Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

Der Newsletter zum UWG
Registrieren Sie sich hier !


 

 

Einzelne Merkmale zur Bestimmung der wettbewerblichen Eigenart

Bedeutung einzelner Umstände für die Annahme einer wettbewerblichen Eigenart

1. Wettbewerbliche Eigenart nur durch äußere Merkmale

2. Keine Neuheit oder schöpferische Eigentümlichkeit erforderlich

3. Wettbewerbliche Eigenart durch die Kombination bekannter Gestaltungselemente

4. Bekanntheit des nachgeahmten Produkts

5. Besonderheiten im Gebrauch

6 Konzept / Gestalterische Grundidee / Werbeidee

7. Stilistische Merkmale

8. Technische Merkmale

9. Mehrzahl/Vielzahl verschiedener Anbieter/Produkte auf dem Markt

Bedeutung einzelner Umstände für die Annahme einer wettbewerblichen Eigenart

Wettbewerbliche Eigenart nur durch äußere Merkmale

BGH, Urt. v. 7.2.2002, I ZR 289/99, Ls. und II.1.a.bb - Bremszangen

Der Verkehr kann sich grundsätzlich nur an den äußeren Gestaltungsmerkmalen orientieren (BGH GRUR 1999, 751, 752 - Güllepumpen).

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.12.2014, I-15 U 92/14, Tz. 15 – Le Pliage

zurück nach oben

Keine Neuheit oder schöpferische Eigentümlichkeit erforderlich

BGH, Urt. v. 22.3.2012, I ZR 21/11, Tz. 34 - Sandmalkasten

Eine wettbewerbliche Eigenart eines Produkts setzt nicht voraus, dass die zu seiner Gestaltung verwendeten Einzelmerkmale originell sind. Auch ein zurückhaltendes, puristisches Design kann geeignet sein, die Aufmerksamkeit des Verkehrs zu erwecken und sich als Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Produkts einzuprägen. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass der Verkehr unter Umständen gerade durch die Verwendung eines schlichten, an der Grundform eines Produkts orientierten Design auf die Herkunft oder die Besonderheiten eines Erzeugnisses hingewiesen wird. Dies gilt umso mehr, wenn zugleich hochwertige Materialien verwendet werden und eine wertige Oberflächenbehandlung erfolgt. Damit sind Produkte, deren Gesamteindruck durch ein schlichtes Design und die Verwendung hochwertiger und wertig verarbeiteter Materialien geprägt wird, auch keine Allerweltserzeugnisse oder Dutzendware. Denn diese zeichnen sich dadurch aus, dass der Verkehr auf die betriebliche Herkunft oder Qualität keinen Wert legt.

Zur Schlichtheit von Produkten siehe auch OLG Frankfurt, Urt. v. 11.6.2015, 6 U 73/14, Tz. 26

OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.1.2012, I-20 U 175/11, Tz. 98 – Tablet-PC (Apple/Samsung)

Auf die Neuheit oder schöpferische Eigentümlichkeit der Gestaltung kommt es ebenso wenig an, wie darauf, ob die zur Gestaltung eines Produktes verwendeten Einzelmerkmale originell sind. Entscheidend ist vielmehr, ob sie in ihrer Kombination dem Produkt ein Gepräge geben, das dem Verkehr einen Rückschluss auf die betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten ermöglicht. Die Bekanntheit eines Produktes in Verkehr ist hierfür nicht Voraussetzung, sie kann aber zur Steigerung der wettbewerblichen Eigenart beitragen.

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.12.2014, I-15 U 92/14, Tz. 16 – Le Pliage; OLG Hamm , Urt. v. 16.6.2015, 4 U 32/14, Tz. 99 - Le Pliage; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2018, 15 U 74/17, Tz. 70 - frittenwerk

zurück nach oben

Wettbewerbliche Eigenart durch die Kombination bekannter Gestaltungselemente

BGH, Urt. v. 26.6.2008, I ZR 170/05 – ICON

Auch die als neu empfundene Kombination bekannter Gestaltungselemente kann eine wettbewerbliche Eigenart begründen.

BGH, Urt. v. 22.3.2012, I ZR 21/11, Tz. 31 - Sandmalkasten

Für die Beurteilung der wettbewerblichen Eigenart ist der Gesamteindruck eines Erzeugnisses maßgebend. Dieser kann auch durch Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden, die für sich genommen nicht geeignet sind, im Verkehr auf dessen Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Derartige Gestaltungsmerkmale können in ihrem Zusammenwirken eine wettbewerbliche Eigenart nicht nur verstärken, sondern auch erst begründen.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.10.2011, 20 U 186/10

Wettbewerbliche Eigenart liegt vor, wenn entweder bestimmte Merkmale für sich genommen das Produkt von anderen vergleichbaren Erzeugnissen in einem Maße abhebt, dass der Verkehr auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen schließen kann oder jedenfalls eine als neu empfundene Kombination für sich genommen bekannter Merkmale das Produkt in entsprechendem Maße aus den vergleichbaren Erzeugnissen heraushebt (BGH GRUR 2006, 79, Tz. 24, 26 - Jeans).

OLG Frankfurt, Urt. v. 28.10.2010, 6 U 87/09

Für die Annahme wettbewerblicher Eigenart aufgrund ästhetischer Merkmale ist nicht entscheidend, dass die zur Gestaltung eines Produkts verwendeten Einzelmerkmale originell sind. Maßgeblich ist vielmehr, ob sie in ihrer Kombination dem Produkt einen Gepräge geben, dass dem Verkehr einen Rückschluss auf die betriebliche Herkunft ermöglicht. Das Produkt muss sich von anderen vergleichbaren Erzeugnissen oder vom Durchschnitt in einem Maße abheben, dass der Verkehr auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen schließt.

