5. Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens
6. Abstraktes Gefährdungsdelikt
Gesetzestext
Ferner darf für die in § 1 Nummer 2 genannten operativen plastisch-chirurgischen Eingriffe nicht mit der Wirkung einer solchen Behandlung durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff geworben werden.
Historie
Mit der UWG-Reform 2012 wurde das Heilmittelwerbegesetz an die Vorgaben der Richtlinie 2001/83/EG für Humanarzneimittel angepasst. Dadurch entfiel unter anderem das Verbot der Heilmittelwerbung durch Vorher-Nachher-Abbildungen, wie es in § 11 Abs. 1 Nr. 5 b) HWG (a.F.) verankert war.
Die Richtlinie 2001/83/EG findet auf operative Maßnahmen aber keine Anwendung. Der deutsche Gesetzgeber ist deshalb frei, dafür Werbeverbote vorzusehen, die für Arzneimittel nicht zulässig wären. Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber für Schönheitsoperationen (operative plastisch-chirurgische Eingriffe gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG) Gebrauch gemacht (vgl. BT-Drcks. 17/9341, S. 71).
Die Ergänzung des HWG führt dazu, dass frühere Gerichtsentscheidungen (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.1980 - I ZR 157/78; KG, Urt. v. 7.3.2003 – 5 U 240/02) obsolet sind, wonach Schönheitsoperationen überhaupt nicht in den Anwendungsbereich des HWG fielen.
Richtlinienkonformität
OLG Koblenz, Urt. v. 11.5.2016, 9 U 1362/15
Schönheitsoperationen werden von der Richtlinie 2001/83/EG nicht erfasst. Diese bezweckt eine vollständigen Harmonisierung des Bereichs der Werbung für und der Information über Humanarzneimittel und hat die Fälle, in denen die Mitgliedstaaten abweichende Regelungen erlassen dürfen, abschließend regelt (Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, § 3a, Rn. 1.219). Ihr Anwendungsbereich erstreckt sich ausweislich der Art. 1 und 2 Abs. 1 der Richtlinie lediglich auf Humanarzneimittel, nicht auf Dienstleistungen im Gesundheitsbereich.
... Schönheitsoperationen unterfallen auch nicht der Richtlinie 2005/29/EG, welche unlautere Geschäftspraktiken regelt. … Nach Erwägungsgrund 9 S 3 der Richtlinie können Mitgliedsstaaten unter Berufung auf den Schutz der Gesundheit der Verbraucher in ihrem Hoheitsgebiet für Geschäftspraktiken Beschränkungen aufrechterhalten oder einführen. Es genügt, wenn die Marktverhaltensregelung zumindest auch dem Schutz der Gesundheit von Verbrauchern dient (Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, Rn. 1.25).
... Schönheitsoperationen unterfallen nicht der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt. Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten sämtliche absoluten Verbote der kommerziellen Kommunikation für reglementierte Berufe aufheben. Das Verbot der Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern für Schönheitsoperationen erstreckt sich jedoch nur auf ein bestimmtes Werbemittel und erfasst auch nur spezielle ärztliche Tätigkeiten. Es handelt sich mithin um ein relatives Verbot. Darüber hinaus findet die Richtlinie ausweislich ihres Art. 2 Abs. 1 lit. f keine Anwendung auf Gesundheitsdienstleistungen, unabhängig davon, ob sie durch Einrichtungen der Gesundheitsversorgung erbracht werden, und unabhängig davon, wie sie auf nationaler Ebene organisiert und finanziert sind, und ob es sich um öffentliche oder private Dienstleistungen handelt.
Marktverhaltensregelung
OLG Koblenz, Urt. v. 11.5.2016, 9 U 1362/15
§ 11 Abs. 1 Satz 3 HWG ist im Sinne des § 3a UWG auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. … Durch die Einschränkung der zulässigen Werbemittel soll die Entscheidungsfreiheit der Interessenten bei der Marktteilnahme, vor und bei Vertragsschluss sichergestellt werden.
Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens
Eine Darstellung des Körperzustands oder des Aussehens ist jede Wiedergabe des äußeren Körpers im Bild, gleich mit welchen darstellerischen Mittel (Foto, Zeichnung, etc.).
Ob eine schriftliche Beschreibung verboten ist, scheint demgegenüber zweifelhaft. Dagegen spricht allerdings nicht die Rechtsprechung zum früheren § 11 Abs. 1 Nr. 5 b HWG, der ebenfalls Vorher-Nachher-Vergleiche verbot. Denn er stellt im Tatbestand explizit auf eine bildliche Darstellung ab (vgl. dazu OLG Hamburg, Urt. v. 10. 4. 2008, 3 U 182/07, B.II.2). Der bildlichen Darstellung kommt allerdings bei weitem nicht die gleiche Suggestivkraft zu wie einer Darstellung im Bild, insbesondere einer Fotografie.
OLG Koblenz, Urt. v. 11.5.2016, 9 U 1362/15
Im Gegensatz beispielsweise zu § 11 Abs. 1 Nr. 5 HWG verbietet § 11 Abs. 1 Satz 3 HWG nicht nur Darstellungen, die in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise etwas darstellen, sondern er verbietet gänzlich den Einsatz dieses Werbemittels.
Abstraktes Gefährdungsdelikt
Zum früheren § 11 Abs. 1 Nr. 5 b) HWG, der den Vorher-Nachher-Vergleich generell untersagte, hieß es:
OLG Hamburg, Urt. v. 10. 4. 2008, 3 U 182/07, B.IV.2.b
§ 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. b HWG ist als abstraktes Gefährdungsdelikt aufgebaut und beschränkt sich nicht nur auf besondere Formen oder Qualitäten der bildlichen Darstellung, insbesondere ist die wortlautgemäße Anwendung der Vorschrift mangels Einschränkungen nicht etwa nur auf (besonders) suggestiv wirkende Bilddarstellungen beschränkt.
Bei dem Verbot der Werbung mit vergleichenden Darstellungen des Körperzustands oder des Aussehens vor und nach der Anwendung eines Heilmittels geht es darum zu verhindern, dass mit der suggestiven Herausstellung der Wirksamkeit des beworbenen Heilmittels geworben wird. Das wird für § 11 Abs. 1 S. 3 HWG entsprechend gelten.
Zitiervorschlag zur aktuellen Seite
Omsels, Online-Kommentar zum UWG: