Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 


 

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d) Beweis eines Schadens

1. Gesetzestext

2. Beweiserleichterungen im Zivilprozess

3. Schätzung des entgangenen Gewinns

a. Anknüpfungstatsachen erforderlich und zu beweisen

b. Zumindest Mindestschadensschätzung

i. Indiz Umsatz

ii. Kein Indiz: Stückzahlen

c. Schätzen, nicht raten

4. Schadensnachweis bei objektiver Schadensberechnung

Gesetzestext

§ 252 BGB

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

§ 287 ZPO

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

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Beweiserleichterungen im Zivilprozess

§ 252 Satz 2 BGB und § 287 ZPO enthalten Beweiserleichterungen: Der Geschädigte braucht nur die Umstände darzulegen und gemäß den Anforderungen des § 287 ZPO zu beweisen, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Falles die Wahrscheinlichkeit eines Vermögensvorteils ergibt, der ohne die unlautere geschäftliche Handlung eingetreten wäre. Dabei dürfen an seinen Vortrag keine strengen Anforderungen gestellt werden. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die eine Schadensschätzung erlauben.

BGH, Urt. v. 21.1.2016, I ZR 90/14, Tz. 21 - Deltamethrin II

Dem Betroffenen kommen bei der Darlegung und dem Nachweis eines entgangenen Gewinns die Erleichterungen gemäß § 252 Satz 2 BGB, § 287 ZPO zugute (BGH, Urt. v. 22.4.1993, I ZR 52/91, GRUR 1993, 757, 758 f. - Kollektion Holiday; BGH, GRUR 2008, 933 Tz. 19 - Schmiermittel). Demzufolge ist ein Gewinnentgang bereits dann zu bejahen, wenn es nach den gewöhnlichen Umständen des Falles wahrscheinlicher ist, dass der Gewinn ohne das haftungsbegründende Ereignis erzielt worden als dass er ausgeblieben wäre. Diese Prognose kann zwar nur dann angestellt werden, wenn der Geschädigte konkrete Anknüpfungstatsachen darlegt und nachweist; an die Darlegung solcher Anknüpfungstatsachen dürfen jedoch keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (BGH, GRUR 2008, 933 Tz. 19 - Schmiermittel).

BGH, Urt. v. 21.1.2016, I ZR 90/14, Tz. 24 - Deltamethrin II

Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des dabei nach § 287 Abs. 1 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (BGH, Urt. v. 5.3.2013, VI ZR 245/11, Tz. 14 mwN). Nur wenn mangels greifbarer Anhaltspunkte eine Grundlage für das Urteil nicht zu gewinnen ist und das richterliche Ermessen vollends in der Luft hängen würde, wenn also eine Schätzung nicht möglich ist, bleibt es bei der Regel, dass den Kläger die Beweislast für die klagebegründenden Tatsachen trifft und deren Nichterweislichkeit ihm schadet (BGH, NJW 1964, 589; BGH, Urt. v. 11.3.2004, VII ZR 339/02; Urt. v. 6.12.2012, VII ZR 84/10, Tz. 23).

OLG Hamburg, Urt. v. 29.5.2019, 3 U 12/16, Tz. 102

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt das Beweismaß des § 287 Abs. 1 ZPO nicht nur für die Höhe des Schadens, sondern auch für die Frage, ob ein Schaden überhaupt entstanden ist (vgl. BGH, NJW 2016, 3527, Rn. 42 - Lottoblock II). Nach dieser Norm entscheidet der Tatrichter unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch er ist.

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Schätzung des entgangenen Gewinns

BGH v. 22.4.1993, I ZR 52/91, II.2.b.aa – Kollektion ‚Holiday‘

Nach § 252 Satz 2 BGB gilt der Gewinn als entgangen, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Nach § 287 ZPO hat das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung darüber zu entscheiden, wie hoch sich ein unter den Parteien streitiger Schaden beläuft. Beide Bestimmungen enthebenden Verletzer zwar der Notwendigkeit, den entgangenen Gewinn genau zu belegen. Sie ersparen es ihm aber nicht, eine tatsächliche Grundlage zu unterbreiten, die eine Schätzung des entgangenen Gewinns ermöglicht.

