Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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(2) Garantie im Verbrauchsgüterkauf

Zu der Pflicht, im Fernabsatz über das Bestehen von Garantien zu informieren, siehe hier.

BGH, Urt. v. 10.11.2022, I ZR 241/19, Tz. 32 – Herstellergarantie IV

Nach § 443 Abs. 1 BGB liegt eine Garantie vor, wenn der Verkäufer, der Hersteller oder ein sonstiger Dritter in einer Erklärung oder einschlägigen Werbung, die vor oder bei Abschluss des Kaufvertrags verfügbar war, zusätzlich zu der gesetzlichen Mängelhaftung insbesondere die Verpflichtung eingeht, den Kaufpreis zu erstatten, die Sache auszutauschen, nachzubessern oder in ihrem Zusammenhang Dienstleistungen zu erbringen, falls die Sache nicht diejenige Beschaffenheit aufweist oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllt, die in der Erklärung oder einschlägigen Werbung beschrieben sind. Die Bestimmung des § 443 Abs. 1 BGB dient (auch) der Umsetzung des Begriffs der gewerblichen Garantie in Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83/EU (BGH, GRUR 2022, 500 [juris Rn. 25 f.] - Zufriedenheitsgarantie). Danach bezeichnet im Sinne dieser Richtlinie der Ausdruck "gewerbliche Garantie" jede dem Verbraucher gegenüber zusätzlich zur gesetzlichen Gewährleistung eingegangene Verpflichtung des Unternehmers oder eines Herstellers (Garantiegebers), den Kaufpreis zu erstatten oder die Waren auszutauschen oder nachzubessern oder Dienstleistungen für sie zu erbringen, falls sie nicht diejenigen Eigenschaften aufweisen oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllen, die in der Garantieerklärung oder der einschlägigen Werbung, wie sie bei oder vor dem Abschluss des Vertrags verfügbar war, beschrieben sind.

BGH, Urt. v. 10.11.2022, I ZR 241/19, Tz. 44 – Herstellergarantie IV

Die Bestimmung des § 479 Abs. 1 BGB stellt eine Marktverhaltensregelung im Interesse der Verbraucher im Sinne des § 3a UWG dar. Sie legt fest, welche Informationen die bei einem Verbrauchsgüterkauf abgegebene Garantieerklärung eines Verkäufers oder Herstellers (§ 443 BGB) enthalten muss, mit der er im Kaufvertrag oder in einem eigenständigen Garantievertrag die Verpflichtung zu einer über die gesetzlichen Gewährleistungsrechte hinausgehenden Leistung gegenüber dem Verbraucher eingeht (BGH, GRUR 2022, 500 [juris Rn. 11] - Zufriedenheitsgarantie, mwN).

Ebenso BGH, Urt. v 14.4.2011, I ZR 133/09, Tz. 22 – Werbung mit Garantie (zur Vorgängervorschrift des § 477 Abs. 1 S. 2 BGB); s.a. OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.1.2020, 6 W 116/19, II.2

BGH, Urt. v. 10.11.2022, I ZR 241/19, Tz. 48 – Herstellergarantie IV

Die Bestimmung des § 479 Abs. 1 BGB nF dient der Umsetzung von Art. 17 Abs. 2 Satz 3 der Richtlinie (EU) 2019/771 (Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags, BT-Drucks. 19/27424, S. 1 und 45).

BGH, Urt. v. 10.11.2022, I ZR 241/19, Tz. 48 – Herstellergarantie IV

Unter den Begriff der Garantieerklärung im Sinne der § 479 Abs. 1, § 443 Abs. 1 BGB fallen nur Willenserklärungen, die zum Abschluss eines Kaufvertrags (unselbstständige Garantie) oder eines eigenständigen Garantievertrags führen, nicht dagegen die Werbung, die den Verbraucher lediglich zur Bestellung auffordert und in diesem Zusammenhang eine Garantie ankündigt, ohne sie bereits rechtsverbindlich zu versprechen.

Ebenso BGH, Urt. v. 5.12.2012, I ZR 146/11, Tz. 10 - Herstellergarantie II; zur Vorgängervorschrift des § 477 Abs. 1 BGB BGH, Urt. v 14.4.2011, I ZR 133/09, Tz. 26 – Werbung mit GarantieBGH, Urt. v. 5.12.2012, I ZR 88/11, Tz. 9; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.4.2023, 20 U 183/22, Tz. 23

BGH, Urt. v. 10.11.2022, I ZR 241/19, Tz. 58 f – Herstellergarantie IV

Unter den Begriff der Garantie fällt nur die rechtlich verbindliche Garantieerklärung (zu Art. 1 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 1999/44/EG vgl. EuGH, GRUR 2022, 832 [juris Rn. 57] - Victorinox; zu § 477 Abs. 1 BGB aF vgl. BGH, GRUR 2011, 638 [juris Rn. 26 bis 31] - Werbung mit Garantie).

