Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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2. Verstöße gegen gerichtliche Verbote

1. Gesetzestext

2. Allgemeines

3. Verstöße gegen Unterlassungsverbote

4. Beschwerde

Gesetzestext

Wer gegen ein gerichtliches Verbot verstößt, kann bestraft werden. Welche Strafe droht, ergibt sich aus § 890 ZPO.

§ 890 Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

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Allgemeines

BGH, Beschl. v. 21.4.2022, I ZB 56/21, Tz. 35

Ordnungsmittel gemäß § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO haben einen doppelten Zweck. Als zivilrechtliche Beugemaßnahme dienen sie präventiv der Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen, daneben stellen sie repressiv eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots dar. Kann der Wille des Schuldners durch ein Ordnungsmittel nicht mehr gebeugt werden, schließt dies allerdings ein Ordnungsmittel nicht aus.

BGH, Beschl. v. 21.4.2022, I ZB 56/21, Tz. 30

Anknüpfungspunkt der Unterlassungsvollstreckung nach § 890 ZPO ist die Zuwiderhandlung des Schuldners gegen das jeweils vollstreckte Unterlassungsgebot, im Regelfall also die Vornahme der verbotenen Handlung. Kann der Schuldner einer ihm obliegenden Unterlassungsverpflichtung nur dadurch nachkommen, dass er eine Handlung zur Beseitigung eines zuvor geschaffenen Störungszustands vornimmt, liegt in der Nichtvornahme dieser Handlung die Zuwiderhandlung im Sinne des § 890 Abs. 1 ZPO. Gegenstand der Ahndung nach § 890 Abs. 1 ZPO ist mithin die gegen die jeweilige Unterlassungsverpflichtung verstoßende Handlung oder Nichthandlung selbst, nicht hingegen ein Verletzungserfolg.

OLG Hamburg, Urt. v. 16.54.2020, 3 U 197/16, Tz. 66 - Produktkopie

Ein auf eine Unterlassung gerichtetes Urteil wird in der Weise durchgesetzt, dass gegen den Schuldner unter den Voraussetzungen des § 890 ZPO die vorgesehenen Ordnungsmittel verhängt werden. Zu jenen Voraussetzungen gehört, dass das Urteil unbedingt - wenn auch nur vorläufig - vollstreckbar ist. Hat der Gläubiger eine Sicherheit zu leisten, so fehlt es an der Vollstreckbarkeit, solange die Sicherheit nicht erbracht ist. Bis zu diesem Zeitpunkt liegen die Voraussetzungen für eine nach § 890 Abs. 1 ZPO zu sanktionierende Zuwiderhandlung nicht vor; denn die dort vorgesehenen Ordnungsmittel dienen ausschließlich der Vollstreckung, und eine solche findet nicht statt, solange der Schuldner nicht durch die vom Gläubiger zu leistende Sicherheit gegen die ihm aus der Erfüllung des Unterlassungsgebots entstehenden nachteiligen Folgen geschützt ist. Daraus ergibt sich zwar, dass ein Ordnungsmittel nach § 890 ZPO nur verhängt werden darf, wenn eine nach dem Urteil erforderliche Sicherheitsleistung des Gläubigers in dem Zeitpunkt bereits erbracht war, in dem der Schuldner den Verstoß gegen das ihm auferlegte Verbot begangen hat. Gerichtliche Urteile sind aber dennoch unabhängig von der Einleitung der Zwangsvollstreckung auch dann zu beachten, wenn Zuwiderhandlungen vor Leistung der Vollstreckungssicherheit nicht über § 890 ZPO sanktioniert werden. Daher können etwa die zur Beachtung einer ausgeurteilten Unterlassungsverpflichtung schon unabhängig von dem Vorliegen der Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen ergriffenen Maßnahmen einen ersatzpflichtigen Schaden begründen, wenn sich das durch Urteil ausgesprochene Verbot später als zu Unrecht ergangen erweist. Damit steht nicht das gerichtliche Verbot unter einer Bedingung, sondern nur dessen Zwangsvollstreckung. Auch für juristisch ungeschulten Verkehr ist mit der Angabe, das Urteil sei vorläufig vollstreckbar, insoweit die relevante und zutreffende Information verbunden, dass es der Beklagten freisteht, jederzeit die Vollstreckung einzuleiten, was auch gesetzliche Folge des Erlasses eines Urteils nach §§ 704 ff ZPO ist.

