Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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§ 7 HWG (Zuwendungen)

1. Gesetzeswortlaut

2. Europarechts- und Richtlinienkonformität

3. Marktverhaltensregelung

4. Sinn und Zweck der Vorschrift

5. Normadressat

6. Produktbezogene Zuwendungen

7. Unsachliche Beeinflussung

8. Verhältnis zu anderen Vorschriften

a. § 11 HWG

b. UWG

c. Preisvorschriften des AMG

d. § 47 Abs. 3 AMG

Gesetzeswortlaut

§ 7 HWG

(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass

1. es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt; Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten;

2. die Zuwendungen oder Werbegaben in

a) einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder

b) einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;

Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten; Buchstabe b gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;

3. die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf;

4. die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder

5. es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).

Werbegaben für Angehörige der Heilberufe sind unbeschadet des Satzes 1 nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen, tierärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind. § 47 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes bleibt unberührt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken.

(3) Es ist unzulässig, für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben.

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Europarechts- und Richtlinienkonformität

Bei Arzneimitteln gilt einerseits:

Art. 94 der Richtline 2001/83/EG

(1) Im Rahmen der Verkaufsförderung für Arzneimittel bei den zu ihrer Verschreibung oder Abgabe berechtigten Personen ist es verboten, diesen eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen, es sei denn, sie sind von geringem Wert und für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang.

BGH, Urt. v. 17.8.2011, I ZR 13/10, Tz. 17 f - Arzneimitteldatenbank

Nach Art. 94 ist es im Rahmen der Verkaufsförderung für Arzneimittel bei den zu ihrer Verschreibung oder Abgabe berechtigten Personen grundsätzlich verboten, diesen eine Prämie oder finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen. Abweichendes gilt allein dann, wenn die Vorteile entweder von geringem Wert und für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang sind (Art. 94 Abs. 1 aE RL 2001/83/EG) oder in einer Bewirtung bestehen, die den in Art. 95 RL 2001/83/EG beschriebenen Rahmen nicht überschreitet.

Nach der Systematik der Richtlinie 2001/83/EG soll das in Art. 94 Abs. 1 RL 2001/83/EG geregelte Verbot Verkaufsförderungspraktiken verhindern, die geeignet sind, bei den Angehörigen der Gesundheitsberufe ein wirtschaftliches Interesse an der Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln zu wecken; gefördert werden soll eine medizinische und pharmazeutische Praxis, die den Berufsregeln entspricht (EuGH, Urteil vom 22. April 2010 - C-62/09, EuZW 2010, 473 Rn. 29 - Association of the British Pharmaceutical Industry).

BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 206/17, Tz. 22 – Brötchen Gutschein

Die Richtlinie 2001/83/EG regelt die Verkaufsförderung für Arzneimittel durch Prämien und finanzielle oder materielle Vorteile in ihrem Artikel 94 Abs. 1 allein für Personen, die zur Verschreibung oder zur Abgabe von Arzneimitteln befugt sind. Danach ist es verboten, solchen Personen eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen, sofern diese nicht von geringem Wert und für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang sind. Für die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel findet sich in der Richtlinie keine entsprechende Regelung. Die Richtlinie lässt eine entsprechende nationale Regelung allerdings als Regelung zur Festsetzung der Arzneimittelpreise zu. Nach Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG berühren die Bestimmungen dieser Richtlinie nicht die Zuständigkeiten der Behörden der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Festsetzung der Arzneimittelpreise und ihrer Einbeziehung in den Anwendungsbereich der innerstaatlichen Krankenversicherungssysteme aufgrund gesundheitlicher, wirtschaftlicher und sozialer Bedingungen.

BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 206/1, Tz. 14 – Brötchen Gutschein

Der Umstand, dass die Richtlinie 2005/29/EG, die keinen mit den Bestimmungen des § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt, in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt hat (Art. 4 der Richtlinie), steht der Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG im Streitfall nicht entgegen. Die sich aus dieser Vorschrift ergebende Beschränkung der Möglichkeit, mit Werbegaben zu werben, stellt, soweit sie die in § 1 Abs. 1 HWG aufgeführten Produkte betrifft, eine unionsrechtskonforme nationale Regelung in Bezug auf die Gesundheitsaspekte von Produkten dar, die deshalb gemäß Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/EG von dieser unberührt bleibt.

