Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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(1) Zuwendungen und Werbegaben

 

1. Zum Begriff der Zuwendungen und sonstige Werbegaben

2. Unentgeltlichkeit

a. Verkauf unter Selbstkosten

3. Abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung

4. Beispiele

a. Koppelungsangebote

b. Medien mit fachliche Informationen

c. Treueprogramme/Kundenbindungsprogramme

d. Ärztliche Leistungen

e. Verkaufshilfen/Werbehilfen

f. Arzneimitteldatenbank für Ärzte

g. Arzneimittel

h. Gewinnspiele/Preisausschreiben

a. Verhältnis zu § 11 Abs. 1 Nr. 13 HWG

b. Das Gewinnspiel als Zuwendung

c. Gegenleistung

i. Fahrdienste

j. Verzicht auf Zuzahlung

k. Rückerstattung des Kaufpreises

l. Medizinische Untersuchungen

m. Fortbildungen

5. Klinikprivileg

6. Preisvorschriften aufgrund des AMG

Spürbarkeit

Zum Begriff der Zuwendungen und sonstige Werbegaben

Maßgeblich ist der Begriff der Werbegabe. Die ausdrücklich erwähnte Zuwendung ist nur ein Beispiel einer Werbegabe.

Der Begriff der Zuwendung bzw. Werbegabe ist weit auszulegen. Es werden alle Arten von gegenständlichen und nicht gegenständlichen Vorteilen erfasst. Darunter fallen Zugabe zur Hauptleistung, Boni, Geld- oder Naturalrabatt, Gutscheine, Rückvergütungen, Werbungszuschüsse und insgesamt jede Form einer geldwerten Zuwendung (Begr. BT-Drs. 16/194 S. 11).

BGH, Urt. v. 6.11.2014, I ZR 26/13, TZ. 14 - Kostenlose Zweitbrille

Der Begriff der Werbegabe in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG ist im Hinblick auf den Zweck der dortigen Regelung, durch eine weitgehende Eindämmung von Werbegeschenken im Heilmittelbereich der abstrakten Gefahr einer hiervon ausgehenden unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, weit auszulegen. Er erfasst grundsätzlich jede aus der Sicht des Empfängers nicht berechnete geldwerte Vergünstigung, die im Zusammenhang mit der Werbung für ein bestimmtes oder mehrere konkrete Heilmittel gewährt wird.

Ebenso BGH, Beschl. v. 13.7.2023, I ZR 182/22, Tz. 26 – Gutscheinwerbung; BGH, Beschl. v. 20.2.2020, I ZR 214/18, Tz. 24 – Gewinnspielwerbung; BGH, Urt. v. 25.4.2012, I ZR 105/10, Tz. 22 - DAS GROSSE RÄTSELHEFT; BGH, Urt. v. 17.8.2011, I ZR 13/10 - Arzneimitteldatenbank; BGH, Urt. v. 21.6. 1990, I ZR 240/88, GRUR 1990, 1041, 1042 = WRP 1991, 90 - Fortbildungs-Kassetten; OLG Hamburg, Urt. v. 27.6.2013, 3 U 26/12, Tz. 36; OLG Stuttgart, Urt. v. 9.7.2015, 2 U 83/14, Tz. 51; OLG Hamm, Urt. v. 6.8.2015, 4 U 137/14, Tz. 68; OLG München, Urt. v. 16.6.2016, 6 U 4300/15, II.2.a.cc; OLG Köln, Urt. v. 1.7.2016, 6 U 151/15, Tz. 50; OLG München, Urt. v. 9.11.2017, 26 U 4850/16 (WRP 2018, 247); OLG Hamburg, Urt. v. 18.5.2017, 3 U 180/16, II.2.a; OLG Stuttgart Urteil vom 22.2.2018, 2 U 39/17, Tz. 33; OLG München, Urt. v. 9.11.2017, 29 U 4850/ 16, II.1.b (= WRP 2018, 247); OLG Hamburg, Beschl. v.4.9.2017, 3 U 183/15; OLG Nürnberg, Urt. v. 11.12.2018, 3 U 881/18, Tz. 26 – Fassung geschenkt; OLG Köln, Urt. v. Urt. v. 7.12.2018, 6 U 95/18, Tz. 29; OLG Hamburg, Urt. v. 20.6.2019, 3 U 137/18, Tz. 24; KG, Urt. v. 17.12.2019, 5 U 50/19, B.I.1.c (WRP 2020, 495); OLG Stuttgart, Urt. v. 6.8.2020, 2 W 23/20, Tz. 37; OLG Hamm, Urt. v. 22.9.2020, I-4 U 38/20 (WRP 2021, 97); OLG Hamburg, Beschl. v. 14.4.2020, 3 W 17/20; OLG Köln, Urt. v. 17.12.22021, 6 U 91/21, Tz. 66; OLG Hamm, Urt. v. 15.2.2022, 4 U 142/21, Tz. 33; OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.10.2022, 6 U 108/21, Tz. 54

OLG Nürnberg, Urt. v. 11.12.2018, 3 U 881/18, Tz. 28 – Fassung geschenkt

Maßgeblich ist, wie der angesprochene Verkehr die Werbeaussage versteht (BGH, Urt, v. 17.8.2011, I ZR 13/10, Rn. 15 - Arzneimitteldatenbank). Dabei wird das Verkehrsverständnis durch die Art und Weise mit beeinflusst, in der das fragliche Angebot in der konkreten Werbung präsentiert wird. So kann die besondere Hervorhebung des Gratischarakters einer Zusatzleistung in einer werblichen Äußerung den Verbraucher glauben machen, die zusätzliche Ware werde unentgeltlich abgegeben (BGH, a.a.O., Rn. 18 - Kostenlose Zweitbrille).

OLG Hamburg, Urt. v. 27.6.2013, 3 U 26/12, Tz. 36

Bei den Zuwendungen und Werbegaben i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG handelt es sich um Zugaben i.S.d. früheren ZugabeV.

OLG Köln, Urt. v. 23.3.2012, 6 U 189/11 (= MD 2012, 754)

Normziel ist es, durch weitgehende Eindämmung von Werbegeschenken im Arzneimittelbereich der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, wobei für die Frage, ob zwischen der Zuwendung und der Heilmittelwerbung ein Zusammenhang besteht, auf die Sicht der Empfänger abzustellen ist, also darauf, ob die Angehörigen der Heilberufe, die als Empfänger in Betracht kommen, in der fraglichen Zuwendung ein Werbegeschenk sehen. Auch die unionsrechtlichen Bestimmungen (Art. 94 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG), nach denen es verboten ist, den zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigten Personen materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen, die nicht nur von geringem Wert und für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang sind, sollen Verkaufsförderungspraktiken verhindern, die geeignet sind, bei den Angehörigen der Gesundheitsberufe ein wirtschaftliches Interesse an der Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln zu wecken.

Ebenso in Bezug auf die Abgabe von Arzneimitteln OLG Stuttgart Urteil vom 22.2.2018, 2 U 39/17, Tz. 34

Jedoch einschränkend (und unter Aufhebung der vorstehend zitierten Entscheidung):

BGH, Urt. v. 12.12.2013, I ZR 83/12, Tz. 14 - Testen Sie Ihr Fachwissen

Das auf der Grundlage des Art. 94 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG geregelte grundsätzliche Verbot der Wertreklame soll (nur) solche Verkaufsförderungspraktiken verhindern, die geeignet sind, bei den Angehörigen der Gesundheitsberufe ein wirtschaftliches Interesse an der Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln zu wecken. Das setzt voraus, dass die beanstandete Werbung deren Adressaten veranlassen könnte, ihr Verhalten bei der Beratung der Kunden gerade im Blick auf die Gewinnchance, die sie durch die Teilnahme an dem Gewinnspiel der Beklagten erlangten, zu deren Gunsten unsachlich zu ändern.

S.a. OLG Stuttgart, Urt. v. 6.8.2020, 2 W 23/20, Tz. 41

Der Umstand, dass die Werbegabe auch das allgemeine Image eines Unternehmens fördern kann, schließt den Werbegabencharakter nicht aus.

BGH, Urt. v. 12.2.2015, I ZR 213/13, Tz. 16 – Fahrdienst zur Augenklinik

Der Umstand, dass eine Werbegabe (hier ein Fahrdienst) geeignet ist, das Ansehen des Werbenden beim Publikum allgemein zu steigern, ändert nichts daran, dass sie aus der dafür maßgeblichen Sicht des angesprochenen Verkehrs in erster Linie der Förderung des Absatzes der Dienstleistungen des Werbenden dient und damit der Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes eröffnet ist.

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Unentgeltlichkeit

BGH, Urt. v. 6.11.2014, I ZR 26/13, Tz. 14 - Kostenlose Zweitbrille

Eine Werbegabe setzt voraus, dass die Zuwendung aus der Sicht des Empfängers unentgeltlich gewährt wird; er muss diese also als ein Geschenk ansehen.