BGH v. 22.4.1993, I ZR 52/91, II.2.b – Kollektion ‚Holiday‘

§ 252 BGB und § 287 ZPO dienen dazu, dem Geschädigten den Schadensnachweis zu erleichtern. Statt der sonst für die Überzeugungsbildung des Gerichts erforderlichen Gewissheit vom Vorhandensein bestimmter Tatumstände zur Begründung des Ursachenzusammenhangs zwischen schädigender Handlung und Schadenseintritt genügt die bloße Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Geschehensablaufs. Nach § 252 Satz 2 BGB ist nicht nur der Gewinn als entgangen zu ersetzen, der allgemein nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge eingetreten wäre, sondern auch derjenige, welcher nach den besonderen Umständen des Falls mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

BGH, Urt. v. 6.6.2000 - VI ZR 172/99

Bei der Beurteilung der voraussichtlichen Entwicklung ohne das Schadensereignis gebietet § 252 BGB eine Prognose entsprechend dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bzw. nach den besonderen Umständen, insbesondere auf der Grundlage dessen, was zur Situation des Betroffenen festgestellt werden kann. Zwar ist es hierbei Sache des Geschädigten, möglichst konkrete Anhaltspunkte und Anknüpfungstatsachen für diese Prognose darzulegen. Die insoweit zu stellenden Anforderungen dürfen indes nicht überspannt werden. Der Tatrichter darf deshalb im Rahmen der Schadensermittlung gemäß §§ 252 BGB, 287 ZPO nicht vorschnell auf die Unsicherheit möglicher Prognosen verweisen und insbesondere nicht daraus herleiten, dass kein Schaden eingetreten sei.

Ebenso BGH, Urt. v. 6.2.2007, X ZR 117/04, Tz. 15 – Meistbegünstigungsvereinbarung; vgl. auch OLG Köln, Urt. v. 24.1.2014, 6 U 111/13, Tz. 32 - Converse

OLG Frankfurt, Urt. v. 28.10.2021, 6 U 147/20, II.2.b.bb

Die Befugnis zur Schätzung der Höhe des Gewinns schließt auch alle Kausalitäts- und Zurechnungsfragen mit ein. Für den Nachweis eines Schadens bestehen in der Natur der Sache liegende Beweisschwierigkeiten, vor allem was die künftige Entwicklung des Geschäftsverlaufs betrifft.