OLG Köln, Urt. v. 19.9.2014, 6 U 7/14, Tz. 24 - Hundefutter

Auch die als neu empfundene Kombination bekannter Gestaltungselemente eine wettbewerbliche Eigenart begründen.

zurück nach oben

Bekanntheit des nachgeahmten Produkts

BGH, Urt.v. 9.10.2008, I ZR 126/06, Tz. 35 - Gebäckpresse

Für die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses reicht die Eignung zur Herkunftstäuschung aus. Die wettbewerbliche Eigenart erfordert keine Bekanntheit des Produkts; die Bekanntheit spielt allein für die Frage einer (vermeidbaren) Herkunftstäuschung eine Rolle.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2018, 15 U 74/17, Tz. 67 - frittenwerk

Wettbewerbliche Eigenart bedingt nicht, dass der Hersteller des Originals damit bereits einen wettbewerblichen Besitzstand durch Verkehrsbekanntheit erlangt hat. Andernfalls würden noch nicht oder erst kurz auf den Markt gebrachte Erzeugnisse vom Schutz ausgeschlossen (BGH, WRP 1976, 370 – Ovalpuderdose; BGH, GRUR 1992, 523 – Betonsteinelemente).

ABER:

BGH, Urt. v. 15.4.2010, I ZR 145/08, Tz. 24 – Femur-Teil

Das Vorliegen einer wettbewerblichen Eigenart setzt keine Bekanntheit des Erzeugnisses voraussetzt. Der Grad der wettbewerblichen Eigenart eines Produkts kann aber durch seine tatsächliche Bekanntheit im Verkehr verstärkt werden.

Ebenso BGH, Urt. v. 7.12.2023, I ZR 126/22, Tz. 25 - Glück; BGH, Urt. v. 15.12.2016, I ZR 197/15, Tz. 43 - Bodendübel; BGH, Urt. v. 4.5.2016, I ZR 58/14, Tz. 55 - SegmentsrukturBGH, Urt. v. 17.7.2013, I ZR 21/12, Tz. 18 – Einkaufswagen; OLG Köln, Urt. v. 7.3.2014, 6 U 160/13, Tz. 43 - Le Pliage; OLG Hamburg, Urt. v. 13.2.2014, 3 U 113/13, Tz. 124; BGH, Urt. v. 22.1.2015, I ZR 107/13, Tz. 28 – Exzenterzähne; OLG Frankfurt, Urt. v. 11.6.2015, 6 U 73/14, Tz. 34; OLG Köln, Urt. v. 12.12.2014, 6 U 28/14, Tz. 55; OLG Köln, Urt. v. 2.10.2020, 6 U 19/20, Tz. 80 - Gummibärchen

UND:

BGH, Urt. v. 26.6.2008, I ZR 170/05 – ICON

Eine Nachahmung setzt voraus, dass dem Hersteller im Zeitpunkt der Schaffung des beanstandeten Produkts das Vorbild bekannt war. Liegt diese Kenntnis nicht vor, sondern handelt es sich bei der angegriffenen Ausführung um eine selbständige Zweitentwicklung, ist schon begrifflich eine Nachahmung ausgeschlossen.

Ebenso OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.2.2013, 6 U 11/11, Tz. 62 – Rimowa-Koffer

Die wettbewerbliche Eigenart kann auch durch die Bekanntheit des Produkts erst begründet werden.

BGH, Urt. v. 7.12.2023, I ZR 126/22, Tz. 25 - Glück

Die Bekanntheit kann sich aus einer langjährigen Marktpräsenz, einer umfangreichen Bewerbung, Prämierungen, den Absatzzahlen, dem Marktanteil und einer aktiven Verteidigung gegen Nachahmungen ergeben (BGH, Urt. v. 22.9.2021, I ZR 192/20, Tz. 34 - Flying V, mwN).

OLG Frankfurt, Urt. v. 1.12.2011, 6 U 251/10, Tz. 28 f

Dabei kann letztlich dahin stehen, ob dem Produkt (hier einer Einkaufstasche) wettbewerbliche Eigenart schon von Hause aus zukommt. … Zutreffend wird der Designer des Produkts mit den Worten zitiert, „wer die ... nicht kenne, den schweige sie an.“

Gleichwohl ist es das Verdienst der Klägerin und ihres Designers, dieses Grundmuster einer geflochtenen Tasche mit großem Erfolg auf (exklusive) Damenhandtaschen übertragen und sich hiermit innerhalb eines bestimmten Verkehrskreises einen besonderen Ruf verschafft zu haben.

ABER:

OLG Köln, Urt. v. 30.10.2015, 6 U 84/15 (=GRUR-RR 2016, 81)

Wettbewerbliche Eigenart liegt nicht allein deswegen vor, weil bestimmte Umsatz- oder Werbeaufwendungen in die Vermarktung der Gestaltung investiert wurden und die Marktpräsenz von einiger Dauer ist. Zwar können diese Umstände für eine gewisse Marktbekanntheit sorgen (BGH, GRUR 2002, 275 [277] – Noppenbahnen), sie sind aber nur Indizien und begründen diese Bekanntheit nicht schon für sich (BGH, GRUR 2013, 1052 Rn. 24 – Einkaufwagen III; BGH, GRUR 2005, 600 [602] – Handtuchklemmen).