Ebenso BGH, GRUR 1990, 1041, 1042 - Fortbildungs-Kassetten; BGH, Urt. v. 30.1.2003, I ZR 142/00 - Kleidersack; BGH, Urt. v. 17.8.2011, I ZR 13/10, Tz. 24 - Arzneimitteldatenbank; BGH, Urt. v. 12.12.2013, I ZR 83/12, Tz. 14 - Testen Sie Ihr Fachwissen); OLG Stuttgart, Urt. v. 9.7.2015, 2 U 83/14, Tz. 51; OLG Hamm, Urt. v. 6.8.2015, 4 U 137/14, Tz. 68; OLG München, Urt. v. 16.6.2016, 6 U 4300/15, II.2.a.cc; OLG Hamburg, Urt. v. 20.6.2019, 3 U 137/18, Tz. 24; KG, Urt. v. 17.12.2019, 5 U 50/19, B.I.1.c (WRP 2020, 495); OLG Stuttgart, Urt. v. 6.8.2020, 2 W 23/20, Tz. 37; OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.10.2022, 6 U 108/21, Tz. 55

Unentgeltlichkeit kann vorliegen, wenn zunächst entgeltlich eine Bonus-, Club- oder ähnliche Karte erworben werden muss, die zum entgeltlichen Bezug einer Vergünstigung berechtigt (OLG Stuttgart, Urt. v. 17.1.2013, 2 U 92/12, II.B.3).

Ob eine unentgeltliche Vergünstigung gewährt wird, hängt u.a. von der Präsentation des Angebots ab.

BGH, Urt. v. 6.11.2014, I ZR 26/13, Tz. 18 - Kostenlose Zweitbrille

Das Verkehrsverständnis wird durch die Art und Weise mitbeeinflusst, in der das fragliche Angebot in der konkreten Werbung präsentiert wird.

Ebenso KG, Urt. v. 17.12.2019, 5 U 50/19, B.I.1.c (WRP 2020, 495)

Die Aussage 'Zwei zum Preis von einem" verspricht noch keine kostenlose Abgabe des zweiten Teils, sondern einen Gesamtpreis für zwei Teile.

BGH, Urt. v. 6.11.2014, I ZR 26/13, Tz. 14 - Kostenlose Zweitbrille

Werden dem Werbeadressaten mehrere Waren als ein einheitliches, mit einem Gesamtpreis zu entgeltendes Angebot präsentiert, so liegt keine unentgeltliche Vergünstigung und damit keine Werbegabe vor.

Ebenso OLG Nürnberg, Urt. v. 11.12.2018, 3 U 881/18, Tz. 24, 26 – Fassung geschenkt

Gleiches wurde angenommen bei „1 (Brillen-)Glas geschenkt!“ und „Das D Gratis-Glas zu jeder Brille!“

OLG Hamm, Urt. v. 6.8.2015, 4 U 137/14, Tz. 69f

Werden dem Werbeadressaten mehrere Waren als ein einheitliches, mit einem Gesamtpreis zu entgeltendes Angebot präsentiert, liegt keine unentgeltliche Vergünstigung und damit keine Werbegabe vor.

Bei den Angaben „1 Glas geschenkt!“ und „Das D Gratis-Glas zu jeder Brille!“ handelt es sich um ein einheitliches Angebot, für das der Kunde einen Gesamtpreis zu zahlen hat. Dafür spricht bereits, dass der angesprochene Verbraucher an einem einzelnen „Gratis“-Brillenglas regelmäßig – von einem möglichen Reparaturfall abgesehen – kein Interesse hat. Bedarf besteht vielmehr an der kompletten Brille als funktionaler Einheit, bestehend aus Brillenfassung und zwei Gläsern mit passenden Korrekturwerten (vgl. BGH, GRUR 2000, 918 – „Null-Tarif“).

Ebenso OLG München, Urt. v. 16.6.2016, 6 U 4300/15, II.2.a.cc - 1 Glas geschenkt; OLG Nürnberg, Urt. v. 11.12.2018, 3 U 881/18, Tz. 24 – Fassung geschenkt; s.a. KG, Urt. v. 17.12.2019, 5 U 50/19, B.I.1.c (WRP 2020, 495)

Anders verhält es sich aber bei "Wer eines kauft, bekommt ein zweites gratis dazu".

OLG Stuttgart, Urt. v. 17.1.2013, 2 U 92/12, II.C.1.a, b.aa

Nach dem Gesamtbild der angegriffenen Werbung bietet die Beklagte nicht ein Leistungspaket an, bestehend aus zwei Brillen, sondern schenkt dem Kunden beim Kauf einer … Brille eine Zweit- oder eine Sonnenbrille. Dabei ist zwar wirtschaftlich betrachtet ein Komplettpreis ausgewiesen. Aber die sprachliche und die graphische Gestaltung der Werbung legt dem Verbraucher nahe, dass allein die „Erstbrille“, die er kauft, den gesamten Betrag wert und der angegebene Preis der Normalpreis für diese Brille ist. Er versteht das Angebot der Beklagten nicht als Bewerbung eines aus mehreren Teilen bestehenden Leistungspakets mit einem Gesamtpreis, sondern als die Werbung für eine Brille, garniert mit einem Geschenk. ...

Der Händler ist zwar grundsätzlich in seiner Preisgestaltung frei. Er darf diese aber nicht in Form von Preisabschlägen oder aufgehübscht durch Zugaben an den Verbraucher herantragen. Denn damit wird eine geldwerte Vergünstigung beworben, die nach der Wertung des Gesetzgebers geeignet ist, den Verkehr § 7 Abs. 1 HWG zuwider unsachlich zu beeinflussen. Letztlich läge auch ein Wertungswiderspruch vor, wäre die Zuwendung eines Barrabattes verboten, nicht aber die einer teureren Zweitbrille.

Begriffe wie 'kostenlos' oder 'gratis' weisen nicht zwingend auf eine Unentgeltlichkeit hin.

BGH, Urt. v. 6.11.2014, I ZR 26/13, Tz. 17 f - Kostenlose Zweitbrille

Die Bezeichnung als "kostenlos" trägt für sich allein noch nicht die Annahme einer unentgeltlichen Vergünstigung. Der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Durchschnittsverbraucher geht erfahrungsgemäß davon aus, dass ein Kaufmann Waren von nicht unerheblichem Wert nicht ohne weiteres verschenkt. Er nimmt häufig an, dass die Kosten für eine als gratis beworbene Ware in den Preis des sonstigen Angebots mit eingerechnet sind. Er sieht eine als gratis beworbene Zusatzleistung deshalb nicht immer als ein von der entgeltlich abzugebenden Ware zu trennendes Geschenk an, sondern geht jedenfalls dann, wenn es sich bei der "gratis" hinzugegebenen Ware um eine mit dem beworbenen entgeltlichen Produkt identische Ware handelt, davon aus, dass der von ihm zu zahlende Preis die Zusatzleistung im Sinne von "zwei Waren zum Preis von einer" einschließt.

Das Verkehrsverständnis wird allerdings durch die Art und Weise mitbeeinflusst, in der das fragliche Angebot in der konkreten Werbung präsentiert wird. Die besondere Hervorhebung des Gratischarakters einer Zusatzleistung in einer werblichen Äußerung kann daher den Verbraucher glauben machen, die zusätzliche Ware werde unentgeltlich abgegeben.

Ebenso KG, Urt. v. 17.12.2019, 5 U 50/19 (WRP 2020, 495)

OLG Hamm, Urt. v. 6.8.2015, 4 U 137/14, Tz. 71

Der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Durchschnittsverbraucher geht nicht schon aufgrund der Verwendung der Angaben „gratis“ und „geschenkt“ von einer unentgeltlichen Vergünstigung aus. Er rechnet vielmehr aufgrund seiner Erfahrung damit, dass ein Kaufmann Waren von nicht unerheblichem Wert nicht ohne weiteres verschenkt. Er nimmt an, dass nicht selten die Kosten für eine als gratis beworbene Ware in den Preis des sonstigen Angebots mit eingerechnet sind.

Der Gesetzgeber ist jeder Form der Vergünstigung von Arzneimitteln über Rabatt- oder Bonussysteme, mit denen die arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften unterlaufen werden sollen, durch die Einführung von § 7 Abs. 1 Nr. 1, letzter Teilsatz HWG zum 13.8.2013 entgegengetreten. Danach sind Zuwendungen oder Werbegaben für Arzneimittel generell unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten.

Keine Unentgeltlichkeit ist anzunehmen, wenn der Begünstigte für die Zuwendung eine adäquate Gegenleistung erbringt. Die Gegenleistung darf aber nicht nur vorgeschoben sein.

OLG Hamburg, Urt. v. 27.6.2013, 3 U 26/12, Tz. 36

Die Antragsgegnerin versucht erfolglos, die Einstufung als unentgeltliche - also ohne Gegenleistung erfolgende - Vergünstigung durch den Hinweis auf den Fragebogen zu entkräften, den die Kunden nach Erhalt der ausgelobten Gegenstände ausfüllen sollen. … Dass die Kunden gemeinsam mit dem Blutzuckermessgerät den Hinweis erhalten, sie dürften das Gerät behalten, wenn sie den Fragebogen zurückschicken, ändert nichts daran, dass in der vorausgehenden Werbung, der die Kunden zur Registrierung veranlasst, ein solcher Zusammenhang nicht hergestellt wird; auf in dieser Weise dem Kunden auferlegte Bedingungen kann bei der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung der vorausgehenden Werbemaßnahme nicht abgestellt werden. Jedenfalls handelt es sich bei dem Ausfüllen des Fragebogens nicht um eine adäquate Gegenleistung für Waren im (von der Antragsgegnerin behaupteten) Wert von € 100.