OLG Hamburg, Urt. v. 29.5.2019, 3 U 12/16, Tz. 102

Der Tatrichter muss nach pflichtgemäßem Ermessen auch beurteilen, ob nach § 287 Abs. 1 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestschadens möglich ist. Demzufolge ist ein Gewinnentgang bereits dann zu bejahen, wenn es nach den gewöhnlichen Umständen des Falls wahrscheinlicher ist, dass der Gewinn ohne das haftungsbegründende Ereignis erzielt worden als dass er ausgeblieben wäre. Diese Prognose kann zwar nur dann angestellt werden, wenn der Geschädigte konkrete Anknüpfungstatsachen darlegt und nachweist; an die Darlegung solcher Anknüpfungstatsachen dürfen jedoch keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Wer Ersatz des Gewinns verlangt, der ihm in Folge einer durch eine unlautere geschäftliche Handlung verursachten Verminderung seines Umsatzes entgangen ist, muss allerdings dem Gericht die Tatsachen vortragen, die es diesem ermöglichen zu beurteilen, dass er den als Schadenersatz verlangten Betrag tatsächlich als Gewinn erzielt hätte, wenn der Konkurrent das beanstandete Verhalten nicht vorgenommen hätte (vgl. BGH NJW-RR 1998, 331, 333 - Chinaherde; GRUR 2008, 933, Tz. 19 - Schmiermittel; GRUR 2016, 860, Tz. 21 - Deltamethrin II). Die Bestimmung des § 252 S. 2 BGB, nach welcher der Gewinn als entgangen gilt, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte und die Vorschrift des § 287 ZPO, nach der das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung darüber entscheidet, wie hoch sich ein unter den Parteien streitiger Schaden beläuft, entheben den Verletzten zwar der Notwendigkeit, den entgangenen Gewinn genau zu belegen. Sie ersparen es ihm jedoch nicht, dem Gericht eine tatsächliche Grundlage zu unterbreiten, die diesem eine wenigstens im Groben zutreffende Schätzung des entgangenen Gewinns ermöglicht (BGH, GRUR 2016, 860, Tz. 21 - Deltamethrin II). Eine Schätzung darf nur dann unterbleiben, wenn sie mangels konkreter Anhaltspunkte vollkommen „in der Luft hinge“ und daher willkürlich wäre; eine völlig abstrakte Berechnung des Schadens, auch in Form der Schätzung eines Mindestschadens, lässt § 287 ZPO grundsätzlich nicht zu (BGH NJW 2013, 525, Tz. 23). Der Schädiger, der sich auf eine Reserveursache beruft, muss seinerseits Anknüpfungstatsachen darlegen und beweisen, aus denen das Gericht mit hinlänglicher Wahrscheinlichkeit auf die Einschränkung oder den Ausschluss des Ersatzanspruchs schließen kann (BGH NJW-RR 2001, 1542; BAG NJW 2013, 331, Tz. 21, mwN).

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Anknüpfungstatsachen erforderlich und zu beweisen

BGH, Urt. v. 21.1.2016, I ZR 90/14, Tz. 21 - Deltamethrin II

Wer Ersatz des Gewinns verlangt, der ihm infolge einer durch eine unlautere geschäftliche Handlung verursachten Verminderung seines Umsatzes entgangen ist, muss dem Gericht die Tatsachen vortragen, die es diesem ermöglichen zu beurteilen, dass er den als Schadenersatz verlangten Betrag tatsächlich als Gewinn erzielt hätte, wenn der Konkurrent das beanstandete Verhalten nicht vorgenommen hätte. Die Bestimmung des § 252 Satz 2 BGB, nach welcher der Gewinn als entgangen gilt, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, und die Vorschrift des § 287 ZPO, nach der das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung darüber entscheidet, wie hoch sich ein unter den Parteien streitiger Schaden beläuft, entheben den Verletzten zwar der Notwendigkeit, den entgangenen Gewinn genau zu belegen. Sie ersparen es ihm jedoch nicht, dem Gericht eine tatsächliche Grundlage zu unterbreiten, die diesem eine wenigstens im Groben zutreffende Schätzung des entgangenen Gewinns ermöglicht (BGH, Urt. v. 6.3.1980, X ZR 49/78 - Tolbutamid; BGH, Urt. v. 22.4.1993, I ZR 52/91, GRUR 1993, 757, 758 f. - Kollektion Holiday).

BGH, Urt. v. 21.1.2016, I ZR 90/14, Tz. 26 - Deltamethrin II

Sowohl § 287 ZPO wie § 252 BGB verlangen für die Schadensberechnung die schlüssige Darlegung von Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen. Sie sind die Grundlage, auf der das Ermessen bei einer Beweiswürdigung nach § 287 ZPO und die Wahrscheinlichkeitsprüfung nach § 252 Satz 2 BGB gründen. Für die Schadensberechnung benötigt der Richter als Ausgangssituation greifbare Tatsachen, da sich nur anhand eines bestimmten Sachverhalts sagen lässt, wie die Dinge sich weiterentwickelt hätten (BGH, Urt. v. 15.3.1988, VI ZR 81/87, NJW 1988, 3016, 3017). Im Rahmen des § 287 Abs. 1 ZPO soll das Gericht die Schadenshöhe schätzen, wobei in Kauf genommen wird, dass das Ergebnis unter Umständen mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt (BGH, Urt. v. 16.121963, III ZR 47/63, NJW 1964, 589). Diese Prognose kann zwar nur dann angestellt werden, wenn der Geschädigte konkrete Anknüpfungstatsachen darlegt und nachweist; an die Darlegung solcher Anknüpfungstatsachen dürfen jedoch keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (BGH, GRUR 2008, 933 Tz. 19 - Schmiermittel).

