Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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2. Verstöße gegen gerichtliche Verbote

1. Gesetzestext

2. Allgemeines

3. Verstöße gegen Unterlassungsverbote

Gesetzestext

Wer gegen ein gerichtliches Verbot verstößt, kann bestraft werden. Welche Strafe droht, ergibt sich aus § 890 ZPO.

§ 890 Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

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Allgemeines

BGH, Beschl. v. 21.4.2022, I ZB 56/21, Tz. 35

Ordnungsmittel gemäß § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO haben einen doppelten Zweck. Als zivilrechtliche Beugemaßnahme dienen sie präventiv der Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen, daneben stellen sie repressiv eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots dar. Kann der Wille des Schuldners durch ein Ordnungsmittel nicht mehr gebeugt werden, schließt dies allerdings ein Ordnungsmittel nicht aus.

Ebenso BGH, Beschl. v. 23.11.2023, I ZB 29/23, Tz. 17

BGH, Beschl. v. 21.4.2022, I ZB 56/21, Tz. 30

Anknüpfungspunkt der Unterlassungsvollstreckung nach § 890 ZPO ist die Zuwiderhandlung des Schuldners gegen das jeweils vollstreckte Unterlassungsgebot, im Regelfall also die Vornahme der verbotenen Handlung. Kann der Schuldner einer ihm obliegenden Unterlassungsverpflichtung nur dadurch nachkommen, dass er eine Handlung zur Beseitigung eines zuvor geschaffenen Störungszustands vornimmt, liegt in der Nichtvornahme dieser Handlung die Zuwiderhandlung im Sinne des § 890 Abs. 1 ZPO. Gegenstand der Ahndung nach § 890 Abs. 1 ZPO ist mithin die gegen die jeweilige Unterlassungsverpflichtung verstoßende Handlung oder Nichthandlung selbst, nicht hingegen ein Verletzungserfolg.

OLG Hamburg, Urt. v. 16.54.2020, 3 U 197/16, Tz. 66 - Produktkopie

Ein auf eine Unterlassung gerichtetes Urteil wird in der Weise durchgesetzt, dass gegen den Schuldner unter den Voraussetzungen des § 890 ZPO die vorgesehenen Ordnungsmittel verhängt werden. Zu jenen Voraussetzungen gehört, dass das Urteil unbedingt - wenn auch nur vorläufig - vollstreckbar ist. Hat der Gläubiger eine Sicherheit zu leisten, so fehlt es an der Vollstreckbarkeit, solange die Sicherheit nicht erbracht ist. Bis zu diesem Zeitpunkt liegen die Voraussetzungen für eine nach § 890 Abs. 1 ZPO zu sanktionierende Zuwiderhandlung nicht vor; denn die dort vorgesehenen Ordnungsmittel dienen ausschließlich der Vollstreckung, und eine solche findet nicht statt, solange der Schuldner nicht durch die vom Gläubiger zu leistende Sicherheit gegen die ihm aus der Erfüllung des Unterlassungsgebots entstehenden nachteiligen Folgen geschützt ist. Daraus ergibt sich zwar, dass ein Ordnungsmittel nach § 890 ZPO nur verhängt werden darf, wenn eine nach dem Urteil erforderliche Sicherheitsleistung des Gläubigers in dem Zeitpunkt bereits erbracht war, in dem der Schuldner den Verstoß gegen das ihm auferlegte Verbot begangen hat. Gerichtliche Urteile sind aber dennoch unabhängig von der Einleitung der Zwangsvollstreckung auch dann zu beachten, wenn Zuwiderhandlungen vor Leistung der Vollstreckungssicherheit nicht über § 890 ZPO sanktioniert werden. Daher können etwa die zur Beachtung einer ausgeurteilten Unterlassungsverpflichtung schon unabhängig von dem Vorliegen der Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen ergriffenen Maßnahmen einen ersatzpflichtigen Schaden begründen, wenn sich das durch Urteil ausgesprochene Verbot später als zu Unrecht ergangen erweist. Damit steht nicht das gerichtliche Verbot unter einer Bedingung, sondern nur dessen Zwangsvollstreckung. Auch für juristisch ungeschulten Verkehr ist mit der Angabe, das Urteil sei vorläufig vollstreckbar, insoweit die relevante und zutreffende Information verbunden, dass es der Beklagten freisteht, jederzeit die Vollstreckung einzuleiten, was auch gesetzliche Folge des Erlasses eines Urteils nach §§ 704 ff ZPO ist.

BGH, Beschl. v. 29.9.2016, I ZB 34/15, Tz. 13

Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen, so ist er nach § 890 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen.

Erste Voraussetzung für die Festsetzung eines Ordnungsmittels gegen den Schuldner ist, dass ihm diese Festsetzung des Ordnungsmittels vor dem Verstoß gegen das gerichtliche Verbot angedroht wurde (§ 890 Abs. 2 ZPO). Diese Androhung erfolgt in aller Regel bereits zusammen mit dem gerichtlichen Verbot, wenn es im Tenor heißt:

Dem Antragsgegner/Beklagten wird "unter Androhung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsstrafe bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten" untersagt, …

Wenn ein Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsmittels gestellt wurde, prüft das Gericht,

  • ob der Schuldner gegen das gerichtliche Verbot verstoßen hat und
  • ob der Verstoß gegen das gerichtliche Verbot schuldhaft war (= dem Schuldner vorgeworfen werden kann).

Das Gericht prüft aber in keinem Fall, ob der Unterlassungstitel zurecht ergangen ist, auch nicht, wenn er nur vorläufig vollstreckbar ist.

OLG Stuttgart Beschl. v. 7.4.2015, 2 W 2/15, Tz. 14

Das Gericht hat im Ordnungsmittelverfahren nicht darüber zu befinden, ob der Vollstreckungstitel materiell zurecht erlassen worden ist, noch ob er voraussichtlich in einem Rechtsmittelverfahren aus anderen Gründen als wegen mangelnder Bestimmtheit im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO aufzuheben sein wird. Denn der vorläufig vollstreckbare Titel gebietet dem Schuldner Beachtung. Anderes gilt nur, wenn die Zwangsvollstreckung aus diesem Titel nicht erfolgen darf, etwa weil sie durch das Gericht einstweilen eingestellt worden oder eine hierfür angeordnete Sicherheit geleistet worden ist, Die gesetzgeberische Wertung für eine vorläufige Vollstreckbarkeit darf nicht mittels Vorbringens im Ordnungsmittelverfahren unterlaufen werden. Dies entspricht auch der Aufgabenteilung zwischen Erkenntnis- und Zwangsvollstreckungsverfahren.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.6.2017, 6 W 49/17

Ob die einstweilige Verfügung in der Sache zu Recht ergangen ist, unterliegt im Zwangsvollstreckungs- und damit auch im Beschwerdeverfahren keiner Überprüfung. Hierzu hätte die Antragsgegnerin Widerspruch einlegen müssen. Auf Vollstreckungsebene ist allein entscheidend, ob die Antragsgegnerin einen schuldhaften Verstoß gegen die einstweilige Verfügung begangen hat, der die Verhängung eines Ordnungsmittels rechtfertigt.

OLG Rostock, Beschl. v. 10.2.2021, 2 W 2/21

Mit Blick auf die Trennung von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren und die Maßgeblichkeit (nur) des Titels für das Letztere kommt es nicht darauf an, ob materiellrechtlich ein Verstoß gegen die Maßgaben des § 19 Abs. 3 TabakerzG vorgelegen hat. Der Titel kann hinter dem materiellrechtlich tatsächlich Geschuldeten zurückbleiben, ebenso wie er je nach Lage der Dinge umgekehrt darüber hinausgehen – also ein Mehr im Verhältnis zum materiellen Recht zugesprochen haben – mag. Im letztgenannten Fall wäre der Titel zwar inhaltlich rechtswidrig; das aber spielt – wenn nicht ausnahmsweise ein Nichtigkeitsgrund vorliegt – keine Rolle, solange der Titel nicht in einem Rechtsmittelverfahren aufgehoben wurde.

KG, Beschl. v. 5.3.2021, 5 W 1135/20, Tz. 30

Dem Senat ist es im Vollstreckungsverfahren verwehrt, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob auch das nunmehr angegriffene Verhalten unter den genannten Gesichtspunkten wettbewerbswidrig ist.

OLG Hamm, Beschl. v. 9.3.2023, 1-4 W 10/23

Im Ordnungsmittelverfahren ist nicht zu überprüfen ist, ob die durch den Unterlassungstitel untersagte Werbung … ggf. durch aktuelle Nachweise abgesichert sein könnte.

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Verstöße gegen Unterlassungsverbote

Ein Verstoß gegen das gerichtliche Verbot liegt auf der Hand, wenn der Schuldner die verbotene Handlung identisch wiederholt hat. Schwieriger sind diejenigen Fälle, in denen vom Schuldner nur eine ähnliche Handlung vorgenommen wurde. Ob diese ähnliche Handlung unter das gerichtliche Verbot fällt, beurteilt sich nach der so genannten Kerntheorie.