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Verkauf unter Selbstkosten

OLG Köln, Urt. v. 23.2.2011, 6 W 2/11 

Das Angebot eines Scanners zu einem Preis von 5.000 € statt 17.900 € ist eine Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG. Allerdings muss eine derartige Zuwendung unentgeltlich sein. Dazu ist aber eine völlige Unentgeltlichkeit nicht erforderlich. Vielmehr genügt es, dass die Werbegabe nur scheinbar entgeltlich gewährt wird oder ein im Verhältnis zum marktgerechten Preis sehr geringfügiges Entgelt verlangt wird (vgl. OLG Nürnberg, WRP 2009, 106). Insofern können die Maßstäbe herangezogen werden, die im Rahmen des früheren § 1 Abs. 1 Satz 2 ZugabeVO entwickelt worden sind. Maßgeblich ist danach, ob der Preis für die Nebenware ordnungsgemäß kalkuliert worden ist oder nicht. Ein sog. Scheinentgelt liegt daher vor, wenn ein Artikel zum Einstandspreis oder sogar darunter verkauft wird.

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Abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung

BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 206/1, Tz. 12 – Brötchen Gutschein

Das in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG geregelte grundsätzliche Verbot von Werbegaben soll durch eine weitgehende Eindämmung der Wertreklame im Bereich der Heilmittel der abstrakten Gefahr begegnen, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und gegebenenfalls welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, durch die Aussicht auf Werbegaben unsachlich beeinflusst werden. Soweit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 HWG entgegen den Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes (§ 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG) gewährte Werbegaben generell verbietet, soll damit ein ruinöser Preiswettbewerb zwischen den Apotheken verhindert und so eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt werden (vgl. BGH, GRUR 2019, 203 Rn. 45 - Versandapotheke). Auch dieses Ziel dient dem Interesse der Verbraucher.

Ebenso BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 60/18, Tz. 15

BGH, Urt. v. 18.11.2021, I ZR 214/18, Tz. 43 - Gewinnspielwerbung II

Eine Werbegabe im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG liegt nur dann vor, wenn ihr Anbieten, Ankündigen oder Gewähren zumindest die abstrakte Ge-fahr einer unsachlichen Beeinflussung des Werbeadressaten begründet. Diese teleologische Einschränkung des Begriffs der Werbegabe gilt nicht nur für die Fachkreiswerbung, sondern auch für die Publikumswerbung (BGH, GRUR 2020, 659 Rn. 24 - Gewinnspielwerbung I, mwN).

Ebenso BGH, Beschl. v. 13.7.2023, I ZR 182/22, Tz. 44 – Gutscheinwerbung

BGH, Urt. v. 6.11.2014, I ZR 26/13, Tz. 24 - Kostenlose Zweitbrille

Eine Werbegabe im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG liegt nur dann vor, wenn ihr Anbieten, Ankündigen oder Gewähren die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Werbeadressaten begründet (vgl. BGH, GRUR 2014, 689 Rn. 14 - Testen Sie Ihr Fachwissen).

Ebenso BGH, Beschl. v. 20.2.2020, I ZR 214/18, Tz. 24 – Gewinnspielwerbung; OLG Köln, Urt. v. Urt. v. 7.12.2018, 6 U 95/18, Tz. 30; OLG Hamburg, Urt. v. 20.6.2019, 3 U 137/18, Tz. 28

OLG Köln, Urt. v. Urt. v. 7.12.2018, 6 U 95/18, Tz. 30 f

Das grundsätzliche Verbot der Wertreklame soll nur solche Verkaufsförderungspraktiken verhindern, die geeignet sind, bei den Angehörigen der Gesundheitsberufe ein wirtschaftliches Interesse an der Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln zu wecken. Die beanstandete Werbung muss also den Adressaten veranlassen können, sein Verhalten bei der Beratung der Kunden gerade im Hinblick auf die Werbegabe zu deren Gunsten unsachlich zu ändern.

Das Bestehen einer abstrakten Gefahr kann bei richtlinienkonformer Auslegung allerdings nicht bereits allein im Hinblick auf die Geringwertigkeit der Werbegabe verneint werden, da dieser Punkt erst im Rahmen der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG berücksichtigt werden darf. Andernfalls könnte - unionsrechtswidrig - allein schon die Geringwertigkeit der Werbegabe und eine daran anknüpfende Ungeeignetheit, bei den Fachkreisangehörigen ein wirtschaftliches Interesse an der Abgabe des beworbenen Heilmittels zu wecken, aus dem Anwendungsbereich des Werbeverbotes herausführen, obwohl das Gesetz kumulativ verlangt, dass die Werbegabe für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang ist.

BGH, Urt. v. 12.2.2015, I ZR 213/13, Tz. 18 – Fahrdienst zur Augenklinik

Wenn aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Patient … durch das Angebot (hier eines Fahrdienstes) veranlasst wird, gerade deswegen die Dienste des Werbenden in Anspruch zu nehmen, reicht das für die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung aus.

OLG Stuttgart, Urt. v. 6.8.2020, 2 W 23/20, Tz. 41

Bei der Publikumswerbung ist die abstrakte Gefahr einer unsachgemäßen Beeinflussung anzunehmen, wenn es nach den Umständen nicht fernliegt, dass sich ein Verbraucher, der eine Brille für die Korrektur einer Sehschwäche benötigt, für eine solche vom Werbenden entscheidet, ohne zuvor eine von ihm andernfalls vorgenommene Prüfung durchzuführen, ob das Angebot eines anderen Unternehmens seinen persönlichen Bedürfnissen besser entspricht (BGH, Urteil vom 06. November 2014 – I ZR 26/13, juris Rn. 24 – Kostenlose Zweitbrille). Die abstrakte Gefahr einer unsachgemäßen Beeinflussung besteht mithin nicht darin, dass der von der Werbung angesprochene Adressat eine Entscheidung über eine von ihm zu bezahlende Leistung trifft, die er sonst nicht in Anspruch genommen hätte, sondern darin, dass er sich für die Leistung (Brillengestell und Glas) entscheidet, ohne die Produkte der Mitbewerber in seine Entscheidung einzubeziehen.

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Beispiele

Koppelungsangebote

OLG Köln, Urt. v. 19.8.2011, 6 U 78/11, II.1

Bei der Koppelung eines apothekenpflichtigen Arzneimittels mit einem Hörbuch handelt es sich aus der maßgeblichen Kundensicht bei der CD um eine unentgeltliche Zugabe zu dem Arzneimittel. Denn in Apotheken werden üblicherweise keine Hörbücher, sondern Heilmittel verkauft.

Zu einem Angebot von '3-Jahren Batterien für ein Hörgerät':

KG, Urt. v. 17.12.2019, 5 U 50/19, B.I.1.c (WRP 2020, 495)

Die Bewerbung als „Vorteilspaket“ spricht noch nicht gegen eine Einstufung als unentgeltliche Zuwendung (vgl. BGH, Urt. v. 6.11.2014, I ZR 26/13, Tz. 20 – Kostenlose Zweitbrille). …

Der Annahme eines einheitlichen Angebots steht hier aber entgegen, dass überhaupt kein Preis genannt wird und der Versicherte davon ausgeht, für das Hörgerät selbst im Ergebnis ohnehin nichts zahlen zu müssen, weil die Kosten des Hörgeräts von der A. übernommen werden.

Die Kosten für die Batterien eines Hörgeräts sind hingegen … nicht erstattungsfähig. Insoweit stellen die Batterien nach der Vorstellung des Versicherten letztlich die einzige Leistung dar, für die er überhaupt zahlen muss. Er geht deshalb davon aus, dass die einzigen, ihm entstehenden Kosten wegfallen, und sieht die Zugabe der Batterien als Geschenk an.

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Medien mit fachliche Informationen

BGH, Urt. v. 17.8.2011, I ZR 13/10 - Arzneimitteldatenbank

Wie der Senat in der Entscheidung „Fortbildungs-Kassetten“ entschieden hat, kann im Hinblick auf das mit § 7 HWG verfolgte Ziel, durch weitgehende Eindämmung von Werbegeschenken im Arzneimittelbereich der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, auch ein Medium der Fachinformation wie etwa eine Kassette, eine Zeitschrift oder ein Buch als Werbegabe im Sinn dieser Vorschrift in Betracht kommen, wenn es kostenlos an Ärzte abgegeben wird und diese Abgabe in einem dem Gesetzeszweck genügenden Zusammenhang mit der Werbung für Arzneimittel steht (BGH, GRUR 1990, 1041, 1042).

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Treueprogramme/Kundenbindungsprogramme

BGH, Urt. v. 26.3.2009, I ZR 99/07, Tz. 16 - DeguSmiles & more

Es ist als unerheblich anzusehen, dass die Kunden die für die Gewährung von Prämien erforderlichen Prämienpunkte nicht allein für mit bestimmten Produkten, sondern für alle bei der Beklagten getätigte Umsätze erhalten. … Die Eignung einer Zuwendung, den Absatz eines Heilmittels unsachlich zu beeinflussen, hängt nicht davon ab, ob die Zuwendung allein für genau benannte Heilmittel, eine nicht näher eingegrenzte Vielzahl von Heilmitteln oder sogar für das gesamte, neben Heilmitteln auch andere Produkte umfassende Sortiment angekündigt und gewährt wird. Der Umstand, dass das von der Klägerin beanstandete, in Form eines Treueprogramms betriebene Kundenbindungssystem der Beklagten sich auf deren gesamtes Sortiment erstreckt, steht daher der Beurteilung, es handele sich um Absatzwerbung, nicht etwa zwingend entgegen.