Ebenso BGH, Urt. v. 18.11.2021, I ZR 214/18, Tz. 27 - Gewinnspielwerbung II; BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 60/18, Tz. 17

OLG Köln, Urt. v. Urt. v. 7.12.2018, 6 U 95/18, Tz. 26

Art. 94 der Richtlinie verbietet gegenüber den zur Verschreibung und Abgabe von Arzneimitteln befugten Personen neben Prämien jedwede finanziellen oder materiellen Vorteile, wenn sie nicht geringwertig und für die ärztliche oder pharmazeutische Praxis von Belang sind. Die Richtlinie geht von einem strikt ökonomischen Zuwendungsbegriff aus: Erfasst sind sachliche Vorteile jeder Art, denen keine vollwertige Gegenleistung gegenübersteht. Die Ausnahmen vom Verbot sind nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen sowie mit Blick auf die bezweckt umfassende Abschirmung wirtschaftlicher Anreize für die bevorzugte Verordnung bzw. Abgabe von Arzneimitteln eng auszulegen.

Die Werbung mit Zuwendungen für die Leistungen einer Apotheke wird demgegenüber von der Humanarzneimittelrichtlinie nicht erfasst. Sie orientiert sich europarechtlich an der Waren- und Dienstleistungsfreiheit, sofern im Einzelfall andere keine Vorschrift des europäischen Sekundärrechts einschlägig ist.

EuGH, Urt. v. 15.7.2021, C‑190/20, Tz. 20 ff - DocMorris

Titel VIII der Richtlinie 2001/83 betreffend die Werbung für Arzneimittel, zu dem Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie gehört, regelt die Werbung für bestimmte Arzneimittel (Inhalt der Werbebotschaft, Ausgestaltung der Werbung), nicht aber die Werbung für Dienstleistungen des Online-Verkaufs von Arzneimitteln (vgl. in diesem Sinne Urt. v. 1. Oktober 2020, C‑649/18, Rn. 49 und 50).

Die Vorlagefrage betrifft jedoch das Verbot eines Werbegewinnspiels, mit dem für die Kunden ein Anreiz geschaffen werden soll, bei einer bestimmten Apotheke irgendein von ihrem Arzt verschriebenes Arzneimittel zu kaufen, und nicht ein ganz bestimmtes Arzneimittel. Wie die Apothekerkammer Nordrhein in ihren schriftlichen Erklärungen ausführt, zielt eine Werbeaktion im vorliegenden Fall nicht darauf ab, den Patienten in der Entscheidung für ein bestimmtes Arzneimittel zu beeinflussen, sondern in der – nachgelagerten – Entscheidung für die Apotheke, bei der er das Arzneimittel kauft. Es handelt sich daher nicht um eine Werbung für ein bestimmtes Arzneimittel, sondern um eine Werbung für das gesamte Sortiment verschreibungspflichtiger Arzneimittel, das von der betreffenden Apotheke angeboten wird.

Das Verbot der Veranstaltung von Gewinnspielen zur Werbung für Dienstleistungen des Verkaufs von Arzneimitteln im Versandhandel ist auf der Ebene der Europäischen Union nicht harmonisiert ist. Für die Regelung dieses Bereichs sind daher weiterhin die Mitgliedstaaten zuständig, die dabei insbesondere die im AEU-Vertrag verbürgten Grundfreiheiten zu beachten haben.

Der EuGH hat allerdings entschieden, dass § 7 HWG mit der Warenverkehrsfreiheit zu vereinbaren ist:

EuGH, Urt. v. 15.7.2021, C‑190/20, Tz. 37 ff - DocMorris

§ 7 Abs. 1 Satz 1 HWG regelt die Rechtsgrundlage des Verbots des Anbietens von Zuwendungen oder sonstigen geldwerten Werbegaben im Bereich des Verkaufs von Arzneimitteln. Eine solche Bestimmung des nationalen Rechts ist als „Bestimmung über Verkaufsmodalitäten“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs anzusehen.

Nach dem Urteil vom 24. November 1993, Keck und Mithouard (C‑267/91 und C‑268/91, EU:C:1993:905), fällt eine solche Verkaufsmodalität jedoch nur dann nicht in den Anwendungsbereich von Art. 34 AEUV, wenn sie die beiden in Rn. 35 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen erfüllt.

Zur ersten Voraussetzung ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass das HWG unterschiedslos für alle Apotheken gilt, die in Deutschland Arzneimittel verkaufen, unabhängig davon, ob sie in der Bundesrepublik Deutschland oder in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind.

