Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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(2) Gesundheitsbezogene Angabe

1. Angabe

Abgrenzung zu objektiven Beschaffenheitsangaben oder Gattungseigenschaften

2. Gesundheitsbezogene Angaben

a. Spezifische gesundheitsbezogene Angaben

b. Unspezifische gesundheitsbezogene Angaben

c. Angaben zum allgemeinen Wohlbefinden

d. Mehrdeutige Angaben

3. Abgrenzung zur nährwertbezogenen Angabe

4. Beurteilungsmaßstab: angesprochener Verkehr

5. Beispiele gesundheitsbezogener Angaben

a. Bezug auf die Gesundheit des einzelnen

b. Bezug auf die Gesundheit von Bevölkerungsgruppen

c. Einbindung in gesundheitsbezogene Themen

d. Ästhetische Wirkungen / Aussehen der Haut

e. Einzelbeispiele gesundheitsbezogener Angaben

6. Beispiele nicht gesundheitsbezogener Angaben

Angabe

BGH, Urt. v. 24.7.2014, I ZR 221/12, Tz. 22 – Original Bach-Blüten

Nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bezeichnet der Begriff "Angabe" in dieser Verordnung jede Aussage oder Darstellung, die nach dem Unionsrecht oder den nationalen Vorschriften nicht obligatorisch ist, einschließlich Darstellungen durch Bilder, graphische Elemente oder Symbole in jeder Form, und mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt. Mit dieser Formulierung will der Gesetzgeber alle in der Etikettierung und Bewerbung von Lebensmitteln in irgendeiner Weise zum Ausdruck gebrachten Hinweise auf besondere Eigenschaften der betreffenden Lebensmittel erfassen (vgl. Meisterernst in Meisterernst/Haber, Praxiskommentar Health & Nutrition Claims, 22. Lief. Februar 2014, Art. 2 Rn. 13). Der Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 wird dadurch eröffnet, dass über bestimmte Lebensmittel Angaben gemacht werden, das heißt Aussagen erfolgen oder Darstellungen gegeben werden, die bei einem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher den Eindruck hervorrufen können, ein Lebensmittel besitze besondere Eigenschaften (vgl. EuGH, Urt. v. 18.7.2013, C-299/12, Tz. 24 - Green - Swan Pharmaceuticals; BGH, Urt. v. 26.2.2014, I ZR 178/12, Tz. 13 - Praebiotik).

Ebenso BGH, Urt. v. 17.5.2018, I ZR 252/16, Tz. 30 – Bekömmliches Bier; BGH, Urt. v. 7.4.2016, I ZR 81/15, Tz. 19 - Repair-Kapseln; BGH, Urt. v. 10.10.2015, I ZR 222/13, Tz. 17 – Lernstark;_ BGH, Urt. v. 26..2.2014 - I ZR 178/12, Tz. 13 - Praebiotik; BGH, Urt. v. 9.10.2014, I ZR 162/13, Tz. 19 - Combiotik; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, I-2 U 13/15, Tz. 82; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 10/15, Tz. 87; KG Berlin, Urt. v. 7.11.2017, 5 U 175/16, C.1.b; OLG Koblenz, Urt. v. 2.12.2015, 9 U 616/15 (= WRP 2016, 380); OLG Celle, Urt. v. 10.3.2016, 13 U 77/15, II.2; OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.3.2016, I-20 U 75/15 (MD 2016, 641), II.c; OLG Celle, Urt. v. 26.5.2016, 13 U 76/15, II.2.b.bb.1.b; OLG Celle, Urt. v. 30.6.2016, 13 U 160/15, II.2; OLG Hamm, Urt. v. 13.9.2016, 4 U 17/16, Tz. 16; KG, Urt. v. 17.3.2017, 5 U 80/16 (MD 2017, 592); OLG Hamburg, Urt. v. 3.8.2017, 3 U 130/16 (MD 2017, 930); OLG Brandenburg, Urt. v. 26.2.2019, 6 U 84/18, Tz. 26; OLG Karlsruhe, Urt. v. 3.7.2020, 4 U 121/19, I.B.2.a, OLG Hamburg, Beschl. v. 2.9.2020, 3 W 55/20, Tz. 57; OLG Stuttgart, Urt. v. 4.11.2021, 2 U 49/21, Tz. 43 – Collagen Youth Drink; OLG München, Urt. v. 21.12.2023, 29 U 4088/22 - Für ein gesundes Immunsystem und weitere mehr (allgemeine Meinung)

BGH, Urt. v. 10.10.2015, I ZR 222/13, Tz. 17 – Lernstark

Zu den Angaben zählen danach alle in der Etikettierung oder Bewerbung von Lebensmitteln in irgendeiner Weise zum Ausdruck gebrachten - nicht obligatorischen - Aussagen oder Darstellungen, die bei einem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher den Eindruck hervorrufen können, ein bestimmtes Lebensmittel besitze besondere Eigenschaften.

Ebenso OLG Hamm, Urt. v. 11.8.2022, 4 U 81/21, Tz. 50

OLG Hamm, Urt. v. 13.9.2016, 4 U 17/16, Tz. 17

Dazu zählen auch Angaben, die die Bedeutung eines Nährstoffes oder einer anderen Substanz für Körperfunktionen beschreiben (Art. 13 Abs. 1 Buchst. a HCVO), wie auch Angaben, die die schlankmachenden oder gewichtskontrollierenden Eigenschaften des Lebensmittels beschreiben oder hierauf verweisen (Art. 13 Abs. 1 Buchst. c) HCVO).

OLG Brandenburg, Urt. v. 26.2.2019, 6 U 84/18, Tz. 26

Es ist unerheblich, ob die Angabe dazu ein medizinisches Vokabular verwendet oder sich auf eine umgangssprachliche Umschreibung genügt

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Abgrenzung zu objektiven Beschaffenheitsangaben oder Gattungseigenschaften

Keine Angabe im Sinne der Health-Claims-Verordnung liegt vor, wenn keine besonderen Eigenschaften eines Lebensmittels angegeben werden, sondern die Aussage sich auf objektive Informationen über die Beschaffenheit oder die Gattung des Lebensmittels beschränkt.

BGH, Urt. v. 9.10.2014, I ZR 167/12, Tz. 13 – ENERGY & VODKA

Eine solche Angabe liegt dann nicht vor, wenn eine Aussage oder Darstellung aus der Sicht der angesprochenen Verbraucher lediglich auf eine Eigenschaft eines Lebensmittels hinweist, die alle Lebensmittel der angesprochenen Gattung besitzen; in einem solchen Fall fehlt der Aussage oder Darstellung die Lenkungswirkung, deren Regulierung die Beschränkungen rechtfertigt, die die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 hinsichtlich der Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben vorsieht (vgl. EuGH, Urteil vom 6. September 2012 - C-544/10, GRUR 2012, 1161 Rn. 37 = WRP 2012, 1368 - Deutsches Weintor). Informationen über Eigenschaften eines Lebensmittels stellen daher auch dann, wenn sie sich auf Nährstoffe oder andere Substanzen beziehen, keine Angaben im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 dar, wenn mit ihnen keine besonderen Eigenschaften des Lebensmittels herausgestellt, sondern lediglich objektive Informationen über die Beschaffenheit oder die Eigenschaften der Gattung von Lebensmitteln mitgeteilt werden, zu der das beworbene Lebensmittel gehört. Bei der in diesem Zusammenhang bei nährwertbezogenen Aussagen im jeweiligen Einzelfall vorzunehmenden Abgrenzung sind Angaben über spezifische Inhaltsstoffe von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten, die eine ernährungsphysiologische Funktion haben, zwar regelmäßig als Angaben über besondere Eigenschaften im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 anzusehen. Nach dem Erwägungsgrund 5 dieser Verordnung sind von deren Anwendung jedoch allgemeine Bezeichnungen wie etwa "Digestif" oder "Hustenbonbon" auszunehmen, die traditionell zur Angabe einer Eigenschaft einer Kategorie von Lebensmitteln verwendet werden, die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben können. Dementsprechend stellt eine Aussage oder Darstellung, die dem Verbraucher lediglich vermittelt, um welche Art von Lebensmittel es sich im konkreten Fall handelt, keine Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 dar.

S.a. OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, I-2 U 13/15, Tz. 82; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 10/15, Tz. 87; OLG Hamburg, Urt. v. 1.3.2012, 3 U 160/10, II.2.b.aa; OLG Hamburg, Urt. v. 13.9.2012, 3 U 107/11. II.3

Beispiele

BGH, Urt. v. 9.10.2014, I ZR 167/12, Tz. 13 – ENERGY & VODKA

Nach dem Erwägungsgrund 5 dieser Verordnung sind von deren Anwendung jedoch allgemeine Bezeichnungen wie etwa "Digestif" oder "Hustenbonbon" auszunehmen, die traditionell zur Angabe einer Eigenschaft einer Kategorie von Lebensmitteln verwendet werden, die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben können.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 10/15, Tz. 87

Dasselbe gilt auch für die Bezugnahme auf die jedem Energiedrink eigene anregende und stimulierende Wirkung durch die Bezeichnung „Energy“.

Dagegen argumentiert jetzt aber

OLG Koblenz, Urt. v. 30.6.2021, 9 U 1268/20, Tz. 82, 84 ff - Fatburner (MD 2021, 911)

Wie sich aus der Zusammenschau der Erwägungsgründe 1 und 10 der HCVO ergibt, ist anerkannt, dass Angaben auf Lebensmitteln, mit denen diese beworben werden, durch den Hinweis auf einen nährwertbezogenen, physiologischen oder anderweitigen gesundheitlichen Vorteil gegenüber ähnlichen Produkten eine Lenkungswirkung auf die Entscheidungen der Verbraucher haben (vgl. EuGH, GRUR 2012, 1161, 1162, Rdnr. 37 - Deutsches Weintor). Gerade die Regulierung dieser Lenkungswirkung rechtfertigt die Beschränkungen, welche die HCVO im Hinblick auf die Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben vorsieht (vgl. EuGH, a.a.O.; BGH, GRUR 2014, 1224, 1226, Rdnr. 13 - ENERGY & VODKA; …). ...

Zutreffend ist, dass eine die Fettverbrennung anregende Wirkung, auf welche die Bezeichnung „Fatburner“ hinweist, von jedem Produkt der Kategorie Fatburner für sich in Anspruch genommen wird. Hinsichtlich der Lebensmittelkategorie „Fatburner“ wird der Verbraucher daher in der Tat lediglich von einer bloßen Beschaffenheitsangabe ausgehen.

Dennoch kann der Bezeichnung eines Nahrungsergänzungsmittels als „Fatburner“ nicht jegliche Lenkungswirkung im Sinne der Erwägungsgründe 1 und 10 der HCVO abgesprochen werden. Denn der Verbraucher wird die Bezeichnung „Fatburner“ auch - und sogar primär - dahingehend verstehen, dass sich das so bezeichnete Nahrungsergänzungsmittel von anderen Lebensmitteln oder auch nur anderen Nahrungsergänzungsmitteln für Sportler eben dadurch abhebt, eine die Fettverbrennung anregende Wirkung zu entfalten. Ein „Fatburner“ wird typischerweise gerade wegen der mit dieser Bezeichnung einerseits zum Ausdruck gebrachten und andererseits assoziierten Wirkung erworben. Ist eine solche Wirkung für seine Kaufentscheidung relevant, wird sich der Verbraucher gerade für ein als „Fatburner“ bezeichnetes Produkt und damit gegen ein anderes Nahrungsergänzungsmittel für Sportler oder gar ein gänzlich anderes Lebensmittel entscheiden. Bezogen auf diesen Vergleichspunkt werden also sehr wohl - jenseits der bloßen Verkehrsbezeichnung - besondere Eigenschaften eines solchen „Fatburners“ suggeriert.

Dem folgt auch das

OLG Hamburg, Beschl. v. 20.1.2022, 3 U 50/21, Tz. 32 f

Nach dem Verkehrsverständnis der angesprochenen Verbraucherinnen und Verbraucher ... ist der Begriff ‚Fatburner‘ keine bloße Beschaffenheitsangabe für eine bestimmte Kategorie von Nahrungsergänzungsmitteln, sondern suggeriert, dass die Einnahme des so bezeichneten Produktes eine bestimmte, nämlich fettverbrennende Eigenschaft hat, und stellt damit eine Angabe im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 HCVO dar.

