Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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§ 7 UWG - Belästigende Werbung

1. Wortlaut

2. Systematik

3. Sinn und Zweck/Schutzzweck der Norm

4. Folgen aus einem Verstoß

 

Literatur: Köhler, Helmut, Zur Neuvermessung der Tatbestände der unzumutbaren Belästigung (§ 7 UWG), WRP 2017, 253

Scherer, Das Chamäleon der Belästigung - Unterschiedliche Bedeutungen eines Zentralbegriffs des UWG, WRP 2017, 891

Wortlaut

(1) Eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht.

(2) Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen

  1. bei Werbung unter Verwendung eines in den Nummern 2 und 3 nicht aufgeführten, für den Fernabsatz geeigneten Mittels der kommerziellen Kommunikation, durch die ein Verbraucher hartnäckig angesprochen wird, obwohl er dies erkennbar nicht wünscht;
  2. bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung,
  3. bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt, oder
  4. bei Werbung mit einer Nachricht, bei der die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird oder bei der keine gültige Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Nummer 3 ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn

  1. ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
  2. der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
  3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
  4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

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Systematik

 

OLG Stuttgart, Urt. v. 25.7.2013, 2 U 9/13, I.B.1.

Die Systematik des § 7 UWG besteht in einer kleinen Generalklausel in § 7 Abs. 1 S. 1. Im Rahmen dieser Generalklausel ist unter Berücksichtigung des Abs. 1 S. 2 eine umfassende Wertung des Einzelfalls über das Unzumutbarkeitskriterium vorzunehmen. § 7 Abs. 1 S. 1 erfasst, anders als § 7 Abs. 1 S. 2, nicht nur die Werbung, sondern alle geschäftlichen Handlungen. § 7 Abs. 1 S. 1 regelt nur den Fall, dass die Belästigung eines Marktteilnehmers durch eine geschäftliche Handlung im Sinn des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG erfolgt.

Nach § 7 Abs. 1 S. 2 UWG ist eine unzumutbare Belästigung jedenfalls anzunehmen, wenn es sich um eine Werbung handelt, die der Empfänger erkennbar nicht wünscht. S. 2 ist auf Werbung beschränkt. Es ist ein Beispielstatbestand der unzumutbaren Belästigung.

§ 7 Abs. 2 UWG normiert demgegenüber vier Anwendungsfälle unzumutbarer Belästigung, die als per-se-Verbote konzipiert sind. Liegen die Tatbestände des § 7 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 UWG vor, ist die entsprechende Handlung ohne jede Wertungsmöglichkeit verboten.

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Sinn und Zweck/Schutzzweck der Norm

 

BGH, Urt. v. 21.4.2016, I ZR 276/14, Tz. 16 – Lebens-Kost

Die Bestimmung des § 7 UWG, dessen Maßstäbe zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch im Rahmen der Prüfung eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGB zur Anwendung kommen, soll Marktteilnehmer vor einer unzumutbaren Belästigung bewahren (§ 7 Abs. 1 Satz 1 UWG). Gegenstand des Schutzes ist die Verhinderung des Eindringens des Werbenden in die Privatsphäre des Verbrauchers und die geschäftliche Sphäre, insbesondere die Ungestörtheit der Betriebsabläufe des sonstigen Marktteilnehmers; es soll verhindert werden, dass dem Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer Werbemaßnahmen gegen seinen erkennbaren oder mutmaßlichen Willen aufgedrängt werden. Verhindert werden soll darüber hinaus, dass die belästigende Werbung zu einer Bindung von Ressourcen des Empfängers (z.B. Zeitaufwand, Kosten für Faxpapier, Vorhaltekosten von Empfangseinrichtungen, Entsorgungskosten) führt. Dagegen bezweckt § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG nicht den Schutz der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer.

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Folgen aus einem Verstoß

 

BGH, Urt. v. 21.4.2016, I ZR 276/14, Tz. 16 – Lebens-Kost

§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG bezweckt nicht den Schutz der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer.

Aus diesem Grunde folgt aus einem Verstoß gegen § 7 UWG nicht die Unwirksamkeit eines Vertrags, der etwa anlässlich eines unzulässigen Telefonanrufs geschlossen wurde. Auch ein Schadenersatzanspruch richtet sich nicht etwa auf eine Freistellung von den Verpflichtungen eines anlässlich des unzulässigen Telefonanrufs geschlossenen Vertrags.

 BGH, Urt. v. 21.4.2016, I ZR 276/14, Tz. 16 – Lebens-Kost

Ersatzfähig ist nur der Schaden, der vom Schutzbereich der verletzten Norm erfasst ist. Eine Haftung besteht nur für diejenigen äquivalent und adäquat verursachten Schadensfolgen, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde.

Zum Schutzbereich von § 7 UWG siehe oben.

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