Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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f) Imitation oder Nachahmung

§ 6 Abs. 2 Nr. 6

Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich

eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt.

Die unzulässige Imitationswerbung nach § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG (Art. 4 lit. g Richtlinie 2006/114/EG setzt voraus, dass ein Produkt in der Werbung ausdrücklich oder implizit als Imitation oder Nachahmung eines anderen Produkts bezeichnet wird.

OLG Köln, Urt. v. 20.16.2014, Tz. 30, 6 U 176/11 - Pippi Langstrumpf

§ 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG knüpft nicht an die Benutzung des geschützten Zeichens als solches an, sondern an den Vergleich von Produkten, bei dem das beworbene Produkt als Nachahmung des mit dem geschützten Zeichens versehenen Produkts dargestellt wird (Köhler/Bornkamm, UWG, § 6 Rn. 182).

Dazu reicht es aus, ist aber andererseits auch erforderlich, dass der Adressat der Werbung diese Aussage aufgrund seines 'präsenten Wissens' entnimmt. Eine Imitationswerbung liegt aber noch nicht vor, wenn der angesprochene Verkehr die Behauptung einer Imitation oder Nachahmung erst aufgrund von Umständen verstehen kann, die er zunächst anderweitig recherchieren muss.

1. Audrückliche oder implizite Imitationsbehauptung

2. Implizite Imitationsbehauptung

2a. Verständnis im wirtschaftlichen Kontext

2b. Verständnis aufgrund des präsenten Wissen

3. Keine Irreführungsgefahr oder Verwechslungsgefahr erforderlich

BGH, Urt. v. 2.4.2015, I ZR 167/13, Tz. 42 - Staubsaugerbeutel im Internet

Das Verbot des § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG ist restriktiv auszulegen (vgl. BGH, Urt. v. 6.12.2007, I ZR 169/04, Tz. 25 - Imitationswerbung).

Audrückliche oder implizite Imitationsbehauptung

 

EuGH, Urt. v. 18.7.2009, C-487/07, Tz. 74 - L'Oréal/Bellure

Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung (heute Art. 4 lit. g der Richtlinie 2006/114/EG = § 6 Abs. 4 Nr. 4 UWG) ist dahin auszulegen, dass ein Werbender, der in einer vergleichenden Werbung ausdrücklich oder implizit erwähnt, dass die Ware, die er vertreibt, eine Imitation einer Ware mit notorisch bekannter Marke ist, „eine Ware oder eine Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung“ im Sinne von Art. 3a Abs. 1 Buchst. h darstellt. Der aufgrund einer solchen unerlaubten vergleichenden Werbung durch den Werbenden erzielte Vorteil ist als „unlautere Ausnutzung“ des Rufs dieser Marke im Sinne von Art. 3a Abs. 1 Buchst. g zu betrachten.

EuGH, Urt. v. 18.7.2009, C-487/07, Tz. 75 - L'Oréal/Bellure

In Art. 3a Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 84/450 (heute Art. 4 lit. g der Richtlinie 2006/114/EG) geht es um das dem Werbenden auferlegte Verbot, in der vergleichenden Werbung erkennen zu lassen, dass die von ihm vertriebene Ware oder erbrachte Dienstleistung eine Imitation oder Nachahmung der Markenware oder ‑dienstleistung ist. Damit sind nicht nur Werbebotschaften verboten, die den Gedanken an eine Imitation oder Nachahmung ausdrücklich wecken, sondern auch solche Botschaften, die in Anbetracht ihrer Gesamtdarstellung und des wirtschaftlichen Kontextes im jeweiligen Fall geeignet sind, den betreffenden Verkehrskreisen diesen Gedanken implizit zu vermitteln.

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Implizite Imitationsbehauptung

 

BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 - I ZR 157/09, Tz. 27 – Creation Lamis

Auch eine implizite Behauptung einer Imitation oder Nachahmung erfüllt den Tatbestand des § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG. Erforderlich ist dafür aber eine klare und deutliche, über eine bloße Gleichwertigkeitsbehauptung hinausgehende Imitationsbehauptung, aus der - ohne Berücksichtigung sonstiger, erst zu ermittelnder Umstände - hervorgeht, dass das Produkt des Werbenden gerade als eine Imitation oder Nachahmung des Produkts eines Mitbewerbers beworben wird. Nicht ausreichend ist es, wenn das Originalprodukt aufgrund der Aufmachung und Bezeichnung der Imitate lediglich erkennbar wird und mit der Werbung entsprechende Assoziationen geweckt werden.

nachfolgend: KG Berlin, Urt. v. 28.8.2012, 5 U 48/06; KG, Beschl. v. 13.2.2018, 5 W 28/18, II.1

