Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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Lockvogelangebote

Lockvogelwerbung

1. Gesetzliche Grundlagen

2. Irreführung über die Bevorratung

3. Vorliegen einer Irreführungsgefahr

4. Ausräumung einer Irreführungsgefahr

5. Nr. 5 zu § 3 Abs. 3 UWG

a. Für einen angemessenen Zeitraum

b. Gleichwertige Waren oder Dienstleistungen

c. In angemessener Menge

d. Beweislast

e. Konsequenz: Aufklärungspflicht

Gesetzliche Grundlagen

§ 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG

(1) … Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

  1. die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, …

Nr. 5 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG (Schwarze Liste/Black List)

Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Absatz 3 sind

Waren- oder Dienstleistungsangebote im Sinne des § 5a Absatz 3 zu einem bestimmten Preis, wenn der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen (Lockangebote). Ist die Bevorratung kürzer als zwei Tage, obliegt es dem Unternehmer, die Angemessenheit nachzuweisen.

Siehe auch Bevorratung der Ware (Dienstleistung)

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Irreführung über die Bevorratung

BGH, Urt. v. 17.2.2000, I ZR 254/97, II.1 - Computerwerbung

Eine Werbung ist grundsätzlich als irreführend zu beurteilen, wenn die angebotene Ware, die zum persönlichen Gebrauch bestimmt ist, entgegen einer durch die konkrete Werbemaßnahme hervorgerufenen Erwartung des Verkehrs zum angekündigten Zeitpunkt nicht oder nicht in genügender Menge im Verkaufslokal vorrätig ist und zur sofortigen Mitnahme bereitsteht.

ebenso BGH, Urt. v. 29.6.2000, I ZR 29/98, I.3.a.(2) - Filialleiterfehler

und

BGH, Urt. v. 16. 3. 2000, I ZR 229/97, II.2.a.aa - Lieferstörung

Die Verkehrserwartung schließt die Möglichkeit ein, dass der Werbende aus Gründen höherer Gewalt oder sonst ohne Verschulden an der Einhaltung der Werbeaussage gehindert sein kann, weil bekanntermaßen im kaufmännischen Verkehr beim Bezug von Waren gelegentlich Umstände eintreten können, die eine rechtzeitige Bereitstellung der Waren verhindern, deren Eintritt aber im Zeitraum der Werbung - selbst bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt - nicht vorauszusehen ist. Steht fest, dass eine in der Werbung angekündigte Ware entgegen der Verbrauchererwartung zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht vorrätig ist, so ist es aber grundsätzlich Sache des Werbenden, die Umstände darzulegen, die für die Unvorhersehbarkeit sprechen.

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Vorliegen einer Irreführungsgefahr

Es muss aufgrund der Umstände des Einzelfalls konkret festgestellt werden, ob die beanstandete Werbung tatsächlich den Eindruck vermittelt, dass die Ware in ausreichendem Maße vorhanden ist und/oder sofort mitgenommen oder eine Dienstleistung sofort in Anspruch genommen werden könne. Dabei ist grundsätzlich von der Erwartungshaltung des angesprochenen Verkehrs auszugehen, dass eine Ware, die besonders beworben wird, nicht bereits innerhalb kürzester Zeit ausverkauft ist und entweder sofort lieferbar ist oder im Ladengeschäft mitgenommen werden kann.

BGH, Urt. v. 26.4.2007, I ZR 120/07, Tz. 19, 22 - Weltreiterspiele

Die Erwartung des Verkehrs hinsichtlich der Lieferbarkeit beworbener Waren entzieht sich einer schematischen Beurteilung und wird maßgeblich durch die Umstände des Einzelfalls beeinflusst, insbesondere durch die Gestaltung und Verbreitung der konkreten Werbung, die Art der angebotenen Waren sowie die Bedeutung des werbenden Unternehmens.

Bei Luxusgütern erwartet der Verkehr im Allgemeinen nicht, dass Waren in erheblichem Umfang vorgehalten werden.