BGH, Beschl. v. 29.9.2016, I ZB 34/15, Tz. 13

Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen, so ist er nach § 890 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen.

Erste Voraussetzung für die Festsetzung eines Ordnungsmittels gegen den Schuldner ist, dass ihm diese Festsetzung des Ordnungsmittels vor dem Verstoß gegen das gerichtliche Verbot angedroht wurde (§ 890 Abs. 2 ZPO). Diese Androhung erfolgt in aller Regel bereits zusammen mit dem gerichtlichen Verbot, wenn es im Tenor heißt:

Dem Antragsgegner/Beklagten wird "unter Androhung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsstrafe bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten" untersagt, …

Wenn ein Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsmittels gestellt wurde, prüft das Gericht,

  • ob der Schuldner gegen das gerichtliche Verbot verstoßen hat und
  • ob der Verstoß gegen das gerichtliche Verbot schuldhaft war (= dem Schuldner vorgeworfen werden kann).

Das Gericht prüft aber in keinem Fall, ob der Unterlassungstitel zurecht ergangen ist, auch nicht, wenn er nur vorläufig vollstreckbar ist.

OLG Stuttgart Beschl. v. 7.4.2015, 2 W 2/15, Tz. 14

Das Gericht hat im Ordnungsmittelverfahren nicht darüber zu befinden, ob der Vollstreckungstitel materiell zurecht erlassen worden ist, noch ob er voraussichtlich in einem Rechtsmittelverfahren aus anderen Gründen als wegen mangelnder Bestimmtheit im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO aufzuheben sein wird. Denn der vorläufig vollstreckbare Titel gebietet dem Schuldner Beachtung. Anderes gilt nur, wenn die Zwangsvollstreckung aus diesem Titel nicht erfolgen darf, etwa weil sie durch das Gericht einstweilen eingestellt worden oder eine hierfür angeordnete Sicherheit geleistet worden ist, Die gesetzgeberische Wertung für eine vorläufige Vollstreckbarkeit darf nicht mittels Vorbringens im Ordnungsmittelverfahren unterlaufen werden. Dies entspricht auch der Aufgabenteilung zwischen Erkenntnis- und Zwangsvollstreckungsverfahren.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.6.2017, 6 W 49/17

Ob die einstweilige Verfügung in der Sache zu Recht ergangen ist, unterliegt im Zwangsvollstreckungs- und damit auch im Beschwerdeverfahren keiner Überprüfung. Hierzu hätte die Antragsgegnerin Widerspruch einlegen müssen. Auf Vollstreckungsebene ist allein entscheidend, ob die Antragsgegnerin einen schuldhaften Verstoß gegen die einstweilige Verfügung begangen hat, der die Verhängung eines Ordnungsmittels rechtfertigt.

OLG Rostock, Beschl. v. 10.2.2021, 2 W 2/21

Mit Blick auf die Trennung von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren und die Maßgeblichkeit (nur) des Titels für das Letztere kommt es nicht darauf an, ob materiellrechtlich ein Verstoß gegen die Maßgaben des § 19 Abs. 3 TabakerzG vorgelegen hat. Der Titel kann hinter dem materiellrechtlich tatsächlich Geschuldeten zurückbleiben, ebenso wie er je nach Lage der Dinge umgekehrt darüber hinausgehen – also ein Mehr im Verhältnis zum materiellen Recht zugesprochen haben – mag. Im letztgenannten Fall wäre der Titel zwar inhaltlich rechtswidrig; das aber spielt – wenn nicht ausnahmsweise ein Nichtigkeitsgrund vorliegt – keine Rolle, solange der Titel nicht in einem Rechtsmittelverfahren aufgehoben wurde.

KG, Beschl. v. 5.3.2021, 5 W 1135/20, Tz. 30

Dem Senat ist es im Vollstreckungsverfahren verwehrt, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob auch das nunmehr angegriffene Verhalten unter den genannten Gesichtspunkten wettbewerbswidrig ist.

OLG Hamm, Beschl. v. 9.3.2023, 1-4 W 10/23

Im Ordnungsmittelverfahren ist nicht zu überprüfen ist, ob die durch den Unterlassungstitel untersagte Werbung … ggf. durch aktuelle Nachweise abgesichert sein könnte.

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Verstöße gegen Unterlassungsverbote

Ein Verstoß gegen das gerichtliche Verbot liegt auf der Hand, wenn der Schuldner die verbotene Handlung identisch wiederholt hat. Schwieriger sind diejenigen Fälle, in denen vom Schuldner nur eine ähnliche Handlung vorgenommen wurde. Ob diese ähnliche Handlung unter das gerichtliche Verbot fällt, beurteilt sich nach der so genannten Kerntheorie.

BGH v. 30.09.1993, I ZR 54/91 – Vertragsstrafebemessung

Die Ordnungsmittel im Sinne des § 890 ZPO haben neben ihrer Funktion als zivilrechtliche Beugemaßnahme zur Vermeidung künftiger Zuwiderhandlungen auch einen repressiven, strafähnlichen Charakter. Dieser erfordert es, die Bemessung jedenfalls in erster Linie und hauptsächlich im Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen; maßgeblich ist danach vor allem der Unwertgehalt der Verletzungshandlung, d.h. die Gefährlichkeit ihrer Folgen für den Gläubiger, besonders auch der Grad des Verschuldens des Zuwiderhandelnden; daneben soll die Bemessung bewirken, dass - wiederum aus der Schuldnersicht - die Titelverletzung wirtschaftlich nicht lohnend erscheint, so dass weitere Zuwiderhandlungen auch deshalb.

Aus der Unterlassungsverpflichtung ergeben sich auch Handlungspflichten.

BGH, Urt. v. 13.11.2013, I ZR 77/12, Tz. 26 – Vertragsstrafenklausel

Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs muss nicht nur alles unterlassen, was zu einer Verletzung führen kann, sondern auch alles tun, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige oder andauernde Verletzungen zu verhindern oder rückgängig zu machen. Zwar hat er für das selbständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche und tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat. Insoweit kann sich der Schuldner nicht darauf berufen, dass der Verstoß ohne sein Zutun erfolgt ist. Außerdem wird, wenn eine Zuwiderhandlung vorliegt, das Verschulden des Schuldners vermutet.

OLG Celle, Beschl. v. 27.12.2011, 13 W 110/11, 3.

Der Schuldner eines Unterlassungsgebots hat alles zu tun, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige Verletzungen des Gebots zu verhindern. Seine Verpflichtung umfasst dabei auch die Vornahme von Handlungen vor allem auch dann, wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden kann (BGH, Urt. v. 22.10.1992, IX ZR 36/92; KG, Beschl. v. 29.11.2011, 5 W 258/11, juris, Tz. I1 - Straßenverengung). Da eine Zuwiderhandlung regelmäßig in einem Verhalten des Schuldners oder seiner Mitarbeiter liegt und damit seiner Sphäre zuzuordnen ist, hat er darzulegen, welche Maßnahmen er ergriffen hat, um einen Verstoß gegen das titulierte Unterlassungsgebot zu verhindern (BGH, Beschl. v. 18.12.2008, I ZB 32/06, Tz. 16 - Mehrfachverstoß gegen Unterlassungstitel).

OLG Celle, Urt. v. 29.1.2015, 13 U 58/14, Tz. 20 f

Der Schuldner eines Unterlassungsgebots hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die durch die Unterlassungserklärung betroffenen Inhalte seiner Webseite nicht mehr im Internet aufgerufen werden können, weder über die Webseite direkt noch über eine Internetsuchmaschine (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.9.2012, 6 U 58/11, Tz. 22 ff.; KG Berlin, Urt. v. 27. 11.2009, 9 U 27/09, Tz. 29 ff.; OLG Köln, Beschl. v. 5.5.2000, 6 W 61/99, Tz. 4). Dazu gehört es, nicht nur die betroffenen Inhalte durch Änderung oder Löschung der Webseite zu entfernen, sondern auch die Abrufbarkeit wenigstens über Google als die am häufigsten genutzte Suchmaschine im Internet auszuschließen (so auch KG Berlin, Urt. v. 27. 11.2009, 9 U 27/09, Tz. 31). Dem Schuldner obliegt es dabei, zu überprüfen, ob die auf der Webseite entfernten Inhalte bzw. die gelöschten Webseiten noch über die Trefferliste dieser Suchmaschine aufgerufen werden können. In diesem Fall muss der Schuldner gegenüber Google den Antrag auf Löschung im Google-Cache bzw. auf Entfernung der von der Webseite bereits gelöschten Inhalte stellen.

Soweit teilweise darauf abgestellt wird, dass mangels entgegenstehender Anhaltpunkte der Schuldner nicht (sämtliche oder wenigstens die wichtigsten) Suchmaschinen daraufhin überprüfen (lassen) muss, ob dort noch die alte Seite gespeichert ist, sondern sich darauf verlassen kann, dass diese laufend ihren Datenbestand aktualisieren (OLG Köln, Beschl. v. 25.4.2007, 6 W 40/07, Tz. 9; Brüning in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Vorb. zu § 12 Rn. 308; Hess in jurisPK-UWG, § 12 Rn. 231), stellt dies eine Frage der Zumutbarkeit dar. Der Senat kann dabei dahingestellt bleiben lassen, ob neben Google weitere Suchmaschinen auf die Aufrufbarkeit kontrolliert werden müssen, da der Beklagte hier bereits die Abfrage bei Google unterlassen hat.

Siehe dazu weiteres hier und  hier.

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Beschwerde

Gegen die erstinstanzliche gerichtliche Entscheidung kann diejenige Partei Beschwerde einlegen, die durch die Entscheidung beschwert ist. Streitig ist aber, wann eine Beschwer des Gläubigers vorliegt. Sie ist jedenfalls gegeben, wenn das Gericht eine geringere Strafe ausspricht, als der Gläubiger beantragt oder anderweitig schriftsätzlich zum Ausdruck gebracht hat. Wenn er aber keine Vorstellungen geäußert hat, soll die Beschwerde mangels Beschwer unzulässig sein. Mit eingehender Darstellung des Meinungsstands:

OLG Hamburg, Beschl. v. 3.4.2023, 15 W 5/23, Tz. 6 ff

Es ist umstritten, ob der ein Ordnungsmittel beantragende Gläubiger, der keinen Mindestbetrag angegeben hat, beschwert ist, wenn das Gericht die Höhe des Ordnungsgelds nach eigenem Ermessen festgesetzt hat.

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Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat entschieden, der Gläubiger könne auch ohne Angabe eines Mindestbetrags Beschwerde einlegen (Beschluss vom 24.10.2014, Az. 6 W 47/14, BeckRS 2015, 3514 m.w.N.). Es sei anerkannt, dass der Gläubiger gegen die Festsetzung eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO sofortige Beschwerde einlegen könne, wenn er die festgesetzte Strafe für zu niedrig hält. Dies setze nicht voraus, dass der Gläubiger im Ordnungsmittelantrag einen konkreten Betrag oder eine Größenordnung für das Ordnungsmittel genannt hat. Anders als bei einem unbezifferten Antrag auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes, bei dem zur Bestimmtheit des Antrags nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und auch für die Beschwer im Falle der Rechtsmitteleinlegung jedenfalls die Größenordnung des gewünschten Schmerzensgeldes angegeben werden müsse, müsse weder ein bestimmtes Ordnungsmittel noch dessen Höhe bezeichnet werden. Sei aber der Gläubiger nicht gehalten, dem Gericht einen konkreten Vorschlag hinsichtlich der Höhe des Ordnungsmittels zu machen, sei eine Beschwer des Gläubigers auch nicht von einer solchen Angabe im Antragsverfahren abhängig. Dieser Sichtweise hat sich das Oberlandesgericht Schleswig angeschlossen (Beschluss vom 14.08.2015, Az. 16 W 76/15 – juris Rn. 9 f.).