Die Bekanntheit kann außerdem ein gewichtiges Indiz für die Annahme einer wettbewerblichen Eigenart sein.

BGH, Urt. v. 8.11.2001, I ZR 199/99, II.3.a – Noppenbahnen

Falls festzustellen ist, dass die maßgeblichen Verkehrskreise mit der besonderen Gestaltung der „D.” in ausreichendem Umfang Herkunftsvorstellungen verbunden haben, würde sich daraus zugleich der Nachweis ergeben, dass die „D.” - ungeachtet eines etwaigen Vertriebs von Noppenbahnen ähnlicher oder gleicher Gestaltung durch Wettbewerber - eine hinreichende wettbewerbliche Eigenart besessen hat.

Bekanntheit heißt nicht, dass dem angesprochenen Verkehr der Name des Herstellers oder die Marke des Produkts bekannt sein müssen.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.2.2013, 6 U 11/11, Tz. 62 – Rimowa-Koffer

Auf eine Kenntnis der Bezeichnung des Originalherstellers kommt es nicht an (BGH GRUR 2006, 79 Tz. 36 - Jeans I). Es genügt die Vorstellung, dass das Erzeugnis von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser heißen mag, oder von einem mit diesem verbundenen Unternehmen in den Verkehr gebracht wurde (BGH GRUR 2007,339 Tz. 40 - Stufenleitern; GRUR 2007, 984 Tz. Tz. 32 - Gartenliege; GRUR 2009, 79 Tz. 31 - Gebäckpresse). Die Bekanntheit hat damit jedenfalls ein solches Maß erreicht, das sich bei den angesprochenen Verkehrskreisen in einem relevanten Umfang die Gefahr der Herkunftstäuschung ergeben kann.

Die Bekanntheit kann auch durch eine vormalige Monopolstellung begründet werden.

BGH, Urt. v. 15.12.2016, I ZR 197/15, Tz. 43 - Bodendübel

Der Grad der wettbewerblichen Eigenart eines Erzeugnisses kann durch seine tatsächliche Bekanntheit im Verkehr verstärkt werden. Das gilt auch für ein vormals patentgeschütztes Produkt, dessen Verkehrsbekanntheit nicht nur Folge der durch das Patent gewährten Monopolstellung ist, sondern auf den Marketing- oder Vertriebsaktivitäten des früheren Patentinhabers beruht.

OLG Köln, Urt. v. 27.9.2019, 6 U 75/19 – Bodyguard-Matratze (WRP 2019, 1506)

Die wettbewerbliche Eigenart ist durch die mehrfachen Testsiege bei der Stiftung Warentest und vor allem die unübliche Bezeichnung „beste je getestete Matratze“ sowie die sich daran anschließende mediale Aufmerksamkeit zum Testsieg und zum „Matratzenkartell“ ((…) [Meldung des Bundeskartellamtes aus Oktober 2015] und Anlagen (…) [Presse-/TV-Berichterstattung]) gesteigert worden.

Zur Bekanntheit der HaRiBo-Gummibärchen siehe: OLG Köln, Urt. v. 2.10.2020, 6 U 19/20, Tz. 83 ff - Gummibärchen.

zurück nach oben

Besonderheiten im Gebrauch

BGH, Urt. v. 24.5.2007 – I ZR 104/04 – Gartenliege

Bei der Beurteilung der wettbewerblichen Eigenart eines Erzeugnisses können auch Besonderheiten zu berücksichtigen sein, die dieses im Gebrauch aufweist, auch wenn sie nicht auf den ersten Blick erkennbar sind.

Ebenso: OLG Köln, Urt. v. 10.7.2013, 6 U 209/12, Tz. 76

zurück nach oben

Konzept / Gestalterische Grundidee / Werbeidee

Literatur: Zentek, Serielle Gestaltungskonzepte im wettbewerbsrechtlichen und urheberrechtlichen Schutz vor Nachahmungen, WRP, 2014, 386; Dämmer, Jakob D., Wettbewerbliche Eigenart vs. Konzeptschutz – Zu den Grenzen des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes, WRP 2024, 446

Der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz beruht auf dem konkreten Gesamteindruck eines Produkts. Abstrakte Produktkonzepte sind nicht geschützt. Ebenso wenig darf ein Gestaltungsmerkmal abstrahiert werden, um dadurch alles als Nachahmung zu erfassen, was unter denselben Oberbegriff fällt.

BGH, Urt. v. 7.12.2023, I ZR 126/22, Tz. 23 - Glück

Das Konzept, ein Emotionsschlagwort als Produktnamen zu verwenden, kann aus Rechtsgründen nicht als ein die wettbewerbliche Eigenart mitbestimmendes Element angesehen werden. Gegenstand des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes gemäß § 4 Nr. 3 UWG ist der Schutz von Waren und Dienstleistungen in ihrer konkreten Gestaltung (BGH, GRUR 2009, 1069 [juris Rn. 22] - Knoblauchwürste; BGHZ 210, 144 [juris Rn. 71] - Segmentstruktur), nicht die dahinterstehende abstrakte Idee (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 4 Rn. 3.23; Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl., § 4 Rn. 3/30; zur Unzulässigkeit eines allgemeinen Motivschutzes im Markenrecht vgl. BGH, Urt. v. 2.4.2015, I ZR 59/13, BGHZ 205, 22 [juris Rn. 33] - Springender Pudel, mwN). ... Das Berufungsgericht hätte allein darauf abstellen dürfen, dass die konkrete Ausgestaltung der Kennzeichnung des Produkts der Klägerin mit der Bezeichnung "Glück" deutlich hervorsticht und dem Betrachter plakativ gegenübertritt. Mit seiner Einordnung der Produktbezeichnung "Glück" unter den Oberbegriff der Emotionsschlagwörter hat das Berufungsgericht die Produktbezeichnung jedoch abstrahiert und damit rechtsfehlerhaft den Schutzbereich für das Produkt der Klägerin über die konkrete Gestaltung hinaus erweitert.