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Ärztliche Leistungen

In bestimmten Konstellationen können auch ärztliche Leistungen als Zuwendungen gegeben werden. Das ist bspw. der Fall, wenn eine Praxis oder Klinik mit unentgeltlichen Leistungen wirbt, bei denen der angesprochene Verkehr davon ausgeht, dass sie üblicherweise entgeltlich erbracht werden.

Untersuchungen

OLG Celle, Beschl. v. 3.11.2011, 13 U 167/11, 2.b.bb (= GRUR-RR 2012, 262)

Bei der angebotenen Venenkurzuntersuchung handelt es sich um einen Teil einer ärztlichen Leistung, die in der Regel nur gegen Geld zu erhalten ist. Der interessierte Verbraucher erwartet im Rahmen einer solchen ärztlichen Venenkurzuntersuchung eine individuelle körperliche Befunderhebung zu seinem Venensystem und gegebenenfalls eine weiterführende Beratung. Daher stellt sich die Kostenlosigkeit des Venenchecks jedenfalls aus Sicht des Verbrauchers als Zuwendung und sonstige Werbegabe im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG dar, die geeignet ist, seine Entscheidung, ob und in wessen Behandlung er sich begibt, unsachlich zu beeinflussen.

Beratungsgespräche

OLG Hamburg, Beschl. v.4.9.2017, 3 U 183/15

Das von der Beklagten beworbene „kostenlose Beratungsgespräch“ zu Brustvergrößerungen stellt in den Augen des angesprochenen Verkehrs, auf dessen Sicht abzustellen ist, eine unentgeltliche Zuwendung zum Zwecke der Absatzförderung dar, welches üblicherweise nur gegen Entgelt zu erhalten ist. ...

Eine individuelle ärztliche Beratung zu einer Brustvergrößerung außerhalb des medizinisch notwendigen Bereichs erwartet der angesprochene Verkehr - anders als bei anderen Leistungen, wie kostenlosen Seh- und Hörtests - nur gegen eine Vergütung.

Es kommt nicht darauf an, ob die Beklagte als juristische Person tatsächlich gegenüber dem Patienten auf der Grundlage der Gebührenordnung für Ärzte abrechnen darf und abrechnet.

Es ist nicht entscheidend, welche Beratung die Beklagte tatsächlich durchführt, sondern wie der Verkehr die Anzeige versteht, da die Vorschrift des § 7 HWG nicht nur das „anbieten“ sondern auch das „ankündigen“ untersagt.

Behandlungen

Zur Auslage des Gutscheins eines Dritten für Patienten, auf denen ein Rabatt für eine Zahnreinigung versprochen wurde, den nicht der Zahnarzt, sondern der Dritte gewährt.

OLG Hamburg, Beschl. v. 14.4.2020, 3 W 17/20, Tz. 39

Vorliegend handelt es sich aus Sicht der Ärzte nicht um eine Zuwendung der Antragsgegnerin an sie, weil es aus ihrer Perspektive an dem Geschenkcharakter fehlt. Sie erbringen im Rahmen einer Zahnreinigungs- oder Zahnaufhellungsbehandlung dieselbe Leistung wie bisher auch und erhalten dasselbe Entgelt dafür. Allein die Möglichkeit, dass aufgrund des Rabattes mehr Patienten als bisher eine Zahnreinigungs- bzw. Zahnaufhellungsbehandlung durchführen lassen, genügt nicht für die Bejahung einer Werbegabe.

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Verkaufshilfen/Werbehilfen

Die verbotenen Zuwendungen und Werbegaben sind von Verkaufshilfen abzugrenzen, die einer nachfolgenden Handelsstufe zum Zwecke der Werbung für ein Arzneimittel zur Verfügung gestellt werden. Dazu zählt alles, was den Absatz eines Arzneimittels fördert (Display, Plakat, Broschüte, etc.), ohne der nachfolgenden Handelsstufe einen über die Absatzförderung hinaus gehenden, ihr verbleibenden wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen.

BGH, Urt. v. 25.4.2012, I ZR 105/10, Tz. 24 - DAS GROSSE RÄTSELHEFT

Das Verbot von Werbegaben bei produktbezogener Werbung für Heilmittel soll der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung der Werbeadressaten begegnen. Eine solche Gefahr besteht dann nicht, wenn die Adressaten die Zuwendung nicht als ein ihnen zugedachtes Werbegeschenk ansehen. Werbegaben im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG sind daher von unentgeltlichen Werbehilfen an Angehörige der Heilberufe abzugrenzen, bei denen die Werbung gegenüber den Endverbrauchern im Mittelpunkt steht und die aus Sicht der Empfänger vorwiegend dem eigenen Interesse des Herstellers dienen. Werbehilfen können allerdings zugleich Werbegaben sein, wenn sie dem Einzel- oder Zwischenhändler einen über die Werbung gegenüber dem Endverbraucher oder Nächstabnehmer hinausgehenden gewichtigen Zweitnutzen bieten, der geeignet ist, den Kaufentschluss des Einzel- oder Zwischenhändlers zu beeinflussen.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.2008, I-20 U 173/07, Tz. 22

Von Werbegaben sind Werbe- und Verkaufshilfen des Herstellers abzugrenzen, die dieser im eigenen Interesse und mit dem Ziel, den Absatz seiner Waren zu fördern, verbreitet. Sie werden in der Rechtsprechung für zulässig erachtet.

Nach diesen Grundsätzen liegt in einer Werbebroschüre keine unzulässige "Werbegabe" im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG, sondern eine von dieser Vorschrift nicht erfasste Verkaufshilfe. ... Ein wirtschaftlicher Vorteil für die Apotheker als Empfänger der Hefte, der über eine mögliche werbebedingte Umsatzsteigerung hinausginge, ist nicht erkennbar und insbesondere auch nicht daraus herzuleiten, dass die Abgabe an die Apotheken kostenlos erfolgt.

Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung wurde zurückgewiesen (BGH, Beschl. v. 15.4.2010, I ZR 193/08).

OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.11.1984, 2 U 191/83

Werbekalender, die ein pharmazeutisches Unternehmen in großer Zahl als Werbehilfe und Verkaufshilfe an Apotheken und Drogerien zwecks Verteilung an die Kunden abgibt, und die nach der Art ihrer Aufmachung (Aufschrift, Stempelfeld) nicht zur Eigenwerbung der Apotheken und Drogerien geeignet sind, verstoßen nicht gegen § 7 HWG.

Ein Rätselheft für Apotheken mit Hinweise auf die jeweilige Apotheke auf der Titelseite und der Rückseite der Hefte sowie einer Vielzahl von Rätseln in deren Inneren, denen nur unwesentlich Arzneimittelwerbung beigefügt ist, wurde als Werbegabe, nicht als Werbehilfe gewertet (BGH, Urt. v. 25.4.2012, I ZR 105/10, Tz. 25 - DAS GROSSE RÄTSELHEFT)

Die zeitweise Aufstellung eines Massagesessels in einer Apotheke, der von Kunden genutzt werden konnte und mit dem Werbung für eine Arzneimittelserie gemacht wurde, wurde nicht als Verkaufshilfe angesehen.

OLG Hamburg, Urt. v. 14.2.2013, 3 U 24/12, II.b.aa - Massagesessel

Werbegaben, d. h. alle unentgeltlich gewährten Vergünstigungen, die als Zugabe oder sonstige Werbegabe zum Zwecke der Absatzförderung von Heilmitteln gewerblich eingesetzt werden, sind daher von den unentgeltlichen Werbehilfen abzugrenzen, bei denen die Werbung gegenüber den Endverbrauchern im Mittelpunkt steht und die aus Sicht der Empfänger vorwiegend dem eigenen Interesse des Herstellers dienen (vgl. BGH, Urt. v. 25.4.2012, I ZR 105/10, Tz. 24 - DAS GROSSE RÄTSELHEFT). Werbehilfen können allerdings zugleich Werbegaben sein, wenn sie dem Einzel- oder Zwischenhändler einen über die Werbung gegenüber dem Endverbraucher oder Nachstabnehmer hinausgehenden gewichtigen - nicht notwendig überwiegenden Zweitnutzem - bieten, der geeignet ist, den Kaufentschluss des Einzel- oder Zwischenhändlers zu beeinflussen (BGH, Urt. v. 25.4.2012, I ZR 105/10, Tz. 25 - DAS GROSSE RÄTSELHEFT; BGH, Urt. v. 24.3.1972, l ZR 130/70 - „Cognac-Portionierer = GRUR 1972, 611).

OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16, II.1.b.dd

Bei reinen Verkaufshilfen (z. B. Schaufensterdekoration) steht nicht die Werbung des Herstellers gegenüber dem Einzelhändler - z.B. dem Apotheker -, sondern gegenüber dem Endverbraucher im Mittelpunkt. Sie werden von Herstellern an Einzel- oder Zwischenhändler unentgeltlich abgegeben, um diesen die Werbung oder den Verkauf ihrer Produkte gegenüber Endverbrauchern oder Nächstabnehmern zu erleichtern. Sie dienen damit vorwiegend dem eigenen Interesse des Herstellers und sind damit keine Zuwendungen oder sonstige Werbegaben im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.2008, 20 U 173/07, Tz. 22).