BGH, Urt. v. 26.4.2007, I ZR 120/07, Tz. 24 - Weltreiterspiele

Bei einer Werbung eines Herstellers (hier der Werbung für eine teure Uhr ohne Nennnung von Preis, Verkaufsstellen und sonstige wesentliche Eigenschaften des Produkts) erwartet der Verkehr nicht, dass die beworbene Ware in Verkaufsstellen, die Produkte dieser Art gewöhnlich führen, im zeitlichen Zusammenhang mit dem Erscheinen der Werbung zumindest zur Ansicht vorrätig ist. Der Verkehr entnimmt der Anzeige, mit der - für ihn ohne weiteres erkennbar - der Hersteller der Uhr für sein Produkt wirbt, keine "Garantie" der Verfügbarkeit. Verfügbarkeit der Ware ist ein Umstand, den der Hersteller, wie der Kunde weiß, nicht ohne weiteres steuern kann.

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Ausräumung einer Irreführungsgefahr

Der irreführende Eindruck einer mangelnden Bevorratung und damit die Wettbewerbswidrigkeit einer Lockvogelwerbung kann durch aufklärende Hinweise beseitigt werden:

BGH, Urt. v. 17.2.2000, I ZR 254/97, II.1.a.dd - Computerwerbung

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf eine blickfangmäßig herausgestellte Angabe für sich genommen nicht unrichtig bzw. für den Verkehr mißverständlich sein. Eine irrtumsausschließende Aufklärung kann zwar durch einen klaren und unmißverständlichen Sternchenhinweis erfolgen, wenn dieser am Blickfang teilhat und dadurch eine Zuordnung zu den herausgestellten Angaben gewahrt bleibt; darauf, ob sich der richtige Sinn herausgehobener Werbeaussagen aus anderen, ihrerseits nicht blickfangmäßig hervortretenden Angaben derselben Werbung bei näherer Befassung mit dieser entnehmen läßt, kommt es dagegen nicht an; denn eine im Sinne des § 3 UWG relevante Irreführung liegt schon dann vor, wenn der Verkehr durch den - den falschen Anschein erwekkenden - Blickfang veranlaßt wird, sich mit dem Angebot näher zu beschäftigen.

Zur mangelnden Bevorratung von in einer Aktion beworbenen sortimentsfremden Waren in der Filiale einer Lebensmittelkette siehe auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.3.2011, I-20 U 69/09.

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Nr. 5 zu § 3 Abs. 3 UWG

Die Bestimmung greift nur ein, wenn der Anbieter hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen.

BGH, Urt. v. 17.9.2015, I ZR 92/14, Tz. 20 – Smartphone-Werbung

Nach Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ist nicht die unzulängliche Bevorratung der beworbenen Ware, sondern die unzureichende Aufklärung über eine unzulängliche Bevorratung zu beanstanden. Dies entspricht der Sache nach der Regelung in § 5 Abs. 5 Satz 1 UWG 2004. Nach dieser Vorschrift stellte es eine irreführende Werbung dar, wenn für eine Ware geworben wurde, die nicht in angemessener Menge zur Befriedigung der zu erwartenden Nachfrage vorgehalten war (vgl. BGH, Urt. v. 10.2.2011, I ZR 183/09, Tz. 21 - Irische Butter; Urt. v. 15.3.2012, I ZR 128/10, Tz. 20). Die der Bestimmung der Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG 2008 zugrundeliegende Regelerwartung, dass eine einschränkungslos angebotene Ware in sämtlichen in die Werbung einbezogenen Filialen in ausreichender Menge erworben werden kann, kann nur dadurch ausgeräumt werden, dass sie durch einen aufklärenden Hinweis wirksam neutralisiert wird, der daher klar formuliert, leicht lesbar und gut erkennbar sein muss (BGH GRUR 2011, 340, Tz. 26 - Irische Butter). Maßgeblich ist insoweit das Verständnis des durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers (BGH, Urt. v. 24.10.2002, I ZR 50/00 – Computerwerbung II).

