Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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Kennzeichenbeseitigung und -gefährdung

1. Kennzeichenbeseitigung

a. Herkunftstäuschung bei einer Kennzeichenbeseitigung

b. Markenrechtliche Ansprüche bei der Kennzeichenbeseitigung

2. Kennzeichengefährdung

Kennzeichenbeseitigung

 

Die Beseitigung eines Kennzeichens, z.B. einer Marke, von einer Ware beeinträchtigt die Werbefunktion des Kennzeichens (dazu siehe auch hier). Darin kann eine wettbewerbswidrige Behinderung liegen.

BGH, Urt. v. 13. 10. 2004, I ZR 277/01, II.3.b – SB-Beschriftung

Der Vertrieb einer Ware, bei der eine auf den Hersteller hinweisende Kennzeichnung entfernt worden ist, verstößt nicht bereits als solcher gegen Wettbewerbsrecht oder gegen § 823 BGB. Der Hersteller einer Markenware hat nicht grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass der Händler, dem er die Ware liefert, die Marke auf der Ware belässt und sie unverändert weiterveräußert.

Zwar kann nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur die Entfernung von Kennzeichen auf der Ware unter dem Gesichtspunkt der Absatz- oder Werbebehinderung oder wegen Irreführung über die betriebliche Herkunft der Ware wettbewerbswidrig sein. Ob durch die Beseitigung einer Kennzeichnung der Mitbewerber in der Werbung oder im Absatz wettbewerbswidrig behindert oder der Verkehr über die betriebliche Herkunft der Ware getäuscht wird, hängt jedoch von den Umständen des Einzelfalls ab. So kann trotz der Beseitigung eines auf den Hersteller hinweisenden Kennzeichens an der Ware eine unzulässige individuelle Behinderung oder eine Herkunftstäuschung zu verneinen sein, wenn auf Grund der sonstigen Umstände des Vertriebs der Verkehr gleichwohl die Ware weiterhin dem Kennzeicheninhaber und nicht dem Händler zurechnet und ein schutzwürdiges Interesse des Herstellers an der Verwendung gerade der beseitigten Kennzeichnung nicht verletzt wird. Dies gilt für einen deliktsrechtlichen Anspruch entsprechend.

BGH, Urt. v. 13. 10. 2004, I ZR 277/01, II.3.c)bb) – SB-Beschriftung

Zwar kann einer Kennzeichnung, die an der Ware selbst befestigt ist und dort verbleiben soll, eine besondere Werbewirkung gegenüber den Endabnehmern und interessierten Dritten zukommen. Die Werbewirkung, die dadurch erzielt werden kann, dass ein Herstellerhinweis jedenfalls so lange an einem Produkt befestigt bleibt, bis dieses in die Hand eines Endabnehmer gelangt, lässt sich in vergleichbarer Weise auch durch nicht an der Ware angebrachte Herkunftshinweise erreichen.

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Herkunftstäuschung bei einer Kennzeichenbeseitigung

 

Eine Herkunftstäuschung als ein Beispielsfall der möglichen Unlauterkeit einer Kennzeichenentfernung scheidet aus, wenn eine Marke gegen eine andere Marke ausgetauscht wird.

OLG München, Urt.v. 7.12.2006, 6 U 2547/06

Trägt das Produkt nach einem Austausch von Marken eine gänzlich andere Kennzeichnung, kommt der Verkehr gar nicht auf die Idee, beide Produkte irgendwie in Zusammenhang zu bringen.

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Markenrechtliche Ansprüche bei der Kennzeichenbeseitigung

 

Markenrechtliche Ansprüche bestehen im Falle der Beseitigung einer Marke nicht.

BGH, Urt. v. 12.7.2007, I ZR 148/04, Tz. 24 - Cordarone

Der Hersteller einer Markenware, der diese unter seiner Marke in den Verkehr bringt, hat nicht grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die Ware nur unter Belassung seiner Marke und in unverändertem Zustand weitervertrieben wird. Unter Berufung auf sein Markenrecht kann er sich dem weiteren Vertrieb von ihm in Verkehr gebrachter Waren in einem veränderten Zu-stand vielmehr nur dann widersetzen, wenn bei dem weiteren Vertrieb der Waren die Marke weiterbenutzt wird, aus der ihm Rechte zustehen (vgl. § 24 Abs. 1 und 2 MarkenG). Wird die Ware - verändert oder unverändert - nach Beseitigung der vom Hersteller angebrachten Marke weiterveräußert, stehen ihm insoweit markenrechtliche Ansprüche nicht zu, weil es an einer Benutzung seiner Marke fehlt (vgl. BGH, Urt. v. 13.10.2004, I ZR 277/01, GRUR 2004, 1039, 1041 = WRP 2004, 1486 - SB-Beschriftung). Der Markeninhaber kann sich unter Berufung auf sein Markenrecht auch nicht dagegen wenden, dass das von ihm in Verkehr gebrachte Produkt nicht unter seiner Marke, sondern nach Veränderung der Ware oder ihrer Verpackung unter Anbringung einer fremden Marke weitervertrieben wird. Die Hauptfunktion der Marke, die darin besteht, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, wird nicht verletzt, wenn die ursprüngliche Kennzeichnung mit der zunächst angebrachten Marke beseitigt und die Ware mit der Marke eines anderen Markeninhabers neu gekennzeichnet wird. Denn die mit der Kennzeichnung einer Ware durch eine Marke verbundene Garantiefunktion kann nur dem Inhaber derjenigen Marke zugerechnet werden, unter der die Ware dem Verkehr entgegentritt.