BGH, Urt. v. 6.12.2007, I ZR 169/04 – Imitationswerbung

Für eine vergleichende Werbung durch Darstellung der eigenen beworbenen Produkte als Imitation oder Nachahmung von fremden Originalprodukten ist ein höherer Grad an Deutlichkeit der Bezugnahme auf die Produkte des Mitbewerbers erforderlich. Aus der grundsätzlichen Zulässigkeit sowohl der vergleichenden Werbung als auch der Nachahmung sonderrechtlich nicht geschützter Produkte folgt für die Auslegung des die Unlauterkeit des Werbevergleichs begründenden Tatbestandsmerkmals der "Darstellung" einer Ware oder Dienstleistung" als Imitation oder Nachahmung" einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung, dass eine solche Darstellung über eine bloße Bezugnahme oder ein Kenntlichmachen des Mitbewerbers oder dessen Waren oder Dienstleistungen hinausgehen muss. Denn ansonsten wäre eine Werbung für ein mit einem Markenprodukt als gleichwertig herausgestelltes Erzeugnis grundsätzlich unzulässig. Das Verbot nach § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG ist restriktiv auszulegen, um zu verhindern, dass den Verbrauchern im Hinblick auf die Vergleichbarkeit gleichwertiger Fremdprodukte mit Markenprodukten vorteilhafte Sachinformationen vorenthalten werden. Die Darstellung als Imitation oder Nachahmung muss über eine bloße Gleichwertigkeitsbehauptung hinausgehen. Mit einer entsprechenden Deutlichkeit muss aus der Werbung selbst hervorgehen, dass das Produkt des Werbenden gerade als eine Imitation oder Nachahmung des Produkts eines Mitbewerbers beworben wird, wobei für die Beurteilung auf die mutmaßliche Wahrnehmung des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist.

BGH, Urt. v. 22.7.2010, I ZR 139/08, Tz. 49 – Kinderhochstühle im Internet

Die Vorschrift enthält das Verbot, das eigene Produkt offen als "Imitation" oder "Nachahmung" zu bezeichnen. Das muss allerdings nicht explizit geschehen; auch die implizite Behauptung einer Imitation oder Nachahmung kann den Tatbestand einer nach § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG unzulässigen vergleichenden Werbung erfüllen. Die Darstellung als Imitation oder Nachahmung muss jedoch über eine bloße Gleichwertigkeitsbehauptung hinausgehen. Mit einer entsprechenden Deutlichkeit muss aus der Werbung selbst hervorgehen, dass das Produkt des Werbenden gerade als eine Imitation oder Nachahmung des Produkts eines Mitbewerbers beworben wird. Das bloße Kenntlichmachen eines Mitbewerbers oder dessen Ware oder Dienstleistung oder die Behauptung, das beworbene Produkt sei demjenigen eines Mitbewerbers gleichwertig, genügt dagegen nicht

s.a. BGH, Urt. v. 1.10. 2009, I ZR 94/07, Tz. 29 – Oracle

Aber:

BGH, Urt. v. 2.4.2015, I ZR 167/13, Tz. 41 - Staubsaugerbeutel im Internet

Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Formulierung "ähnlich" oder "wie" im Allgemeinen nicht schon als implizite Behauptung einer Imitation oder Nachahmung angesehen werden. Vielmehr erfordert es eine Beurteilung des jeweiligen Angebots im Einzelfall, ob darin nur eine zulässige Gleichwertigkeitsbehauptung liegt oder eine von § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG erfasste implizite Imitations- oder Nachahmungsbehauptung (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 50 = WRP 2011, 223 - Kinderhochstühle im Internet I).

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Verständnis im wirtschaftlichen Kontext

 

BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 - I ZR 157/09, Tz. 31 f – Creation Lamis

Zwar ist die Eignung der Werbebotschaft zur Vermittlung des Imitations- oder Nachahmungsgedankens nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auch anhand ihres wirtschaftlichen Kontextes zu prüfen (vgl. EuGH, GRUR 2009, 756 Rn. 75 - L’Oréal/Bellure, s.o.). Auf den wirtschaftlichen Kontext kommt es danach aber nur insoweit an, als er geeignet ist, die Imitationsbehauptung in der Werbung erkennbar zu machen. Das könnte etwa bei der Wahl bestimmter Publikationsmedien in Betracht kommen.