Die Fälle, in denen ein Unternehmer gegenüber einem Verbraucher eine Garantieerklärung in dem vorstehend genannten Sinn abgibt und diese Erklärung daher den in § 479 Abs. 1 BGB bestimmten Erfordernissen entsprechen muss, sind von einer Werbung danach abzugrenzen, ob der Unternehmer nur eine invitatio ad offerendum gemacht oder aber bereits ein rechtsverbindliches Angebot im Sinne des § 145 BGB abgegeben hat und der Verbraucher damit zu entscheiden hat, ob er dieses annehmen soll.

Siehe auch BGH, Urt. v. 14.4.2011, I ZR 133/09, Tz. 32 – Werbung mit Garantie; BGH, Urt. v. 15.12. 2011, I ZR 174/10, Tz. 42 ff – Bauheizgerät

BGH, Urt. v. 5.12.2012, I ZR 146/11, Tz. 11 - Herstellergarantie II

Danach sind die Fälle, in denen ein Unternehmer gegenüber einem Verbraucher eine Garantieerklärung in dem vorstehend genannten Sinn abgibt und diese Erklärung daher den in § 477 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB (a.F., heute 479 BGB) bestimmten Erfordernissen entsprechen muss, von einer Werbung danach abzugrenzen, ob der Unternehmer - wie im Zweifel bei durch das Internet übermittelten Aufforderungen zur Bestellung - nur eine invitatio ad offerendum gemacht (vgl. BGH, GRUR 2011, 638 Tz. 32 - Werbung mit Garantie; BGH, Urt. v. 15.12.2011, I ZR 174/10, Tz. 43 - Bauheizgerät) oder aber bereits ein rechtsverbindliches Angebot im Sinne des § 145 BGB abgegeben hat und der Verbraucher damit zu entscheiden hat, ob er dieses annehmen soll. Als Garantieerklärung, die den in § 477 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB (a.F., heute 479 BGB) bestimmten Erfordernissen entsprechen muss, ist deshalb im Falle einer selbständigen Garantie die auf den Abschluss eines Garantievertrags gerichtete Willenserklärung des Unternehmers und bei einer unselbständigen Garantie dessen auf die Modifikation der gesetzlichen Rechtsbehelfe des Verbrauchers gerichtete Willenserklärung anzusehen. Dagegen ist in diesem Zusammenhang eine Unterscheidung zwischen selbständiger und unselbständiger Garantie nicht angebracht; insbesondere ist unerheblich, ob der Unternehmer auch der Verkäufer ist. Die gegenteilige Auffassung vernachlässigt, dass gemäß § 443 BGB, Art. 1 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 1999/44/EG neben dem Verkäufer insbesondere auch der Hersteller Garantiegeber sein kann.

Ebenso BGH, Urt. v. 5.12.2012, I ZR 88/11, Tz. 10

BGH, Urt. v. 10.11.2022, I ZR 241/19, Tz. 60 – Herstellergarantie IV

Eine durch das Internet übermittelte Aufforderung zur Bestellung ist im Zweifel als bloße invitatio ad offerendum aufzufassen (BGH, GRUR 2011, 638 [juris Rn. 32] - Werbung mit Garantie; GRUR 2012, 730 [juris Rn. 43] - Bauheizgerät; GRUR 2013, 851 [juris Rn. 11] - Herstellergarantie II; vgl. auch BGH, Urteil vom 16. Oktober 2012 - X ZR 37/12, BGHZ 195, 126 [juris Rn. 14]). In einem solchen Fall stellt die Erwähnung der Herstellergarantie lediglich einen werblichen Hinweis auf ein mögliches künftiges Angebot des Herstellers auf Abschluss eines Garantievertrags dar (vgl. MünchKomm.BGB/S. Lorenz, 8. Aufl., § 479 Rn. 3).

OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.4.2023, 20 U 183/22, Tz. 23

Bei der Präsentation der Ware in einem Selbstbedienungsladen handelt es sich jedoch nur um eine invitatio ad offerendum, während der Vertrag erst an der Ladenkasse zustande kommt.

BGH, Urt. v. 5.12.2012, I ZR 146/11, Tz. 10 - Herstellergarantie II

Nach der für den Verbrauchsgüterkauf im Sinne von § 474 Abs. 1 BGB geltenden und gemäß § 475 Abs. 1 BGB (a.F., heute 476 BGB) zwingenden Vorschrift des § 477 Abs. 1 Satz 1 BGB (a.F., heute 479 BGB) muss eine Garantieerklärung im Sinne des § 443 BGB einfach und verständlich abgefasst sein. Gemäß § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB muss eine solche Erklärung zudem den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers und darauf, dass diese durch die Garantie nicht eingeschränkt werden (§ 477 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB (a.F., heute 479 BGB)), sowie den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben enthalten, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie den Namen und die Anschrift des Garantiegebers (§ 477 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB; (a.F., heute 479 BGB)). Diese Bestimmungen setzen die Vorschrift des Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter in das deutsche Recht um.

Ebenso BGH, Urt. v. 5.12.2012, I ZR 88/11, Tz. 9

OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.1.2020, 6 W 116/19, II.2

§ 479 BGB will verhindern, dass der Verbraucher eine Ermittlungstätigkeit entfalten muss.