Richtig mag sein, dass der Begriff „FAT BURNER“ bzw. „Fatburner“ im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel, wie sie von der Beklagten angeboten werden, für eine Vielzahl ähnlicher Produkte verwendet wird. Dieser Umstand macht die Bezeichnung aber nicht zu einer bloßen allgemeinen Beschaffenheitsangabe im Sinne der Entscheidung „ENERGY & VODKA“. Der Begriff bezieht sich nicht ausschließlich auf Nahrungsergänzungsmittel im Bereich „Sportlernahrung“, sondern wird auch für andere Produkte zum Abnehmen und allgemein für vermeintlich den Fettstoffwechsel beeinflussende Nahrungsmittel unterschiedlichster Art verwendet. Bei den so gekennzeichneten Waren handelt es sich gerade nicht um eine bestimmte Produktgattung, sondern um verschiedene Lebensmittel, denen eine bestimmte, nämlich fettverbrennende Eigenschaft zugeschrieben wird. Das macht sie nicht im Sinne der Entscheidung „ENERGY & VODKA“ zu Lebensmitteln einer bestimmten Gattung.“

Ebenso OLG Hamburg, Beschl. v. 22.12.2021, 3 U 50/21, Tz. 29 ff; OLG Hamburg, Beschl. v. 12.5.2021, 3 U 194/18

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Gesundheitsbezogene Angaben

KG, Beschl. v. 18.2.2022, 5 U 1007/20, Tz. 48

Gesundheit beschreibt generell den Zustand, der dem einzelnen die Ausübung seiner körperlichen und geistigen Funktionen ermöglicht (Rathke/Hahn in: Zipfel/Rathke LebensmittelR, 179. EL März 2021, VO (EG) 1924/2006 Art. 2 Rn. 42).

EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-544/10, Tz. 34 ff - Bekömmlicher Wein

Aus dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung Nr. 1924/2006 geht hervor, dass eine „gesundheitsbezogene Angabe“ im Sinne dieser Verordnung ausgehend von dem Zusammenhang definiert wird, der zwischen einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits bestehen muss. Diese Definition enthält weder genauere Angaben dazu, ob es sich um einen unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang handeln muss, noch zu dessen Intensität oder Dauer. Unter diesen Umständen ist der Begriff „Zusammenhang“ weit zu verstehen.

Zum einen darf der Begriff „gesundheitsbezogene Angabe“ somit nicht nur für einen Zusammenhang gelten, der eine Verbesserung des Gesundheitszustands dank des Verzehrs eines Lebensmittels impliziert, sondern muss auch jeden Zusammenhang erfassen, der impliziert, dass für die Gesundheit negative oder schädliche Auswirkungen, die in anderen Fällen mit einem solchen Verzehr einhergehen oder sich ihm anschließen, fehlen oder geringer ausfallen, also die bloße Erhaltung eines guten Gesundheitszustands trotz des genannten, potenziell schädlichen Verzehrs.

Zum anderen soll sich der Begriff „gesundheitsbezogene Angabe“ nicht nur auf die Auswirkungen des punktuellen Verzehrs einer bestimmten Menge eines Lebensmittels beziehen, die normalerweise nur vorübergehender oder flüchtiger Art sein können, sondern auch auf die Auswirkungen eines wiederholten, regelmäßigen oder sogar häufigen Verzehrs eines solchen Lebensmittels, die nicht zwingend nur vorübergehend und flüchtig sind. ...

Daher sind für die vorliegenden Zwecke sowohl die vorübergehenden und flüchtigen Auswirkungen als auch die kumulativen Auswirkungen des wiederholten und längerfristigen Verzehrs eines bestimmten Lebensmittels auf den körperlichen Zustand zu berücksichtigen.

Im Anschluss BGH, Urt. v. 17.5.2018, I ZR 252/16, Tz. 33 ff – Bekömmliches Bier; BGH, Urt. v. 10.10.2015, I ZR 222/13, Tz. 20 f – Lernstark; BGH, Urt. v. 12.2.2015, I ZR 36/11, Tz. 33 - Monsterbacke II; BGH, Urt. v. 9.10.2014, I ZR 162/13, Tz. 33 - Combiotik; BGH, Beschl. v. 5.12.2012, I ZR 36/11, Tz. 9 - Monsterbacke; BGH, Urt. v. 17.1.2013, I ZR 5/12, Tz. 10 - Vitalpilze; BGH, Urt. v. 24.7.2014, I ZR 221/12, Tz. 23 – Original Bach-Blüten; OLG Hamm, Urt. v. 14.3.13, 4 U 5/13, Tz. 50; BGH, Urt. v. 26..2.2014 - I ZR 178/12, Tz. 16 - Praebiotik; OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.1.2012, I-20 U 92/11, Tz. 38; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, I-2 U 13/15, Tz. 82; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 11/15, Tz. 95; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 10/15, Tz. 89; KG, Urt. v. 27.11.2015, 5 U 96/14, Rdn. 23; OLG Koblenz, Urt. v. 2.12.2015, 9 U 616/15 (= WRP 2016, 380); OLG Oldenburg, Urt. v. 28.8.2015, 6 U 15/15 (MD 2015, 1259); OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.3.2016, I-20 U 75/15 (MD 2016, 641), II.c; OLG Celle, Urt. v. 26.5.2016, 13 U 76/15, II.2.b.bb.1.b; OLG Bamberg, Urt. v. 29.6.2016, 3 U 32/16, II.2.b.bb; OLG Celle, Urt. v. 30.6.2016, 13 U 160/15, II.2; OLG Stuttgart, Urt. v. 3.11.2016, 2 U 37/16, Tz. 33 - Bekömmliches Bier; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.7.2017, I-20 U 120/16 (MD 2017, 924); OLG Hamburg, Urt. v. 3.8.2017, 3 U 130/16 (MD 2017, 930); KG Berlin, Beschl. v. 8.5.2018, 5 W 48/18, II.1.a.aa; KG, Beschl. v. 18.2.2022, 5 U 1007/20, Tz. 47; OLG Hamm, Urt. v. 11.8.2022, 4 U 81/21, Tz. 506 und weitere mehr (allgemeine Meinung)

BGH, Urt. v. 17.1.2013, I ZR 5/12, Tz. 10f - Vitalpilze

Der Begriff "gesundheitsbezogene Angabe" erfasst jeden Zusammenhang, der eine Verbesserung des Gesundheitszustands dank des Verzehrs des Lebensmittels impliziert.

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.4.2023, 20 U 65/22, Tz. 47

BGH, Urt. v. 26..2.2014 - I ZR 178/12, Tz. 18 - Praebiotik

Eine gesundheitsbezogene Angabe liegt auch dann vor, wenn nach dem Verständnis des Durchschnittsverbrauchers, das naturgemäß auch durch Vorerwartungen und Kenntnisse geprägt wird, ein Zusammenhang zwischen dem Bestandteil eines Lebensmittels und dem Gesundheitszustand des Konsumenten suggeriert wird.

BGH, Urt. v. 9.10.2014, I ZR 167/12, Tz. 16 – ENERGY & VODKA

Eine Angabe, mit der keine besondere Eigenschaft des Lebensmittels bezeichnet wird, wird nicht vom Begriff der "gesundheitsbezogenen Angabe" erfasst (vgl. Kügel/ Plaßmann, LMuR 2012, 201, 203).

BGH, Urt. v. 24.7.2014, I ZR 221/12, Tz. 23 – Original Bach-Blüten

Die Frage, ob eine Aussage auf das gesundheitliche Wohlbefinden abzielt, ist anhand der in Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 aufgeführten Fallgruppen zu beurteilen (vgl. BGH, GRUR 2011, 246 Rn. 9 - Gurktaler Kräuterlikör; BGH, Urt. v. 17.1.2013, I ZR 5/12, Tz. 13 - Vitalpilze). Dazu gehören nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 auch in Bezug auf die psychischen Funktionen des menschlichen Körpers erfolgende Beschreibungen und Verweisungen.

Ebenso BGH, Urt. v. 7.4.2016, I ZR 81/15, Tz. 16 - Repair-Kapseln; BGH, Urt. v. 10.10.2015, I ZR 222/13, Tz. 22 – Lernstark; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 11/15, Tz. 111; OLG Hamm, Urt. v. 7.10.2014, 4 U 138/13, Tz. 54; OLG Oldenburg, Urt. v. 28.8.2015, 6U15/15 (MD 2015, 1259); OLG Hamm, Urt. v. 24.2.2015, I-4 U 72/14 (MD 2015, 1252); OLG Koblenz, Urt. v. 2.12.2015, 9 U 616/15 (= WRP 2016, 380); KG, Beschl. v. 18.2.2022, 5 U 1007/20, Tz. 49; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.4.2023, 20 U 65/22, Tz. 49 und weitere mehr (allgemeine Meinung)

Als Fallgruppen nennt Art. 13 Abs. 1

"Angaben, die

a) die Bedeutung eines Nährstoffs oder einer anderen Substanz für Wachstum, Entwicklung und Körperfunktionen,

b) die psychischen Funktionen oder Verhaltensfunktionen oder

c) unbeschadet der Richtlinie 96/8/EG die schlank machenden oder gewichtskontrollierenden Eigenschaften des Lebensmittels oder die Verringerung des Hungergefühls oder ein verstärktes Sättigungsgefühl oder eine verringerte Energieaufnahme durch den Verzehr des Lebensmittels

Als Fallgruppen nennt Art. 14 Abs. 1

a) Angaben über die Verringerung eines Krankheitsrisikos,

b) Angaben über die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern

KG, Beschl. v. 18.2.2022, 5 U 1007/20, Tz. 48

Für die in diesem Zusammenhang vorzunehmende Beurteilung ist es nach Erwägungsgrund 16 Satz 3 HCVO entscheidend, in welchem Sinne der normal informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher die Angaben über Lebensmittel versteht. Es gilt dabei kein statistischer, sondern ein normativer Maßstab. Nach ihm sind die nationalen Gerichte und Verwaltungsbehörden gehalten, von ihrer eigenen Urteilsfähigkeit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszugehen (BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 – I ZR 221/12 –, Rn. 24, juris - Original Bach-Blüten).

OLG Oldenburg, Urt. v. 28.8.2015, 6 U 15/15 (MD 2015, 1259)

Wie sich Art. 10 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1924/2006 ergibt, betreffen Angaben außerdem die "Gesundheit"/den "Gesundheitszustand” bzw. sind "gesundheitsbezogen”, wenn sie sich auf die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden beziehen. Dabei sind nicht nur ausdrücklich formulierte Werbeaussagen erfasst, sondern auch solche Werbeaussagen, die den entsprechenden Inhalt lediglich suggerieren oder auch nur mittelbar zum Ausdruck bringen (vgl. OLG Hamm WRP 2015, 228).

Daraus ergibt sich u.a., dass auch Angaben zur Auswirkungen auf die Psyche und das seelische Gleichgewicht zu den gesundheitsbezogenen Angaben gehören.

BGH, Urt. v. 24.7.2014, I ZR 221/12, Tz. 23 – Original Bach-Blüten

Der Gesundheitsbegriff umfasst auch das seelische Gleichgewicht.

Ebenso OLG Oldenburg, Urt. v. 28.8.2015, 6 U 15/15 (MD 2015, 1259); OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.7.2017, I-20 U 120/16 (MD 2017, 924)

Das gleiche gilt nach Art. 14 Abs. 1 für Aussagen zur Reduzierung eines Krankheitsrisikos:

EuGH, Urt. v. 18.7.2013, C-299/12, Tz. 23 f - Green – Swan Pharmaceuticals

Unter den gesundheitsbezogenen Angaben definiert Art. 2 Abs. 2 Nr. 6 der Verordnung Nr. 1924/2006 eine „Angabe über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos“ als „jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass der Verzehr einer Lebensmittelkategorie, eines Lebensmittels oder eines Lebensmittelbestandteils einen Risikofaktor für die Entwicklung einer Krankheit beim Menschen deutlich senkt“.

Aus der Verwendung der Formulierung „suggeriert oder ... mittelbar zum Ausdruck gebracht“ ergibt sich, dass es für die Qualifizierung als „Angabe über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos“ im Sinne dieser Vorschrift nicht erforderlich ist, dass mit der entsprechenden Angabe ausdrücklich behauptet wird, dass der Verzehr eines Lebensmittels einen Risikofaktor für die Entwicklung einer Krankheit beim Menschen deutlich senkt. Es reicht aus, dass die Angabe bei einem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher den Eindruck hervorrufen kann, dass die Senkung eines Risikofaktors deutlich ist.

Insoweit ist festzustellen, dass die Verwendung einer kategorischen Formulierung, nach der der Verzehr des betreffenden Lebensmittels einen entsprechenden Risikofaktor senkt – oder dazu beiträgt, ihn zu senken – geeignet ist, bei einem solchen Verbraucher den Eindruck einer deutlichen Senkung des Risikos hervorzurufen. Daher muss eine gesundheitsbezogene Angabe wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nicht unbedingt das Wort „deutlich“ oder einen gleichbedeutenden Ausdruck enthalten, um als „Angabe über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos“ angesehen zu werden.