BGH v. 30.09.1993, I ZR 54/91 – Vertragsstrafebemessung

Die Ordnungsmittel im Sinne des § 890 ZPO haben neben ihrer Funktion als zivilrechtliche Beugemaßnahme zur Vermeidung künftiger Zuwiderhandlungen auch einen repressiven, strafähnlichen Charakter. Dieser erfordert es, die Bemessung jedenfalls in erster Linie und hauptsächlich im Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen; maßgeblich ist danach vor allem der Unwertgehalt der Verletzungshandlung, d.h. die Gefährlichkeit ihrer Folgen für den Gläubiger, besonders auch der Grad des Verschuldens des Zuwiderhandelnden; daneben soll die Bemessung bewirken, dass - wiederum aus der Schuldnersicht - die Titelverletzung wirtschaftlich nicht lohnend erscheint, so dass weitere Zuwiderhandlungen auch deshalb.

Aus der Unterlassungsverpflichtung ergeben sich auch Handlungspflichten.

BGH, Urt. v. 13.11.2013, I ZR 77/12, Tz. 26 – Vertragsstrafenklausel

Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs muss nicht nur alles unterlassen, was zu einer Verletzung führen kann, sondern auch alles tun, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige oder andauernde Verletzungen zu verhindern oder rückgängig zu machen. Zwar hat er für das selbständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche und tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat. Insoweit kann sich der Schuldner nicht darauf berufen, dass der Verstoß ohne sein Zutun erfolgt ist. Außerdem wird, wenn eine Zuwiderhandlung vorliegt, das Verschulden des Schuldners vermutet.

OLG Celle, Beschl. v. 27.12.2011, 13 W 110/11, 3.

Der Schuldner eines Unterlassungsgebots hat alles zu tun, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige Verletzungen des Gebots zu verhindern. Seine Verpflichtung umfasst dabei auch die Vornahme von Handlungen vor allem auch dann, wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden kann (BGH, Urt. v. 22.10.1992, IX ZR 36/92; KG, Beschl. v. 29.11.2011, 5 W 258/11, juris, Tz. I1 - Straßenverengung). Da eine Zuwiderhandlung regelmäßig in einem Verhalten des Schuldners oder seiner Mitarbeiter liegt und damit seiner Sphäre zuzuordnen ist, hat er darzulegen, welche Maßnahmen er ergriffen hat, um einen Verstoß gegen das titulierte Unterlassungsgebot zu verhindern (BGH, Beschl. v. 18.12.2008, I ZB 32/06, Tz. 16 - Mehrfachverstoß gegen Unterlassungstitel).

OLG Celle, Urt. v. 29.1.2015, 13 U 58/14, Tz. 20 f

Der Schuldner eines Unterlassungsgebots hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die durch die Unterlassungserklärung betroffenen Inhalte seiner Webseite nicht mehr im Internet aufgerufen werden können, weder über die Webseite direkt noch über eine Internetsuchmaschine (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.9.2012, 6 U 58/11, Tz. 22 ff.; KG Berlin, Urt. v. 27. 11.2009, 9 U 27/09, Tz. 29 ff.; OLG Köln, Beschl. v. 5.5.2000, 6 W 61/99, Tz. 4). Dazu gehört es, nicht nur die betroffenen Inhalte durch Änderung oder Löschung der Webseite zu entfernen, sondern auch die Abrufbarkeit wenigstens über Google als die am häufigsten genutzte Suchmaschine im Internet auszuschließen (so auch KG Berlin, Urt. v. 27. 11.2009, 9 U 27/09, Tz. 31). Dem Schuldner obliegt es dabei, zu überprüfen, ob die auf der Webseite entfernten Inhalte bzw. die gelöschten Webseiten noch über die Trefferliste dieser Suchmaschine aufgerufen werden können. In diesem Fall muss der Schuldner gegenüber Google den Antrag auf Löschung im Google-Cache bzw. auf Entfernung der von der Webseite bereits gelöschten Inhalte stellen.

Soweit teilweise darauf abgestellt wird, dass mangels entgegenstehender Anhaltpunkte der Schuldner nicht (sämtliche oder wenigstens die wichtigsten) Suchmaschinen daraufhin überprüfen (lassen) muss, ob dort noch die alte Seite gespeichert ist, sondern sich darauf verlassen kann, dass diese laufend ihren Datenbestand aktualisieren (OLG Köln, Beschl. v. 25.4.2007, 6 W 40/07, Tz. 9; Brüning in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Vorb. zu § 12 Rn. 308; Hess in jurisPK-UWG, § 12 Rn. 231), stellt dies eine Frage der Zumutbarkeit dar. Der Senat kann dabei dahingestellt bleiben lassen, ob neben Google weitere Suchmaschinen auf die Aufrufbarkeit kontrolliert werden müssen, da der Beklagte hier bereits die Abfrage bei Google unterlassen hat.

Siehe dazu weiteres hier und  hier.

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