Gestalterische Grundideen können ebenfalls nicht für einen Wettbewerber monopolisiert werden.

BGH, Urt. v. 22.4.2009, I ZR 144/06 - Knoblauchwürste

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von zwei Erzeugnissen muss auf deren Gesamtwirkung abgestellt werden. Dabei kann eine gestalterische Grundidee, die keinem Sonderschutz zugänglich wäre, nicht im Wege des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes für einen Wettbewerber monopolisiert werden. Ebenso wenig können Übereinstimmungen im Stil die Herkunftstäuschung begründen.

Für den von Hause aus gegebenen Grad wettbewerblicher Eigenart ist auf den Gesamteindruck eines Erzeugnisses abzustellen, der auch durch Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden kann, die für sich genommen als Herkunftshinweis nicht geeignet sind (vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Tz. 34 - LIKEaBIKE). Einem Erzeugnis, das lediglich eine gestalterische Grundidee umsetzt, kommt von Hause aus nur geringe wettbewerbliche Eigenart zu (vgl. Sambuc in Harte/Henning, UWG, § 4 Nr. 9 Rn. 81 und 84).

Für den von Hause aus gegebenen Grad wettbewerblicher Eigenart ist auf den Gesamteindruck eines Erzeugnisses abzustellen, der auch durch Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden kann, die für sich genommen als Herkunftshinweis nicht geeignet sind (vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Tz. 34 - LIKEaBIKE). Einem Erzeugnis, das lediglich eine gestalterische Grundidee umsetzt, kommt von Hause aus nur geringe wettbewerbliche Eigenart zu (vgl. Sambuc in Harte/Henning, UWG, § 4 Nr. 9 Rn. 81 und 84).

BGH, Urt. v. 2.12.2015, I ZR 176/14Tz. 37 – Herrnhuter Sterne

Eine gestalterische Grundidee, die keinem Sonderrechtsschutz zugänglich ist, kann im Interesse des freien Wettbewerbs nicht im Wege des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes für einen Wettbewerber monopolisiert werden. Sie kann die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts nicht begründen. Herkunftshinweisend kann jedoch die konkrete Umsetzung der gestalterischen Grundidee oder eine besondere Kombination bekannter Gestaltungsmerkmale sein.

OLG Hamm, Urt. v. 7.4.2011, I-4 U 1/11, Tz. 32

Ein lauterkeitsrechtlicher Nachahmungsschutz bezieht sich immer nur auf die konkrete Gestaltung, nicht auf die dahinter stehende Idee.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.10.2014, I-15 U 49/14, Tz. 72

Der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz bezieht stets nur auf die konkrete Gestaltung eines Erzeugnisses; die dahinter stehende abstrakte Idee wie z. B. Werbe- oder Gestaltungsideen sind nicht geschützt. Die Übernahme einer bloßen Gestaltungsidee in einem Konkurrenzerzeugnis ist daher selbst dann nicht unlauter, wenn das Originalerzeugnis eine hohe Verkehrsbekanntheit besitzt und der Verkehr es ohne weiteres einem bestimmten Hersteller zuordnet (BGH, GRUR 2005, 166 – Puppenausstattungen).

OLG Köln, Urt. v. 15.2.2012, 6 U 140/11, Tz 16

Eine gestalterische Grundidee, die keinem Sonderschutz zugänglich wäre, kann nicht im Wege des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes für einen Wettbewerber monopolisiert werden, so dass nicht der kreative Gedanke allein, … sondern lediglich seine konkrete gestalterische Umsetzung zur Begründung einer vermeidbaren Herkunftstäuschung herangezogen werden kann.

Ebenso OLG Köln, Urt. v. 19.9.2014, 6 U 7/14, Tz. 34 - Hundefutter; OLG Köln, Urt. v. 20.2.2015, 6 U 99/14, Tz. 28 - merci

OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.7.2012, 20 U 52/12, Tz. 50 - Flecki/Paula

Die bildliche Darstellung einer Kuh auf dem Behältnis eines Milcherzeugnisses und seiner Umverpackung gibt als solche keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Produkts, sondern steht für seinen Ausgangsbestandteil. An der Darstellung kann keinem Anbieter ein Monopol zugebilligt werden.

OLG Köln, Urt. v. 19.9.2014, 6 U 7/14, Tz. 34 - Hundefutter

Bei der Darstellung von Tieren, um auf die Zutaten des Produktes hinzuweisen, handelt es sich um eine gestalterische Grundidee, die für sich genommen nicht im Wege des wettbewerblichen Leistungsschutzes durch einen Wettbewerber monopolisiert werden kann (BGH, GRUR 2009, 1069 Tz. 22 – Knoblauchwürste).