Auch die Angabe, dass ein Lebensmittel weniger schädlich (als ein vergleichbares) ist, ist eine gesundheitsbezogenen Angabe (EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-544/10 - Bekömmlicher Wein).

OLG Stuttgart, Urt. v. 3.11.2016, 2 U 37/16, Tz. 29 - Bekömmliches Bier

Der Begriff „gesundheitsbezogene Angabe“ darf nicht nur für einen Zusammenhang gelten, der eine Verbesserung des Gesundheitszustandes dank des Verzehrs eines Lebensmittels impliziert, sondern muss auch jeden Zusammenhang erfassen, der impliziert, dass für die Gesundheit negative oder schädliche Auswirkungen, die in anderen Fällen mit einem solchen Verzehr einhergehen oder sich ihm anschließen, fehlen oder geringer ausfallen, also die bloße Erhaltung eines guten Gesundheitszustandes trotz des genannten, potenziell schädlichen Verzehrs (EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-544/10, Tz. 35 - Bekömmlicher Wein, wobei auch der - auch nur mittelbare - Zusammenhang weit zu verstehen sei (EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-544/10, Tz. 34 ff - Bekömmlicher Wein).

Bestätigt durch BGH, Urt. v. 17.5.2018, I ZR 252/16, Tz. 34 – Bekömmliches Bier

BGH, Urt. v. 17.5.2018, I ZR 252/16, Tz. 34 – Bekömmliches Bier

Dabei sind nicht nur die Auswirkungen des punktuellen Verzehrs einer bestimmten Menge eines Lebensmittels, die normalerweise nur vorübergehender oder flüchtiger Art sein können, sondern auch die kumulativen Auswirkungen eines wiederholten, regelmäßigen oder sogar häufigen Verzehrs eines solchen Lebensmittels, die nicht zwingend nur vorübergehend und flüchtig sind, zu berücksichtigen (EuGH, GRUR 2012, 1161 Rn. 36, 38 - Deutsches Weintor).

KG, Urt. v. 23.8.2019, 5 U 8/19 – Omni Biotic Stress (MD 2019, 1052)

Eine Bezugnahme auf eine konkrete Wirkung des Mittels für bestimmte Körperfunktionen ist nicht erforderlich.

Ebenso OLG Karlsruhe, Urt. v. 3.7.2020, 4 U 121/19, I.B.6.a

Beispiele

OLG Hamm, Urt. v. 24.2.2015, I-4 U 72/14 (MD 2015, 1252)

Die Frage, ob eine Aussage auf die Gesundheit (oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden) im Sinne der HCVO abzielt, ist anhand der in Art. 13 Abs. 1 HCVO und 14 HCVO aufgeführten Fallgruppen zu beurteilen. Hierzu gehört das Art. 13 Abs. 1 lit. a HCVO insbesondere das Wachstum, die Entwicklung und sämtliche sonstigen Körperfunktionen. Nach dieser allgemeinen und weit gefassten Umschreibung gehören auch die Funktion bzw. der Zustand der Haut, des Haares und der Fingernägel zum Gesundheitsbegriff der HCVO. Hiervon geht auch der Verordnungsgeber der Verordnung EU Nr. 432/2012 aus, der Angaben über „normale Haut“, „normale Haare“ und „normale Nägel“ zu den gesundheitsbezogenen Angaben im Sinne der HCVO rechnet.

Bestätigt durch BGH, Urt. v. 7.4.2016, I ZR 81/15, Tz. 20f - Repair-Kapseln: "Die ... Werbeaussagen enthalten gesundheitsbezogene Angaben, weil Aussagen zur Bedeutung von Substanzen für den Zustand von Haut, Haaren und Fingernägeln in die Liste der zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben gemäß Art. 13 der Verordnung aufgenommen wurden, die sich im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 befindet."

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.4.2023, 20 U 65/22, Tz. 49

KG, Urt. v. 26.7.2016, 5 U 18/16, B.2

Die altersbedingte Veränderung der menschlichen Haut ist für sich genommen ebenso wenig eine Krankheit oder ein von der Gesundheit abweichender Zustand wie das Altern selbst. Die altersbedingte Veränderung der menschlichen Haut erfolgt grundsätzlich auch unabhängig von der Gesundheit des Einzelnen.

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.2.2017, 20 U 10/16, Tz. 77

OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.3.2019, 6 U 90/17 (MD) 2019, 586)

Die altersbedingte Veränderung der menschlichen Haut erfolgt grundsätzlich unabhängig von der Gesundheit des Einzelnen. Eine gesundheitsbezogene Aussage liegt dennoch vor, wenn die Angabe des optischen Effekt einer Hautstraffung nicht isoliert, sondern als Effekt einer Steigerung der körpereigenen Kollagenproduktion beschrieben wird. …

Die Steigerung der körpereigenen Kollagenproduktion und die damit suggerierte Wirkung auf das Bindegewebe als Stützstruktur der Haut spricht eine positive Beeinflussung eines physiologisch erfassbaren Prozesses des menschlichen Körpers an und bezieht sich danach auf eine Förderung einer Körperfunktionen.

BGH, Urt. v. 17.5.2018, I ZR 252/16, Tz. 34 – Bekömmliches Bier

Eine gesundheitsbezogene Angabe liegt auch dann vor, wenn mit der Angabe zum Ausdruck gebracht wird, der dauerhafte Verzehr eines Lebensmittels sei der Gesundheit nicht abträglich, obwohl der Verzehr eines solchen Produkts in anderen Fällen der Gesundheit schaden kann.

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Spezifische gesundheitsbezogene Angaben

Nach Art. 13, 14 der Health-Claims-Verordnung sind nur Angaben zu spezifischen gesundheitsbezogenen Eigenschaften zulassungsfähig, weil der erforderliche wissenschaftliche Nachweis für die Wirkung des Bestandteils eines Lebensmittels nur konkret bezogen auf eine bestimmte Wirkung erbracht werden kann.

BGH, Urt. v. 25.6.2020, I ZR 162/16, Tz. 23 – B-Vitamine II

Für die Abgrenzung zwischen speziellen und nichtspezifischen gesundheitsbezogenen Angaben kommt es nach der Rechtsprechung des Senats darauf an, ob mit der Angabe ein unmittelbarer Wirkungszusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile und einer Funktion des menschlichen Organismus hergestellt wird, dessen wissenschaftliche Absicherung (vgl. Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, Art. 6 Abs. 1 der Verordnung) in einem Zulassungsverfahren nach Art. 13 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 (für Angaben nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung) oder nach Art. 15 bis Art. 17 der Verordnung (für Angaben nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung) überprüft werden kann (BGH, GRUR 2018, 959 Rn. 22 - B-Vitamine I, mwN).

Ebenso BGH, Urt. v. 7.4.2016, I ZR 81/15, Tz. 24 - Repair-Kapseln; OLG Stuttgart, Urt. v. 4.11.2021, 2 U 49/21, Tz. 44 – Collagen Youth Drink; KG, Beschl. v. 18.2.2022, 5 U 1007/20, Tz. 56; OLG Hamburg, Urt. v. 2.6.2022, 3 U 110/21, II.1.a (MD 2022, 1054). S.a. BGH, Beschl. v. 12.7.2018, I ZR 162/16, Tz. 22 – B-Vitamine; OLG Hamburg, Urt. v. 26.10.2017, 3 U 65/17, B.I.2.cc (WRP 2018, 489); KG, Urt. v. 23.8.2019, 5 U 8/19 – Omni Biotic Stress (MD 2019, 1052)

OLG Hamburg, Hinweisbeschl. v. 18.1.2023, 3 U 24/22

Nach Art. 10 Abs. 1 HCVO zulassungsfähige spezifische gesundheitsbezogene Angaben sind solche, die angabegemäß auf bestimmte durch die Einnahme des Lebensmittels zu fördernde Funktionen des Körpers Bezug nehmen. Eine solche Angabe liegt auch dann vor, wenn sich aus dem konkreten Verwendungszusammenhang, also etwa der konkreten Verpackung und den dortigen übrigen Angaben ergibt, dass die Angabe auf bestimmte gesundheitsbezogene Eigenschaften des Lebensmittels zielt.

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Unspezifische gesundheitsbezogene Angaben

Auch unspezifische gesundheitsbezogene Angaben fallen unter den Oberbegriff der gesundheitsbezogenen Angaben. Ihre Zulässigkeit richtet sich nach Art. 10 Abs. 3 HCVO, in Verbindung mit Art. 10 Abs. 2 HCVO. Art. 10 Abs. 3 HCVO regelt insoweit einen Unterfall des Art. 10 Abs. 1 HCVO.

Art. 10 Abs. 3 HCVO erfasst Aussagen, die zwar auf eine der in Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 der Verordnung genannten Funktionen Bezug nehmen, aufgrund ihrer allgemeinen und unspezifischen Formulierung aber nicht Gegenstand eines Zulassungsverfahrens sein könnten (BGH, Urt. v. 17.1.2013, I ZR 5/12, Tz. 13 - Vitalpilze; BGH, Urt. v. 12.2.2015, I ZR 36/11, Tz. 36 - Monsterbacke II). Darunter fallen Angaben wie: "zur Unterstützung einer optimalen Leistungsfähigkeit" oder "erhöht die Ausdauer und Leistungsfähigkeit" (vgl. BGH, Urt. v. 17.1.2013, I ZR 5/12 - Vitalpilze) oder "So wichtig wie das tägliche Glas Milch" (BGH, Urt. v. 12.2.2015, I ZR 36/11, Tz. 36 - Monsterbacke II).

BGH, Urt. v. 17.1.2013, I ZR 5/12, Tz. 11 - Vitalpilze

Angaben, die mangels Bestimmtheit nicht zulassungsfähig im Sinne des Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 und daher unspezifische Angaben im Sinne des Art. 10 Abs. 3 der Verordnung sind, stellen gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 dar.

Ebenso KG, Urt. v. 27.11.2015, 5 U 96/14, Tz. 26; OLG Hamburg, Urt. v. 26.10.2017, 3 U 65/17, B.I.2.cc (WRP 2018, 489)

BGH, Urt. v. 12.2.2015, I ZR 36/11, Tz. 36 - Monsterbacke II

Bei Angaben im Sinne von Art. 10 Abs. 3 handelt es sich ebenfalls um gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006. Auch bei ihnen wird erklärt, suggeriert oder immerhin mittelbar zum Ausdruck gebracht, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Sie unterfallen nur deshalb nicht dem Verbot des Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, weil sie nicht zulassungsfähig sind; stattdessen dürfen sie nach Art. 10 Abs. 3 dieser Verordnung nur unter den dort geregelten Voraussetzungen zusammen mit einer zugelassenen gesundheitsbezogenen Angabe verwendet werden. Die Bestimmung des Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 trägt damit den Besonderheiten von Verweisen auf nicht spezifische Vorteile gegenüber der allgemeinen Regelung des Art. 10 Abs. 1 dieser Verordnung Rechnung.

S.a. OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, I-2 U 13/15, Tz. 93; OLG Hamm, Urt. v. 7.10.2014, 4 U 138/13, Tz. 63; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 10/15, Tz. 98; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 11/15, Tz. 10; OLG Hamburg, Urt. v. 13.12.2018, 3 U 105/16; OLG Celle, Urt. v. 26.5.2016, 13 U 76/15, II.2.b.4

BGH, Beschluss vom 12.3.2015, I ZR 29/13, Tz 30 – Rescue-Produkte

Von einem Verweis auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile für die Gesundheit oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden im Sinne von Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 ist auszugehen, wenn allgemein und unspezifisch auf Vorteile des Lebensmittels (oder Nährstoffs) hingewiesen wird, ohne dass dabei konkrete Wirkungen für bestimmte Körperfunktionen angegeben werden (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke aaO C 111, 152. Lief. März 2013, Art. 10 Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 Rn. 34).

Ebenso KG, Urt. v. 27.11.2015, 5 U 96/14, Tz. 28 (Der EuGH ging in seiner Entscheidung (EuGH, Urt. v. 23.11.2016, C-177/15 – Rescue-Tropfen) auf diesen Aspekt nicht ein)

OLG Hamburg, Urt. v. 2.6.2022, 3 U 110/21, II.1.b (MD 2022, 1054)

Eine gesundheitsbezogene Angabe ist nichtspezifisch im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCV, wenn sich der Verweis auf die durch den Verzehr des Lebensmittels hervorgerufene Wirkung nur allgemein auf die daran beteiligten Funktionen des menschlichen Organismus und den physischen und psychischen Zustand bezieht, der Angabe aber kein Hinweis auf einen spezifischen Wirkungszusammenhang zwischen dem Verzehr des Lebensmittels oder einem seiner Bestandteile und einer bestimmten Körperfunktion zu entnehmen ist und die Angabe daher nicht in einem Verfahren nach Art. 13 oder Art. 14 der HCV zugelassen werden kann, in dem nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung der wissenschaftliche Nachweis einer entsprechenden Wirkung erbracht werden müsste (BGH, GRUR 2016, 412, Rn. 29 ff. – Lernstark).