Zur zweiten Voraussetzung ist festzustellen, dass der Gerichtshof bereits wiederholt entschieden hat, dass nationale Vorschriften, die in bestimmten Bereichen bestimmte Formen der Werbung verbieten, den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren, so dass es sich bei ihnen um Verkaufsmodalitäten handelt, die nicht in den Anwendungsbereich von Art. 34 AEUV fallen.

Dazu siehe auch im Anschluss an den EuGH: BGH, Urt. v. 18.11.2021, I ZR 214/18, Tz. 49 ff - Gewinnspielwerbung II und OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.10.2022, 6 U 108/21, Tz. 48

Für sonstige Heilmittel, insbesondere Medizinprodukte, und für die Richtlinie 2005/29/EG gilt:

BGH, Urt. v. 6.11.2014, I ZR 26/13, Tz. 10 - Kostenlose Zweitbrille

Der Umstand, dass die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken ... zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt hat, steht der Anwendung der § 1 Abs. 1 Nr. 1a, § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG nicht entgegen. Die sich aus diesen heilmittelwerberechtlichen Vorschriften ergebende Beschränkung der Werbung mit Werbegaben stellt eine nationale Regelung in Bezug auf die Gesundheitsaspekte von Medizinprodukten dar. Da das Unionsrecht weder in der Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte noch in anderen Bestimmungen eine gemäß Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG vorrangig anzuwendende Reglementierung der Werbung für Medizinprodukte enthält, bleibt die Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 1a, § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG von der Richtlinie 2005/29/EG nach deren Art. 3 Abs. 3 unberührt.

Ebenso BGH, Urt. v. 24.11.2016, I ZR 163/15, Tz. 28 - Freunde werben Freunde; BGH, Urt. v. 12.2.2015, I ZR 213/13, Tz. 11 f – Fahrdienst zur Augenklinik; OLG Hamburg, Urt. v. 18.5.2017, 3 U 180/16, II.1; OLG Stuttgart, Urt. v. 6.8.2020, 2 W 23/20, Tz. 28

 BGH, Urt. v. 12.2.2015, I ZR 213/13, Tz. 13 – Fahrdienst zur Augenklinik

Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt findet diese auf Gesundheitsdienstleistungen unabhängig davon keine Anwendung, ob sie durch Einrichtungen der Gesundheitsversorgung erbracht werden, wie sie auf nationaler Ebene organisiert und finanziert sind und ob es sich um öffentliche oder private Dienstleistungen handelt. Bei der Auslegung des danach sehr weit gefassten Begriffs der Gesundheitsdienstleistungen sind neben dem Wortlaut des Art. 2 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie 2006/123/EG der Zweck dieser Vorschrift sowie der systematische Zusammenhang, in dem sie steht, zu berücksichtigen (vgl. EuGH, Urt. v. 11.7.2013, C-57/12, Tz. 34 bis 36 - Femarbel/COCOM). Nach Erwägungsgrund 22 der Richtlinie soll der Ausschluss des Gesundheitswesens vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123/EG Gesundheitsdienstleistungen und pharmazeutische Dienstleistungen umfassen, die von Angehörigen eines Berufs im Gesundheitswesen gegenüber Patienten erbracht werden, um deren Gesundheitszustand zu beurteilen, zu erhalten oder wiederherzustellen, wenn diese Tätigkeiten in dem Mitgliedstaat, in dem sie erbracht werden, einem reglementierten Gesundheitsberuf vorbehalten sind. Danach gehören zu den vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123/EG ausgenommenen Gesundheitsdienstleistungen die in einer Privatklinik erbrachten ärztlichen Leistungen. Dasselbe gilt wegen des Sachzusammenhangs für die Werbung für solche Dienstleistungen (vgl. Erwägungsgrund 33 der Richtlinie 2006/123/EG für die vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie erfassten Dienstleistungen).

OLG Karlsruhe, Urt. v. 6.9.2012, 4 U 110/12, II.2.b

Der Anwendung des § 7 HWG steht die UGP-Richtlinie nicht entgegen, wenn es nicht um das Verhältnis „Business to Consumer“, sondern die vorgelagerte Handelsstufe geht (Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl. 2012, Einl. Rn. 3.56). Darüber hinaus bleiben die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte betreffenden nationalen Rechtsvorschriften ausweislich Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie sowie des Erwägungsgrundes 9 von der Richtlinie (und damit auch von dem daraus abgeleiteten Grundsatz einer Vollharmonisierung) unberührt.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass das deutsche Arzneimittelpreissystem europarechtlich auf dem Prüfstand steht. Der EuGH hat die Preisbindung für europarechtswidrig erklärt (dazu siehe hier). Welche Auswirkungen das auf § 7 HWG haben wird, ist noch unklar. Auswirkungen sind aber wahrscheinlich.

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Marktverhaltensregelung

BGH, Urt. v. 6.11.2014, I ZR 26/13, Tz. 9 - Kostenlose Zweitbrille

Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, das in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG geregelte grundsätzliche Verbot von Werbegaben stelle eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar, weil es dem Gesundheitsschutz von Verbrauchern diene (vgl. BGH, Urt. v. 6.7.2006,  I ZR 145/03, Tz. 25 - Kunden werben Kunden; Urt. v. 26.3.2009, I ZR 99/07, Tz. 21 - DeguSmiles & more; OLG Celle, GRUR-RR 2014, 263 = WRP 2014, 597).

Ebenso BGH, Beschl. v. 13.7.2023, I ZR 182/22, Tz. 21 – Gutscheinwerbung; BGH, Urt. v. 18.11.2021, I ZR 214/18, Tz. 26 - Gewinnspielwerbung II; BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 206/1, Tz. 10 – Brötchen Gutschein BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 60/18 (zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG); BGH, Urt. v. 20.11.2018, I ZR 237/16, Tz. 16 - Versandapotheke; BGH, Urt. v. 24.11.2016, I ZR 163/15, Tz. 27 - Freunde werben Freunde; BGH, Urt. v. 1.12.2016, I ZR 143/15, Tz. 34 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln; BGH, Urt. v. 12.2.2015, I ZR 213/13, Tz. 10 – Fahrdienst zur Augenklinik; OLG Stuttgart, Urt. v. 9.7.2015, 2 U 83/14, Tz. 49; OLG Hamm, Urt. v. 6.8.2015, 4 U 137/14, Tz. 62; OLG Hamburg, Urt. v. 18.5.2017, 3 U 180/16, II.1OLG Stuttgart Urteil vom 22.2.2018, 2 U 39/17, Tz. 32; OLG Hamburg, Urt. v. 20.6.2019, 3 U 137/18, Tz. 22; KG, Urt. v. 17.12.2019, 5 U 50/19, B.I.1 (WRP 2020, 495); OLG Stuttgart, Urt. v. 6.8.2020, 2 W 23/20, Tz. 26

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Sinn und Zweck der Vorschrift

BGH, Urt. v. 30.11.2003, I ZR 142/00, II.1.a - Kleidersack

Der Zweck des § 7 Abs. 1 HWG besteht vor allem darin, durch eine weitgehende Eindämmung der Wertreklame im Arzneimittelbereich der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, die von einer Werbung mit Geschenken ausgehen kann.

Ebenso BGH, Urt. v. 18.11.2021, I ZR 214/18, Tz. 26 - Gewinnspielwerbung II; BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 206/1, Tz. 12 – Brötchen Gutschein; BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 60/18, Tz. 15 BGH, Urt. v. 20.11.2018, I ZR 237/16, Tz. 16, 25 - Versandapotheke; BGH, Urt. v. 24.11.2016, I ZR 163/15, Tz. 27 - Freunde werben Freunde; BGH, Urt. v. 9.9.2010, I ZR 125/08, Tz. 17; BGH, Urt. v. 12.2.2015, I ZR 213/13, Tz. 10 – Fahrdienst zur Augenklinik; OLG Hamburg, Urt. v. 27.6.2013, 3 U 26/12, Tz. 34; OLG Hamburg, Urt. v. 14.2.2013, 3 U 24/12, II.2 - Massagesessel; BGH, Urt. v. 6.11.2014, I ZR 26/13, Tz. 9 - Kostenlose Zweitbrille; BGH, Urt. v. 9.9.2010, I ZR 125/08, Tz. 17 - Bonussystem; BGH, Urt. v. 6.11.2014, I ZR 26/13, Tz. 9 - Kostenlose Zweitbrille; OLG Hamburg, Urt. v. 18.5.2017, 3 U 180/16, II.1; OLG München, Urt. v. 12.4.2018, 6 U 1679/17, II.6.b; OLG Frankfurt, Urt. v. 26.7.2018, 6 U 112/17; OLG Köln, Urt. v. Urt. v. 7.12.2018, 6 U 95/18, Tz. 27; OLG Hamburg, Urt. v. 20.6.2019, 3 U 137/18, Tz. 22; OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.10.2022, 6 U 108/21, Tz. 41

BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 206/1, Tz. 12 – Brötchen Gutschein

Soweit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 HWG entgegen den Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes (§ 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG) gewährte Werbegaben generell verbietet, soll damit ein ruinöser Preiswettbewerb zwischen den Apotheken verhindert und so eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt werden (vgl. BGH, GRUR 2019, 203 Rn. 45 - Versandapotheke). Auch dieses Ziel dient dem Interesse der Verbraucher.