OLG Frankfurt, Urt. v. 28.10.2021, 6 U 147/20, II.2.b.aa

Die Bestimmung des § 252 S. 2 BGB, nach welcher der Gewinn als entgangen gilt, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, und die Vorschrift des § 287 ZPO, nach der das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung darüber entscheidet, wie hoch sich ein unter den Parteien streitiger Schaden beläuft, entheben den Verletzten zwar der Notwendigkeit, den entgangenen Gewinn genau zu belegen. Sie ersparen es ihm jedoch nicht, dem Gericht eine tatsächliche Grundlage zu unterbreiten, die diesem eine wenigstens im Groben zutreffende Schätzung des entgangenen Gewinns ermöglicht. Auf solche konkreten Anhaltspunkte kann nicht verzichtet werden, da der Schädiger sonst im Einzelfall der Gefahr einer willkürlichen Festsetzung der von ihm zu erbringenden Ersatzleistung ausgesetzt wäre. Bei aller Anerkennung des häufig bestehenden Beweisnotstandes des Geschädigten wäre dies mit dem Sinn und Zweck der §§ 287 ZPO, 252 BGB nicht zu vereinbaren.

BGH, Urt. v. 6.2.2007, X ZR 117/04, Tz. 15 – Meistbegünstigungsvereinbarung

Das Gericht darf Tatsachen, auf die es sich bei seiner Schadenschätzung stützt, nicht unterstellen, wenn sie von der Gegenseite bestritten wurden.

BGH, Urt. v. 21.1.2016, I ZR 90/14, Tz. 34 - Deltamethrin II

Zwar kommt der Klägerin die Beweiserleichterung des § 287 ZPO zugute, die es dem Gericht gestattet, sich je nach Lage des Falles anstelle einer an Sicherheit grenzenden mit einer mehr oder minder hohen, mindestens aber überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu begnügen. Hierzu muss die Klägerin jedoch die für die Schätzung erforderlichen und bestrittenen Anknüpfungstatsachen beweisen, bevor auf der so gesicherten Tatsachengrundlage Schätzungen vorgenommen werden können (BGH, NJW 1988, 3016, 3017; BGH, Urt. v. 29.3.2000, VIII ZR 81/99; Urt. v. 7.6.2006, XII ZR 47/04, Tz. 13).

BGH, Urt. v. 4.3.1982, I ZR 19/80, I. 3.b.aa – Korrekturflüssigkeit (= NJW 1982, 2774)

Zwar ist das Gericht im Rahmen des § 287 ZPO in seiner Schätzung frei; es ist namentlich nicht verpflichtet, das Ergebnis dieser Schätzung durch Angabe jeder einzelnen für die Schadensbemessung maßgebenden Tatsache zu begründen. Soweit die Schätzung sich jedoch auf bestimmte Tatsachen stützt, müssen diese in rechtlich einwandfreier Weise festgestellt sein; Unterstellungen sind nicht zulässig.

OLG Köln, Urt. v. 24.1.2014, 6 U 111/13, Tz. 36 - Converse

Der Markeninhaber darf sich nicht auf allgemeine Darlegungen zum mutmaßlichen Gewinn beschränken, sondern er muss produktbezogene Ausführungen machen, um dem Gericht eine Schadensschätzung zu ermöglichen. Er ist gehalten, die Kalkulation für seine Markenware zu offenbaren (Ströbele/Hacker, MarkenG, § 14 Rn. 464) und muss insbesondere Erlöse und produktbezogene Kosten einander gegenüberstellen (BGH, GRUR 1980, 841, 842 f. – Tolbutamid).

