Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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§ 8c Abs. 2 Nr. 5 - Weitgehende Unterlassungsforderung

1. Gesetzestext und -begründung

2. Kommentierung

3. Rechtsprechung zu § 8 Abs. 4 UWG (a.F.)

Gesetzestext und -begründung

(2) Eine missbräuchliche Geltendmachung ist im Zweifel anzunehmen, wenn

5. eine vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.

Gesetzesbegründung in BT-Drcks. 19/12084, Seite 29

Nach Nummer 5 liegt eine missbräuchliche Geltendmachung regelmäßig vor, wenn eine vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung erheblich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht. Die Formulierung der geschuldeten Unterlassungsverpflichtung ist grundsätzlich Pflicht des Abgemahnten. Daher kann der Vorschlag einer Unterlassungsverpflichtung durch den Abmahnenden eine Erleichterung für den Abgemahnten sein, insbesondere weil es ihm offen steht, den Vorschlag selbst zu verändern und nur in dieser Form anzunehmen. Dennoch bietet ein solcher Vorschlag durch den Abmahnenden auch Raum für Missbrauch, indem Unterlassungsverpflichtungen vorgeschlagen werden, die deutlich über die geschuldete Verpflichtung zur Unterlassung hinausgehen und die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass der Abgemahnte hiergegen verstößt. Da die Formulierung der geschuldeten Unterlassungsverpflichtung im Einzelfall sehr schwierig sein kann, wird missbräuchliches Handeln nur angenommen, wenn die vorgeschlagene Erklärung erheblich über die geschuldete Verpflichtung hinausgeht, beispielsweise wenn sich der Abgemahnte bei der unterlassenen Nennung der Aufsichtsbehörde im Impressum auf seiner Internetseite verpflichten soll, sein Impressum in Zukunft gemäß den gesetzlichen Vorgaben zu formulieren und damit jeder andere Verstoß gegen Impressumspflichten wie die unterlassene Nennung der Handelsregisternummer zur Verwirkung einer Vertragsstrafe führen würde.

Der Rechtsausschuss änderte erheblich später in offensichtlich. Zur Begründung schrieb er:

In den Nummern 4 und 5 wird durch die jeweilige Ersetzung des Wortes „erheblich“ durch „offensichtlich“ verdeutlicht, dass es sich nur um eindeutige und ohne Weiteres erkennbare Fälle handelt und dass nicht Konstellationen erfasst werden, in denen dem Abmahnenden bloße Flüchtigkeitsfehler unterlaufen sind oder seine Forderung sich aus ex ante Sicht noch im üblichen Rahmen hielt.

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Kommentierung

Rechtsmissbrauch wird vermutet, wenn der Unterlassungsgläubiger offensichtlich mehr fordert, als ihm zusteht. Ausgangpunkt der rechtlichen Prüfung ist die konkrete Verletzungshandlung, die Gegenstand der Abmahnung ist. Der Unterlassungsgläubiger ist berechtigt, seinen Unterlassungsanspruch über die konkrete Verletzungshandlung hinausauf das Charakteristische der Verletzungshandlung auszuweiten. Fordert er noch mehr, wird es kritsch. Allerdings führt noch nicht jedes mehr zur (widerleglichen) Vermutung eines Rechtsmissbrauchs. Der Gesetzeswortlaut verlangt, dass die Unterlassungsforderung den Unterlassungsanspruch ‘offensichtlich’ überschreitet. Das ist mehr als ‘erheblich’, wie es noch in der Gesetzesbegründung der Bundesregierung hieß.

Das vom Gesetzgeber in seiner Begründung angeführte Beispiel kann missverstanden werden. Danach soll es rechtsmissbräuchlich sein, wenn sich der Abgemahnte bei der unterlassenen Nennung der Aufsichtsbehörde im Impressum auf seiner Internetseite (Verstoß gegen § 5 TMG) verpflichten soll, sein Impressum in Zukunft gemäß den gesetzlichen Vorgaben zu formulieren, weil damit jeder andere Verstoß gegen Impressumspflichten wie die unterlassene Nennung der Handelsregisternummer zur Verwirkung einer Vertragsstrafe führen würde. Das Beispiel überzeugt nur, wenn die Handelsregisternummer in dem von der Abmahnung erfassten Zeitraum angegeben wurde und später dann weggelassen wird. Denn war sie ursprünglich nicht vorhanden, hätte der Unterlassungsanspruch auch darauf bezogen werden können. Selbst wenn der Unterlassungsgläubiger diesen Verstoß in seiner Abmahnung nicht ausdrücklich erwähnte, kann es kaum rechtsmissbräuchlich sein, wenn die Unterlassungsforderung einbezieht.

OLG Nürnberg, Urt. v. 18.7.2032, 3 U 1092/23, Tz. 31

Nach § 8c Abs. 2 Nr. 5 UWG ist eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung im Zweifel anzunehmen, wenn eine vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht. Unter diese Nummer fällt der Vorschlag von Unterlassungsverpflichtungen, die deutlich über die geschuldete Verpflichtung zur Unterlassung hinausgehen und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass der Abgemahnte hiergegen verstößt (Begründung Regierungsentwurf, BT-Drs. 19/12084, S. 30). Der vom Regelbeispiel des § 8c Abs. 2 Nr. 5 UWG erfasste Missbrauchstatbestand betrifft daher solche Unterwerfungsverlangen, die im Vergleich zur abgemahnten Rechtsverletzung inhaltlich dahingehend zu weit gefasst sind, dass sie über die durch die begangene konkrete Verletzungshandlung begründete tatsächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr in unvertretbarer Weise hinausgehen.

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Rechtsprechung zu § 8 Abs. 4 UWG (a.F.)

OLG Brandenburg, Urt. v. 29.4.2014, 6 U 201/12, II.1.b.aa

  • es ist unerheblich, dass der Text der vom Kläger vorformulierten Unterlassungserklärung zu weit gefasst oder nicht hinreichend bestimmt war. Selbst wenn dies der Fall wäre, würde dies allenfalls dazu führen, dass das Unterlassungsverlangen des Klägers unbegründet, nicht jedoch rechtsmissbräuchlich wäre.

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