Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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a) Unternehmen

S.a. Unternehmer

S.a. geschäftliche Handlung

§ 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG definiert den Unternehmer als

BGH, Urt. v. 30.4.2014, I ZR 170/10, Tz. 15 - Betriebskrankenkasse II

Art. 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG dient der Umsetzung des Art 6 Abs. 1 Buchst. g, Art. 2 Buchst. b und d der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken. Sie ist daher im Lichte des Wortlauts und der Ziele dieser Richtlinie auszulegen (vgl. EuGH, Urt. v. 5.10.2004, C-397/01 bis C-403/01 - Pfeiffer u.A./Deutsches Rotes Kreuz, Kreisverband Waldshut e.V.)

EuGH, Urt. v. 3.10.2013, C‑59/12, Tz. 31 ff – BKK Mobil Oil/Zentrale

Für die Zwecke der Anwendung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken stimmen die Begriffe „Unternehmen“ und „Gewerbetreibender“ in der Richtlinie in ihrer Bedeutung und rechtlichen Tragweite überein.

Aus dem Wortlaut von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken ergibt sich, dass der Unionsgesetzgeber den Begriff „Gewerbetreibender“ besonders weit konzipiert hat als „jede natürliche oder juristische Person“, die eine entgeltliche Tätigkeit ausübt, und davon weder Einrichtungen, die eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe erfüllen, noch öffentlich-rechtliche Einrichtungen ausnimmt.

Darüber hinaus sind der Sinn und die Bedeutung des Begriffs „Gewerbetreibender“, wie er in der Richtlinie verwendet wird, im Hinblick auf den Wortlaut der Definitionen in ihrem Art. 2 Buchst. a und b anhand des korrelativen, aber antinomischen Begriffs „Verbraucher“ zu bestimmen, der jeden nicht gewerblich oder beruflich Tätigen bezeichnet (vgl. entsprechend Urt. v. 19.1.1993, C‑89/91, Tz. 22 - Shearson Lehman Hutton).

Der Begriff des Unternehmens ist im weitesten Sinne zu verstehen. Ein Unternehmen ist eine

Wer diese Voraussetzungen erfüllt, ist Unternehmer. Es ist dann ist gleichgültig, in welcher Rechtsform der Unternehmer seine Tätigkeit ausübt. Es ist auch gleichgültig,

  • ob er wirtschaftlich erfolgreich ist,
  • ob er nur im Nebenberuf unternehmerisch tätig ist oder
  • ob seine unternehmerische Tätigkeit nur einen sehr geringfügigen Umfang einnimmt ("Kleinunternehmer").

BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 90/20, Tz. 35 - Influencerin I

Mit dem Begriff des Unternehmens wird die organisatorische Einheit beschrieben, in der eine gewerbliche, handwerkliche oder selbständige berufliche Tätigkeit ausgeübt wird (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 2 Rn. 20). Eine gewerbliche Tätigkeit setzt ein selbständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus.

BGH, Beschl. v. 18.1.2012, I ZR 170/10, Tz. 11 - Betriebskrankenkasse

Ein Unternehmen ist jede Einheit, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (EuGH, Urteil vom 11.12.2007 C280/06, Rn. 38; Urteil vom 3.3.2011 C437/09, Rn. 41 - AG2R Prévoyance). Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist jede Tätigkeit, die im Anbieten von Gütern oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt besteht (EuGH, Urteil vom 11.7.2006 C205/03 P, Rn. 25 - FENIN/Kommission; Urteil vom 3.3.2011 C437/09, Rn. 42 - AG2R Prévoyance).

OLG München, Urt. v. 31.1.2013, 6 U 4189/11, II.B.1.b

Der Begriff des Unternehmers ist weit auszulegen (Köhler/Bornkamm, UWG, § 8 Rdnr. 3.27). ... Der Mitbewerber muss seine unternehmerische Tätigkeit im Zeitpunkt der Verletzungshandlung jedoch bereits aufgenommen bzw. darf sie im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht beendet haben. Maßgeblich ist daher darauf abzustellen, ob der Betreffende noch als zumindest potentieller Wettbewerber auf dem Markt anzusehen ist. Konkrete Vorbereitungshandlungen zur Aufnahme des Geschäftsbetriebs – Anmietung eines Geschäftslokals, Einkauf von Waren, gewerbepolizeiliche Anmeldung, Anmeldung zum Handelsregister – können daher genügen (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, § 8 Rdnr. 3.27 und 3.29). ...

Auf die Höhe der von der Klägerin erzielten Umsätze kommt es nicht an, da Tätigkeitsumfang und Größe des Unternehmens für die Frage der wettbewerbsrechtlichen Aktivlegitimation unerheblich sind (Köhler/Bornkamm, UWG, § 8 Rdnr. 3.28; § 2 Rdnr. 26).

OLG Hamm, Urt. v. 23.1.2014, 4 U 118/13

Wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, ist dabei entweder Unternehmer oder Privatmann. Welcher Gruppe er angehört, ist aufgrund aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln.