OLG Köln, Urt. v. 8.9.2023, 6 U 39/23, Tz. 59 - Ankerkraut

Die Verwendung eines Korkenglases für Gewürze ist eine als solche nicht schutzfähige gestalterische Grundidee. Dass ein Korkenglas gegen Öffnen vor dem Verkauf geschützt werden muss, liegt auf der Hand, so dass die Verwendung eines Papiersigels als einfache und preiswerte Lösung ebenfalls nicht monopolisiert werden darf.

zurück nach oben

Stilistische Merkmale

Bloße Übereinstimmungen im Stil können keine Herkunftstäuschung begründen.

BGH, Urt. v. 22.4.2009, I ZR 144/06 - Knoblauchwürste

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von zwei Erzeugnissen muss auf deren Gesamtwirkung abgestellt werden. Dabei kann eine gestalterische Grundidee, die keinem Sonderschutz zugänglich wäre, nicht im Wege des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes für einen Wettbewerber monopolisiert werden. Ebenso wenig können Übereinstimmungen im Stil die Herkunftstäuschung begründen.

zurück nach oben

Technische Merkmale

1. Patentschutz und lauterkeitsrechtlicher Nachahmungsschutz

2. Technisch notwendige Merkmale

3. Technisch nicht zwingend notwendige Merkmale

a. Qualitätseinbußen

b. Markenrechtliche Wertungskriterien/Sonderrechtsschutz

3. Vermeidbarkeit einer Herkunftstäuschung

Literatur: Leistner, Matthias, Exenterzähne 2.0. Zum weiteren Schicksal einer problematischen BGH-Rechtsprechung in der praktischen Umsetzung durch die Tatsacheninstanz, GRUR 2018, 697

Patentschutz und lauterkeitsrechtlicher Nachahmungsschutz

BGH, Urt. v. 15.12.2016, I ZR 197/15, Tz. 21 - Bodendübel

Der Umstand, dass der nach Ablauf des Patentschutzes freie Stand der Technik für den Wettbewerb offenzuhalten ist, gebietet es nicht, vom abgelaufenen Patentschutz erfassten technischen Merkmalen eines Erzeugnisses aus Rechtsgründen von vornherein die Eignung abzusprechen, auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten des Erzeugnisses hinzuweisen. ... Der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz ist nach Schutzzweck, Voraussetzungen und Rechtsfolgen anders als der Patentschutz ausgestaltet. Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz wegen der Verwertung eines fremden Leistungsergebnisses können unabhängig vom Bestehen von Ansprüchen aus einem Sonderschutzrecht gegeben sein, wenn besondere Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegen.

BGH, Urt. v. 15.12.2016, I ZR 197/15, Tz. 22 - Bodendübel

Die Nachahmung eines nicht oder nicht mehr unter Patentschutz stehenden Erzeugnisses ist jedoch nur bei Hinzutreten besonderer Umstände - wie einer vermeidbaren betrieblichen Herkunftstäuschung (§ 4 Nr. 3 Buchst. a UWG) oder einer unangemessenen Rufausnutzung (§ 4 Nr. 3 Buchst. b UWG) - unlauter. Die Beurteilung der Unlauterkeit erfordert eine einzelfallbezogene Gesamtwürdigung unter Abwägung aller betroffenen Interessen. Dazu gehört auch das Interesse der Mitbewerber, sich einer zum freien Stand der Technik gehörigen technischen Lösung zu bedienen. Danach besteht kein sachlicher Grund, einem Erzeugnis im Hinblick auf den früheren Patentschutz seiner Merkmale die wettbewerbliche Eigenart von vornherein zu versagen und es dadurch schlechter zu stellen als andere technische Erzeugnisse, die nicht unter Patentschutz standen.

zurück zu Technische Merkmale

zurück nach oben

Technisch notwendige Merkmale

BGH, Urt. v. 15.12.2016, I ZR 197/15, Tz. 31 - Bodendübel

Ein Gestaltungsmerkmal ist technisch notwendig, wenn ein bestimmter technischer Erfolg nur mithilfe dieses Merkmals und nicht auch auf andere Weise erreicht werden kann. Der technische Erfolg beurteilt sich nach der technischen Funktion des Erzeugnisses im Hinblick auf den konkreten Gebrauchszweck.

Ebenso BGH, Urt. v. 22.09.2021, I ZR 192/20, Tz. 25 – Flying V; BGH, Urt. v. 16.11.2017, I ZR 91/16, Tz. 16 - Handfugenpistole; BGH, Urt. v. 14.9.2017, I ZR 2/16, Tz. 20 - Leuchtballon; OLG Frankfurt, Urt. v. 19.4.2018, 6 U 56/17, II.2.b; OLG Hamburg, Urt. v. 16.5.2019, 3 U 104/177

BGH, Urt. v. 15.12.2016, I ZR 197/15, Tz. 32 - Bodendübel

Bei der Frage, ob Gestaltungsmerkmale technisch notwendig oder lediglich technisch bedingt sind, ist auf andere Produkte abzustellen, die denselben technischen Zweck erfüllen. Dabei kann ... der in einen Vergleich einzubeziehende Markt nicht derart verengt werden, dass nur solche Produkte in die Betrachtung einbezogen werden, die auf der Lehre des Patents aufbauen. Entscheidend ist vielmehr, welche Produkte der angesprochene Verkehr als funktionell vergleichbar ansieht.

BGH, Urt. v. 15.4.2010, I ZR 145/08, Tz. 22 – Femur-Teil

Technisch notwendige Merkmale - also Merkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen - können aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche Eigenart begründen. Die Übernahme solcher nicht (mehr) unter Sonderrechtsschutz stehender Gestaltungsmerkmale ist mit Rücksicht auf den Grundsatz des freien Stands der Technik wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.

Ebenso BGH, Urt. v. 22.09.2021, I ZR 192/20, Tz. 25 – Flying V; BGH, Urt. v. 16.11.2017, I ZR 91/16, Tz. 16 - Handfugenpistole; BGH, Urt. v. 19.11.2015, I ZR 109/14, Tz. 24 – Hot SoxBGH, Urt. v. 22.1.2015, I ZR 107/13, Tz. 18 – Exzenterzähne; OLG Köln, Urt. v. 18.12.2015, 6 U 44/15, Tz. 57 - CrocsOLG Frankfurt, Urt. v. 4.10.2018, 6 U 179/17, II.1.b; OLG Frankfurt, Urt. v. 31.3.2022, 6 U 191/20, II.3.b.bb

BGH, Urt. v. 10.1.2008, I ZR 67/05 – Baugruppe

Ein Schutz nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a und b (alt) UWG entfällt für technisch notwendige Gestaltungsmerkmale, weil nach dem Grundsatz der Freiheit des Standes der Technik die Übernahme solcher nicht (mehr) unter Sonderrechtsschutz stehender Gestaltungsmerkmale wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Dementsprechend können technisch notwendige Merkmale, also Merkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen, aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche Eigenart begründen. Dies gilt jedoch nicht bei technischen Gestaltungsmerkmalen, die zwar technisch bedingt, aber willkürlich wählbar oder austauschbar sind.

Ebenso BGH, Urt. v. 22.3.2012, I ZR 21/11, Tz. 27 - Sandmalkasten; BGH, Urt. v. 24.1.2013, I ZR 136/11. Tz. 19 - Regalsystem; BGH, Urt. v. 17.7.2013, I ZR 21/12, Tz. 18 – Einkaufswagen

OLG Hamburg, Urt. v. 24.2.2011, 3 U 63/10

Technische Notwendigkeit liegt vor, wenn Merkmale aus technischen Gründen zwingend bei gleichartigen Konstruktionen verwendet werden müssen und der erstrebte technische Erfolg anders nicht erreichbar ist.

OLG Frankfurt, Urt. v. 4.10.2018, 6 U 179/17, II.1.b

Nach der Rechtsprechung des BGH reicht es für die Annahme einer technischen Notwendigkeit nicht aus, dass Form, Proportionen, Krümmung und Winkel der Schlaufen, Haken und Anker maßgeblich durch ihre technische Funktion vorgegeben sind, sofern gleichwohl ein begrenzter Gestaltungsspielraum verbleibt.

Technische Merkmale, für die ein Patentschutz bestand, können über den lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz nicht weiter geschützt werden, nachdem der Patentschutz ausgelaufen ist. Aber:

BGH, Urt. v. 22.1.2015, I ZR 107/13, Tz. 22 ff – Exzenterzähne

Einem patentgeschützten Erzeugnis kann nach dem Auslaufen des Patentschutzes wettbewerbliche Eigenart zukommen (vgl. BGH, Urte. v. 28.1.1988, I ZR 34/86, GRUR 1988, 385, 386 f. - Wäsche-Kennzeichnungsbänder). ...

Unter dem Gesichtspunkt, den nach Ablauf eines Sonderrechtsschutzes freien Stand der Technik für den Wettbewerb offenzuhalten, besteht keine Veranlassung, vom abgelaufenen Sonderrechtsschutz erfassten, technisch bedingten Merkmalen eines Erzeugnisses aus Rechtsgründen von vornherein die Eignung abzusprechen, auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten des Erzeugnisses hinzuweisen und dem Erzeugnis damit wettbewerbliche Eigenart zu verleihen. Der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz ist nach Schutzzweck, Voraussetzungen und Rechtsfolgen anders als die Sonderschutzrechte ausgestaltet. Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz wegen der Verwertung eines fremden Leistungsergebnisses können unabhängig vom Bestehen von Ansprüchen aus einem Schutzrecht gegeben sein, wenn besondere Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegen (vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 19 - LIKEaBIKE; GRUR 2013, 951 Rn. 20 - Regalsystem).

Auch ein ehemals patentrechtlich geschütztes Element eines Erzeugnis- ses (hier die mit Exzenterzähnen versehenen Steckelemente der Befestigungsvorrichtungen der Klägerin) kann diesem daher wettbewerbliche Eigenart verleihen, wenn die konkrete Gestaltung dieses Elements technisch nicht notwendig ist, sondern durch eine frei wählbare und austauschbare Gestaltung, die denselben technischen Zweck erfüllt, ersetzt werden kann, ohne dass damit Qualitätseinbußen verbunden sind.

zurück zu Technische Merkmale

zurück nach oben

Technisch nicht zwingend notwendige Merkmale

BGH, Urt. v. 15.4.2010, I ZR 145/08, Tz. 22 – Femur-Teil

Handelt es sich nicht um technisch zwingend notwendige Merkmale, sondern nur um solche, die zwar technisch bedingt, aber - ohne dass damit Qualitätseinbußen verbunden sind - frei austauschbar sind, so können sie eine wettbewerbliche Eigenart (mit-)begründen, sofern der Verkehr wegen dieser Merkmale auf die Herkunft der Erzeugnisse aus einem bestimmten Betrieb Wert legt oder mit ihnen gewisse Qualitätserwartungen verbindet.