OLG Hamm, Urt. v. 14.2.2013, 4 U 182/12, Tz. 40

Die Frage, welche Bedeutung dem Hinweis auf eine Garantiezeit von fünf Jahren im vorliegenden Angebot zukommt, ist durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizonts zu beantworten. Die angesprochenen Verbraucher sehen in der beworbenen Garantie einen (vorteilhaften) Bestandteil des Angebots der Beklagten. Die Beklagte bietet hier aus ihrer Sicht das Gerät mit einer fünfjährigen Garantie an und stellt dies in Zusammenhang mit der Produktbeschreibung besonders heraus. Die Garantie ist somit ein besonderes Marketinginstrument. Die Aufspaltung des einheitlichen Geschehens „Kauf mit Garantie“ in einerseits „Kauf“ und andererseits „Ankündigung eines noch abzuschließenden Garantievertrags“ ist mit der Verkehrsanschauung nicht zu vereinbaren.

OLG Hamm, Urt. v. 22.11.2011, 4 U 98/11, Tz. 78, 80 f

Gemäß §  477 Abs. 1 S. 2 BGB (a.F., heute 479 BGB) muss eine Garantieerklärung (§ 443 BGB) - und hierfür genügt schon eine unselbständige Garantie als Bestandteil eines Kaufvertrages - den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf enthalten, dass diese Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt werden. Ferner muss die Erklärung den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für deren Geltendmachung erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers, enthalten.

Die Ankündigung "Volle Garantie" ist eine Garantieerklärung i.S.d. § 477 BGB (a.F., heute 479 BGB). Denn sie beschränkt sich nicht auf eine bloße "Werbung mit einer Garantie", sondern bezieht sich auf ein konkretes Verkaufsangebot des Beklagten im Internet. Abweichend vom übrigen Onlinehandel, wo eine vom Unternehmer auf seiner Internetseite angepriesene Ware oder Dienstleistung im Zweifel als bloße invitatio ad offerendum nur zu Angeboten der Verbraucher einlädt, ist nämlich die Einstellung der Ware auf der Y-Webseite ein rechtsgeschäftlich bindendes Angebot an den Interessenten, der dieses Angebot lediglich noch durch Betätigen der "Sofort-Kaufen"-Funktion annehmen kann.

§ 477 BGB (a.F., heute 479 BGB) ist auf alle Garantieerklärungen des Verkäufers und eines Dritten als Garantiegeber i.S.d. § 443 BGB, mithin auch des Herstellers anwendbar (Palandt-Weidenkaff, 70. Aufl., § 477 BGB, Rn. 3), sofern die angekündigte Garantie – wie vorliegend - Bestandteil des Angebots ist. Denn der Verbraucher muss auch in diesem Fall noch vor Vertragsabschluss über die Einzelheiten der Garantie in Kenntnis gesetzt werden. Deren Inhalt muss der Käufer kennen, um zu wissen, worauf er sich einlässt, um sodann eine informierte Kaufentscheidung treffen zu können. Zudem muss er zur Einschätzung des Werts der Garantie, gleich ob es sich um eine eigene Garantie oder die des Herstellers handelt, den Inhalt der gesetzlichen Regelung kennen.

OLG Hamm, Urt. v. 27.10.2020, 4 U 71/19, Tz. 137

Die nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aus den dargelegten Gründen aktivlegitimierte Klägerin hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch darauf, dass diese es unterlässt, mit einer Garantie zu werben, ohne über das Fortbestehen der gesetzlichen Ansprüche zu informieren (Ziff. 1b) des Tenors). Der Anspruch folgt aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m. 479 Abs. 1 Nr. 1 BGB. … Da die Angebote nicht den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, enthielten, verstoßen die Angebote spürbar gegen die Marktverhaltensregelung des § 479 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

OLG Hamm, Urt. v. 26.11.2019, 4 U 22/19, Tz. 27

§ 479 Abs. 1 BGB stellt inhaltliche Anforderungen an Garantieerklärungen auf. Es spricht vieles dafür, dass täterschaftlich nur derjenige gegen diese Vorschrift verstoßen kann, der – sei es nun im eigenen Namen, sei es als Erklärungsvertreter oder sei es als Erklärungsbote – selbst eine Garantieerklärung abgibt, d.h. im Falle einer Erklärung in Textform diese Erklärung entweder selbst formuliert hat oder sich eine von einem Dritten formulierte Erklärung zu eigen gemacht hat.

OLG Hamm, Urt. v. 14.2.2013, 4 U 182/12, Tz. 36

Die Angabe „5 Jahre Garantie“ ist als Garantieerklärung i. S. d. § 477 Abs. 1 BGB (a.F., heute 479 BGB) zu werten. Unter den Begriff der Garantieerklärung im Sinne dieser Vorschrift fallen (nur) Willenserklärungen, die zum Abschluss eines Kaufvertrags (unselbständige Garantie) oder eines eigenständigen Garantievertrags führen, nicht dagegen die Werbung, die den Verbraucher lediglich zur Bestellung auffordert und in diesem Zusammenhang eine Garantie ankündigt, ohne sie bereits rechtsverbindlich zu versprechen (BGH, GRUR 2011, 638).