OLG Hamm, Urt. v. 7.10.2014, 4 U 138/13, Tz. 64

Art. 10 Abs. 3 HCVO lässt sich nicht entnehmen, dass nur ausdrücklich formulierte Vorteilsbehauptungen als „Verweis“ im Sinne dieser Vorschrift verstanden werden können. Folgt man der Auffassung, dass es sich auch bei den „Verweisen“ im Sinne des Art. 10 Abs. 3 HCVO um gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO handelt (so BGH, WRP 2013, 1179 - Vitalpilze), ergibt sich bereits unmittelbar aus der Regelung in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 HCVO, dass nicht nur ausdrücklich formulierte Werbeaussagen erfasst sind, sondern auch solche Werbeaussagen, die den entsprechenden Inhalt lediglich suggerieren oder auch nur mittelbar zum Ausdruck bringen.

OLG Bamberg, Urt. v. 29.6.2016, 3 U 32/16, II.2.c

Nichtspezifische gesundheitsbezogene Angaben liegen vor, wenn sie - wegen ihrer allgemeinen Formulierung - nicht Gegenstand eines Zulassungsverfahrens nach Art. 13 Abs. 1 HCVO sein können. ...

Nichtspezifische Angaben liegen nur vor, wenn und soweit durch die Verwendung des Produkts lediglich eine Unterstützung oder Steigerung des gesundheitlichen Wohlbefindens in Aussicht gestellt wird. Dagegen ist eine spezifische Angabe anzunehmen, sobald auf bestimmte zu fördernde Funktionen des Körpers Bezug genommen wird.

OLG Celle, Beschl. v. 22.9.2016, 13 U 99/16, II.1.b.cc

Art. 10 Abs. 3 HCVO erfasst nur Aussagen, die zwar auf eine der in Art. 13 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 HCVO genannten Funktionen Bezug nehmen, aufgrund ihrer allgemeinen und unspezifischen Formulierungen aber nicht Gegenstand eines Zulassungsverfahrens sein könnten, weil für sie im Hinblick auf ihre Unbestimmtheit keine allgemein anerkannten wissenschaftlichen Nachweise im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Nr. i HCVO erbracht werden können.

Eine nichtspezifische Angabe kann bei einem Kombinationsprodukt auch vorliegen, wenn die gesundheitsbezogene Angabe sich nicht auf eine konkrete Substanz im Lebensmittel bezieht, die Ursache für die Wirkung auf den Körper ist, sondern auf mehrere Bestandteile in einem Kombinationsprodukt.

BGH, Beschl. v. 12.7.2018, I ZR 162/16, Tz. 23 – B-Vitamine

Eine Angabe ist unspezifisch, die bestimmte Wirkungen weder auf das Lebensmittel als Ganzes noch auf einen bestimmten Stoff zurückführt. … Eine Angabe zu einzelnen Bestandteilen eines aus mehreren Inhaltsstoffen bestehenden Kombinationsprodukts (und nicht zum Produkt als Ganzes) kann nicht Gegenstand eines Zulassungsverfahrens sein, weil nicht klar ist, welche konkrete Wirkung welchen konkreten Bestandteils im Rahmen eines solchen Verfahrens wissenschaftlich zu überprüfen ist.

Die Abgrenzung konkreter gesundheitsbezogener Angaben von allgemeinen, nicht spezifischen Angaben erfolgt aufgrund aller Umstände des Einzelfalls aus der Sicht des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers. Entscheidend ist, ob "eine konkrete Wirkung einer bestimmten Substanz für eine bestimmte Körperfunktion" oder ein "Wirkungszusammenhang zwischen dem Verzehr dieses Safts oder einem seiner Bestandteile und einer bestimmten Körperfunktion" behauptet wird (BGH, Urt. v. 10.10.2015, I ZR 222/13, Tz. 30 f – Lernstark).

BGH, Urt. v. 7.4.2016, I ZR 81/15, Tz. 24 - Repair-Kapseln

Für die Abgrenzung zwischen speziellen und nichtspezifischen gesundheitsbezogenen Angaben kommt es danach darauf an, ob mit der Angabe ein unmittelbarer Wirkungszusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile und einer Funktion des menschlichen Organismus hergestellt wird, dessen wissenschaftliche Absicherung (vgl. Art. 6 Abs. 1 der Verordnung) in einem Zulassungsverfahren nach Art. 13 Abs. 3 der Verordnung (für Angaben nach Art. 13 Abs. 1 der Verordnung) oder nach Art. 15 bis 17 dieser Verordnung (für Angaben nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung) überprüft werden kann (vgl. BGH, GRUR 2016, 412 Rn. 26 - Lernstark).

S.a. BGH, Beschl. v. 1.6.2023 - I ZR 109/22, Tz. 19 - Botanicals; BGH, Beschl. v. 12.7.2018, I ZR 162/16, Tz. 22 – B-Vitamine; OLG Hamburg, Urt. v. 26.10.2017, 3 U 65/17, B.I.2.cc (WRP 2018, 489); KG, Urt. v. 23.8.2019, 5 U 8/19 – Omni Biotic Stress (MD 2019, 1052)

OLG Hamburg, Urt. v. 26.10.2017, 3 U 65/17 (WRP 2018, 489)

Zu den „Körperfunktionen“ gehören alle Funktionen menschlicher Organe.

Mit der Bezugnahme auf die Stimme wird durch die Angabe „Gut für die Stimme“ deutlich gemacht, dass sich die beworbenen Hustenbonbons positiv auf die Stimme, d. h. auf die Körperfunktion der Stimmbildung bzw. den Stimmapparat auswirken.

Eine Beweisaufnahme zur Frage, ob eine spezifische oder unspezifische gesundheitsbezogene Angabe vorliegt, findet nicht statt:

KG Berlin, Urt. v. 11.12.2015, 5 U 48/15, B.1.b

Bei der Beurteilung, wie der Verkehr den Inhalt einer bestimmten werbenden Aussage versteht, handelt es sich um eine Entscheidung aufgrund von Erfahrungswissen und nicht um eine Feststellung von Tatsachen. Bei der Frage, ob es sich danach bei einer bestimmten werbenden Aussage für ein Nahrungsergänzungsmittel um eine spezifische Aussage im Sinne des Art. 10 Abs. 1 HCVO oder eine unspezifische Aussage im Sinne des Art. 10 Abs. 3 HCVO handelt, geht es um eine Rechtsfrage, die zu beantworten Aufgabe des mit der Sache befassten Gerichts ist.

Beispiele

BGH, Urt. v. 10.10.2015, I ZR 222/13, Tz. 30 f – Lernstark

Der Angabe "Lernstark" ist kein Hinweis auf einen spezifischen Wirkungszusammenhang zwischen dem Verzehr dieses Safts oder einem seiner Bestandteile und einer bestimmten Körperfunktion zu entnehmen.

Der Vorgang des Lernens kann keinem bestimmten körperlichen Vorgang zugeordnet werden, so dass in einem etwa durchzuführenden Zulassungsverfahren auch kein spezieller Wirkungszusammenhang zwischen dem Saft oder einem seiner Bestandteile und einer bestimmten, hierdurch beeinflussten und dem angesprochenen "Lernen" zuzuordnenden Körperfunktion nachgewiesen werden könnte. Mit den Begriffen "Lernen" und "Lernfähigkeit" werden nach allgemeinem Verständnis unterschiedliche Funktionen des menschlichen Organismus angesprochen.

Die Angabe "Lernstark" bezieht sich zudem auf den Mehrfruchtsaft insgesamt. Mit dieser Angabe wird kein konkreter Nährstoff oder sonstiger Bestandteil dieses Safts bezeichnet, auf den der behauptete Einfluss seines Verzehrs auf die Lernfähigkeit zurückgeführt werden kann.

BGH, EuGH-Vorlage-Beschluss vom 12.3.2015, I ZR 29/13, Tz 30 – Rescue-Produkte

Die Bezeichnungen "RESCUE TROPFEN" und "RESCUE NIGHT SPRAY" enthalten jeweils einen Verweis auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile für die Gesundheit oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden im Sinne von Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006.

BGH, Urt. v. 7.4.2016, I ZR 81/15, Tz. 24 - Repair-Kapseln

In den Werbeaussagen der Beklagten werden bestimmte Körperfunktionen - Haut, Haare, Nägel einerseits sowie die Herzfunktion andererseits - genannt. Diese Körperfunktionen sollen durch die von der Beklagten beworbenen Kapseln positiv beeinflusst werden. Darin liegt kein Verweis auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden. Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass die Beklagte die Auswirkungen ihrer Produkte auf die entsprechende Körperfunktion in den beanstandeten Werbeaussagen in der Weise beschrieben hat, diese sorgten für "tolle" Haut, "fülliges" Haar, "feste" Fingernägel und hielten die Herzmuskelzellen in "guter Laune". Mit diesen auf einzelne Körperfunktionen bezogenen Attributen wird ein bestimmter Wirkungszusammenhang zwischen den Produkten der Beklagten und der jeweiligen Körperfunktion hergestellt.

KG, Urt. v. 27.11.2015, 5 U 96/14, Tz. 27 f

Der Werbehinweis "GESUND" enthält einen Verweis auf "allgemeine, nicht spezifische Vorteile für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden" im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO (vergleiche BGH, EuGH-Vorlage-Beschluss vom 12.3.2015, I ZR 29/13, Tz 30 – Rescue-Produkte).

KG Berlin, Urt. v. 11.12.2015, 5 U 48/15, B.2

Warum die Aussage „Hyaluronsäure ist gut für die Gelenke“ nicht zulassungsfähig sein soll, ist nicht nachzuvollziehen. Die Aussage bezieht sich nicht nur konkret auf die Gelenke. Es wird zudem unabhängig vom persönlichen Empfinden des einzelnen eine allgemeingültige Feststellung getroffen.

OLG Hamm, Urt. v. 11.8.2022, 4 U 81/21, Tz. 56

Bei der Überschrift „Volle Power für Ihr Immunsystem“ nebst nebenstehender Grafik handelt es sich um gesundheitsbezogene Angaben, weil hierdurch aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers nicht lediglich im Sinne einer „Themenüberschrift“ die Funktion der körpereigenen Immunabwehr abstrakt dargestellt, sondern wegen der unmittelbar darunter abgebildeten und damit zugleich konkret beworbenen Produkte der Beklagten ein Zusammenhang zwischen der Einnahme eben dieser von der Beklagten vertriebenen Nahrungsergänzungsmittel einerseits und der Gesundheit andererseits suggeriert wird.

OLG München, Urt. v. 21.12.2023, 29 U 4088/22 - Für ein gesundes Immunsystem

Unter den Gesundheitsbezug in Art. 13 Abs. 1 lit. a) HCVO fallen insbesondere das Wachstum, die Entwicklung und sämtliche sonstigen Körperfunktionen. Nach dieser allgemeinen und weitgefassten Umschreibung gehört auch die Funktion des körpereigenen Immunsystems zum Gesundheitsbegriff der HCVO. Hiervon geht der Unionsgesetzgeber selbst in der VO (EU) Nr. 432/2012 aus, indem er Angaben über die „normale Funktion des Immunsystems“ zu den gesundheitsbezogenen Angaben im Sinne der HCVO rechnet (vgl. OLG Hamm GRUR-RR 2023, 97 Rn. 38 – Volle Power für Ihr Immunsystem).

KG, Urt. v. 4.11.2016, 5 U 91/15 (= MD 2017, 48)

Die Aussage ‚Bremst vorzeitiges Altern‘ ist zu unspezifisch, als dass sie bewiesen (oder auch widerlegt) werden könnte. Denn ‚Altern‘ ist – bezogen auf das menschliche Dasein – ein allzu vielschichtiger Begriff, als dass darunter eine „spezielle“ Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 1 HCVO verstanden werden könnte. Für diese Aussage gilt daher vielmehr das Regime des Art. 10 Abs. 3 HCVO für nicht spezifische Verweise.

OLG Hamburg, Urt. v. 6.2.2020, 3 U 56/19

Bei der Angabe „THE POWER FOR YOU“ handelt es sich im Umfeld der konkreten Verletzungsform um eine unspezifische gesundheitsbezogene Angabe i.S. von § 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) 1924/2006.