Ebenso OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16, II.2.b.dd - Smiles®Plus Partnerprogramm

OLG München, Urt. v. 23.2.2017, 29 U 2934/16, II.2.b.dd - Smiles®Plus Partnerprogramm

Im Streitfall handelt es sich bei den Service-Paketen nicht um Werbung der Beklagten gegenüber Apothekenkunden. Die Service-Pakete bestehen aus jeweils fünf verschiedenen Produktkategorien, enthalten Produkte zur Abgabe an die Apothekenkunden wie Pflaster, Boxen, Gummibären, Tüten, Patientenbroschüren, Karabiner, Taschentücher, Frisbees, Telefonblöcke, Kugelschreiber und Dosieretiketten und sind zur unentgeltlichen Weitergabe an die Apothekenkunden vorgesehen. Zwar ist auf den einzelnen Paketen und den Verpackungen der darin befindlichen Gegenstände jeweils das als Smiley ausgestaltete Logo des …Smiles®Plus Partnerprogramms der Beklagten angebracht (vgl. Anlage K 3, Seiten 3 und 4). Konkrete Arzneimittel der Beklagten werden damit aber nicht beworben. Die Apotheken sind auch nicht verpflichtet, die in den Service-Paketen enthaltenen Produkte ausschließlich an Apothekenkunden weiterzureichen, denen sie Arzneimittel der Beklagten abgeben. Die Apothekenkunden werden die unentgeltlich überlassenen Gegenstände als eine weitergehende Leistung der Apotheke zur Kundenbindung ansehen und nicht als Werbung der Beklagten für einzelne Importarzneimittel oder deren Leistungsfähigkeit. Vielmehr stellen die an die Bonuspunkte gekoppelten Service-Pakete eine zusätzliche Rabattierung der von den Apotheken abgegebenen Arzneimittel der Beklagten dar.

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Arzneimitteldatenbank für Ärzte (werbefinanziert)

Zur Zurverfügungstellung einer werbefinanzierten Arzneimitteldatenbank für und an Ärzte.

BGH, Urt. v. 17.8.2011, I ZR 13/10, Tz. 15, 19 - Arzneimitteldatenbank

Ärzte, denen die werbefinanzierte Arzneimitteldatenbank kostenlos zur Verfügung gestellt wird, erkennen keinen Zusammenhang mit einer Heilmittelwerbung und verstehen die Datenbank daher auch nicht als Zuwendung der dort werbenden Arzneimittelhersteller.

Ärzte sind heute ebenso wie die Angehörigen anderer Berufskreise daran gewöhnt, dass ihnen anzeigenfinanziert Informationen - etwa über das Internet, im Fernsehen oder in einer Zeitschrift - unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Eine solche Informationsvermittlung wird daher nicht als Geschenk empfunden, für das man sich - beispielsweise durch das Verschreiben bestimmter Präparate - in irgendeiner Weise gegenüber dem Zuwendenden dankbar erweisen müsste.

in Bestätigung von

OLG München, Urt. v. 3.12.2009, 29 U 3781/09, II.1.b.cc

Grundsätzlich kann auch ein Medium der Fachinformation (Kassette, Zeitschrift, Buch u.a.) als Zuwendung oder Werbegabe im Sinn des § 7 HWG in Betracht kommen, wenn es kostenlos an Ärzte abgegeben wird und diese Abgabe in einem dem Gesetzeszweck genügenden Zusammenhang mit der Werbung für ein Arzneimittel steht (vgl. BGH GRUR 1990, 1041, 1042 - Fortbildungs-Kassetten). Für Arzneimitteldatenbanken gilt Entsprechendes. Ein solcher Zusammenhang setzt indes voraus, dass die Zuwendung zum Zwecke der Werbung erfolgt und dieser Zweck auch für den Empfänger der Leistung erkennbar ist; nach Sinn und Zweck des § 7 HWG ist weiter erforderlich, dass der Empfänger der Leistung deren unentgeltliche Verteilung in einen Zusammenhang mit einem oder mehreren bestimmten Arzneimitteln setzt und deren Herstellern zurechnet, da nur dann die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung besteht, die das Gesetz verhindern will (vgl. BGH GRUR 1990, 1041, 1042 - Fortbildungs-Kassetten). Die Bestimmung des § 7 HWG ist nur anwendbar, wenn gewährte Zuwendungen sich aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs als Werbung für konkrete Heilmittel darstellen (vgl. BGH GRUR 2009, 1082, Tz. 15 - DeguSmiles & more m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei der Arzneimitteldatenbank "i.p." weder um eine Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG noch um eine Werbegabe im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG. Die genannte Arzneimitteldatenbank stellt sich aus der Sicht der angesprochenen Ärzte nicht als Werbung für konkrete Arzneimittel dar.

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Arzneimittel

Zur Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel siehe § 47 AMG.

BGH, Urt. v. 17.12.2020, I ZR 235/16, Tz. 26 – Apothekenmuster II

Die Zulässigkeit der Abgabe von Gratismustern nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheker richtet sich nach den diesen Fall betreffenden einschränkenden Bedingungen der Richtlinie 2001/83/EG und dem Erfordernis der Wahrung der mit der Richtlinie verfolgten Ziele (EuGH, GRUR 2020, 764 Rn. 51 - ratiopharm). Namentlich ergibt sich aus Art. 94 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG in Verbindung mit den Erwägungsgründen 46 und 51 dieser Richtlinie der unionsrechtliche Maßstab für die Zulässigkeit einer solchen Abgabe an Apotheker (vgl. EuGH, GRUR 2020, 764 Rn. 50 - ratiopharm). Nach dieser Bestimmung ist es verboten, im Rahmen der Verkaufsförderung für Arzneimittel bei den zu ihrer Verschreibung oder Abgabe berechtigten Personen diesen eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen. Abweichendes gilt allein dann, wenn die Vorteile entweder von geringem Wert und für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang sind (Art. 94 Abs. 1 aE der Richtlinie 2001/83/EG) oder in einer Bewirtung bestehen, die den in Art. 95 dieser Richtlinie beschriebenen Rahmen nicht überschreitet.

BGH, Urt. v. 17.12.2020, I ZR 235/16Tz. 29 – Apothekenmuster II

Die Abgabe eines Gratismusters eines Arzneimittels kann eine Zuwendung in Form einer Ware im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG darstellen (…). Nichts anderes ergibt eine unionsrechtskonforme Auslegung von § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG. Der Gerichtshof der Europäischen Union geht ebenfalls davon aus, dass die Abgabe eines Gratismusters eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels an einen Apotheker, wie sie im Streitfall in Rede steht, als ein Vorteil im Sinne von Art. 94 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG angesehen werden kann (vgl. EuGH, GRUR 2020, 764 Rn. 50 - ratiopharm).

BGH, Urt. v. 17.12.2020, I ZR 235/16Tz. 30 f – Apothekenmuster II

Die Annahme einer unzulässigen Wertreklame gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG setzt weiter voraus, dass es sich bei der kostenlosen Abgabe von Arzneimittelpackungen mit der Aufschrift "Zu Demonstrationszwecken" nicht um eine Zuwendung von geringem Wert im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG und Art. 94 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG handelt, so dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten nicht ausgeschlossen erscheint (BGH, Urteil vom 25. April 2012 - I ZR 105/10, GRUR 2012, 1279 Rn. 26 = WRP 2012, 1517 - DAS GROSSE RÄTSELHEFT, mwN). Für die insoweit vorzunehmende Wertbemessung kommt es auf den Verbrauchs- oder Verkehrswert an, den die Werbegabe im Allgemeinen für den Durchschnittsadressaten - hier: den Apotheker - hat, wobei Werbeaufdrucke diesen Wert grundsätzlich mindern. Werden für sich allein als geringwertig anzusehende Zuwendungen gebündelt gewährt, ist regelmäßig auf den Summeneffekt abzustellen. Auch wenn es sich im Verhältnis zum Apothekenkunden, der einen einzelnen der dem Apotheker von Pharmaunternehmen zugewandten Gegenstand erhält, um einen Vermögensgegenstand von geringem Wert handeln mag, ist auf die Kosten abzustellen, die der Apotheker insgesamt durch die ihm zugewandten Gegenstände erspart (vgl. BGH, GRUR 2012, 1279 Rn. 27 - DAS GROSSE RÄTSELHEFT, mwN).

Selbst wenn nach diesen Grundsätzen eine Zuwendung von nicht geringem Wert vorliegen sollte, kommt ein auf der Grundlage des Art. 94 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG geregeltes Verbot der Wertreklame nur in Bezug auf solche Verkaufsförderungspraktiken in Betracht, die geeignet sind, bei den zur Verschreibung oder der Abgabe von Arzneimitteln berechtigten Personen ein wirtschaftliches Interesse an der Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln zu wecken (vgl. BGH, GRUR 2011, 1163 Rn. 18 - Arzneimitteldatenbank I; BGH, GRUR 2012, 1279 Rn. 29 - DAS GROSSE RÄTSELHEFT; BGH, GRUR 2014, 689 Rn. 14 - Testen Sie Ihr Fachwissen; vgl. auch Brixius in Bülow/Ring/Artz/Brixius aaO § 7 Rn. 83 und 138).