OLG Koblenz, Urt. v. 2.12.2015, 9 U 296/15

Nach dieser Regelung ist nicht die unzulässige Bevorratung der Ware, sondern die unzureichende Aufklärung über eine unzulängliche Bevorratung zu beanstanden.

OLG Nürnberg, Urt. v. 16.08.2022, 3 U 29/22, Tz. 15

Nach Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ist die unzureichende Aufklärung über eine unzulängliche Bevorratung zu beanstanden (BGH, GRUR 2016, 395 Rn. 20 - Smartphone-Werbung). Es muss dabei für einen durchschnittlichen Unternehmer in dieser Branche vorhersehbar sein, dass er die nach Menge und Zeitraum zu erwartende Nachfrage nach den konkret angebotenen Waren oder Dienstleistungen zum genannten Preis wahrscheinlich nicht (vollständig) erfüllen kann (Köhler, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, Anhang zu § 3 Rn. 5.18). Die danach verbotene Irreführung kann nicht nur durch hinreichende Aufklärung über tatsächliche Verhältnisse über den unzulänglichen Warenvorrat, sondern auch durch Einwirkung auf die relevanten Tatsachen selbst - nämlich die Sicherstellung einer hinreichenden Lagerhaltung - vermieden werden (BGH, a.a.O. Rn. 43 - Smartphone-Werbung).

OLG Nürnberg, Urt. v. 16.08.2022, 3 U 29/22, Tz. 53

Die wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit des Hinweises „Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein“ ergibt sich nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Smartphone-Werbung“ (GRUR 2016, 395). Zwar hat der Bundesgerichtshof in diesem Urteil ausgeführt, dass der - mit dem streitgegenständlichen Disclaimer vergleichbare - Hinweis „Dieser Artikel kann auf Grund begrenzter Vorratsmenge bereits im Laufe des ersten Angebotstages ausverkauft sein“ nicht ausreiche, um das durch die Werbung angesprochene Publikum über eine mangelnde Verfügbarkeit der Smartphones aufzuklären (BGH, a.a.O. Rn. 21 - Smartphone-Werbung). In diesem Fall lag jedoch tatsächlich eine unzureichende Bevorratung vor. Vorliegend ist dagegen - ohne bewiesenen Verstoß gegen eine hinreichende Warenbevorratung - die (abstrakte) Verwendung dieses Hinweises streitgegenständlich. Aussagen zur Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines derartigen Disclaimers - auch wenn nicht feststeht, dass die tatsächliche Vorratsmenge nicht ausreichend war, um die voraussichtliche Nachfrage zu befriedigen - lassen sich der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht entnehmen.

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Für einen angemessenen Zeitraum

Welcher Zeitraum angemessen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt unter anderem auf die Art der Ware oder Dienstleistung, das Werbemedium und die Laufzeit der Werbung an. Maßgeblich ist, was der angesprochene Verkehr aufgrund der konkreten Werbeanzeige erwarten durfte.

Aus Nr. 5 Satz 2 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG folgt nicht, dass eine Bevorratung von 2 Tagen ausreichend ist.

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Gleichwertige Waren oder Dienstleistungen

Ein Verstoß gegen Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG scheidet aus, wenn der Unternehmer dem Interessenten eine gleichwertige Ware oder Dienstleistung anbieten kann. Gleichwertig sind andere Produkte aber nur, wenn sie für den Verbraucher nach Preis, Prestige und Qualität austauschbar sind (vgl Begr RegE UWG 2008 BT-Drucks 16/10145 S 31).

Wenn der Unternehmer eine austauschbare Ware oder Dienstleistung anbieten kann, kann die Werbung dennoch weiterhin irreführend sein und gegen einen Tatbestand des § 5 Abs. 1 UWG verstoßen.

BGH, Urt. v. 10.2.2011, I ZR 183/09, Tz. 25 - Irische Butter

Gleichartigkeit liegt nur vor, wenn das andere Produkt tatsächlich gleichwertig und zudem aus der Sicht des Verbrauchers, bei der auch subjektive Gesichtspunkte wie der Wunsch nach Erwerb eines bestimmten Markenprodukts eine Rolle spielen können, austauschbar ist.

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In angemessener Menge

Eine Lockvogelwerbung im Sinne der Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG setzt voraus, dass der Unternehmer aufgrund der Umstände des Einzelfalls erwarten muss, dass er die zu erwartende Nachfrage voraussichtlich nicht befriedigen kann.

OLG Koblenz, Urt. v. 2.12.2015, 9 U 296/15

Die Angemessenheit des Angebotszeitraums und der Menge ist in Bezug auf das Produkt, den Umfang der für das Produkt eingesetzten Werbung, den Angebotspreis und die Verkaufserwartung zu bestimmen. Die Angemessenheit ist aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers zu sehen und richtet sich nicht nach starren Fristen. Die durch Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG geschützte Regelerwartung kann nur durch einen aufklärenden Hinweis ausgeräumt werden. Dabei wird eine konkrete Mengenangabe zum Vorrat regelmäßig nicht sachgerecht sein, da diese für den Verbraucher nicht informativ ist. Selbst wenn der Unternehmer mit einer Mengenangabe wirbt, weist der Verbraucher zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme von der Werbung nicht, ob er von dem Vorrat etwas erhalten kann.

OLG Koblenz, Urt. v. 2.12.2015, 9 U 296/15

Der Unternehmer muss eine Prognose treffen, ob der ihm in den einzelnen Filialen zur Verfügung stehende Vorrat voraussichtlich zur Befriedigung der Nachfrage innerhalb eines angemessenen Zeitraums genügen wird. Maßgeblich für die Prognose ist der Zeitpunkt der geschäftlichen Handlung, also der Zeitpunkt des Erscheinens der Werbung. Bei der Prognose ist dem Unternehmer ein Beurteilungsspielraum einzuräumen. Den Maßstab für die Prognoseentscheidung des Unternehmers bildet die objektive Sorgfalt, die von einem durchschnittlichen Unternehmer zu erwarten ist. Von hinreichenden Gründen ist auszugehen, wenn der mangelnde Vorrat für den Unternehmer nicht völlig fernliegend und unwahrscheinlich erschien.

Die Beurteilung ist im Einzelfall schwierig. Entscheidend ist, wie ein umsichtiger Unternehmer die zu erwartende Nachfrage zum Zeitpunkt der Schaltung der Werbung einschätzen muss und ob er davon ausgehen darf, dass er diese Nachfrage durch sein Warenangebot befriedigen kann. Dabei muss auf alle Faktoren abgestellt werden, die die zu erwartende Nachfrage beeinflussen können wie der Preis, die Qualität oder das Image der Ware.

Dem Unternehmer steht bei seiner Einschätzung ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Nr. 5 Satz 2 vermutet, dass eine Bevorratung unangemessen ist, wenn die Ware vor Ablauf von zwei Tagen ab Schaltung der Werbung nicht mehr vorrätig ist. Der Unternehmer kann in diesem Falle aber nachweisen dass er sich unter angemessener Berücksichtigung der zu erwartenden Nachfrage angemessen bevorratet hatte.

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Beweislast

BGH, Urt. v. 10.2.2011, I ZR 183/09, Tz. 19 - Irische Butter

Es obliegt dem Werbenden nach Nr. 5 Satz 2 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG 2008, Gründe darzutun, die eine geringere als die nach den (Haupt-)Anträgen erforderliche Bevorratung rechtfertigten.

OLG Koblenz, Urt. v. 2.12.2015, 9 U 296/15

Es oblag gemäß Nr. 5 Satz 2 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG der Beklagten darzulegen und zu beweisen, sie habe hinreichende Gründe gehabt davon auszugehen, sie werde in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zu dem genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen. Auch bei einer Werbung im Internet erwartet der Verbraucher, dass die beworbene Ware verfügbar ist (Köhler UWG § 5 Anm. 8.18). Die Beklagte hätte darlegen müssen, dass sie aufgrund ähnlicher Aktionen in der Vergangenheit keine Anhaltspunkte dafür gehabt hat, dass die Ware nicht ausreichen werde, etwa indem sie angemessen disponiert, der Vorrat aber wegen einer unerwartet hohen Nachfrage nicht ausgereicht habe.