OLG Hamburg, Urt. v. 2.6.2022, 3 U 110/21, II.1.b (MD 2022, 1054)

Durch die Angabe wird kein unmittelbarer Wirkungszusammenhang zwischen dem Verzehr des im beworbenen Produkt enthaltenen Safran-Extrakts und einer bestimmten Körperfunktion behauptet, der einem wissenschaftlichen Nachweis zugänglich wäre. Eine „Stimmungsaufhellung“ kann keinem bestimmten körperlichen Vorgang zugeordnet werden, so dass in einem etwa durchzuführenden Zulassungsverfahren auch kein spezieller Wirkungszusammenhang zwischen dem beworbenen Produkt bzw. seines Bestandteils Safran-Extrakt und einer bestimmten, hierdurch beeinflussten und der Stimmungsaufhellung zuzuordnenden Körperfunktion nachgewiesen werden könnte.

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Angaben zum allgemeinen Wohlbefinden

Die gesundheitsbezogene Angabe ist abzugrenzen von Angaben zum allgemeinen Wohlbefinden. Sie unterfallen nicht der Health-Claims-Verordnung.

OLG Hamm, Urt. v. 7.10.2014, 4 U 138/13, Tz. 64

Die Gesundheit bzw. das gesundheitsbezogene Wohlbefinden im Sinne der HCVO sind abzugrenzen vom „allgemeinen Wohlbefinden“ (BGH, WRP 2011, 344 - Gurktaler Kräuterlikör). Lediglich auf das allgemeine Wohlbefinden bezogene Werbeaussagen werden von den Regelungen der HCVO nicht erfasst. Die Frage, ob eine Aussage auf die Gesundheit oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden abzielt, ist anhand der in Art. 13 Abs. 1 HCVO und Art 14 HCVO aufgeführten Fallgruppen zu beurteilen (BGH, WRP 2014, 1184 - Original Bach-Blüten; WRP 2013, 1179 – Vitalpilze; WRP 2011, 344 - Gurktaler Kräuterlikör).

Ebenso OLG Brandenburg, Urt. v. 26.2.2019, 6 U 84/18, Tz. 27

OLG Oldenburg, Urt. v. 28.8.2015, 6 U 15/15 (MD 2015, 1259)

Die Gesundheit bzw. das gesundheitsbezogene Wohlbefinden sind abzugrenzen vom allgemeinen Wohlbefinden. Auf das allgemeine Wohlbefinden bezogene Werbeaussagen werden von den Regelungen der VO (EG) Nr. 1924/2006 nicht erfasst.

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.4.2023, 20 U 65/22, Tz. 49

OLG Nürnberg, Urt. v. 5.11.2013, 3 U 78/13, II.4.a.bb

Allgemeine Aussagen zum Wohlbefinden haben zwar keinen Gesundheitsbezug (vgl. dazu EuGH v. 6.9.2012, C-544/10; BGH GRUR 2011, 246 Rn. 8 - Gurktaler Kräuterlikör). Aufgrund des Kontextes der Werbeaussagen, die das Wohlbefinden nicht isoliert, sondern in Zusammenhang mit den anderen, dem Produkt zugeschriebenen gesundheitsfördernden Angaben, kann es sich aber nicht um eine Aussage zum allgemeinen Wohlbefinden, sondern um das gerade durch die beworbenen gesundheitsbezogenen Wirkungen vermittelte Wohlbefinden handeln.

OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 24.11.2016, 13 U 91/16 , II.3.b.1.a (MD 2017, 151)

Werbung, die nur auf das allgemeine Wohlbefinden Bezug nimmt, ist nicht gesundheitsbezogen. … Wird eine aus mehreren Einzel- bzw. Teilaussagen bestehende Gesamtaussage angegriffen, ist von dem Gesamteindruck des Werbemittels auszugehen; einzelne Äußerungen einer in sich geschlossenen Darstellung dürfen nicht aus ihrem Zusammenhang gerissen wird.

Beispiele

OLG Oldenburg, Urt. v. 28.8.2015, 6U15/15 (MD 2015, 1259)

Bei den Aussagen „Leicht gelassen“, „Schlaf“ und „Einfach ausgeglichen“ handelt es sich um auf das allgemeine Wohlbefinden bezogene Angaben, d.h. Angaben, die das allgemeine Wohlbefinden unterhalb der Schwelle einer Störung des seelischen Gleichgewichts ansprechen.… Ein informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher wird die Aussagen daher für bloße nichtsagende Anpreisungen halten und ihnen keinerlei spezifische oder unspezifische Wirkaussagen im Hinblick auf die Gesundheit zumessen.

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Mehrdeutige Angaben

OLG Stuttgart, Urt. v. 3.11.2016, 2 U 37/16, Tz. 29 - Bekömmliches Bier

Da wie auch sonst im Irreführungsrecht Mehrdeutigkeit zu Lasten des Verwenders geht (BGH GRUR 2012, 1053 [Tz. 17] - Marktführer Sport), ist gerade eine solche Verunklarung in der werblichen Rezeption zu verbieten. ...

Selbst wenn bei dem einen Begriffsverständnis von 'bekömmlich' im Sinne von zuträglich nur eine Aussage zum allgemeinen Wohlbefinden vorherrschen würde, so herrscht doch auch bei erheblichen Teilen des angesprochenen maßgeblichen Verkehrs das Verständnis von „gesund“ und „gut verdaulich“ vor.

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Abgrenzung zur nährwertbezogenen Angabe

OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, I-2 U 13/15, Tz. 84

Der Begriff der gesundheitsbezogenen Angabe ist ungeachtet dessen, dass sich zwischen beiden Überschneidungen ergeben können, vom Begriff der nährwertbezogenen Angabe abzugrenzen. Während sich nährwertbezogene Angaben auf die Menge an in einem Lebensmittel enthaltenen Nährstoffen, anderen Substanzen oder Energie beziehen und damit etwa (nur) Sachinformationen in Bezug auf einen bestimmten Nährstoff vermitteln, stellen gesundheitsbezogene Angaben einen Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile und dem gesundheitlichen Wohlbefinden her (BGH, GRUR 2015, 403 Tz. 28 – Monsterbacke II).

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Beurteilungsmaßstab: angesprochener Verkehr

Beurteilungsmaßstab für eine gesundheitsbezogene Angabe ist der angesprochene Verkehr unter Berücksichtigung von Personen, die für gesundheitsbezogene Angaben besonders anfällig sind.

Erwägungsgrund 16 HCV

Entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und im Interesse der wirksamen Anwendung der darin vorgesehenen Schutzmaßnahmen nimmt diese Verordnung den normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher unter Berücksichtigung sozialer, kultureller und sprachlicher Faktoren nach der Auslegung des Gerichtshofs als Maßstab, zielt mit ihren Bestimmungen jedoch darauf ab, die Ausnutzung von Verbrauchern zu vermeiden, die aufgrund bestimmter Charakteristika besonders anfällig für irreführende Angaben sind. Richtet sich eine Angabe speziell an eine besondere Verbrauchergruppe wie z. B. Kinder, so sollte die Auswirkung der Angabe aus der Sicht eines Durchschnittsmitglieds dieser Gruppe beurteilt werden. Der Begriff des Durchschnittsverbrauchers beruht dabei nicht auf einer statistischen Grundlage. Die nationalen Gerichte und Verwaltungsbehörden müssen sich bei der Beurteilung der Frage, wie der Durchschnittsverbraucher in einem gegebenen Fall typischerweise reagieren würde, auf ihre eigene Urteilsfähigkeit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs verlassen.

BGH, Urt. v. 26..2.2014 - I ZR 178/12, Tz. 17 - Praebiotik

Nach Erwägungsgrund 16 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 kommt es darauf an, wie Angaben über Lebensmittel vom Verbraucher verstanden werden. Dabei ist vom normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher auszugehen. Es gilt kein statistischer, sondern ein normativer Maßstab, nach dem die nationalen Gerichte und Verwaltungsbehörden gehalten sind, von ihrer eigenen Urteilsfähigkeit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszugehen.

Ebenso BGH, Urt. v. 17.5.2018, I ZR 252/16, Tz. 40 – Bekömmliches Bier; BGH, Urt. v. 10.10.2015, I ZR 222/13, Tz. 22 – Lernstark; BGH, Urt. v. 24.7.2014, I ZR 221/12, Tz. 24 – Original Bach-Blüten; BGH, Urt. v. 9.10.2014, I ZR 162/13, Tz. 34 - Combiotik; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 11/15, Tz. 97; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 10/15, Tz. 91; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, I-2 U 13/15, Tz. 86, OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 11/15, Tz. 97; OLG Hamburg, Urt. v. 1.3.2012, 3 U 160/10, II.2.b.aa; OLG Koblenz, Urt. v. 2.12.2015, 9 U 616/15 (= WRP 2016, 380); OLG Hamm, Urt. v. 7.10.2014, 4 U 138/13, Tz. 64; OLG Celle, Urt. v. 26.5.2016, 13 U 76/15, II.2.b.bb.1.b; OLG Bamberg, Urt. v. 29.6.2016, 3 U 32/16, II.2.b.bb; OLG Celle, Urt. v. 30.6.2016, 13 U 160/15, II.2; OLG Stuttgart, Urt. v. 3.11.2016, 2 U 37/16, Tz. 34 - Bekömmliches Bier; KG, Urt. v. 17.3.2017, 5 U 80/16 (MD 2017, 592); KG, Urt. v. 7.11.2017, 5 U 9/17, Tz. 42; KG Berlin, Urt. v. 7.11.2017, 5 U 175/16, C.1.b; OLG Hamburg, Urt. v. 3.8.2017, 3 U 130/16 (MD 2017, 930); KG, Beschl. v. 8.5.2018, 5 W 48/18 (MD 2018, 639); OLG Stuttgart, Urt. v. 4.11.2021, 2 U 49/21, Tz. 47 – Collagen Youth Drink; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.4.2023, 20 U 65/22, Tz. 51 und weitere mehr (allgemeine Meinung)

KG, Beschl. v. 8.5.2018, 5 W 48/18 (MD 2018, 639)

Eine gesundheitsbezogene Angabe liegt auch dann vor, wenn nach dem Verständnis des Durchschnittsverbrauchers, das naturgemäß auch durch Vorerfahrungen und vorhandene Kenntnisse geprägt wird, ein Zusammenhang zwischen den Nahrungsergänzungsmittel und dem Gesundheitszustand des Konsumenten suggeriert wird.

Der angesprochene Verkehr ist auch der Maßstab dafür, ob eine Angabe falsch, mehrdeutig oder irreführend ist (OLG Karlsruhe,Urt. v. 12.11.2014, 6 U 123/14). Er beurteilt diese Fragen in dem konkreten Kontext, in dem die Angaben gemacht werden.

BGH, Beschl. v. 30.1.2017, I ZR 257/15

Das Gericht hat damit bei seiner tatrichterlichen Würdigung des Sachverhalts die Einbettung der konkret angegriffenen Aussagen in die Werbeauftritte zu berücksichtigen.

Auf ein regionales Verkehrsverständnis kann es ankommen, wenn die Werbung für ein Lebensmittel regional beschränkt ist und Anhaltspunkte gegeben sind, dass der Verkehr vor Ort eine Angabe anders versteht als anderswo (BGH, Urt. v. 17.5.2018, I ZR 252/16, Tz. 44 – Bekömmliches Bier).

OLG Hamm, Urt. v. 2.7.2019, I-4 U 142/18, Tz. 86 (MD 2019, 844)

Bei der Prüfung, ob eine Werbeaussage aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers eine Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der HCVO darstellt und ob der Verbraucher eine solche Angabe als gesundheitsbezogene im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 dieser Verordnung ansieht, sind die Gesamtaufmachung des betreffenden Lebensmittels sowie Vorkenntnisse und Erwartungen des Verbrauchers zu berücksichtigen. Bei der Prüfung, ob der Durchschnittsverbraucher eine Angabe auf die Gesundheit bezieht, ist nicht nur auf die Angabe selbst, sondern – soweit dies vom Streitgegenstand erfasst ist – auch auf die Aufmachung und Präsentation des Produkts abzustellen.

Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen: BGH, Beschl. v. 14.5.2020, I-4 U 142/19

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Beispiele gesundheitsbezogener Angaben

OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 11/15, Tz. 99

Wird eine aus mehreren Einzel- bzw. Teilaussagen bestehende Gesamtaussage angegriffen, ist von dem Gesamteindruck des Werbemittels auszugehen; einzelne Äußerungen einer in sich geschlossen Darstellung dürfen nicht aus ihrem Zusammenhang gerissen werden (vgl. BGH, GRUR 2003, 361 - Sparvorwahl; GRUR 1998, 951, 952 – r. Sp. - Die Große Deutsche Tages- und Wirtschaftszeitung).