Ebenso BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 60/18, Tz. 15; OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.10.2022, 6 U 108/21, Tz. 41

Siehe auch § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz.

BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 206/1, Tz. 12 – Brötchen Gutschein 

OLG Hamburg, Urt. v. 18.5.2017, 3 U 180/16, II.1

Soweit durch die Vorschrift auch Zuwendungen an Fachkreise untersagt sind, sollen mit dem grundsätzlichen Verbot der Wertreklame Verkaufsförderungspraktiken verhindert werden, die geeignet sind, bei den Angehörigen der Gesundheitsberufe ein wirtschaftliches Interesse an der Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln zu wecken; gefördert werden soll eine medizinische und pharmazeutische Praxis, die den Berufsregeln entspricht.

OLG Celle, Urt. v. 13.3.2014, 13 U 106/13. II.1.e

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht der Zweck der in § 7 HWG enthaltenen Regelungen vor allem darin, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst werden sollen (BGH, Urt. v. 9.9.2010, I ZR 125/08, Tz. 17 - Bonussystem). ...

Weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährte Berufsausübungsfreiheit ergibt sich, dass das Verbot eine unmittelbare oder mittelbare Gesundheitsgefährdung voraussetzt (so aber OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.1.2013, 20 U 93/12, Tz. 19). Anlass, die Regelung des § 7 HWG in vorgenannter Weise auszulegen, besteht aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht (vgl. BGH, Urt. v. 28.9.2011, I ZR 96/10, Tz. 37 ff - INJECTIO zu § 5 HWG). Dem schließt sich der Senat an. Neben dem Ziel des Gesundheitsschutzes umfasst das Heilmittelwerbegesetz auch den Schutz gegen wirtschaftliche Übervorteilung besonders schutzbedürftiger Privater (vgl. BGH, Urt. v. 28.9.2011, I ZR 96/10, Tz. 40), so dass ein Verbot nach § 7 HWG bereits dann gerechtfertigt ist, wenn die Werbung Kunden unsachlich zu beeinflussen vermag.

OLG Köln, Urt. v. 20.5.2016, 6 U 155/15, Tz. 22

§ 7 Abs. 1 HWG ist, auch vor dem Hintergrund der Vollharmonisierung durch die UPG-Richtlinie, als Gefährdungsdelikt auszulegen (s. Bülow/Ring/Arzt/Brixius, HWG, 4. Aufl., § 7 Rn. 8 ff.).

OLG Karlsruhe, Urt. v. 6.9.2012, 4 U 110/12, II.2.a

Lediglich, wenn die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung gänzlich ausgeschlossen ist, kann eine teleologische Reduktion geboten sein.

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Normadressat

Das Verbot des § 7 HWG richtet sich an alle, die für den Absatz von Heilmitteln, gleich auf welcher Handelstufe werben (Hersteller - Großhändler- Apotheker/Optiker/Hörgeräteakustiker u.a.). Es gilt auch für denjenigen, der Werbegaben im Sinne des § 7 HWG annimmt ("oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen"; siehe dazu Begr. RegE BT-Drucks. 15/1525 S. 164).

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Produktbezogene Zuwendungen

BGH, Urt. v. 26.3.2009, I ZR 99/07, Tz. 15 - DeguSmiles & more

In den Geltungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes einbezogen ist allein die produktbezogene Werbung (Produkt- und Absatzwerbung), nicht dagegen die allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens- und Imagewerbung), die ohne Bezugnahme auf bestimmte Produkte für das Ansehen und die Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein wirbt. ... Diese Grundsätze gelten insbesondere auch für die in § 7 HWG geregelte Werbung mit Werbegaben. Die Bestimmung des § 7 HWG ist daher nur dann anwendbar, wenn gewährte Werbegaben sich aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs als Werbung für konkrete Heilmittel darstellen.