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Gewinnspiel

Literatur: Laoutoumai, Sebastian, Gewinnspiele im Heilmittelwerberecht, WRP 2018, 283

Verhältnis zu § 11 Abs. 1 Nr. 13 HWG

Siehe dazu auch hier: Nr. 13: Preisausschreiben und Gewinnspiele | omsels.info – Der Online-Kommentar zum UWG

BGH, Urt. v. 12.12.2013, I ZR 83/12, Tz. 10 - Testen Sie Ihr Fachwissen

Aus der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 HWG, wonach außerhalb der Fachkreise im Sinne des § 2 HWG für Arzneimittel nicht mit Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren geworben werden darf, deren Ergebnis vom Zufall abhängt, sofern diese Maßnahmen oder Verfahren einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leisten, lässt sich nicht der Umkehrschluss ziehen, dass Preisausschreiben innerhalb der Fachkreise generell erlaubt sind.

BGH, Beschl. v. 20.2.2020, I ZR 214/18, Tz. 14 – Gewinnspielwerbung

Die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 HWG schließt die Anwendbarkeit von § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG nicht generell aus.

BGH, Urt. v. 18.11.2021, I ZR 214/18, Tz. 30 - Gewinnspielwerbung II

Soweit die Ansicht vertreten wird, die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG sei seit der Neufassung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 HWG mit Wirkung zum 26. Oktober 2012 auf Preisausschreiben nicht mehr anwendbar, die nicht einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leisten (OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.1.2013, I-20 U 93/12, GRUR-RR 2013, 309, 310), kann dem nicht zugestimmt werden.

OLG Koblenz, Urt. v. 23.11.2011, 9 U 493/11

Die Anwendung des § 7 HWG auf Gewinnspiele ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass § 11 Nr. 13 HWG für die Werbung mit Gewinnspielen außerhalb der Fachkreise eine ausdrückliche Regelung vorsieht. Die Vorschrift des § 7 HWG bezweckt den Schutz der Verbraucher vor unsachlicher Beeinflussung und ist daher weit auszulegen. Sie erfasst daher auch die Veranstaltung von Gewinnspielen, wenn ihre Voraussetzungen im Übrigen vorliegen.

KG , Beschl v. 22.5.2017, 5 W 94/17 (WRP 2017, 1016)

Im Fall der Nichtanwendbarkeit des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 13 HWG auf Werbung mit einem Gewinnspiel ist Raum für § 7 HWG. Das Heilmittelwerbegesetz, das unter anderem dem Schutz der Verbraucher vor Fehlentscheidungen beim Arzneimittelgebrauch und vor wirtschaftlicher Übervorteilung dient, enthält in seinem § 11 Abs. 1 S. 1 einen Katalog von Werbemaßnahmen, die bei ihrer Anwendung gegenüber Personen, die nicht den Fachkreisen angehören, schon von ihrer Art her die durch das Heilmittelwerbegesetz geschützten Interessen beeinträchtigen. Darin erschöpft sich aber auch der Regelungsbereich des § 11 Abs. 1 S. 1 HWG. Deshalb ist in dem durch seinen § 1 geregelten sachlichen Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes jeweils noch zu prüfen, ob die betreffende Werbemaßnahme gegen eine andere im Gesetz enthaltene Reglementierung des Werbeverhaltens verstößt. (BGH GRUR 2014, 689 – Testen Sie Ihr Fachwissen, Rn. 11). Im Übrigen sprechen aber auch die unter 1. angestellten Überlegungen gegen die Annahme, dass § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 13 HWG in Bezug auf Werbung für Heilmittel mit Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren, deren Ergebnis vom Zufall abhängig ist, eine abschließende Regelung sein sollte.

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Das Gewinnspiel als Zuwendung

Vor den folgenden Ausführungen beachten Sie die vorstehend wiedergegebene Entscheidung des OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.1.2013, I-20 U 93/12, wonach § 7 HWG auf Gewinnspiele nur noch Anwendung findet, wenn die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 13 HWG - wohl mit Ausnahme des Adressatenkreises 'Verbraucher', weil die Publikumswerbung sonst großzügiger behandet wird als die Werbung gegenüber Fachkreisen - erfüllt werden.

Die Instanzgerichte gingen lange Zeit davon aus, dass jede Veranstaltung von Gewinnspielen eine Zuwendung ist, die in den Anwendungsbereich des § 7 HWG fällt. Der BGH hat mittlerweile aber klargestellt, dass nur solche Zuwendungen erfasst werden, die ein wirtschaftliches Interesse daran erwecken, dass der Absatz des konkret beworbenen Heilmittels gefördert wird. Das ist etwa möglich, wenn nachgewiesene Verschreibungen oder Verkäufe die Teilnahme ermöglichen oder die Gewinnchance erhöhen. Die bloße Beschäftigung mit der Heilmittelwerbung genügt noch nicht.

BGH, Urt. v. 12.12.2013, I ZR 83/12, Tz. 15 - Testen Sie Ihr Fachwissen

Nicht ausreichend ist die mögliche Beeinflussung der Werbeadressaten, die sich daraus ergibt, dass diese sich mit den Angaben in der Werbebeilage näher befassen müssen, wenn sie mit Aussicht auf Gewinn an der Verlosung ... teilnehmen wollten. Diese Einflussnahme bewirkt nur, dass die Werbeadressaten den Inhalt der Werbebeilage zur Kenntnis nehmen. Dadurch wird aber kein wirtschaftliches Interesse an der Abgabe des beworbenen Arzneimittels geweckt, dem das in § 7 Abs. 1 HWG geregelte grundsätzliche Verbot der Wertreklame entgegenwirken soll.

Überholt sind daher OLG Köln, Urt. v. 10.12.2010, 6 U 85/10; aufgehoben wurde OLG Köln, Urt. v. 23.3.2012, 6 U 189/11

Anders verhält es sich aber weiterhin bei der Werbung mit Gewinnspielen gegenüber Verbrauchern, die sich aber inbesondere nach § 11 Abs. 1 Nr. 13 HWG richtet.

Zur Verlosung einer Schönheits-OP

KG , Beschl v. 22.5.2017, 5 W 94/17 (WRP 2017, 1016)

Sowohl in der bloßen Teilnahmemöglichkeit als auch in den ausgelobten Gewinn liegen unentgeltliche Zuwendungen.

Eine Werbegabe im Sinne des § 7 Abs. 1 HWG liegt aber nur dann vor, wenn ihr Anbieten, Ankündigen oder Gewähren zumindest die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Werbeadressaten begründet (BGH GRUR 2014, 689 – Testen Sie Ihr Fachwissen, Rn. 14). Diese Gefahr geht von der beanstandeten Werbung aus. ...

Allein die Möglichkeit der Teilnahme an dem Gewinnspiel “Arno zahlt Deine Schönheits-OP!” führt noch nicht zu einer unsachlichen Beeinflussung der angesprochenen Verkehrskreise. Anders sieht dies jedoch aus, wenn die Teilnahme zu dem ausgelobten Gewinn führt. Das Zusammentreffen des Reizes der Teilnahme an einem Gewinnspiel, der hier durch die Aufgabe, ein bestimmtes Radioprogramm zu verfolgen und bei Nennung des eigenen Namens schnell zu reagieren und bei dem Sender anzurufen, noch gesteigert wird, mit der Freude über den entgegen aller Wahrscheinlichkeit eingetretenen Glücksfall, Gewinner zu sein, birgt die Gefahr unüberlegter Entscheidungen, deren Risiken für die Gesundheit vorab nicht durchdacht worden sind. Der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer macht sich vor der Entscheidung über die Teilnahme an einem Gewinnspiel regelmäßig keine Gedanken, wie er mit dem Gewinn vernünftigerweise verfahren sollte, allein weil die Chance des Gewinns zu gering ist. In der emotionalen Ausnahmesituation nach einem Gewinn steht zu befürchten, dass die Risiken, die die Operation mit sich bringt, nicht mehr beachtet werden.

OLG Frankfurt, Urt. v. 26.7.2018, 6 U 112/17

Die Teilnahme an einem Gewinnspiel ist eine Werbegabe im Sinne dieser Vorschrift. … Die Teilnahmemöglichkeit an dem Gewinnspiel löst einen Anreiz aus, der dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 HWG zuwiderläuft.

Entscheidungen aus der Zeit vor der HWG Reform 2012 müssen mit Bedacht gelesen werden, wie

OLG Koblenz, Urt. v. 23.11.2011, 9 U 493/11

Die Vorschrift des § 7 HWG bezweckt den Schutz der Verbraucher vor unsachlicher Beeinflussung. Dabei ist nicht abzustellen auf die tatsächliche Beeinflussung, sondern darauf, ob von der streitgegenständlichen Werbung der Beklagten eine konkrete Gefahr der ursächlichen Beeinflussung des angesprochenen Verkehrs ausgeht. Dies lässt sich im Hinblick auf die drei Gewinngutscheine im Wert von je 30 € nicht verneinen. Anderes wäre auch schon mit dem Wortlaut des Gesetzes ("Gegenstände von geringem Wert", "geringwertige Kleinigkeiten") nicht zu vereinbaren und widerliefe dem dargestellten Gesetzeszweck im Bereich des Gesundheitswesens.