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 10/15, Tz. 92

Bezug auf die Gesundheit des einzelnen

Milch

BGH, Beschl. v. 5.12.2012, I ZR 36/11, Tz. 9 - Monsterbacke

Der Slogan „So wichtig wie das tägliche Glas Milch!“ stellt … eine gesundheits-bezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 dar. … Die beanstandete Werbung setzt bei den angesprochenen Verbrauchern voraus, dass sie von einer gesundheitsfördernden Wirkung der Milch, vor allem für Kinder und Jugendliche, ausgehen. Der Slogan knüpft an die verbreitete Meinung an, Kinder und Jugendliche sollten im Hinblick auf diese gesundheitsfördernde Wirkung, insbesondere wegen der enthaltenen Mineralstoffe, täglich ein Glas Milch trinken, und überträgt diese positive Wirkung auf das eigene Produkt, das in dieser Hinsicht „dem täglichen Glas Milch“ gleichgestellt wird. Damit wird ein Zusammenhang zwischen dem beworbenen Lebensmittel und der Gesundheit des Konsumenten suggeriert, der nach den vom Gerichtshof aufgestellten Grundsätzen ausreicht, um von einer gesundheitsbezogenen Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 auszugehen.

BGH, Urt. v. 12.2.2015, I ZR 36/11, Tz. 34 - Monsterbacke II

Die Werbung mit "So wichtig wie das tägliche Glas Milch!" setzt bei den angesprochenen Verbrauchern voraus, dass sie von einer gesundheitsfördernden Wirkung der Milch, vor allem für Kinder und Jugendliche, ausgehen. Der Slogan knüpft an die verbreitete Meinung an, Kinder und Jugendliche sollten im Hinblick auf diese gesundheitsfördernde Wirkung, insbesondere wegen der enthaltenen Mineralstoffe, täglich ein Glas Milch trinken, und überträgt diese positive Wirkung auf das Produkt der Beklagten, das in dieser Hinsicht "dem täglichen Glas Milch" gleichgestellt wird. Damit wird ein Zusammenhang zwischen dem beworbenen Lebensmittel und der Gesundheit des Konsumenten suggeriert, der nach den vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Grundsätzen ausreicht, um von einer gesundheitsbezogenen Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 auszugehen.

Hyaluronsäure

"Hyaluronsäure arbeitet ganz eng mit dem collagenen Netz zusammen. Es stützt nämlich Ihr collagenes Netz und versorgt auch das collagene Netz mit Feuchtigkeit.

Hyaluronsäuremoleküle drücken praktisch die Haut von innen nach außen. ... polstern von innen die Haut auf. Und dadurch wird auf phänomenale Art und Weise, aber genauso, wie von Mutter Natur vorgesehen, die Falten geglättet."

OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.1.2012, I-20 U 92/11, Tz. 38

Es steht außer Frage, dass eine - durch Umweltgifte verursachte - vorzeitige Hautalterung und eine unzureichende Feuchtigkeit der Haut nicht nur ästhetische sondern eben auch gesundheitliche Wirkungen beschreiben. Es handelt sich bei der gebotenen weiten Auslegung daher um gesundheitsbezogene Angaben im Sinne der HCV. Auch beschreiben die Angaben nicht lediglich eine vorübergehende Wirkung, sondern es geht in beiden Fällen jedenfalls aus Sicht des Verbrauchers um eine dauerhafte Änderung.

KG Berlin, Urt. v. 11.12.2015, 5 U 48/15, B.2

Warum die Aussage „Hyaluronsäure ist gut für die Gelenke“ nicht zulassungsfähig sein soll, ist nicht nachzuvollziehen. Die Aussage bezieht sich nicht nur konkret auf die Gelenke. Es wird zudem unabhängig vom persönlichen Empfinden des einzelnen eine allgemeingültige Feststellung getroffen.

Nahrungsergänzungsmittel

OLG Celle, Beschl. v. 12.9.2016, 13 U 109/16

Die Angabe, der Schlaf werde "erleichtert", so dass der Verbraucher" ganz ruhig und sanft in den Schlaf finden" könne und "der Körper zur Ruhe kommt", impliziert eine Verbesserung der Einschlaffähigkeit und damit auch des Gesundheitszustandes.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.4.2023, 20 U 65/22, Tz. 54 f

Es geht ... nicht um den Begriff des „sanften Schlafs“, sondern unter anderem um den einer „sanften Hilfe für einen guten Schlaf“. Sanft soll nach der zu beurteilenden Werbeaussage also nicht der Schlaf sein, sondern die beworbene Nahrungsergänzung, womit erkennbar auf den Unterschied zu einem Arzneimittel angespielt werden soll. Auch hat das Landgericht zu Unrecht keine Gesamtbetrachtung der angegriffenen Werbeaussage vorgenommen. So heißt es in der Werbeaussage überdies: „Für alle, die sich nach einer sanften Hilfe für einen guten Schlaf sehnen“. Mit den Worten „Hilfe“ und „sehnen“ wird also gerade an all die Verbraucher appelliert, die keinen guten Schlaf haben, also unter Schlafstörungen leiden, sonst bedürften sie keiner „Hilfe“ und „sehnten“ sich auch nicht nach einem guten Schlaf. So heißt es eingangs der Werbeaussage auch: „Guter Schlaf, davon träumen viele. Ob ein Tag gut verlaufen wird, das entscheidet sich oft in der Nacht. Im Schlaf erholen wir uns und sammeln Kraft für den Tag. Was aber, wenn wir nur schwer einschlafen und durchschlafen können? Tatsächlich leidet jeder 3. Erwachsene an einem gestörten Schlaf. …“

Schlafstörungen können sowohl Auswirkung seelischer Störungen sein als auch solche Störungen hervorrufen. Auch ist das Schlafvermögen eine Funktion des menschlichen Organismus. Die Werbeaussage verheißt den unter einem „schlechten“ Schlaf leidenden Personen Besserung und ist geeignet, sie auf den Gedanken zu bringen, anstelle eines in der Regel verschreibungspflichtigen Arzneimittels auf das hier beworbene Produkt zurückzugreifen, um ihre Schlafstörungen zu mindern oder zu beseitigen.

Sonstiges

OLG Celle, Beschl. v. 31.5.2021, 13 U 23/21, Tz. 13

Die Angabe „zur Förderung der Trainingsleistung“ ... suggeriert im maßgeblichen Kontext der konkreten Verletzungsform, dass das Mittel die positive gesundheitliche Wirkung von Sport-Training verstärkt. Zwar handelt es sich lediglich um eine nicht-spezifische gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO. Diese ist jedoch gemäß Art. 10 Abs. 3 HCVO unzulässig, weil ihr keine nach Art. 10 Abs. 1 HCVO zulässige spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.

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Bezug auf die Gesundheit von Bevölkerungsgruppen

Gesundheitsbezogene Angaben müssen sich nicht auf die individuelle Gesundheit des einzelnen beziehen. Es werden auch Aussagen über die allgemeine Gesundheit der Bevölkerung oder sonstiger Bezugsgrößen erfasst

"Volkskrankheit"

KG Berlin, Urt. v. 11.5.2012, 5 U 5/11, B.II.2.b (= MD 2012, 702)

Die gesundheitsbezogene Angabe zur Vitamin-B12-Mangel bekämpfenden Vitamin-B12-Zufuhr ist insoweit irreführend, als das Gesamtverständnis der Werbung in diesem Zusammenhang die Verbreitung eines Vitamin-B12-Mangels in der Bevölkerung in einem Ausmaß suggeriert, wie es der Wirklichkeit auch dann nicht entspricht, wenn man das diesbezügliche tatsächliche Vorbringen der Beklagten als zutreffend unterstellt. Wendungen wie etwa ,,Volkskrankheit", „Mangel grassiert in Europa", „in Europa weiter verbreitet als bisher angenommen" suggerieren einen Verbreitungsgrad, die jeden einzelnen Leser befürchten lassen muss, dass mit einiger Wahrscheinlichkeit auch er von dieser ,,Volkskrankheit", dem ,,Mangel“, der in Europa „grassiert", betroffen ist, sein wird oder zumindest sein kann. Besondere Eigenschaft an dem beworbenen Produkt soll dessen Inhalt, Vitamin BI2, also deshalb sein, weil insoweit Mangelerscheinungen im Ausmaß einer ,,Volkskrankheit" verbreitet seien, weil es vielen Menschen daran mangele und der Mangel in Europa „grassiere“.

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Einbindung in gesundheitsbezogene Themen

Zur Bewerbung eines Brotes als Teil einer angeblich schlank machenden Diät: OLG Schleswig, Beschl. v. 21.6.2012, 6 W 1/12, II.3.b.ee - Irreführende Werbung für Brot

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Ästhetische Wirkungen / Haut

OLG Stuttgart, Urt. v. 4.11.2021, 2 U 49/21, Tz. 50 ff – Collagen Youth Drink

Nach den Leitlinien der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit – EFSA beziehen sich Aussagen zur Aufrechterhaltung der normalen Struktur, Flüssigkeitszufuhr, Elastizität oder das Aussehen der Haut nicht notwendigerweise auf eine besondere physiologische Funktion im Sinne der Verordnung. Dies gelte in diesem Zusammenhang auch für die Verringerung von Falten (Guidance on the scientific requirements for health claims related to bone, joints, skin, and oral health, 2012, Ziff. 6.2). Auch der Bundesgerichtshof ordnet Angaben, die lediglich ein als optisch ansprechendes und als schön empfundenes glattes Aussehen versprechen, nicht als Gesundheitsangaben ein (BGH, Beschluss vom 14. Mai 2020 – I ZR 142/19, juris).

Diesem Ansatz ist zuzustimmen, denn die altersbedingte Veränderung der menschlichen Haut ist für sich genommen ebenso wenig eine Krankheit oder ein von der Gesundheit abweichender Zustand wie das Altern selbst; die altersbedingte Veränderung der menschlichen Haut erfolgt grundsätzlich auch unabhängig von der Gesundheit des Einzelnen. Diese Erwägung steht einer Einordnung als gesundheitsbezogene Angabe jedoch nicht entgegen, wenn der optische Effekt einer Hautstraffung nicht isoliert, sondern als Effekt einer Steigerung körperlicher Funktionen beschrieben wird (OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.3.2019, 6 U 90/17, Tz. 52 – Collagendrink; OLG Hamm, Urt. v. 2.7.2019, I-4 U 142/18, Tz. 58; OLG Bamberg, Beschl. v. 20.10.2017, 3 U 117/17, Tz. 6 – Ernährung der Collagenstränge; a.A. OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, I-2 U 11/15, Tz. 82 – Hängewangen).

Die Einordnung ist mithin im Einzelnen abhängig von den konkreten Umständen der Werbung, insbesondere davon, ob die Angabe in einem gesundheitsbezogenen Kontext verwendet wird. In diesem Sinn hat die EFSA in der vom Kläger vorgelegten Entscheidung über ein anderes Produkt festgestellt, dass die Aufrechterhaltung der Hautgesundheit, wie durch die erhöhte Hautelastizität und eine Reduzierung der Hautfalten bezeichnet, eine wohltuende physiologische Wirkung darstellt und nach der Health-Claims-Verordnung zulassungsbedürftig ist (EFSA Journal 2013; 11 (6):3257). Diese Einordnung ist für den Senat nicht bindend (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 02.7.2019, I-4 U 142/18, Tz. 64), in der Sache aber überzeugend.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 11/15, Tz. 114

Die Werbeaussagen versprechen als Ergebnis der Einnahme des Produktes nur ein als optisch ansprechender und als schöner empfundenes glatteres Aussehen der Haut, ohne dass sich an deren eigentlichen Funktionen für den menschlichen Organismus etwas änderte. … Das dargestellte Wirkprinzip des beworbenen Produktes, das im menschlichen Körper verstoffwechselt werden soll, …, ändert daran nichts. Insoweit wird lediglich das äußere Erscheinungsbild der menschlichen Haut betroffen, aber nicht ihre Funktion, die darunter liegenden Körperpartien zu schützen. Das Aussehen der Haut und ihr als schön empfundenes äußeres Erscheinungsbild ist keine ihrer Funktionen, und dementsprechend wird ein welkeres und faltigeres Aussehen der Haut zwar als Anzeichen für eine mehr oder weniger weit fortgeschrittene Alterung des betreffenden Menschen gesehen, aber nicht als Erkrankung oder eine Funktionsstörung der Haut.