Ebenso BGH, Beschl. v. 13.7.2023, I ZR 182/22, Tz. 23 – Gutscheinwerbung; BGH, Urt. v. 20.11.2018, I ZR 237/16, Tz. 19 - Versandapotheke; OLG Köln, Urt. v. 22.11.2013, 6 U 91/13, Tz. 31; OLG Bamberg, Urt. v. 9.10.2013, 3 U 48/13, II.2.1; OLG Oldenburg, Hinweisbeschl. v. 14.3.2016, 6 U 248/15 (= MD 2016, 586); OLG Stuttgart, Urt. v. 6.8.2020, 2 W 23/20, Tz. 30

BGH, Urt. v. 20.11.2018, I ZR 237/16, Tz. 19 - Versandapotheke

Für die Frage, ob eine Werbung produktbezogen ist oder nicht, kommt es maßgeblich darauf an, ob nach ihrem Gesamterscheinungsbild die Darstellung des Unternehmens oder aber die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Produkte im Vordergrund steht (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2017, 635 Rn. 30 - Freunde werben Freunde; GRUR 2017, 641 Rn. 37 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln, mwN).

Ebenso BGH, Beschl. v. 13.7.2023, I ZR 182/22, Tz. 23 – Gutscheinwerbung

BGH, Beschl. v. 13.7.2023, I ZR 182/22, Tz. 23 – Gutscheinwerbung

Auch eine Werbung für das gesamte Warensortiment der Apotheke kann produktbezogen sein. Es gibt keinen überzeugenden Grund, den vom Gesetzgeber im Bereich der Heilmittelwerbung als grundsätzlich unerwünscht angesehenen Anreiz einer Wertreklame gerade dann hinzunehmen, wenn diese Form der Reklame für eine besonders große Zahl von Heilmitteln eingesetzt wird (st. Rspr.; vgl. nur BGH, GRUR 2022, 391 [juris Rn. 35] - Gewinnspielwerbung II, mwN).

OLG Düsseldorf, Urt. v. 23. 8.2011, 20 U 23/11

Gegenstand einer Werbegabe im Sinne des § 7 HWG kann jeder zuwendungsfähige wirtschaftliche Vorteil sein (BGH GRUR 1990, 1041 - Fortbildungskassetten). In den Geltungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes einbezogen ist indes allein die produktbezogene Werbung (Produkt- und Absatzwerbung), nicht dagegen die allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens- und Imagewerbung), die ohne Bezugnahme auf bestimmte Produkte für das Ansehen und die Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein wirbt. Die Beantwortung der für die Anwendbarkeit des Heilmittelwerbegesetzes entscheidenden Frage, ob die zu beurteilende Werbung Absatz- oder Firmenwerbung ist, hängt danach maßgeblich davon ab, ob nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung die Darstellung des Unternehmens oder aber die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Produkte im Vordergrund steht . Die Bestimmung des § 7 HWG ist daher nur dann anwendbar, wenn gewährte Werbegaben sich aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs als Werbung für konkrete Heilmittel darstellen.

OLG Hamburg, Urt. v. 14.2.2013, 3 U 24/12, II.2.a - Massagesessel

Produktbezug ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn bestimmte oder zumindest individualisierbare Arzneimittel angepriesen werden. …

… Es kommt maßgeblich darauf an, mit welcher „Botschaft“ die eigentliche Zuwendung versehen ist. … Entscheidend ist, dass für den Absatz bestimmter, individualisierbarer Arzneimittel geworben wird.

OLG Köln, Urt. v. 22.11.2013, 6 U 91/13, Tz. 36

§ 7 Abs. 1 HWG spricht kein abstraktes Zuwendungsverbot, sondern ein Verbot der Werbung mit Zuwendungen aus. Sie ist danach nur auf die produktbezogene Werbung anzuwenden, weil nur in diesen Fällen die Gefahr unsachlicher Einflussnahme – abstrakt – besteht. Bei unternehmensbezogener Werbung oder Verhaltensformen, die sich nicht als Werbung darstellen, fehlt es bereits an dieser abstrakten Gefährdung.

Produktbezogen ist aber bereits eine Werbung, die neben anderen Produkten den Absatz von Arzneimitteln fördern soll, ohne dass diese im Einzelnen genannt werden.

OLG Oldenburg, Hinweisbeschl. v. 14.3.2016, 6 U 248/15 (= MD 2016, 586)

Die Beklagte hat die von ihr versprochene Zuwendung nicht mit dem Erwerb eines bestimmten Produkts, sondern allgemein mit der Bestellung von Waren bei ihr verknüpft. Damit hat sie die Zuwendung in einen unmittelbaren Zusammenhang auch mit den von ihr angebotenen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gebracht. Dass die Zuwendung in Gestalt der Lutschtabletten nicht nur bei Erwerb einzelner benannter Produkte gewährt werden sollte, sondern das gesamte Sortiment, (darunter auch andere Produkte) einbezogen war, ändert daran nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nichts.

