Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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H. Klageverfahren

Sämtliche wettbewerbsrechtlichen Ansprüche können auch im Klageverfahren geltend gemacht werden. Trotzdem sind Klageverfahren über wettbewerbsrechtliche Ansprüche im Vergleich zu einstweiligen Verfügungsverfahren eher selten. Das hat seinen Grund darin, dass im Wettbewerbsverfahren der Unterlassungsanspruch im Mittelpunkt steht, der im einstweiligen Verfügungsverfahren schnell und effizient durchgesetzt werden kann. Wenn eine einstweilige Verfügung durch eine Abschlusserklärung am Ende als abschließende Regelung anerkannt wird, ist ein Klageverfahren über den Unterlassungsanspruch nicht mehr erforderlich.

Alle anderen Ansprüche – von engen Ausnahmen beim Auskunftsanspruch abgesehen – können demgegenüber nur im Klageverfahren durchgesetzt werden. Auch der Unterlassungsanspruch muss im Klageverfahren geltend gemacht werden, wenn die für ein einstweiliges Verfügungsverfahren erforderliche Dringlichkeit bei Einleitung des Verfahrens nicht mehr gegeben ist oder der Schuldner auf ein Abschlussschreiben hin keine Abschlusserklärung abgibt.

Die wesentlichen Unterschiede von Klageverfahren und einstweiligen Verfügungsverfahren liegen in folgendem:

  • Die einstweilige Verfügung, mit der ein bestimmtes Verhalten verboten wird,  ist vom Schuldner sofort zu beachten. Bei Verstößen gegen die einstweilige Verfügung droht ansonsten einer Ordnungsstrafe. Das entsprechende Verbot in einem Klageverfahren ist erst zu beachten, wenn das Urteil rechtskräftig ist (, es sei denn, dass der Gläubiger nach einem für ihn günstigen erstinstanzlichen Urteil eine Sicherheitsleistung hinterlegt, um das Urteil sofort vollstreckbar zu machen) oder wenn und soweit es in der zweiten Instanz bestätigt wurde.

  • Das wesentliche Beweismittel im einstweiligen Verfügungsverfahren ist die eidesstattliche Versicherung, mit der ein dem Gericht vorgetragener Sachverhalt glaubhaft gemacht wird. Das Beweismittel der eidesstattlichen Versicherung ist in Klageverfahren nicht zulässig. Es muss auf andere Beweismittel (Zeugenbeweis, Inaugenscheinnahme, Sachverständigengutachten, Urkundenbeweis) zurückgegriffen werden.

  • Während Gläubiger und Schuldner im einstweiligen Verfügungsverfahren selber eine eidesstattliche Versicherung abgeben können, ist ihre Vernehmung als Zeugen im Klageverfahren – in der Regel – kein zulässiges Beweismittel. Sie können im einstweiligen Verfügungsverfahren mithin Zeugen in eigener Sache werden, im Klageverfahren nicht.

  • Das einstweilige Verfügungsverfahren läuft über bis zu zwei Instanzen (Landgericht und Oberlandesgericht (Kammergericht)), das Klageverfahren über bis zu drei Instanzen (Landgericht, Oberlandesgericht (Kammergericht), Bundesgerichtshof).

Die Einleitung eines Klageverfahrens neben einem laufenden einstweiligen Verfügungsverfahren, die beide denselben Unterlassungsanspruch betreffen, wird als rechtsmissbräuchlich betrachtet, wenn der Gläubiger für die Parallelverfahren keinen sachlich nachvollziehbaren Grund bieten kann. Es wird unterstellt, dass es dem Gläubiger in diesem Falle wegen der Verdopplung der Kosten nicht nur um die Unterbindung wettbewerbswidrigen Verhaltens, sondern auch um die Schädigung des Schuldners geht.

BGH, Urt.v.6.4.2000, I ZR 67/98, I.4. – Neu in Bielefeld I

Eine Mehrfachverfolgung desselben Wettbewerbsverstoßes kann insbesondere dann als missbräuchlich erweisen, wenn sie auf einem abgestimmten Vorgehen der Unterlassungsgläubiger beruht und wenn - ohne dass hierfür ein vernünftiger Grund ersichtlich wäre - die Vervielfachung des mit der Rechtsverteidigung verbundenen Kostenrisikos sowie die Bindung personeller und finanzieller Kräfte eine unangemessene Belastung des Anspruchsgegners zur Folge hat. Anhaltspunkte für ein solches missbräuchliches Verhalten können grundsätzlich verschiedene prozessuale Situationen bieten: So kann es sich als missbräuchlich erweisen, dass der Unterlassungsgläubiger, ohne hierzu - etwa mit Blick auf den drohenden, auf andere Weise nicht zu verhindernden Eintritt der Verjährung - genötigt zu sein, neben dem Verfahren der einstweiligen Verfügung gleichzeitig ein Hauptsacheverfahren anstrengt, ohne abzuwarten, ob die beantragte Verfügung erlassen wird und der Schuldner dies in einer Abschlusserklärung als endgültige Regelung akzeptiert. wäre.

Der Gläubiger handelt allerdings nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er einen sachlichen Grund dafür hat, das Klageverfahren bereits einzuleiten, während das einstweilige Verfügungsverfahren noch läuft. Dafür reicht es aber noch nicht aus, dass der Schuldner während eines laufenden einstweiligen Verfügungsverfahrens keine Abschlusserklärung abgibt.

Es ist auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn im Klageverfahren ein anderer Anspruch als im einstweiligen Verfügungsverfahren verfolgt wird. Dazu ist der Gläubiger oft schon dadurch gezwungen, dass seine weitergehenden Ansprüche wegen der kurzen, 6-monatigen Verjährungsfrist wettbewerbsrechtlicher Ansprüche während des Laufs des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu verjähren drohen. In diesen Fällen bietet es sich an, dass Gläubiger und Schuldner miteinander vereinbaren, dass der Schuldner wegen der offenen Ansprüche auf die Einrede der Verjährung für eine bestimmte Zeit verzichtet. Ist er dazu nicht bereit, bleibt dem Gläubiger nur der Weg des Klageverfahrens.

Weitere Themenkomplexe zum Klageverfahren werden im Kapitel Gerichtsverfahren erörtert, dass sich Fragestellungen und Sachverhaltskonstellationen widmet, die im Klageverfahren und im einstweiligen Verfügungsverfahren gleichermaßen relevant werden können.