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Kennzeichengefährdung

 

Eine Kennzeichengefährdung kann eintreten, wenn ein oder mehrere Dritte, die zur Nutzung eines Kennzeichens berechtigt sind, z.B. zur Nutzung einer geografischen Herkunftsangabe, die Kennzeichen in einem Zusammenhang oder auf eine Art und Weise verwenden, dass die kennzeichnende Funktion der Bezeichnung verwässert wird.

 

BGH, Urt. v. 10.8.2000, I ZR 126/98, II.2.c.aa - Stich den Buben

Es kann wettbewerbswidrig sein, die Werbe- und Kennzeichnungskraft einer geographischen Herkunftsangabe dadurch zu beeinträchtigen, daß sie in anderer Weise (hier als Unternehmenskennzeichen) benutzt und dadurch ihre Funktion, als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten geographischen Gebiet zu dienen, gefährdet wird. In derartigen Fällen kann vor allem der Werbewert der Herkunftsangabe infolge Verkehrsverwirrung empfindlich geschwächt und die Gefahr der Umwandlung in eine betriebliche Herkunftsangabe begründet werden. Dies kommt jedenfalls - anders als bei der unmittelbaren - bei der mittelbaren geographischen Herkunftsangabe in Betracht, bei der der Verkehr nicht aus der direkten Benennung eines geographischen Gebietes, sondern erst aufgrund anderer Hinweise auf ein bestimmtes Gebiet schließt.

Geographische Herkunftsangaben, insbesondere Lagebezeichnungen, können für die Vermarktung von aus der bezeichneten Gegend stammenden Produkten, vor allem bei Naturprodukten, von großer Bedeutung und - im Sinne eines preisbildenden Faktors - von hohem Wert sein (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Markenrechts, BT-Drucks. 12/6581, S. 116). Zwar sind geographische Herkunftsangaben, auch in die Weinbergsrolle eingetragene Lagebezeichnungen, mangels Zuordnung der Kennzeichnung zu einem bestimmten (ausschließlichen) Rechtsträger grundsätzlich nicht mit individuellen Schutz- oder subjektiven Kennzeichenrechten verknüpft (vgl. BVerfGE 51, 193, 215 - Weinbergsrolle). Ein wettbewerbsrechtlicher Schutz ergibt sich aber mittelbar aufgrund einer Reflexwirkung des objektiven Rechts in dem Sinne, daß jedes Unternehmen, das Wein aus der bezeichneten Lage herstellt oder vertreibt, in gleichem Maße zur Benutzung der geographischen Herkunftsangabe berechtigt ist. Geographische Herkunftsangaben verkörpern dabei eine Art "kollektiven Goodwill", der allen berechtigten Unternehmen gemeinsam zusteht (Begr. zum Regierungsentwurf, BTDrucks. 12/6581, S. 116). In dieses Gefüge greift ein, wer dazu übergeht, die geographische Herkunftsangabe als Bestandteil in seine Firma zu übernehmen und damit als individuelles Unternehmenskennzeichen zu verwenden. Dabei darf die Möglichkeit eines Wandels der Verkehrsauffassung dahin nicht außer acht gelassen werden, daß der Verkehr die geographische Herkunftsangabe in der Firma der Beklagten eines Tages nur noch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft bzw. auf ein bestimmtes Unternehmen - die Beklagte - versteht. Eine derartige Monopolisierung der geographischen Herkunftsangabe müssen die übrigen Beteiligten nicht ohne weiteres hinnehmen. Sie ist vergleichbar mit der Eintragung des Namens einer Lage als Warenzeichen oder Marke, deren Zulässigkeit - auch wenn die Markeneintragung bei Lagen im Alleinbesitz diskutiert und größtenteils befürwortet wird - nach allgemeiner Ansicht jedenfalls bei nicht im Alleinbesitz stehenden Lagen mit Rücksicht auf das hohe Freihaltebedürfnis der übrigen Weinbauunternehmen mit Rebflächen in der bezeichneten Lage abzulehnen ist. Zwar verliert selbst eine Ortsangabe, die sich aufgrund ihrer Benutzung durch einen bestimmten Betrieb für diesen durchgesetzt hat, dadurch noch nicht von selbst ihre ursprüngliche Eigenschaft als geographische Angabe. Es besteht aber grundsätzlich die Gefahr einer Verwässerung der Herkunftsangabe als Lagebezeichnung und - verbunden damit - einer Verkehrsverwirrung, wenn aufgrund der Verwendung als Firmenbestandteil die ursprünglich der Lage entgegengebrachte Wertschätzung nunmehr ganz oder zum Teil auf das mit der Lagebezeichnung firmierende Unternehmen abgeleitet wird.

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Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6DOBpWgJr