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Verständnis aufgrund des präsenten Wissen

 

BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 - I ZR 157/09, Tz. 31 f – Creation Lamis

Nicht ausreichend ist es dagegen, wenn das beworbene Produkt erst aufgrund zu ermittelnder weiterer Umstände als Imitat erkennbar wird, die außerhalb der Gesamtdarstellung der Werbung und des präsenten Wissens der durch sie angesprochenen Adressaten liegen. Das Verbot vergleichender Werbung nach Art. 3a Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 84/450/EWG bzw. die Unlauterkeit der vergleichenden Werbung nach § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG beruht nicht darauf, dass das Produkt eines Mitbewerbers nachgeahmt wird. Anknüpfungspunkt ist vielmehr der Umstand, dass das beworbene Produkt offen als Imitation oder Nachahmung des mit einem geschützten Zeichen versehenen Produkts dargestellt wird. Wird die Verbindung zwischen dem Imitat oder der Nachahmung und dem Originalprodukt aufgrund außerhalb der Gesamtdarstellung der Werbung liegender Umstände hergestellt, die sich aus anderen Quellen ergeben, ermöglicht das zwar die Identifizierung des jeweiligen Imitats. Der Darstellung selbst fehlt aber die erforderliche deutliche Bezugnahme auf die nachgeahmten Markenprodukte.

Reichen die bei den von der Werbung jeweils angesprochenen Verkehrskreisen präsenten Kenntnisse ohne zusätzliche Recherchen oder Informationen aus, die beworbenen Waren deutlich als Imitate der Originalware zuzuordnen, ist der Tatbestand des § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG erfüllt. Soweit in der Rechtsprechung des erkennenden Senats ausgeführt worden ist, „Hintergrundwissen“ sei für die Feststellung einer unlauteren Imitationswerbung unerheblich, bezieht sich diese Aussage nicht auf derartiges präsentes Wissen. Dabei ist für die Frage, ob eine vergleichende Werbung das beworbene Produkt als Imitation oder Nachahmung darstellt, die Sichtweise eines durchschnittlichen Mitglieds der jeweils angesprochenen Verkehrskreise maßgebend.

Dabei reicht es aus, wenn einer der angespochenen Verkehrskreise, z.B. die Händler 'die Zeichen' verstehen. Das ist etwa möglich, wenn sich innerhalb eines beteiligter Verkehrskreises ein bestimmter Code etabliert hat.

KG Berlin, Urt. v. 28.8.2012, 5 U 48/06, II.2.e.(2), (4) - Creation Lamis

Wie dem Senat sonach bekannt ist, entspricht es verbreiteter Übung, dass Hersteller von Nachahmungen bekannter Markendüfte für ihre - zumeist deutlich preisgünstiger vertriebenen - Produkte Bezeichnungen und Ausstattungen wählen, die es den gewerblichen Wiederverkäufern und Zwischenhändlern ermöglichen, zu erkennen, welches der nachgeahmte Markenduft konkret ist. Auf eine solche Erkenntnis sind Verkäufer solcher Produkte auch angewiesen, wenn sie den Preisvorteil zum imitierten Produkt als Werbeargument gegenüber Endverbrauchern einsetzen wollen. Darauf basiert letztlich das Geschäftsmodell beim Vertrieb preisgünstiger Imitate hochpreisiger Markendüfte. Ohne das Wissen, dass und welcher dieser Düfte nachgeahmt worden ist, lässt sich ein solches Produkt kaum sinnvoll bewerben und mit Erfolg vertreiben. Gewerbliche Wiederverkäufer und Zwischenhändler sind demzufolge notwendigerweise in besonderem Maße sensibilisiert, auf diesbezügliche "Fingerzeige" bei der Produktausstattung und -bezeichnung zu achten (man kann hier auch von einem ”Ausstattungs-Code” sprechen), zumal sie mit den diesbezüglichen Verhältnissen auf dem Parfümmarkt gut vertraut sind. ...

Und weil sich das alles (in der Parfümbranche) - nach dem speziellen Erfahrungswissen des erkennenden Senats - so verhält … genügen insoweit auch schon relativ geringfügige Ähnlichkeiten in der Ausstattung und der Bezeichnung zwischen einem vertriebenen, preisgünstigen Duft und einem von diesem imitierten hochpreisigen bekannten Markenduft, um von einem - insoweit "sensibilisierten" - gewerblichen Durchschnittswiederverkäufer bzw. Durchschnittszwischenhändler als offene Imitationsbehauptung aufgefasst zu werden.

Ob sich innerhalb eines Verkehrskreises eine solche Sprache entwickelt hat, soll das Gericht ggfs. aufgrund seines eigenen Erfahrungswissens beurteilen können:

KG Berlin, Urt. v. 28.8.2012, 5 U 48/06, II.2.e.(1) - Creation Lamis

Die Ermittlung eines solchen Verkehrsverständnisses ist keine Tatsachenfeststellung, sondern Anwendung eines speziellen Erfahrungswissens. Dieses Erfahrungswissen kann das Gericht grundsätzlich auch dann haben, wenn die entscheidenden Richter nicht zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählen.

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Keine Irreführungsgefahr oder Verwechslungsgefahr erforderlich

 

EuGH, Urt. v. 18.7.2009, C-487/07, Tz. 74 - L'Oréal/Bellure

Eine Irreführung oder Verwechslungsgefahr ist nicht erforderlich.

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Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6DF0zJ1Ki