OLG Hamm, Urt. v. 23.1.2014, 4 U 118/13, Tz. 68

Ob ein Anbieter von Waren auf einer Internetplattform solchermaßen im geschäftlichen Verkehr oder im privaten Bereich handelt, ist auf Grund einer Gesamtschau der relevanten Umstände zu beurteilen (BGH GRUR 2009, 871 – Ohrclips).

Wer z.B. versucht, sich ein ganz kleines zusätzliches Einkommen zu verschaffen, indem er in sehr geringfügigem Ausmaße Waren einkauft, um sie bspw. auf eBay weiterzuverkaufen, oder indem er gegen eine minimale Provision für andere Waren auf ebay verkauft, ist Unternehmer und fällt mit allen Konsequenzen in den Anwendungsbereich des UWG.

OLG Hamm, Urt. v. 15.3.2011, I-4 U 204/10

Auf Dauer angelegt und damit planmäßig ist die Tätigkeit, wenn sie nicht bloß gelegentlich erfolgt, also sich nicht in gelegentlichen Geschäftsakten erschöpfen soll. Verkäufe aus Privatvermögen, mögen sie auch einen gewissen Umfang erreichen (z.B. Haushaltsauflösung), begründen daher keine Unternehmenseigenschaft.

Es reicht für die Annahme, dass ein Unternehmen handelt oder für ein Unternehmen gehandelt wird, allerdings noch nicht aus, dass versucht wird, durch ein Angebot an die Öffentlichkeit einen möglichst hohen Preis zu erzielen. In einer markenrechtlichen Entscheidung führt der BGH aus:

BGH, Urt. v. 5.2.2015, I ZR 240/12, Tz. 25 - Kinderhochstühle im Internet III

Von einem Handeln im geschäftlichen Verkehr ist nicht schon dann auszugehen, wenn eine Ware, etwa über das Internet, einer Vielzahl von Personen zum Kauf angeboten wird, mag dies auch mit dem Ziel geschehen, einen möglichst hohen Verkaufspreis zu erzielen (vgl. BGH, Urt. v. 19.4.2007, I ZR 35/04, Tz. 23 - Internet-Versteigerung II). Da auch bei einem Angebot im privaten Bereich regelmäßig ein möglichst hoher Verkaufspreis erzielt werden soll, würden alle Fallgestaltungen dem Bereich des Handelns im geschäftlichen Verkehr zugeordnet, in denen ein Privater einen einzelnen Gegenstand einer unbestimmten Anzahl von Personen zum Kauf anbietet. Dies würde zu einer uferlosen Ausdehnung des Handelns im geschäftlichen Verkehr führen und typischerweise dem privaten Bereich zuzuordnende Verhaltensweisen umfassen.

Anhaltspunkte für ein 'Unternehmen' bei Angeboten im Internet können die Anzahl der Kundenbewertungen sein. Wer neue Ware einkauft, um sie gleich wieder zu verkaufen ist schnell Unternehmer. Aber auch, wer sich bei Gelegenheit ein wenig hinzu verdienen will, hat die Grenze zum Unternehmertum früh überschritten:

Indizien sind:

OLG Hamm, Urt. v. 23.1.2014, 4 U 118/13, Tz. 80

Gerade das Merkmal des „Weiterverkaufs“ in der Abgrenzung zu privaten Gelegenheitsverkäufen spricht regelmäßig für eine gewerbliche Tätigkeit, während Verkäufe aus einem privaten Bestand eher dem nicht unternehmerischen Bereich zuzuordnen sein werden. Der Einkauf der Verkaufsware ist jedoch kein konstitutives Element des Unternehmerbegriffs. Bei Verkäufen aus Privatvermögen wird es zwar häufig an dem Merkmal einer auf Dauer angelegten wirtschaftlichen Betätigung fehlen (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, § 2, Rdnr. 23). Zwingend ist dies jedoch nicht (vgl. auch OLG Frankfurt MMR 2007, 378).

Mit dieser Begründung wurde eine Person vom OLG Hamm als Unternehmer angesehen, der 50 Druckerpatronen, die ein anderer entsorgen wollte, an sich genommen hat, um sie auf ebay einzeln zu verkaufen.

OLG Hamm, Urt. v. 23.1.2014, 4 U 118/13, Tz. 80

Der unentgeltliche Erwerb durch den Antragsgegner war ... von dem Gedanken motiviert, dass es zu schade sei, das Druckerzubehör wegzuwerfen, da man es bei Y verkaufen könne. Das heißt letztlich nichts anderes, als dass dem Antragsgegner der wirtschaftliche Wert der Ware bewusst und sein Handeln von vorneherein – und hierin liegt der Unterschied zum herkömmlichen Verkauf aus einem zu ursprünglich privaten Zwecken angelegten Bestand - von einem Gewinnerzielungsinteresse getragen war. Dies zeigt nicht zuletzt seine Überlegung, die Artikel einzeln und nicht als Gesamtkonvolut anzubieten.

Am Beispiel einer Influencerin:

BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 90/20, Tz. 36 - Influencerin I

Auch Influencer betreiben ein Unternehmen, sofern sie selbst Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder das eigene Image vermarkten und durch Werbeeinnahmen kommerzialisieren.

Ebenso BGH, Urt. v. 13.1.2022, I ZR 35/21, Tz. 30 - Influencer III

Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6P4A64LK5