Dagegen nun

OLG Hamm, Urt. v. 2.7.2019, I-4 U 142/18, Tz. 80 (MD 2019, 844)

Die … Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 6.8.2015 (2 U 11/15) überzeugt nicht. Das OLG Düsseldorf hat mit der vorgenannten Entscheidung darauf abgestellt, dass eine gesundheitsbezogene Angabe dann nicht vorliegt, wenn einem Lebensmittel in einer Werbeaussage die Eigenschaft zugeschrieben wird, dass die vom Körper aufgenommenen Stoffe im Wege des natürlichen Stoffwechsels dazu führen sollen, dass die Haut optisch schöner oder jünger wirkt, ohne dass eine Verbesserung der Hautfunktionen für den menschlichen Organismus versprochen wird. Die Entscheidung ist zeitlich vor der insoweit grundsätzlichen Entscheidung des BGH (Urt. vom 7.4.2016, I ZR 81/15 – Repair-Kapseln) ergangen und berücksichtigt nicht den eindeutig zum Ausdruck kommenden Willen des Verordnungsgebers. Zudem greift der Ansatz, dass allein auf die funktionsfähig Keitel der Haut in der Form abgestellt werden soll, ob unterhalb der Haut liegende Körperpartien geschützt werden, zu kurz.

Die Haut ist funktionell ein überaus vielseitiges Organ eines Organismus. Sie dient nicht nur als Organ der Abgrenzung von Innen und Außen, den Schutz vor Umwelteinflüssen und der Wahrung einer Homöostase (inneres Gleichgewicht). Die Haut übernimmt auch wesentliche Funktionen im Bereich des Stoffwechsels, der Wärmeregulation und der Immunantwort. Dabei verfügt sie über vielfältige Anpassungs- und Abwehrmechanismen. Unabhängig davon findet über die Haut ganz maßgeblich sinnliche Wahrnehmung statt. ...

Abzustellen ist darauf, dass die mit der angegriffenen Werbung insgesamt angepriesene Steigerung der körpereigenen Kollagenproduktion und die damit suggerierte Wirkung auf das Bindegewebe als Stützstruktur der Haut eine positive Beeinflussung eines physiologisch erfassbaren Prozesses des menschlichen Körpers anspricht und sich danach auf eine Förderung einer Körperfunktionen bezieht.

Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen: BGH, Beschl. v. 14.5.2020, I-4 U 142/19

OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 24.11.2016, 13 U 91/16, II.3.b.1.b (MD 2017, 151)

Der Senat schließt sich der Auffassung, dass Produkte, die mit dem Versprechen einer schöneren glatteren und jugendlicheren Haut durch eine Steigerung des Collagenaufbaus bzw. Abbau von Schlacken Stoffen beworben werden, gesundheitsbezogene Angaben enthalten.

Aber:

OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.1.2012, I-20 U 92/11, Tz. 38

Es steht außer Frage, dass eine - durch Umweltgifte verursachte - vorzeitige Hautalterung und eine unzureichende Feuchtigkeit der Haut nicht nur ästhetische sondern eben auch gesundheitliche Wirkungen beschreiben. Es handelt sich bei der gebotenen weiten Auslegung daher um gesundheitsbezogene Angaben im Sinne der HCV. Auch beschreiben die Angaben nicht lediglich eine vorübergehende Wirkung, sondern es geht in beiden Fällen jedenfalls aus Sicht des Verbrauchers um eine dauerhafte Änderung.

OLG Hamm, Urt. v. 24.2.2015, I-4 U 72/14 (MD 2015, 1252)

Die Frage, ob eine Aussage auf die Gesundheit (oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden) im Sinne der HCVO abzielt, ist anhand der in Art. 13 Abs. 1 HCVO und 14 HCVO aufgeführten Fallgruppen zu beurteilen. Hierzu gehört das Art. 13 Abs. 1 lit. a HCVO insbesondere das Wachstum, die Entwicklung und sämtliche sonstigen Körperfunktionen. Nach dieser allgemeinen und weit gefassten Umschreibung gehören auch die Funktion bzw. der Zustand der Haut, des Haares und der Fingernägel zum Gesundheitsbegriff der HCVO. Hiervon geht auch der Verordnungsgeber der Verordnung EU Nr. 432/2012 aus, der Angaben über „normale Haut“, „normale Haare“ und „normale Nägel“ zu den gesundheitsbezogenen Angaben im Sinne der HCVO rechnet.

Bestätigt durch BGH, Urt. v. 7.4.2016, I ZR 81/15, Tz. 19 - Repair-Kapseln

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Einzelbeispiele gesundheitsbezogener Angaben

'GESUND' = der Werbehinweis enthält einen Verweis auf "allgemeine, nicht spezifische Vorteile für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden" im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO (KG, Urt. v. 27.11.2015, 5 U 96/14, Tz. 27)

"Natursalz vom Toten Meer ... Seit Jahrtausenden ist das Tote Meer für seine heilende und regenerierende Wirkung bekannt" (OLG München, Beschl. v. 21.11.2014, 6 W 2103/14)

"Mit dem Mittel wird dem Herzen seine natürliche Vitalität zurückgegeben" (OLG Hamm, Urt. v. 9.8.2012, I-4 U 22/12)

"Das Mittel hat die Fähigkeit, eine große Zahl von Gesundheitsproblemen zu verringern, ja zu beseitigen" (OLG Hamm, Urt. v. 9.8.2012, I-4 U 22/12)

"Bekömmlich" für einen Wein (EuGH, Urt. v. 6.9.2012, C-544/10 - Bekömmlicher Wein)

"Bekömmlich für ein Bier (BGH, Urt. v. 17.5.2018, I ZR 252/16, Tz. 36 – Bekömmliches Bier; OLG Stuttgart, Urt. v. 3.11.2016, 2 U 37/16, Tz. 29 - Bekömmliches Bier; a.A. noch BGH, Beschl. v. 13.1.2011, I ZR 22/09, Tz. 10 - Gurktaler Kräuterlikör)

OLG München, Beschl. v. 11.2.2020, 29 W 1562/19 – Bekömmlicher Kaffee: "Die Besonderheit unseres Kaffees liegt … in der Langzeit-Trommelröstung bei niedriger Temperatur, was die Röstungen außerdem sehr bekömmlich macht."

"Schlank im Schlaf" für ein Brot (OLG Schleswig, Beschl. v. 21.6.2012, 6 W 1/12, II.3.b.bb - Irreführende Werbung für Brot)

"Hilft Phasen der Schwäche zu überbrücken" (OLG Frankfurt, Urt. v. 19.1.2012, 6 U 262/10)

"Fitness für die grauen Zellen" (OLG Hamburg, 21.6.2012, 3 U 97/11 (= MD 2012, 845))

"Erhalt der kognitiven Funktion" (OLG Hamburg, 21.6.2012, 3 U 97/11 (= MD 2012, 845))

„Über 7.000 komplett natürliche Vitalstoffe gegeben Ihnen, insbesondere im Frühjahr, den nötigen Schwung für den Sommer“ iVm „So aßen beispielsweise schon römische Gladiatoren Gerstengras, um ihre Stärke und Ausdauer zu unterstützen.“ (OLG Hamm, Urt. v. 30.4.2013, 4 U 149/12, Tz. 73)

"Gerstengras war bereits in biblischen Zeiten als Heilmittel bekannt…“ (OLG Hamm, Urt. v. 30.4.2013, 4 U 149/12, Tz. 74)

Probiotik®/Praebiotik®: BGH, Urt. v. 26..2.2014 - I ZR 178/12, Tz. 21 - Praebiotik "Es ist ferner davon ausgegangen, dass der angesprochene Verkehr die Bezeichnung "Praebiotik® + Probiotik®" dahin versteht, dass das von der Beklagten angebotene Lebensmittel Probiotika und Präbiotika, also Bestandteile enthält, die sich als probiotisch und präbiotisch qualifizieren lassen. Durch die Eigenschaften "probiotisch" und "präbiotisch" eines Lebensmittels wird ein Wirkungsbezug zum Gesundheitszustand des Konsumenten hergestellt." Nachfolgend: OLG Frankfurt, Urt. v. 15.1.2015, 6 U 67/11

"Probiotik®: mit natürlichen Milchsäurekulturen, die ursprünglich aus der Muttermilch gewonnen werden“ (OLG Hamburg, Urt. v. 14.6.2012, 3 U 5/11, II.2.c.aa)

""Praebiotik® + Probiotik® Mit natürlichen Milchsäurekulturen - Praebiotik® zur Unterstützung einer gesunden Darmflora" (BGH, Urt. v. 26..2.2014 - I ZR 178/12 - Praebiotik)

"probiotisch": Dieser Durchschnittsverbraucher versteht den Begriff "probiotischer" zumindest dahin, dass das beschriebene Produkt lebensfähige Mikroorganismen enthält und einen gesundheitsfördernden Einfluss hat (OLG Celle, Urt. v. 4.9.2018, 13 U 37/18; II.3).

"Liebeskraft und ein erfülltes Liebesleben“, „LIEBES BOOSTER“, „die studienbasiert Ihre Performance unterstützen“, „FÜR MEHR SPAß BEIM LIEBESSPIEL: Für befriedigende Höhepunkte ist ein ausgeglichener Hormonhaushalt wichtig“, „welche für eine gute Performance beim Mann im Bett notwendig sind“ und „STARKES LIEBESFEUERWERK KENNT KEINE GRENZEN“ sowie „... für Männer entwickelt, die im Einnahmezeitraum ihre natürliche Wirksamkeit stärken und optimieren möchten“ (OLG Dresden, Urt. v. 24.9.2021, 14 U 156/21, B.I.2)

"Alterungsprozess um 51 % verlangsamt" (KG Berlin, Urt. v. 31.5.2013, 5 U 141/12, II.B.1.1: "Zur Verlangsamung des Alterungsprozesses gehört auch der Erhalt der Gesundheit, im Alter gibt es mehr Krankheit als in der Jugend.")

"800 % mehr Energie für Herz, Geist und Gesundheit als herkömmliches Q 10", "Das weckt sogar tote Herz-Zellen zu neuem Leben!", "Neues Herz-Wunder-Vitamin schenkt Ihnen 6 x 8 x mehr Sofort-Energie für Ihren Lebens-Motor", "Von todmüde zu elektrisierter Energie in 8 Tagen" (KG Berlin, Urt. v. 31.5.2013, 5 U 141/12)

"Für nur wenig Geld täglich für ein völlig sicheres Naturmittel schenken Sie sich möglicherweise viele zusätzliche gesunde Jahre." (KG, Urt. v. 24.5.2013, 5 U 34/12, B.II.1)

"vitalisierend" für ein alkoholfreies Bier (OLG Hamm, Urt. v. 20.5.2014, 4 U 19/14, Tz. 49 – Claustaler vitalisierend: Die Angabe „vitalisierend“ im Rahmen der in Rede stehenden Produktkennzeichnungen ist gesundheitsbezogen. Dafür spricht bereits der Wortsinn dieses Ausdrucks. So bedeutet das Verb „vitalisieren“ „beleben“ und „anregen“ (vgl. Duden online (www.duden.de), Stichwort „vitalisieren“). Aus der Sicht der angesprochenen Verbraucher hängt der Ausdruck „vitalisierend“ unmittelbar zusammen mit „Vitalität“ bzw. „Vitalsein“ oder „Lebenskraft“. Diese Eigenschaften werden typischerweise mit gesunden Menschen in Verbindung gebracht. Schon deshalb bringt das Adjektiv „vitalisierend“ eine Verbesserung des Gesundheitszustands zum Ausdruck.)

„Natursalz vom Toten Meer ... Seit Jahrtausenden ist das Tote Meer für seine heilende und regenerierende Wirkung bekannt" (OLG München, Beschl. v. 21.11.14, 6 W 2103/14 (= MD 2015, 112))

"zur Unterstützung der normalen geistigen Leistungsfähigkeit und Vitalität" bzw. "für die normale Konzentration" (OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.11.2014, 6 U 123/14)

"Vitamine GESUND" für einen Tee enthält eine Aussage dahin, dass das Trinken des Tees das "gesundheitliche" Wohlbefinden verbessern soll (KG, Urt. v. 27.11.2015, 5 U 96/14, Rdn. 24)

"ArterioClean" (KG, Urt. v. 6.1.2017, 5 U 137/15 (MD 2017, 284) für ein Nahrungsergänzungsmittel ("Zwar ist ArterioClean ein Kunstwort, das es so in der deutschen Sprache nicht gibt. Die schließt aber nicht aus, dass der Verkehr in den Begriff schon dann einen produktbeschreibenden Inhalt erkennt, wenn er ihm ohne weitere Informationen zum ersten Mal begegnet. Der Verkehr misst dem Produkt aufgrund einer Bezeichnung eine die Arterien reinigende Funktion zu.")

"Kinderwunschtee" (OLG Köln, Urt. v. 21.6.2019, 6 U 181/18 – Kinderwunsch-Tee: Der angesprochene Verkehr wird die Bezeichnung „Kinderwunschtee“ dahin verstehen, dass das Produkt dazu dient, Abweichungen des körperlichen Zustandes, die einer Empfängnis im Wege stehen, zu lindern und so die Empfängnis zu ermöglichen. Dies stellt eine Verbesserung des Gesundheitszustandes dar.)

