Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

 

 

2. Einstieg

1. Schutzobjekt: Waren oder Dienstleistungen

2. Kein wettbewerbsrechtlicher Schutz gegen die Nachahmung an sich

3. Grundsatz des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes

4. Voraussetzung: Wettbewerbliche Eigenart

5. Maßstab: Verkehrsanschauung

6. Drei verschiedene Unlauterkeitstatbestände

a. Schutz von Herkunftsvorstellungen

b. Schutz von Gütevorstellungen

c. Know-How-Schutz

OLG Frankfurt, Urt. v. 1.2.2024, 6 U 212/22, B.II.2 - finish / Somat

Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz dienen vorrangig dem Schutz individueller Leistungen und daneben dem Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. Sie sollen den Sonderrechtsschutz mit Blick auf bestimmtes Wettbewerbsverhalten ergänzen (vgl. z.B. OLG Köln, WRP 2020, 1616 Rn. 26 mwN - Jeanshose mit V-Naht).

Schutzobjekt: Waren oder Dienstleistungen

BGH, Urt. v. 22.3.2012, I ZR 21/11, Tz. 19 - Sandmalkasten

Der Begriff der Waren und Dienstleistungen im Sinne von § 4 Nr. 9 (alt) UWG ist weit auszulegen. Gegenstand des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes können Leistungs- und Arbeitsergebnisse aller Art sein. Maßgebend ist, ob dem Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart zukommt, ob also seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen.

Ebenso BGH, Urt. v. 26.1.2023, I ZR 15/22, Tz. 33 - KERRYGOLD; BGH, Urt. v. 4.5.2016, I ZR 58/14, Tz. 44 - SegmentstrukturBGH, Urt. v. 19.11.2015, I ZR 149/14, Tz. 15 - Pippi-Langstrumpf-Kostüm II; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2018, 15 U 74/17, Tz. 67 - frittenwerk; OLG Hamburg, Urt. v. 12.10.2023, 5 U 104/22, Tz. 98; OLG Frankfurt, Urt. v. 1.2.2024, 6 U 212/22, B.II.3.a.aa - finish / Somat

BGH, Urt. v. 22.3.2012, I ZR 21/11, Tz. 19 - Sandmalkasten

Bei der Beurteilung der Frage nach dem Gegenstand des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes ist von der Verkehrsauffassung auszugehen. Von ihr hängt es ab, ob nur ein vollständiges Produkt oder auch Teile dieses Produkts geschützte Erzeugnisse sein können. Ebenso bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung, ob eine Gesamtheit von Erzeugnissen Schutz genießt, weil ihr als solche wettbewerbliche Eigenart zukommt. Dies kommt insbesondere im Hinblick auf Produkte und die mit ihnen funktional zusammenhängenden Zubehörstücken in Betracht.

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2018, 15 U 74/17, Tz. 68 - frittenwerk; OLG Frankfurt, Urt. v. 31.3.2022, 6 U 191/20, II.3.b.cc

BGH, Urt. v. 26.1.2023, I ZR 15/22, Tz. 33 - KERRYGOLD

Verpackte Produkte - wie Butter und Mischstreichfette - können Gegenstand des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes sein können. Einem verpackten Produkt kann wettbewerbliche Eigenart zukommen, wenn die konkrete Gestaltung oder bestimmte Merkmale der Verpackung des Produkts geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten der darin verpackten Ware hinzuweisen.

Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 1.2.2024, 6 U 212/22, B.II.3.a.aa - finish / Somat

BGH, Urt. v. 19.11.2015, I ZR 149/14, Tz. 15 - Pippi-Langstrumpf-Kostüm II

Zu den Waren und Dienstleistungen können grundsätzlich auch fiktive Figuren gehören, die im Wege des sogenannten "character merchandising" wirtschaftlich verwertet werden. Insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze. Maßgebend ist, ob dem Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart zukommt, ob also seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen.

So schon die Vorinstanz OLG Köln, Urt. v. 20.6.2014, Tz. 20, 6 U 176/11

OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2018, 15 U 74/17, Tz. 67 - frittenwerk

In Betracht kommen etwa auch Fernsehformate (…), die Zusammenstellung von Daten für bestimmte Zwecke (…), Werbemittel einschließlich ganzer Werbeauftritte (…; z. B. auch eine Website …) und Marketingkonzepte (…). Auch bei diesen Leistungs- und Arbeitsergebnissen ist indes der allgemeine Grundsatz zu beachten, dass sich der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz stets nur auf die konkrete Gestaltung eines Erzeugnisses bezieht (BGH, WRP 2017, 51 – Segmentstruktur) und nicht auch auf die dahinter stehende abstrakte Idee erstreckt. Maßgebend ist daher bei einem „Konzept“ allein seine tatsächliche Realisierung.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.10.2014, I-15 U 49/14, Tz. 72

Der Begriff der Waren und Dienstleistungen im Sinne von § 4 Nr. 9 (alt) UWG ist weit auszulegen. Gegenstand des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes können Leistungs- und Arbeitsergebnisse aller Art sein. Deswegen fallen darunter auch Werbemittel wie Werbesprüche oder sonstige Werbeauftritte (BGH, GRUR 1997, 308 – Wärme fürs Leben; OLG Hamm, GRUR-RR 2005, 73).

Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 26.10.2017, 6 U 154/16, II.5; OLG München, Urt. v. 4.7.2019, 29 U 3490/17, B.I.1.b

OLG Frankfurt, Urt. v. 1.2.2024, 6 U 212/22, B.II.3.a.aa - finish / Somat

Die wettbewerbliche Eigenart kann auch in der Kennzeichnung eines Produkts und in einer nicht unter Sonderschutz stehenden Gestaltung der Ware(n) selbst liegen (vgl. z.B. BGH; Urt. v. 07.12.2023, I ZR 126/22, Tz. 21 mwN - Glück). Insoweit kommt es auf den für die Schutzfähigkeit entscheidenden Gesamteindruck der Gestaltung, die ihn tragenden einzelnen Elemente sowie auf die Elemente an, die die Besonderheit des nachgeahmten Produkts ausmachen (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 07.12.2023 - I ZR 126/22, juris Rn. 18 mwN - Glück, zum Konzept).

OLG Frankfurt, Urt. v. 1.2.2024, 6 U 212/22, B.II.3.a.aa - finish / Somat

Eine bloße Idee oder ein Konzept - wie etwa, ein Emotionsschlagwort als Produktnamen zu verwenden - ist aus Rechtsgründen kein Element, das die wettbewerbliche Eigenart mitbestimmen kann. Gegenstand des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes ist der Schutz von Waren und Dienstleistungen in ihrer konkreten Gestaltung. Der Schutzbereich kann nicht über eine konkrete Gestaltung hinaus erweitert werden (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 7.12.2023 - I ZR 126/22, Tz. 23 - Glück).

Beispiel:

OLG Frankfurt, Urt. v. 31.3.2022, 6 U 191/20, II.3.b.cc

Die Klägerin vertreibt ein aus Modulen zusammensetzbares Rahmensystem zur einfachen und schnellen Errichtung von Messeständen. Hierbei handelt es sich um ein aus verschiedenen Bauteilen (Rahmen, Platten, Konnektoren, Trolley und Zubehörstücken) bestehendes Gesamtsystem. Auch wenn die Bauteile einzeln vertrieben werden sollten, sieht der Verkehr in dem Erzeugnis ein Gesamtprodukt, das aus der Summe bestimmter Bauteile besteht. Wettbewerbliche Eigenart kann die Klägerin daher nur für das aus Rahmen, Platten und Konnektoren bestehende Gesamtsystem beanspruchen.

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Kein wettbewerbsrechtlicher Schutz gegen die Nachahmung an sich

Der wettbewerbsrechtliche Schutz gegen Nachahmung richtet sich nicht gegen die Nachahmung an sich. Die ist erlaubt, solange ihr kein Schutzrecht (Patent, Urheberrecht, Geschmacksmuster etc.) entgegensteht.