OLG Nürnberg, Urt. v. 16.08.2022, 3 U 29/22, Tz. 16

Der Anspruchsteller muss die Tatsachen darlegen und ggf. beweisen, aus denen sich die durchschnittliche Verbrauchererwartung hinsichtlich Zeitraum und Menge der zur Verfügung stehenden Waren oder Dienstleistungen ergibt. Ferner muss er darlegen und ggf. beweisen, dass die tatsächliche Vorratsmenge nicht ausreichend war, um die voraussichtliche Nachfrage zu befriedigen (Alexander, in MüKoUWG, 3. Aufl. 2020, Anh. § 3 Abs. 3 Nr. 5 UWG Rn. 32; Köhler, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 5.30). Nach Anhang § 3 Abs. 3 UWG Nr. 5 S. 2 a.F. obliegt es nur dann dem Unternehmer, die Angemessenheit der Bevorratung nachzuweisen, wenn diese kürzer als zwei Tage ist.

OLG Nürnberg, Urt. v. 16.08.2022, 3 U 29/22, Tz. 26

Die angesprochenen Verkehrskreise entnehmen der Aussage „Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein“ kein Eingeständnis der Beklagten für eine von vornherein nicht angemessene Bevorratung irgendwelcher beworbener Waren, sondern zum einen die Wiederholung der bereits an anderer Stelle erfolgten Hinweise, dass bestimmte Artikel nur in speziellen Filialen … erhältlich sind, und zum anderen eine allgemeine Absicherung der Beklagten davor, dass bestimmte Produkte trotz eigentlich angemessener Bevorratung aufgrund bestimmter Sonderumstände nicht überall und nicht über den gesamten Zeitraum erhältlich sein können.

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Konsequenz: Aufklärungspflicht

BGH, Urt. v. 10.2.2011, I ZR 183/09, Tz. 18 - Irische Butter

Nach dieser Regelung ist nicht die unzulängliche Bevorratung der beworbenen Ware, sondern die unzureichende Aufklärung über eine unzulängliche Bevorratung zu beanstanden.

Ebenso BGH, Urt. v. 15.3.2012, I ZR 128/10, Tz. 20

OLG Hamm, Urt. v. 11.8.2015, 4 U 69/15, Tz. 38

Nach Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG sind Waren- oder Dienstleistungsangebote iSd § 5a Abs. 3 UWG zu einem bestimmten Preis unzulässig, wenn der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen.

BGH, Urt. v. 10.2.2011, I ZR 183/09, Tz. 23 - Irische Butter

Die der Bestimmung der Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG 2008 zugrunde liegende Regelerwartung, dass eine einschränkungslos angebotene Ware in sämtlichen in die Werbung einbezogenen Filialen in ausreichender Menge erworben werden kann, kann nur dadurch ausgeräumt werden, dass sie durch einen aufklärenden Hinweis wirksam neutralisiert wird. Ein solcher aufklärender Hinweis muss daher klar formuliert, leicht lesbar und gut erkennbar sein.

Ebenso BGH, Urt. v. 15.3.2012, I ZR 128/10, Tz. 20

BGH, Urt. v. 17.9.2015, I ZR 92/14, Tz. 21 – Smartphone-Werbung

Der Hinweis "Dieser Artikel kann aufgrund begrenzter Vorratsmenge bereits im Laufe des ersten Angebotstages ausverkauft sein" in der Prospekt- und Internetwerbung reicht als reiner Formalhinweis nicht aus. … Der durchschnittliche Betrachter eines Werbeprospekts oder einer Onlinewerbung der vorliegenden Art rechnet angesichts dieses Hinweises nicht damit, dass das beworbene Produkt bereits am Vormittag des ersten Angebotstages nicht mehr erhältlich sein könnte. … Auch bei wöchentlichen Aktionen geht der angesprochene Verkehr nicht davon aus, die beworbene Ware werde schon am Vormittag des ersten Angebotstages - also nur wenige Stunden nach Angebotsbeginn - ausverkauft sein.