In diesem Sinne auch OLG Nürnberg, Urt. v. 29.11.2011, 3 U 1429/11, II. 3.

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Gegenleistung

Gewinnspiele gegenüber Fachkreisen sind nur unzulässig, wenn sie geeignet sind, das Verhalten der Fachkreise gerade im Blick auf die Gewinnchance unsachlich zu ändern (BGH, Urt. v. 12.12.2013, I ZR 83/12, Tz. 15 - Testen Sie Ihr Fachwissen). In allen anderen Fällen kommt es auf die weitere Frage, die sich in früheren Urteilen stellte, nämlich ob der Teilnehmer für seine Gewinnchance eine Gegenleistung erbringt, nicht mehr an. Frühere Entscheidungen (z.B. OLG Nürnberg, Urt. v. 29.11.2011, 3 U 1429/11, II. 4; OLG Koblenz, Urt. v. 23.11.2011, 9 U 493/11) sind obsolet.

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Fahrdienste

Der BGH hat einen Meinungsstreit über die Frage beendet, ob das Angebot eines Fahrdienstes (zum Arzt, vom Arzt in die Klinik etc.) eine produktbezogene Werbung und außerdem eine Zuwendung darstellt.

BGH, Urt. v. 12.2.2015, I ZR 213/13, Tz. 16 – Fahrdienst zur Augenklinik

Der Umstand, dass der beanstandete Fahrdienst der Beklagten geeignet ist, deren Ansehen beim Publikum allgemein zu steigern, ändert nichts daran, dass der Fahrdienst aus der dafür maßgeblichen Sicht des angesprochenen Verkehrs in erster Linie der Förderung des Absatzes der Dienstleistungen der Beklagten dient und damit der Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes eröffnet ist.

Durch die Entscheidung wurde die Argumentation in OLG Köln, Urt. v. 22.11.2013, 6 U 91/13, Tz. 33, 35 verworfen.

Die Linie des BGH vertrat schon früher:

OLG Düsseldorf, Urt. v. 4.12.2012, I-20 46/12, Tz. 37 ff - Shuttle-Service

Die Antragsgegnerin bietet die hier in Rede stehende Zugabe nicht als Imagewerbung an, sondern in Bezug auf konkrete Verfahren und Behandlungen. ...

Zwar fällt nicht jede Werbung für Verfahren und Behandlungen unter die Bestimmungen des Heilmittelwerbegesetzes. Einbezogen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes ist nur die produktbezogene Werbung (Produkt- und Absatzwerbung), nicht hingegen die allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens- und Imagewerbung), die ohne Bezugnahme auf bestimmte Verfahren und Behandlungen für Ansehen und Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein wirbt. Die Beantwortung der für die Anwendbarkeit des Heilmittelwerbegesetzes entscheidenden Frage, ob die zu beurteilende Werbung Absatz- oder Firmenwerbung ist, hängt danach maßgeblich davon ab, ob nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung die Darstellung des Unternehmens oder aber die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Verfahren und Behandlungen im Vordergrund steht (BGH GRUR 2003, 353, 355 f. – Klinik mit Belegärzten). Diese Einschränkung trägt dem Zweck des Heilmittelwerbegesetzes Rechnung, den Einzelnen und die Allgemeinheit vor den Gefahren einer unsachgemäßen Selbstmedikation und einer unsachlichen Werbung zu schützen (Köhler a.a.O., § 4 Rn. 11.133). Der Patient soll davor geschützt werden, seine Entscheidung auf sachfremde Erwägungen zu stützen.

Nach diesen Grundsätzen wirbt die Antragsgegnerin mit dem Angebot eines kostenlosen Transfers zur und von der Klinik D. für konkrete Verfahren und Behandlungen. So führt die streitgegenständliche Werbung im Internet ganz konkrete Operationen und Behandlungen auf. Patienten, die mit der Möglichkeit rechnen, eine derartige Operation zu benötigen, werden so dazu veranlasst, sich zur Behandlung an die Antragsgegnerin zu wenden, weil sie im Falle einer Operation den Transport zur Klinik D. nicht selber organisieren und bezahlen müssen.

Zur ergänzenden Frage, ob es sich bei einem Fahrdienst um eine handelsübliche Nebenleistung handelt, siehe OLG Köln, Urt. v. 29.4.2016, 6 U 91/13, Tz. 33 und hier.

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Verzicht auf Zuzahlung

OLG Stuttgart, Urt. v. 9.7.2015, 2 U 83/14, Tz. 52

Die Beklagte bietet mit der Ankündigung, die auch aus Sicht des gesetzlich Versicherten anfallende Zuzahlung zu übernehmen, eine nicht berechnete geldwerte Vergünstigung im Zusammenhang mit der Werbung für eine nicht eingegrenzten Vielzahl von Heilmitteln oder sogar des gesamten Sortiments des werbenden Unternehmens insoweit an. Spätestens durch diese Art der Werbung wird dem angesprochenen Verbraucher bewusst, dass auch für diese Leistung seiner gesetzlichen Krankenversicherung eine Zuzahlung anfällt; von dieser soll er - einem Geschenk gleichkommend - vom Anbieter freigestellt werden. Auch aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs wird damit eine Werbegabe im Sinne des § 7 Abs. 1 HWG ausgelobt. Diese mit dem begehrten Heilmittel nicht in einer Warengleichartigkeit in Verbindung stehende Zusatzleistung ist in hohem Maße geeignet, den Werbeadressaten in unsachlicher Weise hinsichtlich seiner Entscheidung, wo er dieses Heilmittel erwirbt, zu beeinflussen. Denn ähnlich wie die Praxisgebühr ist diese Zuzahlung negativ konnotiert, auch der Gesetzgeber beschäftigt sich im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle mit diesem sozialversicherungsrechtlichen Steuerungsinstrument; zudem sind Beträge bis zu 10,00 EUR für Rentner, die oftmals mit einer nur geringen Rente auskommen müssen, ein erhebliches Kaufargument, sprich ein nachhaltiges Marketing-instrument, deren Nachfrageverhalten zu steuern. Damit liegt eine relevante Werbegabe vor, die jedenfalls bei diesen bezeichneten Vergünstigungen auch die Geringwertigkeitsschwelle übersteigt. Danach ist der Grundverbotstatbestand des § 7 Abs. 1 HWG insoweit erfüllt.

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Rückerstattung des Kaufpreises

OLG Köln, Urt. v. 17.12.22021, 6 U 91/21, Tz. 67

Die Beklagte gewährt den Käufern ihres Produktes die Rückerstattung des gezahlten Kaufpreises, wenn diese ein Foto von der Verpackung nebst Kassenbon auf deren Website unter Angabe von Name, Anschrift und Bankverbindung hochladen. Diese Kaufpreisrückerstattung stellt eine unentgeltliche Vergünstigung im Zusammenhang mit dem Erwerb des Produktes dar und insofern eine Zuwendung oder Werbegabe gemäß § 7 Abs. 1 HWG.

OLG Hamburg, Urt. v. 20.6.2019, 3 U 137/18, Tz. 25

Unentgeltlichkeit ist auch zu bejahen, wenn der Kunde zum Erhalt einer Rückerstattung des Kaufpreises auf einer Internetseite Fotos hochladen und bestimmte Angaben tätigen, um die Erstattung zu erhalten. Objektiv liegt darin jedoch keine (adäquate) Gegenleistung für die Zuwendung.

OLG Hamburg, Urt. v. 20.6.2019, 3 U 137/18, Tz. 25

Es besteht ... die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung. Zwar handelt es sich um ein Produkt, welches die Betroffenen verbrauchen und laufend nachkaufen müssen und bei dem eine Überdosierung ausscheidet. Eine abstrakte Gefährdung von Gesundheitsinteressen lässt sich jedoch nicht ausschließen, da denkbar ist, dass der Verkehr bei der Kaufentscheidung Gesichtspunkte wie Qualität und Geeignetheit (z.B. im Hinblick auf die Passform, die Saugstärke o.ä.) außer Acht lässt und sich allein von der Aussicht auf die Rückerstattung des Kaufpreises leiten lässt. Der positiven Feststellung der Gefahr einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung bedarf es insoweit, da es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt, nicht (Doepner/Reese, HWG, § 7 Rn. 215).

ABER:

OLG Köln, Urt. v. 17.12.22021, 6 U 91/21, Tz. 69 f, 72

Für die von der Beklagten praktizierte Kaufpreisrückerstattung greift allerdings der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. a HWG, wonach die Zuwendung oder Werbegabe zulässig ist, wenn sie in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag gewährt wird.

Nicht das Produkt an sich, sondern der ... zurückgezahlte Kaufpreis ist der Zuwendungsgegenstand, sodass der Ausnahmetatbestand für geringwertige Gegenstände gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWG nicht einschlägig ist. ...