Der Bundesgerichtshof indes hat wenige Monate später bzw. früher Folgendes ausgeführt (Beschluss vom 19.02.2015, Az. I ZB 55/13, GRUR 2015, 511 Rn. 15 - Kostenquote bei beziffertem Ordnungsmittelantrag; Fettdruck nur hier):

„Für die Annahme eines Teilunterliegens i.S.d. § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO spricht ferner, dass die Angabe der Mindesthöhe des Ordnungsmittels für die Bestimmung des Rechtsschutzziels des Gläubigers verfahrensrechtlich auch ansonsten von Bedeutung ist. So kann der Gläubiger mit einer Beschwerde gegen den Festsetzungsbeschluss nach § 891 S. 1 ZPO allein das Ziel verfolgen, das Ordnungsmittel zu verschärfen (Zöller/Stöber, § 890 Rn. 28; Musielak/Lackmann, § 890 Rn. 20; Saenger/Pukall, § 890 Rn. 37). Kann sich der Gläubiger aber mit der Angabe eines bestimmten Ordnungsgeldes oder eines Mindestbetrags eine Beschwer und damit eine Rechtsmittelmöglichkeit schaffen, muss er sich an dieser Konkretisierung seines Rechtsschutzziels auch bei der Frage festhalten lassen, ob er mit seinem Begehren iSv § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO teilweise unterlegen und er deshalb an den Kosten des Verfahrens zu beteiligen ist.“

Zwar ging es in dieser Entscheidung nicht um die Frage der Statthaftigkeit einer Beschwerde gegen einen Ordnungsmittelbeschluss, so dass die Ausführungen zur Beschwer des Ordnungsmittelgläubigers die Entscheidung nicht tragen. Dennoch ist den Ausführungen zu entnehmen, dass der Bundesgerichtshof davon ausging, der Gläubiger eines unbezifferten Ordnungsmittelantrags sei nicht beschwert, wenn ein Ordnungsgeld verhängt wird. Andernfalls würde der Halbsatz „Kann sich der Gläubiger mit der Angabe eines bestimmten Ordnungsgeldes oder eines Mindestbetrags eine Beschwer und damit eine Rechtsmittelmöglichkeit schaffen“ keinen Sinn ergeben. Dem hat sich der 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg angeschlossen (Beschluss vom 06.07.2015, Az. 5 W 11/15, n.v.), und das Kammergericht hatte bereits zuvor in ähnlicher Weise erkannt (Beschluss vom 05.04.2005, Az. 5 W 168/04, BeckRS 2005, 4799 Rn. 17). Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ausgeführt, dass Angaben des Gläubigers zur Mindesthöhe des zu verhängenden Ordnungsgeldes maßgeblich dafür seien, ob der Gläubiger durch die (zu niedrige) Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes beschwert ist (Beschluss vom 07.11.2018, Az. 6 W 88/18, GRUR 2019, 216 Rn. 5 - Lagerräumung; ebenso wohl auch Beschluss vom 17.06.2015, Az. 6 W 48/15 - juris Rn. 12). Auch hier waren diese Ausführungen aber nicht tragend, weil es nicht um die Beschwer des Gläubigers wegen eines seiner Ansicht nach zu niedrigen Ordnungsgeldes, sondern um eine Streitwertfestsetzung bzw. eine Kostenentscheidung im Ordnungsmittelverfahren ging.

In einer weiteren Entscheidung hat der Bundesgerichtshof die Frage sodann ausdrücklich offengelassen (Beschluss vom 08.12.2016, Az. I ZB 118/15, GRUR 2017, 318 Rn. 8 - Dügida).

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. (Beschluss vom 22.11.2017, Az. 6 W 93/17, GRUR-RR 2018, 223 – Anruf-Linientaxi) ist der Gläubiger durch die Verhängung von Ordnungsmitteln auch dann beschwert, wenn er zwar keine vom Gericht unterschrittene Mindestangabe zur Höhe der Ordnungsmittel gemacht hat, sich jedoch aus der Begründung des Ordnungsmittelbeschlusses ergibt, dass der Gläubiger sein Rechtsschutzziel nicht vollständig erreicht hat, wenn nämlich der Vollstreckungsantrag auf mehrere Verstöße gestützt war und das Gericht in einem dieser gerügten Verstöße keine Zuwiderhandlung gegen den Titel gesehen hat. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, da der Antragsteller nur einen Verstoß geltend gemacht und das Landgericht deswegen ein Ordnungsmittel verhängt hat.

