über Erwerbsmöglichkeiten informieren und ihn auf kommerzielle Seiten leiten wollen, sondern auch der Generierung von Erlösen der Antragsgegnerin dienen, wird nicht deutlich. Trotz einer möglicherweise weiten Verbreitung des Erlösmodells über Affiliate-Links kann nicht festgestellt werden, dass der durchschnittlich informierte Verbraucher davon ausgeht, es handele sich bei Verlinkungen in einem redaktionellen Beitrag auf einem Verbraucherportal wie dem der Antragstellerin stets um Affiliate-Links mit entsprechendem Vergütungsmodell. Das Einkaufswagensymbol, welches den jeweiligen Affiliate-Links vorangestellt ist, ist ohne nähere Erläuterung lediglich als Hinweis auf die Erwerbmöglichkeit durch Klick auf den Link zu verstehen.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.2.2019, 6 W 9/19, II.4

Daneben ergibt sich der Anspruch auf Unterlassen aus §§ 8, 3, 5 Abs. 1 UWG, da durch die streitgegenständlichen Bewertungen auch über die Hintergründe der Bewertung getäuscht wird und somit zumindest mittelbar auch über die Eigenschaften der bewerteten Waren/Dienstleistungen. Denn es liegt keine unbeeinflusste Bewertung vor, welche aus eigenen Stücken aufgrund gesammelter Erfahrungen mit einem Produkt abgegeben wurde, sondern eine Bewertung, die gegen Bezahlung abgegeben wurde und die schon aus diesem Grunde nicht völlig unbeeinflusst und somit irreführend ist (OLG Hamburg, GRUR 1979, 246, 248 - 100-Gramm-Gläser; in Bezug auf die Werbung mit Kundenempfehlungen und anderen Referenzschreiben Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 5 Rn. 1.166).

Unzulässig sind auch andere Versprechen eines Unternehmens, einem Kunden eine Vergünstigung zu gewähren, wenn er das Unternehmen oder seine Produkte auf bestimmten Portalen im Internet empfiehlt.

OLG Hamm, Urt. v. 10.9.2013, 4 U 48/13, Tz. 108

Die in Rede stehenden E-Mails zielen letztlich darauf ab, die angeschriebenen Kunden mit den versprochenen Gutscheinen zur Abgabe einer Empfehlung hinsichtlich der von der Antragsgegnerin beworbenen Produkte auf einem der genannten Meinungsportale zu veranlassen. Bei solchermaßen zustande gekommenen Beurteilungen handelt es sich um wettbewerbswidrig bezahlte Empfehlungen. Wird mit Kundenempfehlungen und anderen Referenzschreiben geworben, darf das Urteil des Kunden grundsätzlich nicht erkauft sein. Die Verwendung bezahlter Zuschriften ist unzulässig, wenn auf die Bezahlung nicht ausdrücklich hingewiesen wird (Köhler/Bornkamm UWG, § 5 Rn 2.164 mwN).

OLG Köln, Urt. v. 16.12.2020, 6 W 102/20, Tz. 36

Die Nichtkenntlichmachung von Vergütungsvereinbarungen im Zusammenhang mit dem Setzen der Affiliate-Links ist geeignet, den Verbraucher in dieser geschäftlichen Entscheidung zu beeinflussen. Denn unabhängig davon, ob die Antragsgegnerin sich bei der inhaltlichen Gestaltung ihrer Beiträge von der Möglichkeit zusätzlicher Erlöse durch Affiliate-Vereinbarungen mit bestimmten Händlern beeinflussen lässt, ist bereits das Bestehen solcher Vereinbarungen eine für den Verbraucher relevante Information. Nur in Kenntnis des kommerziellen Interesses der Antragsgegnerin an der Vorstellung bestimmter Produkte in ihrem Beitrag kann er eine informierte Entscheidung darüber treffen, ob er den Angaben im Beitrag vertraut oder ob er andere oder weitere Informationsquellen heranziehen möchte.

Wikipedia

Dies gilt auch in gleicher Weise für Einträge oder Beiträge in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia:

OLG München, Urt. v. 10.5.2012, 29 U 515/12 - Wikipedia-Eintrag

Eine Verschleierung im Sinne von § 4 Nr. 3 UWG (a.F.; heute § 5a Abs. 4 UWG) liegt vor, wenn das äußere Erscheinungsbild einer geschäftlichen Handlung so gestaltet wird, dass die Marktteilnehmer den geschäftlichen Charakter nicht klar und eindeutig erkennen (BGH GRUR 2012, 184, Rn. 18 – Branchenbuch Berg m.w.N.).  ...

Auch wenn dem genannten Internetnutzer bewusst ist, dass Wikipedia-Einträge von jedermann – ggf. unter Abänderung von Voreinträgen – verfasst werden können, erwartet er bei Einträgen in einer derartigen Online-Enzyklopädie, zumal unter der Überschrift "Rechtslage", keine Wirtschaftswerbung, sondern – entsprechend dem Selbstverständnis von Wikipedia (vgl. Anlage ASt 26) - neutrale Recherchen Dritter, ggf. unter zutreffender Darstellung von Streitständen.