Maßgeblich ist, dass das Produkt zunächst von dem Verbraucher selbst vollständig bezahlt werden muss. Das Geldvermögen des Verbrauchers bleibt daher nicht unverändert, während das Produkt zusätzlicher Vermögensbestandteil würde. Denn durch den erforderlichen Abschluss eines Kaufvertrages wird das Geldvermögen des Verbrauchers als Gegenleistung für das Produkt unmittelbar gemindert. Die (eventuell später erfolgende) Kaufpreisrückerstattung hingegen ist allein von dem Willen des Verbrauchers abhängig, die hierfür erforderlichen Schritte vorzunehmen und somit nur mittelbar auf den Erwerb des Produktes zurückzuführen. Letztlich trägt der Verbraucher folglich das Risiko, bei Nichterfüllung der Teilnahmevoraussetzungen keinen Anspruch auf die Kaufpreisrückerstattung zu haben. Es kann daher nicht darauf abgestellt werden, dass das Vermögen des Verbrauchers bei einer Betrachtung ex-post nicht gemindert, sondern um das Produkt vermehrt wurde. Somit wird der Verbraucher, dessen Verständnis der Senat selbst bestimmen kann, die Ankündigung nicht als Abgabe des Produkts ohne Zahlung eines Entgelts verstehen. Darüber hinaus sind dem Verbraucher vergleichbare Aktionen bekannt, sodass er die weiteren Informationen über die Bedingungen der Rückerstattung berücksichtigen wird.

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Medizinische Untersuchungen

Eignungstest für Augenlaseroperationen

OLG München, Urt. v. 9.11.2017, 26 U 4850/16 (WRP 2018, 247)

Bei einem kostenfreien Eignungscheck handelt es sich um eine Werbegabe im Sinne von § 7 Abs. 1 HWG. Auch bei nicht von Ärzten durchgeführten Augenmessungen handelt es sich um geldwerte Vergünstigungen, da eine Verpflichtung, eine erste Augenmessung kostenfrei durchzuführen, aus Sicht des Empfängers nicht besteht.

Ebenso OLG München, Urt. v. 9.11.2017, 29 U 4850/ 16, II.1.b.aa (= WRP 2018, 247)

Die Werbung und die Durchführung des kostenfreien Eignungschecks sind jedoch von der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 1 Nr. 3 HWG umfasst. Siehe dazu hier.

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Fortbildungen

OLG Hamm, Urt. v. 15.2.2022, 4 U 142/21, Tz. 40

Für die im vorliegenden Verfahren zu beurteilende Übernahme des Teilnahmeentgelts für eine von einem Dritten angebotene Fortbildungsveranstaltung als Vergünstigung für die Bestellung eines bestimmten Produktes kann nichts anderes gelten als für die vom Bundesgerichtshof angesprochene kostenlose Abgabe von Fachinformationsmedien wie Kassetten, Zeitschriften oder Büchern als Werbegeschenke.

Siehe dazu BGH, Urt. v. 17.8.2011, I ZR 13/10, Tz. 15 - Arzneimitteldatenbank I und BGH, Urt. v. 21.6.1990, I ZR 240/88 – Fortbildungs- Kassetten

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Klinikprivileg

OLG Celle, Beschl. v. 3.11.2011, 13 U 167/11, 2.f (= GRUR-RR 2012, 262)

Nach dem so genannte Klinikprivileg gelten für Kliniken (und vergleichbare gewerbliche Unternehmen) nicht dieselben Werbebeschränkungen wie für Ärzte, denn bei ihnen handelt es sich zumindest auch um Gewerbebetriebe, die aufgrund des höheren personellen und sachlichen Aufwands und der laufenden Betriebskosten durch Werbebeschränkungen typischerweise stärker belastet sind als die Gruppe niedergelassener Ärzte. Sie sind zur Sicherung ihrer Existenz darauf angewiesen, auf ihr Leistungsangebot aufmerksam zu machen. Kliniken (und vergleichbare Unternehmen) dürfen daher in sachangemessener Weise für ihre eigenen wenngleich durch angestellte Ärzte, Vertragsärzte und Belegärzte erbrachten Leistungen und für die Eigenschaften ihres Betriebs, insbesondere Klinikführung, -ausstattung und -athmosphäre werben (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 4 UWG, Rn. 11.114 m.w.N.; s. auch BGH, Urteil vom 31.10.2002, I ZR 60/00, zitiert nach juris, Rn. 48). Sachangemessen ist die Werbung, wenn sie einem berechtigten Informationsbedürfnis der Patienten entspricht.

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Preisvorschriften aufgrund des AMG

Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes gelten.

Zur Arzneimittelpreisbindung siehe hier.

BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 206/1, Tz. 27 ff – Brötchen Gutschein

Ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt nicht nur vor, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem niedrigeren Preis abgibt. Die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung werden vielmehr auch dann verletzt, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der vorgeschriebene Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen.

Der Arzneimittelpreisbindung unterfällt jede Werbegabe nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG, die dem Kunden einen geldwerten Vorteil gewährt. ... Es kommt nicht darauf an, welcher Zweck mit der Gewährung des den Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes widersprechenden Vorteils verfolgt wird. Desgleichen kommt es nicht darauf an, ob der Wert dieses Gutscheins lediglich 30 Cent beträgt. Der Begriff der Werbegabe im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG ist weit zu verstehen. Er umfasst sowohl branchenbezogene als auch branchenferne Geschenke jeder Art und - abgesehen von den in § 7 HWG geregelten Ausnahmen - jeden Wertes (Reese in Doepner/Reese, HWG, 3. Aufl., § 7 Rn. 92).

§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HWG greift auch bei preisgebundenen Arzneimitteln, da sie insoweit keine Einschränkung enthält (Reese in Doepner/Reese aaO § 7 Rn. 140; Mand in Gröning/Mand/Reinhart aaO § 7 Rn. 174 und 235). … Maßgeblich für die Eigenschaft als Zubehör ist eine funktionale Beziehung zur Hauptware …. Eine Nebenleistung muss geeignet sein, die Durchführung der Hauptleistung sachlich zu ermöglichen oder zu fördern.

Soweit die Revision allgemein der Kundenbindung dienende, kundenfreundliche Aufmerksamkeiten vom Verbot der Wertreklame bei preisgebundenen Arzneimitteln ausnehmen will, bietet die Regelung des § 7 HWG hierfür keine Grundlage mehr. Das Berufungsgericht hat die Zuwendung von geringwertigen Sachwerten, die - wie Traubenzucker oder Taschentücher - als Ausdruck der Kundenfreundlichkeit aufgefasst werden, unter Hinweis auf eine entsprechende Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster für zulässig gehalten (vgl. OVG Münster, PharmR 2017, 557, 560 [juris Rn. 65]). Auch die Revisionserwiderung hält solche traditionellen Sachzugaben für zulässig und möchte die Zugabe des Brötchen-Gutscheins lediglich als neue Form der Kundenbegünstigung verbieten lassen. Es bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bei der Ergänzung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG mit Wirkung zum 13. August 2013 (BGBl. I S. 3108) abhängig von der Motivation des Werbenden bestimmte Werbegaben vom Verbot hat ausnehmen wollen. … Danach ist die Gewährung von geringwertigen Werbegaben jedenfalls dann, wenn allein preisgebundene Arzneimittel erworben werden, nicht mehr zulässig, es sei denn, es liegt eine der in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 HWG geregelten Ausnahmen vor.

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Spürbarkeit

BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 206/1, Tz. 55, 57, 60 – Brötchen Gutschein

Das heilmittelwerberechtliche Verbot der Werbung mit Leistungen, die gegen die Arzneimittelpreisbindung verstoßen, soll insbesondere sicherstellen, dass die Vorschriften der Arzneimittelpreisverordnung eingehalten werden und die Apotheken diejenigen Handelszuschläge erhalten, die ihnen danach zustehen (vgl. Begründung des Entwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung, BT-Drucks. 16/194 S. 11). Dagegen kommt den fiskalisch und sozialpolitisch motivierten weiteren Zwecksetzungen, …, keine Bedeutung zu. ...

Der Gesetzgeber ist bei der mit Wirkung vom 13. August 2013 vorgenommenen Änderung des Heilmittelwerbegesetzes davon ausgegangen, dass jede gesetzlich verbotene Abweichung vom Apothekenabgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel geeignet ist, einen unerwünschten Preiswettbewerb zwischen den Apotheken auszulösen. … Die eindeutige gesetzliche Regelung, nach der jede Gewährung einer Zuwendung oder sonstigen Werbegabe im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG, die gegen die Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes verstößt, unzulässig ist, darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass ein solcher Verstoß gegen die Marktverhaltensregelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG als nicht spürbar eingestuft und damit als nicht wettbewerbswidrig angesehen wird. ...

Die Spürbarkeitsschwelle des § 3a UWG beruht nicht auf Unionsrecht, soweit die dortige Regelung außerhalb des Unionsrechts steht, was bei den im Heilmittelwerbegesetz und im Arzneimittelgesetz enthaltenen Regelungen der Fall ist. Die Spürbarkeitsschwelle des § 3a UWG ist allerdings bei einer Verletzung von Informationspflichten, die sowohl den Tatbestand des auf Art. 7 der Richtlinie 2005/29/EG beruhenden § 5a Abs. 2 bis 6 UWG als auch den Tatbestand des § 3a UWG erfüllen, unionsrechtskonform auszulegen (vgl. BGH, Urt. v. 31.10.2018, I ZR 73/17 - Jogginghosen).

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Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG

http://www.webcitation.org/70QoYM2Vf