Ebenso BGH, Urt. v. 22.09.2021, I ZR 192/20, Tz. 25 – Flying V; BGH, Urt. v. 16.11.2017, I ZR 91/16, Tz. 16 - Handfugenpistole; BGH, Urt. v. 19.11.2015, I ZR 109/14, Tz. 22 – Hot SoxBGH, Urt. v. 12.5.2011, I ZR 53/10, Tz. 43 - Seilzirkus;BGH, Urt. v. 22.3.2012, I ZR 21/11, Tz. 27 - Sandmalkasten; BGH, Urt. v. 24.1.2013, I ZR 136/11. Tz. 19 - Regalsystem; BGH, Urt. v. 17.7.2013, I ZR 21/12, Tz. 18 – Einkaufswagen; OLG Hamburg, Urt. v. 13.2.2014, 3 U 113/13, Tz. 124; BGH, Urt. v. 22.1.2015, I ZR 107/13, Tz. 19 – Exzenterzähne; OLG Köln, Urt. v. 18.12.2015, 6 U 44/15, Tz. 63 - CrocsOLG Frankfurt, Urt. v. 4.10.2018, 6 U 179/17, II.1.b

BGH, Urt. v. 15.12.2016, I ZR 197/15, Tz. 31 - Bodendübel

Technisch nicht notwendige, sondern technisch lediglich bedingte, aber ohne Qualitätseinbußen frei austauschbare Gestaltungsmerkmale können eine wettbewerbliche Eigenart (mit)begründen, sofern der Verkehr wegen dieser Merkmale auf die Herkunft der Erzeugnisse aus einem bestimmten Unternehmen Wert legt oder mit ihnen gewisse Qualitätserwartungen verbindet (BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 26 - Exzenterzähne). Der Vergleich mit anderen marktgängigen, denselben technischen Zweck erfüllenden Produkten kann zeigen, dass die Ausgestaltung der technischen Merkmale für sich genommen oder zumindest in ihrer Kombination nicht technisch notwendig ist.

BGH, Urt. v. 22.1.2015, I ZR 107/13, Tz. 20 – Exzenterzähne

Eine Kombination einzelner technischer Gestaltungsmerkmale kann wettbewerbliche Eigenart begründen, selbst wenn die einzelnen Merkmale für sich genommen nicht geeignet sind, im Verkehr auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Entsprechendes gilt für eine Kombination technischer und ästhetischer Merkmale der Formgestaltung. Sie kann gleichfalls die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses begründen, selbst wenn die einzelnen Merkmale für sich genommen nicht geeignet sind, als Herkunftshinweis zu dienen.

Ebenso BGH, Urt. v. 22.09.2021, I ZR 192/20, Tz. 25 – Flying V

BGH, Urt. v. 22.1.2015, I ZR 107/13, Tz. 27 – Exzenterzähne

Für die Beurteilung der wettbewerblichen Eigenart eines nachgeahmten Erzeugnisses ist sein Gesamteindruck maßgebend. Dieser Gesamteindruck kann durch technische Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden, die zwar nicht für sich genommen, aber in ihrer Kombination geeignet sind, im Verkehr auf die Herkunft des nachgeahmten Erzeugnisses aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen (BGH, GRUR 2010, 80, Tz. 34 - LIKEaBIKE; GRUR 2013, 951 Tz. 19 - Regalsystem; GRUR 2013, 1052 Tz. 19 - Einkaufswagen III).

BGH, Urt. v. 2.4.2009, I ZR 199/06 – Ausbeinmesser

Allein der Umstand, dass es sich bei einer Gestaltung eines Werkzeugs um eine für den Gebrauchszweck "optimale" Kombination technischer Merkmale handelt, nötigt noch nicht zu der Annahme, es handele sich um eine technisch zwingend notwendige Gestaltung mit der Folge, dass Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz ausgeschlossen seien. Denn es kann sich auch um Gestaltungsmerkmale handeln, die zwar technisch bedingt, gleichwohl aber frei austauschbar sind.

Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 19.4.2018, 6 U 56/17, II.2.b

BGH, Urt. v. 24.1.2013, I ZR 136/11. Tz. 19 - Regalsystem

Auch die Kombination einzelner technischer Gestaltungsmerkmale kann wettbewerbliche Eigenart begründen, selbst wenn die einzelnen Merkmale für sich genommen nicht geeignet sind, im Verkehr auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen (BGH, Urt. v. 28.5.2009, I ZR 124/06, Tz. 34 - LIKEaBIKE; Urt. v. 22.3.2012, I ZR 21/11, Tz. 31 - Sandmalkasten). Entsprechendes gilt für ästhetische Merkmale der Formgestaltung, die allein oder in Kombination mit technisch bedingten Merkmalen geeignet sein können, als Herkunftshinweis zu dienen.