BGH, Urt. v. 2.12.2004, I ZR 30/02, II.4.b - Klemmbausteine III

Es gilt der Grundsatz der Freiheit der Nachahmung von Produkten, die keinem sonderrechtlichen Schutz (mehr) unterfallen.

BGH, Urt. v. 9.6.1994, I ZR 272/91, II.4.a – McLaren

Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Nachahmung fremder Leistungen, für die bzw. deren Ergebnis ein Sonderrechtsschutz nicht besteht, grundsätzlich erlaubt; sie kann nur dann … verboten werden, wenn besondere, über die bloße Nachahmung hinausgehende Umstände hinzutreten, die ihr das Gepräge der Wettbewerbswidrigkeit verleihen.

Ebenso z.B. BGH, Urt. v. 7. 11. 2002, I ZR 64/00, II.1.a – Präzisionsmessgeräte; OLG Frankfurt, Urt. v. 9.11.2023, 6 U 57/22

BGH, Urt. v. 4.5.2016, I ZR 58/14, Tz. 77 - Segmentsruktur

Da im Interesse der Wettbewerbsfreiheit vom Grundsatz der Nachahmungsfreiheit auszugehen ist, begründet das Vorliegen einer Nachahmung für sich genommen nicht die Unlauterkeit im Sinne des § 4 Nr. 9 UWG aF und § 4 Nr. 3 UWG. Erforderlich ist, dass darüber hinaus ein Unlauterkeitstatbestand erfüllt ist.

Ebenso BGH, Urt. v. 22.09.2021, I ZR 192/20, Tz. 65 – Flying V

BGH, Urt. v. 4.5.2016, I ZR 58/14, Tz. 62 - Segmentstruktur

Die Frage, ob der Tatbestand des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes erfüllt ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats von einer Abwägung der einander widerstreitenden Interessen und der Prüfung der Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Intensität der Nachahmung und den besonderen wettbewerblichen Umständen ab (vgl. nur BGH, GRUR 2013, 951 Rn. 14 - Regalsystem, mwN).

OLG Köln, Urt. v. 22.6.2011, 6 U 46/11, Tz. 15

Ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gewährt das Gesetz (§ 4 Nr. 9 (alt) UWG) nicht gegen (identische oder nachschaffende) Übernahmen der Leistungsergebnisse eines Unternehmens als solche, sondern nur gegen deren unlautere Vermarktung durch Mitbewerber (BGHZ 161, 204 [213] = GRUR 2005, 349 [352] = WRP 2005, 476 – Klemmbausteine III; BGH, GRUR 2011, 436 = WRP 2011, 561 [Rn. 17] – Hartplatzhelden)

OLG Frankfurt, Urt. v. 1.2.2024, 6 U 212/22 - finish / Somat

Für den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gegen die Nachahmung eines wettbewerblich eigenartigen Produkts ist stets ein unlauteres Verhalten des Mitbewerbers erforderlich. Einen allgemeinen Schutz von Innovationen gegen Nachahmungen sieht das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nicht vor. Hinzukommen muss vielmehr ein lauterkeitsrechtlich missbilligtes Verhalten gemäß § 4 Nr. 1 bis Nr. 4 UWG. Anspruchsbegründend sind in diesen Fällen nicht allein die Übernahme eines fremden Leistungsergebnisses und die damit einhergehende Beeinträchtigung der Möglichkeit des Herstellers des nachgeahmten Erzeugnisses, die Entwicklungs- und Markterschließungskosten sowie einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften. Voraussetzung des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes sind vielmehr neben der Nachahmung eines wettbewerblich eigenartigen Produkts ein unlauteres Verhalten des Mitbewerbersund damit besondere Begleitumstände (vgl. BGH, GRUR 2017, 79 Rn. 96 - Segmentstruktur).

Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 9.11.2023, 6 U 57/22

Beim wettbewerbsrechtlichen Schutz vor Nachahmungen geht es vielmehr um die Begleitumstände, die mit dem Vertrieb eines nachgeahmten Produkts einhergehen. § 4 Nr. 3 UWG erfasst drei verscheiden Unlauterkeitskategorien. Verboten ist

  • eine Nachahmung, durch die der angesprochene Verkehr über die Herkunft des Produkts getäuscht wird und glauben könnte, es stamme aus dem Hause des Herstellers des Originals

  • eine Nachahmung, durch die Gütevorstellungen, die der angesprochene Verkehr mit dem Original verbindet, entweder zugunsten der Nachahmung ausgenutzt werden oder zulasten des Originals jedenfalls beeinträchtigt werde oder

  • eine Nachahmung, die auf einem Missbrauch von Know-how beruht, das vom Hersteller des Originals herrührt.

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Grundsatz des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes

BGH, Urt. v. 7.12.2023, I ZR 126/22, Tz. 11 - Glück

Der Vertrieb einer Nachahmung kann nach § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt wettbewerbliche Eigenart aufweist und besondere Umstände - wie eine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft (Buchst. a) oder eine unangemessene Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung des nachgeahmten Produkts (Buchst. b) - hinzutreten, aus denen die Unlauterkeit folgt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Unlauterkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 15/22, GRUR 2023, 736 [juris Rn. 25] = WRP 2023, 699 - KERRYGOLD, mwN).

Ebenso z.B. BGH, Urt. v. 26.1.2023, I ZR 15/22, Tz. 25 - KERRYGOLD; BGH, Urt. v. 22.09.2021, I ZR 192/20, Tz. 12 – Flying V; BGH, Urt. v. 1.7.2021, I ZR 137/20, Tz. 15 - Kaffeebereiter; BGH, Urt. v. 20.9.2018, I ZR 71/17, Tz. 11 - Industrienähmaschinen; BGH, Urt. v. 11.1.2018, I ZR 187/16, Tz. 47 - Ballerina Schuh; BGH, Urt. v. 16.11.2017, I ZR 91/16, Ty. 13 - Handfugenpistole; BGH, Urt. v. 14.9.2017, I ZR 2/16, Tz. 17 - Leuchtballon; BGH, Urt. v. 15.12.2016, I ZR 197/15, Tz. 16 - Bodendübel; BGH, Urt. v. 4.5.2016, I ZR 58/16, Tz. 40 - SegmentstrukturBGH, Urt. v. 2.12.2015, I ZR 176/14, Tz. 31 – Herrnhuter SterneBGH, Urt. v. 19.11.2015, I ZR 149/14, Tz. 12 - Pippi-Langstrumpf-Kostüm IIBGH, Urt. v. 19.11.2015, I ZR 109/14, Tz. 15 – Hot SoxBGH, Urt. v. 22.1.2015, I ZR 107/13, Tz. 9 – Exzenterzähne; BGH, Urt. v. 22.3.2012, I ZR 21/11, Tz. 16 - Sandmalkasten; OLG Hamburg, Urt. v. 27.3.2014, 3 U 33/12, Tz. 66 - Montblanc MeisterstückOLG Hamm, Urt. v. 16.6.2015, 4 U 32/14, Tz. 95f - Le Pliage; OLG Köln, Urt. v. 20.2.2015, 6 U 99/14, Tz. 26 - merci; OLG Köln, Urt. v. 18.12.2015, 6 U 44/15, Tz. 54 - Crocs; OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.3.2016, 15 U 51/14, Tz. 74 - Handfugenpistolen; OLG Köln, Beschl. v. 26.7.2016, 6 W 84/16, Tz. 4 - Rasierapparate; OLG Köln, Urt. v. 14.7.2017, 6 U 197/16, Tz. 79; OLG Köln, Urt. v. 25.8.2017, 6 U 170/16; OLG Köln, Urt. v. 20.12.2017, 6 U 110/17, Tz. 64OLG Köln, Urt. v. 16.2.2018, 6 U 90/17, Tz. 64OLG Frankfurt, Urt. v. 4.10.2018, 6 U 179/17, II.1.b; OLG Köln, Urt. v. 26.4.2019, 6 U 164/18, Tz. 72 - RotationsrasiererOLG München, Urt. v. 4.7.2019, 29 U 3490/17, B.I.1.a; OLG München Urt. v. 4.7.19, 29 U 533/18, Tz. 21 - Faltbare Handtasche; OLG Hamburg, Urt. v. 16.5.2019, 3 U 104/177, Tz. 54; OLG Köln, Urt. v. 12.6.2020, 6 U 265/19 – Polaroid/Instax, Tz. 116; OLG Köln, Urt. v. 2.10.2020, 6 U 19/20, Tz. 78 - Gummibärchen; OLG Köln, Urt. v. 8.7.2022, 6 U 54/22, Tz. 48; OLG Hamburg, Urt. v. 31.8.2022, 5 U 60/22, II.2.a - Grannini/albi-Saftflaschen; OLG Hamburg, Urt. v. 27.4.2023, 15 U 105/22, Tz. 37 - Weihnachtsliköre; OLG Frankfurt, Urt. v. 9.11.2023, 6 U 57/22