Die Literatur positioniert sich uneinheitlich. Teilweise wird auch hier die Auffassung vertreten, dass der Gläubiger bei einem unbezifferten Ordnungsmittelantrag schon dann beschwert sei, wenn das Gericht das Ordnungsmittel nach seinem Empfinden unangemessen niedrig festgesetzt hat (Hoof, VuR 2015, 74; Ahrens in: Büscher, UWG, 2. Auflage 2021, § 12 Anh. II Rn. 87; ders. in: Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 9. Auflage 2021, Kapitel 70 Rn. 30; Tavanti/Scholz in: Fritzsche/Münker/Stollwerck, UWG, 2022, § 12 Rn. 411; Spoenle in: jurisPK-UWG, 5. Auflage 2021, Stand: 31.01.2023, § 12 Rn. 173). Vielfach wird allerdings nur auf die Möglichkeit hingewiesen, Beschwerde mit dem Ziel einzulegen, das Ordnungsmittel zu verschärfen, ohne dass auf die Thematik eines völlig unbezifferten Antrags konkret eingegangen wird (Klaus Bartels in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Auflage 2017, § 890 Rn. 44; Seibel in: Zöller, ZPO, 34. Auflage 2022, § 890 Rn. 27; Erik Kießling in: Saenger, ZPO, 9. Auflage 2021, § 890 Rn. 37; Schmidt in: Anders/Gehle, ZPO, 80. Auflage 2022, § 890 Rn. 38; Ralf Bendtsen in: Kindl/Meller-Hannich, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Auflage 2021, § 890 ZPO Rn. 73; Feddersen in: Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Auflage 2019, Kapitel 57 Rn. 37; Haft in: Cepl/Voß, Prozesskommentar Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 3. Auflage 2022, § 890 vor Rn. 54). Ein anderer Teil der Literatur ist der Ansicht, dass der Gläubiger nur beschwert sei, wenn das festgesetzte Ordnungsgeld hinter einem im Antrag genannten Mindestbetrag zurückbleibt, nicht aber dann, wenn er keine Größenordnung genannt hat (Gruber in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 890 Rn. 42 mit Verweis auf BGH NJW 2015, 1829 = GRUR 2015, 511; wohl auch Michael Albert in: Götting/Nordemann, UWG, 3. Auflage 2016, Vorbemerkung zu § 12 Rn. 123 in Fn. 551).

Aus Sicht des erkennenden Senats sprechen die besseren Gründe dafür, dass für eine Beschwer in Fällen wie diesem eine Diskrepanz zwischen beantragter bzw. vorgeschlagener und gerichtlich festgesetzter Höhe des Ordnungsmittels bestehen muss. Das erfordert eine Bezifferung oder jedenfalls die Nennung eines Mindestbetrags durch den Gläubiger. Demnach ist keine Beschwer gegeben, wenn der Gläubiger in seinem Ordnungsmittelantrag weder einen konkreten (Mindest-) Betrag noch eine Größenordnung des Ordnungsgelds genannt hat, sofern das Gericht nur überhaupt ein Ordnungsmittel verhängt hat.

Zu einer vom OLG Hamburg erwähnten anderen Konstellation:

OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.10.2017, 6 W 93/17, II.1

Eine Beschwer ist auch dann anzunehmen, wenn der Gläubiger bei der Straffestsetzung gem. § 890 ZPO die festgesetzte Strafe für zu niedrig hält. Auch wenn die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren keine explizite Summe genannt hat, ergibt sich der Beschwerdeschrift, dass ihrer Auffassung nach die Feststellung weiterer Verstöße zu einem höheren Ordnungsgeld führen würde. Dass die Antragstellerin dieses Ziel nicht konkret beziffert hat, ist unschädlich, da auch ausreichend ist, wenn sich aus der Begründung ergibt, dass ihr Rechtsschutzziel mit dem festgesetzten Ordnungsgeld nicht erreicht ist (BGH NJW 2015, 1829 [BGH 19.02.2015 - I ZB 55/13]).

Die Gläubigerin ist auch dann beschwert, wenn sie die Bestrafung wegen einer Handlung begehrt, die nicht bestraft wird.

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