Siehe zur Produktbezogenheit auch die Darstellung des Begriffs der Werbung im Sinne des HWG.

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Unsachliche Beeinflussung

Dem Sinn und Zweck der Vorschrift soll sie eine unsachliche Beeinflussung vorbeugen. Das war früher nie ein Problem. Die Rechtsprechung war sehr streng. Der BGH hat die unsachliche Beeinflussung nunmehr aber im Falle eines Gewinnspiels auf den Prüfstand gestellt und den EuGH angerufen.

BGH, Beschl. v. 20.2.2020, I ZR 214/18, Tz. 31 – Gewinnspielwerbung

Dass in der Teilnahme an einem Gewinnspiel ein geldwerter Vorteil liegt, rechtfertigt es für sich genommen nicht, der Beklagten die beanstandete Werbung wegen einer unsachlichen Beeinflussung potentieller Kunden zu untersagen.

BGH, Beschl. v. 20.2.2020, I ZR 214/18, Tz. 37 – Gewinnspielwerbung

Es stellt sich jedoch die Frage, ob die in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG für die Werbung mit geldwerten Vorteilen vorgesehenen Werbebeschränkungen im Streitfall durch die Zwecke der Richtlinie 2001/83/EG und deren Art. 86 bis 90, insbesondere Art. 87 Abs. 3, gerechtfertigt sind. Darauf zielt die Vorlagefrage. Nach Ansicht des Senats spricht vieles dafür, dass eine Werbung mit vom Zufall abhängigen Gewinnchancen beim Absatz verschreibungspflichtiger Arzneimittel als unsachliche Beeinflussung der angesprochenen potentiellen Kunden der Beklagten anzusehen und aus diesem Grund die in Rede stehende Werbung zu untersagen ist.

Der EuGH hat allerdings geantwortet, dass die Werbung einer Apotheke, die keinen Bezug auf ein konkretes Arzneimittel hat, gar nicht unter die Richtlinie 2001/83/EG fällt. Gegen ein nationales Verbot der Gewinnspielwerbung für Apotheken hatte er im Lichte des europäischen Primärrechts nichts (EuGH, Urt. v. 15.7.2021, C‑190/20 - DocMorris).

OLG Nürnberg, Urt. v. 16.2.2021, 3 U 2204/20, II.3

Grund und Rechtfertigung der in § 7 HWG enthaltenen Werbeverbote ist die abstrakte Gefahr, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und gegebenenfalls welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, durch die Aussicht auf Werbegaben unsachlich beeinflusst werden. ...

Für diejenigen Teilnehmer(innen) an dem von der Beklagten durchgeführten Gewinnspiel, die nicht gewinnen (d.h. die ganz überwiegende Zahl), kann eine solche Gefahr ausgeschlossen werden. Sie erlangen weder eine finanzielle Vergünstigung, wenn sie sich später bei Bedarf nach einer Brille an die Beklagte wenden, noch mussten sie als Voraussetzung für die Teilnahme Produkte bei der Beklagten erwerben und konnten so verleitet werden, in der Hoffnung auf den Gewinn von anderen Bezugsquellen Abstand zu nehmen oder nur deshalb ein Heilmittel zu erwerben, weil sie die Gewinnchance wahrnehmen wollten.

Denkbar wäre lediglich, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, das Risiko einer unsachlichen Beeinflussung für die Gewinnerin und ihre Freundin. Sie könnten deshalb, weil ihnen ein Rabatt im Umfang von 500,00 € zugute kommt, veranlasst werden, eine Korrektionsbrille bei der Beklagten zu erwerben, die sie überhaupt nicht oder nicht in dieser Stärke, Gläserart etc. benötigen. Insoweit besteht kein relevanter Unterschied zum denkbaren Fall, dass eine Brille völlig kostenlos abgegeben wird. ...

Eine realistische Wahrscheinlichkeit jedoch, dass die Gewinnerin und ihre Begleiterin eine nicht erforderliche oder ungeeignete Brille mit Korrektionsgläsern erwerben, nur weil sie sie nichts kostet, ist nicht zu sehen.

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Verhältnis zu anderen Vorschriften

§ 11 HWG

§ 7 HWG wird durch die Vorschriften des § 11 Abs. 1 Nr. 13 - 15 im Bereich der Publikumswerbung für Heilmittel konkretisiert. Nachdem der Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 Nr. 13 HWG im Zuge der HWG-Reform 2012 beschränkt wurde, kommt in Fällen, die von der modifizierten Verbotsnorm nicht erfasst werden, ein Rückgriff auf § 7 HWG in Betracht..