Besonderes Augenmerk ist darauf zu legen, dass aufgrund des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes lediglich der Vertrieb eines Produkts unlauter sein und verboten werden kann, nicht die Herstellung und der Besitz, und sei er auch zu gewerblichen Zwecken.

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Voraussetzung: Wettbewerbliche Eigenart

Alle Varianten weisen insoweit eine grundlegende Gemeinsamkeit auf, als sie eine sog. wettbewerbliche Eigenart eines Produkts oder einer Dienstleistung voraussetzen. Dem nachgeahmten Produkt oder den nachgeahmten Begleitumständen, unter denen Waren angeboten oder Dienstleistungen erbracht werden, müssen Merkmale anhaften, die geeignet sind, das die Ware oder das Angebot aus der Masse hervorzuheben und von anderen Waren oder Dienstleistungen zu unterscheiden.

OLG Frankfurt, Urt. v. 23.11.2017, 6 U 224/16, II.1.d

Bei § 4 Nr. 3 UWG ist in allen Tatbestandsvarianten von einem einheitlichen Begriff der wettbewerblichen Eigenart auszugehen. Maßgeblich ist, ob der Verkehr die Gestaltungsmerkmale des Erzeugnisses einem bestimmten Hersteller oder einer bestimmten Ware zuordnet.

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Maßstab: Verkehrsanschauung

BGH, Urt. v. 22.09.2021, I ZR 192/20, Tz. 14 – Flying V

Bei der Prüfung der Voraussetzungen einer unlauteren Nachahmung ist maßgeblich auf die Verkehrsanschauung abzustellen. Für den Tatbestand der unlauteren Nachahmung gemäß § 4 Nr. 3 UWG kommt es auf die Anschauung derjenigen Verkehrskreise an, denen das als Nachahmung beanstandete Produkt zum Erwerb angeboten wird. Denn diese werden durch die die wettbewerbliche Eigenart ausmachenden Merkmale des Produkts oder der Dienstleistung in ihrer wirtschaftlichen Entschließung angesprochen. Nicht maßgeblich ist dagegen die Vorstellung der Verkehrskreise, die mit dem angebotenen Produkt zwar in Berührung kommen, aber nicht durch das in Rede stehende Angebot in ihrer Erwerbsentscheidung berührt sind.

Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 9.11.2023, 6 U 57/22

BGH, Urt. v. 22.09.2021, I ZR 192/20, Tz. 16 – Flying V

Nach den allgemeinen Grundsätzen ist bei der Prüfung der Voraussetzungen einer unlauteren Nachahmung gemäß § 4 Nr. 3 UWG die Sicht eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen durchschnittlichen Angehörigen des angesprochenen Verkehrskreises maßgeblich. … Eine andere Beurteilung ist nur ausnahmsweise dann gerechtfertigt, wenn … die Sicht verschiedener Verkehrskreise zu ermitteln ist, die sich - wie etwa der allgemeine Verkehr und Fachkreise oder unterschiedliche Sprachkreise - objektiv voneinander abgrenzen lassen.

Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 9.11.2023, 6 U 57/22

BGH, Urt. v. 22.09.2021, I ZR 192/20, Tz. 18 – Flying V

Auch wenn die Mitglieder des Tatgerichts nicht zum durch das beanstandete Angebot angesprochenen Verkehrskreis gehören, kann es die Auffassung dieses Verkehrskreises aufgrund eigener Sachkunde beurteilen, wenn dafür keine besonderen Kenntnisse und Erfahrungen erforderlich sind. Zudem können Gerichte, die ständig mit Wettbewerbs- und Markensachen befasst sind, aufgrund ihrer besonderen Erfahrung die erforderliche Sachkunde erworben haben, um eigenständig beurteilen zu können, wie Fachkreise oder Verkehrskreise, denen sie nicht angehören, eine bestimmte Aussage verstehen.

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Drei verschiedene Unlauterkeitstatbestände

§ 4 Nr. 3 UWG enthält in den Untergliederungen a) bis c) drei Unlauterkeitstatbestände.

Schutz von Herkunftsvorstellungen

§ 4 Nr. 3 a) UWG schützt davor, dass der relevante Kundenkreis einer Fehlvorstellung darüber unterliegt, von wem das angebotene Produkt stammt (Herkunftstäuschung)

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Schutz von Gütevorstellungen

§ 4 Nr. 3 a) schützt davor, dass die Gütevorstellungen, die der relevante Kundenkreis sich vom Original macht, durch eine Nachahmung nicht beeinträchtigt oder ausgenutzt werden (Rufausnutzung und Rufbeeintächtigung).

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Know-How-Schutz

Ob eine solche wettbewerbliche Eigenart auch bei § 4 Nr. 3 c) UWG erforderlich ist, ist umstritten.

OLG Jena, Urt. v. 13.6.2012, 2 U 896/11, II.1.1 (= MD 2013, 540)

Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH GRUR 2009, 11 15 - ICON). Dieses Tatbestandsmerkmal ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2003, 356 - Präzisionsmessgeräte) auch im Falle des 5 4 Nr. 9 c) (alt) UWG nicht entbehrlich. Daran ist entgegen zahlreicher Stimmen in der Literatur (MünchKommUWG/Wiebe, § 4 Nr. 9 UWG, Rdnr. 191; Harte/Henning/Sambuc, UWG, § 4 Nr, 9 UWG, Rdnr. 154; Fezer/Götting, Lauterkeitsrecht, § 4 Nr. 9 UWG, Rdnr. 106) nach Auffassung des Senats festzuhaken, worauf in der mündlichen Verhandlung auch hingewiesen wurde (Nemeczek WRP 2010, 1315, 1311). Denn der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz knüpft nicht nur an besondere Unlauterkeitsmerkmale im Sinne der lit. a) bis c) nach § 4 Nr. 9 (alt) UWG an, sondern muss, gerade weil ein Sonderrechtsschutz nicht besteht und insoweit Nachahmungsfreiheit herrscht, sich auf Waren oder Dienstleistungen beziehen, die in irgendeiner Form konkrete Besonderheiten aufweisen, die ein Bedürfnis für ergänzenden Leistungsschutz begründen. Nur so lässt sich eine Abgrenzung von nicht schutzwürdigem Allgemeingut oder der freizuhaltenden Idee einerseits und dem Sonderrechtsschutz und dem Schutz nach § 17 UWG andererseits erreichen.

§ 4 Nr. 3 c) UWG findet seine Ergänzung in dem Straftatbestand des § 17 UWG.

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Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6HL0nbHAv