Aber:

OLG Nürnberg, Urt. v. 16.08.2022, 3 U 29/22, Tz. 53

Die wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit dieses Hinweises ergibt sich ... nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Smartphone-Werbung“ (GRUR 2016, 395). Zwar hat der Bundesgerichtshof in diesem Urteil ausgeführt, dass der - mit dem streitgegenständlichen Disclaimer vergleichbare - Hinweis „Dieser Artikel kann auf Grund begrenzter Vorratsmenge bereits im Laufe des ersten Angebotstages ausverkauft sein“ nicht ausreiche, um das durch die Werbung angesprochene Publikum über eine mangelnde Verfügbarkeit der Smartphones aufzuklären (BGH, a.a.O. Rn. 21 - Smartphone-Werbung). In diesem Fall lag jedoch - anders als im Streitfall - tatsächlich eine unzureichende Bevorratung vor. Vorliegend ist dagegen - ohne bewiesenen Verstoß gegen eine hinreichende Warenbevorratung - die (abstrakte) Verwendung dieses Hinweises streitgegenständlich. Aussagen zur Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines derartigen Disclaimers - auch wenn nicht feststeht, dass die tatsächliche Vorratsmenge nicht ausreichend war, um die voraussichtliche Nachfrage zu befriedigen - lassen sich der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht entnehmen.

OLG Hamm, Urt. v. 11.8.2015, 4 U 69/15, Tz. 40

Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG stellt nicht die mangelnde Vorratshaltung durch den Unternehmer, sondern die mangelnde Aufklärung des Kunden über die Produktverfügbarkeit in den Mittelpunkt des Unlauterkeitsvorwurfes (Köhler/ Bornkamm, a.a.O., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rdnr. 5.3). Die – ursprünglich für den stationären Handel und die klassische Prospekt- oder Katalogwerbung konzipierte (vgl. Köhler/Bornkamm/Bornkamm, a.a.O., § 5 Rdnr. 8.18) – Regelung gilt auch für Angebote im Internet (Köhler/Bornkamm/Bornkamm, a.a.O., § 5 Rdnr. 8.18).

OLG Hamm, Urt. v. 11.8.2015, 4 U 69/15, Tz. 44

Der Hinweis darauf, dass „nur noch wenige Exemplare auf Lager“ seien, genügte zur Aufklärung der Kunden über das Fehlen eines entsprechenden Warenvorrates nicht. Der Verkehr versteht diesen Hinweis – im Gegenteil – gerade dahin, dass der Anbieter tatsächlich noch über entsprechende Waren verfügt, und sieht in dem Hinweis lediglich die Aufforderung des Verkäufers, mit einer Kaufentscheidung nicht mehr allzu lange zuzuwarten.

OLG Koblenz, Urt. v. 2.12.2015, 9 U 296/15

Allein der Hinweis „Nur in limitierter Stückzahl“ ist nicht geeignet, die Irreführung des Verbrauchers, er könne den beworbenen Staubsauger erwerben, zu beseitigen. Durch diesen Hinweis erfährt der Verbraucher lediglich, dass der Staubsauger nicht in unbegrenzter Stückzahl vorhanden ist. Der Verbraucher erkennt, dass sich seine Chancen durch einen raschen Verkaufsentschluss erhöhen. Weitere Informationen erhält er nicht. Ein derart inhaltloser Hinweis kann die Verbrauchererwartung aber jedenfalls dann nicht entkräften und die Irreführung beseitigen, wenn der Verbraucher - wie vorliegend - auch innerhalb einer kurzen Reaktionszeit nach üblicher Kenntnisnahme von der Werbung von vornherein keine realistische Chance hat, die angebotene Ware zu erwerben (BGH I ZR 224/06, LG Berlin 91 O 27/11).

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Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

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