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UWG

Aus dem UWG kommt ergänzend zu § 7 HWG als Tatbestand insbesondere §§ 3, 4 Nr. 1 UWG (Übertriebenes Anlocken) in Betracht, inbesondere in der Variante der Beeinflussung von Personen, die Entscheidungen im Interesse Dritter zu treffen haben.

BGH, Urt. v. 30.11.2003, I ZR 142/00, II.2.a - Kleidersack  

Die Anwendbarkeit des UWG wird nicht durch die Sonderregelung des § 7 Abs. 1 HWG ausgeschlossen. Die nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 HWG bußgeldbewehrte Vorschrift des § 7 Abs. 1 HWG regelt nur Fälle, in denen Angehörige der Heilberufe bei ihrer Entscheidung über den Einsatz und die Verschreibung von bestimmten Medikamenten gerade durch Werbegaben unsachlich beeinflußt werden sollen. Dies schließt die Anwendung des UWG auf sonstiges Wettbewerbshandeln mit derselben unlauteren Zielsetzung nicht aus.

Der Rückgriff auf Das UWG ist auch vor dem Hintergrund des Art. 94 der Richtlinie 2001/83/EG erfoderlich, wonach es generell verboten sein soll, im Rahmen der Verkaufsförderung für Arzneimittel  den zu ihrer Verschreibung oder Abgabe berechtigten Personen eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen, es sei denn, sie sind von geringem Wert und für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang. Der Begriff der Prämie geht weit über den Begriff der Werbegabe hinaus(vgl. BGH, Urt. v. 30.11.2003, I ZR 142/00, II.2.a - Kleidersack).

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Preisvorschriften des AMG

Bei § 7 Abs. 1 S. 1, Nr. 2 HWG gilt dessen 2. und 3. Halbsatz. Dazu siehe hier.

Bei § 7 Abs. 1 S. 1, Nr. 1, 3, 4 HWG

BGH, Urt. v. 9.9.2010, I ZR 125/08, Tz. 20

Zuwendungen und sonstige Werbegaben, die den in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3, 4 und 5 HWG für zulässige Wertreklame vorgegebenen Rahmen nicht überschreiten, sind auch dann heilmittelwerberechtlich zulässig, wenn sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten. Arzneimittelrechtlich liegt dann zumindest in den Fällen, in denen es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um geringwertige Kleinigkeiten im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 HWG handelt, lediglich ein Verstoß vor, der nicht geeignet ist, den Wettbewerb bzw. die Interessen von Marktteilnehmern in relevanter Weise zu beeinträchtigen. Dies hat auch dann zu gelten, wenn die Werbung nicht produktbezogen erfolgt, das heißt nicht auf ein bestimmtes Mittel oder eine Mehr- oder auch Vielzahl bestimmter Mittel von Arzneimitteln bezogen ist

Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber aufgegriffen und mit Wirkung zum 13. August 2013 § 7 Abs. 1 Nr. 1, letzter Teilsatz HWG eingeführt.

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§ 47 Abs. 3 AMG

EuGH, Urt. v. 11.6.2020, C‑786/18 – Novartis/ratiopharm

Art. 96 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 ist dahin auszulegen ist, dass er es pharmazeutischen Unternehmen nicht erlaubt, Gratismuster verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheker abzugeben. Dagegen steht diese Bestimmung der Abgabe von Gratismustern nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheker nicht entgegen.

BGH, Beschl. v. 31.10.2018, I ZR 235/16, Tz. 40 f - Apothekenmuster

Eine auf § 7 Abs. 1 S. 1 HWG gestützte Verurteilung der Beklagten ist unzulässig, wenn die im Streitfall maßgebliche kostenlose Abgabe von Fertigarzneimittelpackungen an Apotheker, die der Erprobung des Geruchs und der Konsistenz des Arzneimittels durch den Apotheker dienen und hinsichtlich deren keine Gefahr einer (ungeöffneten) Weitergabe an Endverbraucher besteht, nicht gemäß § 47 Abs. 3 AMG verboten ist.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 HWG bleibt § 47 Abs. 3 AMG unberührt. Damit hat der Gesetzgeber klargestellt, dass eine gemäß § 47 Abs. 3 AMG erlaubte Abgabe von Mustern nicht gemäß § 7 Abs. 1 HWG verboten sein kann.

Ebenso BGH, Urt. v. 17.12.2020, I ZR 235/16 – Apothekenmuster II

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Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6C8WRIqYq