Ebenso BGH, Urt. v. 17.7.2013, I ZR 21/12, Tz. 19 – Einkaufswagen

zurück zu Technische Merkmale

zurück nach oben

Qualitätseinbußen

BGH, Urt. v. 15.4.2010, I ZR 145/08 – Femur-Teil

Technisch bedingte Merkmale eines Erzeugnisses sind nur dann frei wählbar und austauschbar und können wettbewerbliche Eigenart begründen, wenn mit ihrem Austausch keine Qualitätseinbußen verbunden sind. (Leitsatz 1)

zurück zu Technische Merkmale

zurück nach oben

Markenrechtliche Wertungskriterien/Sonderrechtsschutz

BGH, Urt. v. 24.1.2013, I ZR 136/11. Tz. 20 - Regalsystem

Der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz ist nach Schutzzweck, Voraussetzungen und Rechtsfolgen anders als die Sonderschutzrechte ausgestaltet. Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz wegen der Verwertung eines fremden Leistungsergebnisses können unabhängig vom Bestehen von Ansprüchen aus einem Schutzrecht gegeben sein, wenn besondere Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegen (vgl. BGH, Urt. v. 28.5.2009, I ZR 124/06, Tz. 19 LIKEaBIKE; Urt. v. 12.5.2011, I ZR 53/10, Tz. 41 - Seilzirkus).

OLG Hamburg, Urt. v. 24.2.2011, 3 U 63/10

Die markenrechtliche Schutzunfähigkeit der Verkörperung einer technischen Lösung (Schutzunfähigkeit gem. § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG/Eintragungshindernis gem. Art, 7 Abs. 1 lit. e] ii] GMV) ist für den lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz nicht maßgeblich. Die den Legostein mit acht Noppen betreffende markenrechtliche Löschungsentscheidung des EuGH (Rs.C-48/09 [L. Juris A7S ./. HABM]) besagt, dass das Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 lit. e) ii) GMV der Eintragung einer Marke entgegensteht, die aus der Form der Ware besteht, die für das Erreichen einer technischen Wirkung technisch kausal und hinreichend ist, selbst wenn diese Wirkung auch durch andere Formen erreicht werden kann, die die gleiche oder eine andere technische Lösung nutzen. Die Eintragung einer Marke ist also bereits dann ausgeschlossen, wenn es sich um eine von mehreren möglichen Formen zur Erreichung der technischen Lösung handelt. Nach der genannten Rechtsprechung des BGH zum ergänzenden Leistungsschutz kann aber ein technisches Merkmal, dass lediglich der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dient, dabei aber frei wählbar oder austauschbar ist, durchaus wettbewerbliche Eigenart begründen. Der dem Eintragungshindernis zugrundeliegende Zweck, sonderschutzrechtlich nicht (mehr) geschützte technische Lösungen nicht über das Markenrecht dauerhaft zu monopolisieren, hat zwar dem Grunde nach auch im Bereich des Lauterkeitsrechts seine Berechtigung. Allerdings ist ein weniger strenger lauterkeitsrechtlicher Maßstab im Hinblick darauf nicht zu beanstanden, dass die Verbotsnorm des § 4 Nr. 9 a) (alt) UWG eben über die reine Formgebung hinaus weitere einschränkende Kriterien – wettbewerbliche Eigenart, Herkunftstäuschung – vorsieht, die auch im Bereich des Lauterkeitsrechts sicherstellen, dass der Sonderrechtsschutz nicht umgangen wird.

OLG Frankfurt, Urt. v. 11.6.2015, 6 U 73/14, Tz. 29

Gänzlich unerheblich ist, dass die Warenform ... mangels Unterscheidungskraft nicht als dreidimensionale Marke eingetragen werden kann. Ob eine Warengestaltung geeignet ist, als Herkunftshinweis für ein bestimmtes Produkt nach Art einer Marke zu dienen, ist von der Frage der wettbewerblichen Eigenart zu unterscheiden. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Warenform als markenmäßiges Kennzeichnungsmittel aufgefasst wird, sondern ob das Erzeugnis allgemein Merkmale aufweist, die geeignet sind, auf die betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen.

zurück zu Technische Merkmale

zurück nach oben

Vermeidbarkeit einer Herkunftstäuschung

Zur Zumutbarkeit, auf andere technische Lösungen zurückzugreifen siehe hier.

zurück nach oben

Mehrzahl/Vielzahl von Anbietern auf dem Markt

OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.3.2016, 15 U 51/14, Tz. 119 f - Handfugenpistolen

Der Umstand, dass die Handfugenpistolen der schutzbeanspruchten Modelle teilweise unter einer zusätzlichen Kennzeichnung vertrieben worden sind, steht der Begründung wettbewerblicher Eigenart nicht entgegen.

Zwar kann ein Produkt der wettbewerblichen Eigenart von vorneherein entbehren oder sie nachträglich verlieren, wenn der Hersteller seine Erzeugnisse an verschiedene Unternehmen liefert, welche sie dann unter eigener (Hersteller-)Kennzeichnung vertreiben. Denn ihre Ausgestaltung ist dann nicht mehr geeignet, den Verkehr auf den tatsächlichen Hersteller hinzuweisen (OLG Köln, GRUR-RR 2014, 336 – OEM-Geschäft). Lediglich wenn dies nur in geringem Umfang erfolgt, schadet das der wettbewerblichen Eigenart nicht (BGH, GRUR 2007, 984 – Gartenliegen). … Die Klägerin hat hierzu unwidersprochen vorgetragen, dass diese Handfugenpistolen ihr eigenes Kennzeichen jeweils im Griff eingraviert und zusätzlich eine weitere Kennzeichnung getragen hätten. Das hat bei sämtlichen der hier in Rede stehenden Varianten … dazu geführt, dass in den angesprochenen Verkehrskreisen die Zuordnung zwischen einer in einer bestimmten Art gestalteten Handfugenpistole und einem bestimmten Hersteller nicht aufgegeben worden ist.

zurück nach oben

Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6r9rOlXbQ