"Lernstark"

BGH, Urt. v. 10.10.2015, I ZR 222/13, Tz. 23 – Lernstark

Die Angabe "Lernstark" ist als gesundheitsbezogen anzusehen. Aus Sicht des Verkehrs wird mit der Angabe "Lernstark" jedenfalls in der Zusammenschau mit der Angabe "Mit Eisen … zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit" die Eignung des Mehrfruchtsafts, die für den Vorgang des Lernens maßgeblichen Funktionen des menschlichen Organismus zu verbessern oder zu erhalten, zum Ausdruck gebracht und damit ein Wirkungszusammenhang zwischen einem Verzehr des Lebensmittels und dem Gesundheitszustand des Konsumenten hergestellt.

Die gesundheitbezogene Angabe kann sich auch erst aus dem Kontext ergeben:

BGH, Urt. v. 10.10.2015, I ZR 222/13, Tz. 44 – Lernstark

Bei der Prüfung, ob eine Werbeaussage aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers eine Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 darstellt und ob der Verbraucher eine solche Angabe als gesundheitsbezogen im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 dieser Verordnung ansieht, sind die Gesamtaufmachung des betreffenden Lebensmittels sowie Vorkenntnisse und Erwartungen des Verbrauchers zu berücksichtigen. Ebenso ist bei der Prüfung, ob der Durchschnittsverbraucher eine Angabe auf die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern bezieht, nicht nur auf die Angabe selbst, sondern - soweit dies vom Streitgegenstand erfasst ist - auch auf die Aufmachung und Präsentation des Produkts abzustellen.

BGH, Urt. v. 9.10.2014, I ZR 162/13, Tz. 18, 23, 28, 30, 31 - Combiotik

Die Bezeichnung "Combiotik®" kann zwar nicht bei einer Benutzung in Alleinstellung, aber in der konkreten Verwendung eine Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 darstellen. ...

Die Bezeichnung "Combiotik®" erfüllt im Kontext mit den weiteren Packungsangaben "Praebiotik®" und "Probiotik®" die Voraussetzungen einer Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006. ...

Der angesprochene Verkehr versteht die Bezeichnungen "Praebiotik®" und "Probiotik®" im Allgemeinen dahin, dass das derart gekennzeichnete Lebensmittel "Präbiotika" und "Probiotika", also Bestandteile enthält, die sich als probiotisch und präbiotisch qualifizieren lassen. Damit wird durch die Verwendung von "Praebiotik®" und "Probiotik®" zumindest mittelbar zum Ausdruck gebracht, das Lebensmittel besitze präbiotische und probiotische Eigenschaften (vgl. BGH, GRUR 2014, 500 Rn. 13 - Praebiotik). ...

Dieses Verständnis der Bezeichnungen "Praebiotik®" und "Probiotik®" führt dazu, dass für das Revisionsverfahren davon ausgegangen werden muss, der Verkehr sehe auch in der angegriffenen Bezeichnung "Combiotik®" eine Angabe über besondere Eigenschaften des Lebensmittels im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006. ...

Die Darstellung der Bezeichnungen auf den Packungen bringt zum Ausdruck, dass die als "Combiotik®" bezeichnete Babynahrung eine Kombination aus präbiotischen und probiotischen Inhaltsstoffen aufweist.

'Detox' als Produktname für einen Tee

OLG Celle, Urt. v. 10.3.2016, 13 U 77/15, II.2.b

Ausgehend von dem maßgeblichen Verständnis des normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers suggeriert der Produktname Detox, dass der Verzehr dieses Tees eine entgiftende Wirkung hat und damit zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes führt.

... Unabhängig von der genauen Herleitung dieses Kunstwortes verstehen jedenfalls wesentliche Teile der normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dessen Bedeutungsgehalt aber aufgrund der Kombination der Silben „De" und „tox". Bei der Schlusssilbe „tox" liegt ein Zusammenhang mit Begriffen wie „Toxin" oder „toxisch" nahe, die auch ohne nähere Fremdsprachenkenntnisse im Deutschen geläufig sind und sich auf Gifte beziehen. Mit der Vorsilbe „De" wird der Bedeutungsgehalt einer Verringerung oder Herabsetzung verknüpft (z.B. Dekontamination, Deflation, Deregulierung etc).

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.3.2016, I-20 U 75/15 (MD 2016, 641), II.c; OLG Bamberg, Urt. v. 29.6.2016, 3 U 32/16, II.2.b.bb; bestätigt durch BGH, Beschl. v. 6.12.2017, I ZR 167/16 – Detox

KG, Urt. v. 17.3.2017, 5 U 80/16 (MD 2017, 592) - Cell Clean Complex

Der Durchschnittsverbraucher misst einem Produkt mit der Bezeichnung „Cell Clean Complex“ bezogen auf (Körper-) Zellen eine solvente Wirkung zu und erwachte daher infolge des Verzehrs wie bei einer Entgiftung oder einer Entschlackung eine deutliche Verbesserung seines Gesundheitszustandes.

OLG Hamburg, Urt. v. 26.10.2017, 3 U 65/17, B.I.2. (WRP 2018, 489)

Die Angabe „Gut für die Stimme“ ist auch gesundheitsbezogen i. S. v. Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCV. ...

Mit der Bezugnahme auf die Stimme wird durch die Angabe „Gut für die Stimme“ deutlich gemacht, dass sich die beworbenen Hustenbonbons positiv auf die Stimme, d. h. auf die Körperfunktion der Stimmbildung bzw. den Stimmapparat auswirken.

KG, Beschl. v. 8.5.2018, 5 W 48/18 - OMNI BIOTIC®STRESS (MD 2018, 639)

Die von der Antragsgegnerin angesprochenen Verkehrskreise entnehmen der Beifügung des ® zu dem Zeichen ‚OMNI BIOTIC‘, dass dieses Zeichen als Marke geschützt ist, und verstehen es als Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen. Vor diesem Hintergrund dient der Zusatz ‚Stress‘ aus Sicht des Verkehrs dazu, dieses Produkt des Markenherstellers hat anderen Produkten aus seinem Sortiment zu unterscheiden, und zwar im vorliegenden Fall durch die Angabe der Zweckbestimmung des Produkts.

OLG Celle, Urt. v. 6.9.2019, 13 U 69/18, Tz. 44

Die Aussage „Honig lässt den Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen als Industriezucker, ein deutlich niedrigerer glykämischer Index als bei raffiniertem Zucker ist die Folge“ stellt eine gesundheitsbezogene Angabe i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Nr. 1, 5 HCVO dar, weil sie suggeriert, dass ein Zusammenhang zwischen dem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit – nämlich dem Blutzuckerspiegel – andererseits besteht.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 3.7.2020, 4 U 121/19, I.B.6

Die Angabe "zur Regeneration von Körper und Seele" ist gesundheitsbezogen i.S.v. Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung.

Der Durchschnittsverbraucher bezieht die Verbindung des Begriffs "Regeneration" mit dem Begriffspaar "Körper und Seele" auf die Gesundheit. Er siedelt sie entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Beklagten nicht im Esoterischen, nicht Fassbaren an.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.12.2022, 4 U 225/22 (bei juris)

Die Wirkaussagen „für bewegliche Gelenke" bzw. „Hilft die Beweglichkeit der Gelenke zu erhalten" sind gesundheitsbezogen i.S.v. Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO.

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Einzelbeispiele nicht gesundheitsbezogener Angaben

BGH, Urt. v. 24.7.2014, I ZR 221/12, Tz. 29 – Original Bach-Blüten

Mit Original Bach-Blüten wird weder erklärt noch suggeriert noch mittelbar zum Ausdruck gebracht, dass die in der beanstandeten Weise aufgemachten Bach-Blüten-Produkte insoweit besondere Eigenschaften besitzen, als sie eine Eignung zur Wiederherstellung des seelischen Gleichgewichts aufweisen. Das gilt auch für Verbraucher, die die Bach-Blüten- Therapie kennen und darüber informiert sind, gegen welche körperlichen oder seelischen Leiden die Bach-Blüten-Präparate helfen sollen, und die deshalb wissen, dass diese Präparate das seelische Gleichgewicht wiederherstellen sollen. Für solche Verbraucher stellt die Bezeichnung "Original Bach-Blüten" zwar eine Angabe über ein Produkt dar, das Gesundheitsbezug aufweist. Da die Bezeichnung "Original Bach-Blüten" für sich genommen in Bezug auf die Gesundheit aber neutral ist, stellt sie auch für solche Verbraucher keine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 dar.

OLG Nürnberg, Beschl. v. 14.2.2012, 3 U 2074/11, II.2.a

Der Gebrauch der Bezeichnung "bioaktive Pflanzenstoffe" als solche ist ohne weitere erklärende Zusätze nicht als "gesundheitsbezogene Angabe" nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der VNGA zu qualifizieren. Denn dazu hat das … Verbraucherverständnis einen viel zu allgemeinen Inhalt, als dass der Verbraucher den bioaktiven Pflanzenstoffen tatsächlich konkret fassbare und so für die Gesundheit relevante Wirkungen beilegen würde.

OLG Frankfurt, Urt. v. 4.7.2013, 6 U 137/12, Tz. 27 - Cambiotik

Die Bezeichnung „Combiotik®“ kann für sich allein nicht als gesundheitsbezogene Angabe angesehen werden, weil es sich um ein von der Beklagten geschaffenes Kunstwort handelt, das beim angesprochenen Verkehr keine konkreten Vorstellungen über spezifische oder unspezifische gesundheitliche Wirkungen des so bezeichneten Erzeugnisses erweckt.

Bestätigt für den Begriff, aber nicht den Kontext durch BGH, Urt. v. 9.10.2014, I ZR 162/13 - Combiotik

OLG München, Urt. v. 19.3.2015, 6 U 3985/14, II.2 - Sexgewürz

Nach Auffassung des Senats erscheint bereits fraglich, inwiefern eine nach der Lesart des Klägers von der Bezeichnung "Sexgewürz" etwa ausgelobte Steigerung des erotischen Empfindens einen Bezug zwischen dem Verzehr der Gewürzmischung und spezifisch einer Verbesserung der Gesundheit herzustellen geeignet wäre; denn der Begriff der Sexualität dürfte sich als gesundheitlich neutral insofern darstellen, als ein Mehr oder Weniger davon (zwar, abhängig von den Umständen, vorübergehend das allgemeine Wohlbefinden, jedoch) kaum die Gesundheit als solche beeinflussen kann. Selbst wenn man indes mit dem Kläger im Begriff "Sex" eine Steigerung der körperlichen oder seelischen Gesundheit enthalten sehen möchte, stellte die beanstandete Bezeichnung keine gesundheitsbezogene Angabe dar. Denn der angesprochene Verkehr misst der Bezeichnung keine Bedeutung dahingehend bei, dass das entsprechende Produkt über seine kulinarischen Eigenschaften hinausgehende physiologische Wirkungen auf die sexuelle Empfindsamkeit des Verzehrenden entfaltete.

OLG Brandenburg, Urt. v. 26.2.2019, 6 U 84/18: "Zu jedem Antibiotikum" ist weder gesundheitsbezogen noch krankheitsbezogen.

OLG Celle, Urt. v. 6.6.2019, 13 U 2/19, II.2.b

Die Werbung mit der Angabe, dass es sich bei verschiedenen Produkten um eine „basische Frucht“ handele, ist keine gesundheitsbezogene Angabe. … Die Einordnung als „basisch“ beschreibt lediglich eine chemische Eigenschaft des Lebensmittels; damit ist noch keine Verknüpfung zur menschlichen Gesundheit verbunden.

OLG Hamburg, Beschl. v. 2.9.2020, 3 W 55/20, Tz. 59

Für die Formulierung „Reduziert Müdigkeit“ ergibt sich der Gesundheitsbezug schon daraus, dass Aussagen zur Bedeutung von Substanzen zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung in die Liste der zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben gemäß Art. 13 HCVO aufgenommen sind.

OLG Hamburg, Beschl. v. 2.9.2020, 3 W 55/20, Tz. 60

Mit dieser Aussage „Verbessert Konzentration“ wird dargestellt, dass durch Trinken der Produkte die Konzentration, also die geistige Leistungsfähigkeit, verbessert werden kann. Damit wird ein Zusammenhang zwischen den Produkten und den kognitiven Funktionen des Körpers hergestellt. In der Liste der zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben gemäß Art. 13 HCVO ist die Angabe, dass bestimmte Nährstoffe zu einer kognitiven Funktion beitragen, als gesundheitsbezogene Angabe aufgeführt.

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