OLG Frankfurt, Urt. v. 28.10.2021, 6 U 147/20, II.2.b.aa

Zwar ist nachvollziehbar, dass die Klägerin ihre internen Kalkulationsdaten nicht offenlegen will. Dies ist jedoch zwingend erforderlich, wenn die Klägerin darlegen will, dass ihr durch das Verhalten der Beklagten ein bestimmter eigener Gewinn entgangen sei. Der Geschädigte darf sich nicht auf allgemeine Darlegungen zum mutmaßlichen Gewinn beschränken, sondern er muss produktbezogene Ausführungen machen, um dem Gericht eine Schadensschätzung zu ermöglichen. Er ist gehalten, die Kalkulation für seine Ware zu offenbaren und muss insbesondere Erlöse und produktbezogene Kosten einander gegenüberstellen.

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Zumindest Mindestschadensschätzung (wenn irgend möglich)

BGH, Urt. v. 6.2.2007 - X ZR 117/04, Tz. 15 – Meistbegünstigungsvereinbarung

Das Gericht darf die Schätzung eines Mindestschadens nur dann ablehnen, wenn es hierzu an jeglichen greifbaren Anknüpfungstatsachen mangelt.

BGH, Urt. v. 6.2.2007, X ZR 117/04, Tz. 15 – Meistbegünstigungsvereinbarung

Bei der Beweisführung kommen dem Gläubiger die Erleichterungen des § 287 ZPO zugute, die dem Gericht eine Schadensschätzung erlauben und sie gebieten, wenn feststeht, dass ein Schaden entstanden ist, sich der Vollbeweis für die Höhe des Schadens jedoch nicht führen lässt. Insbesondere darf das Gericht die Schätzung eines Mindestschadens nur dann ablehnen, wenn es hierzu an jeglichen greifbaren Anknüpfungstatsachen mangelt.

OLG Brandenburg, Urt. v. 17.10.2023, 6 U 79/22, II.5.a.aa

Das Gericht muss und kann einen Mindestschaden als entgangenen Gewinn nur schätzen, wenn ein Schaden zumindest nach der Lebenserfahrung feststeht und greifbare Anknüpfungstatsachen für die Schadensschätzung vorliegen. Eine völlig abstrakte Berechnung des Schadens, auch in Form der Schätzung eines Mindestschadens, lässt § 287 ZPO dagegen nicht zu.

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Indiz Umsatz

BGH, Urt. v. 14.2.2008, I ZR 135/05, Tz. 20 - Schmiermittel

Es kann zwar nicht einfach davon ausgegangen werden, dass der Umsatz des Verletzers in vollem Umfang dem Berechtigten zugutegekommen wäre. Der Umsatz des Verletzers kann jedoch als Anhaltspunkt für die Gewinneinbußen des Berechtigten von Bedeutung sein. Desgleichen ist es nicht zu beanstanden, dass die Klägerin bei der Berechnung des Schadens den Gewinn zugrunde gelegt hat, den sie üblicherweise bei der Veräußerung ihrer Ware erzielt.

Ebenso OLG Köln, Urt. v. 24.1.2014, 6 U 111/13, Tz. 34 - Converse

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Kein Indiz: Stückzahlen

OLG Köln, Urt. v. 24.1.2014, 6 U 111/13, Tz. 34 - Converse

Dem Verletzten ist es nach BGH verwehrt, seinen entgangenen Gewinn auf der Grundlage der von dem Verletzer veräußerten Stückzahlen zu berechnen.

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Schätzen, nicht raten

Lässt sich ein Schaden nicht schätzen, muss ein Schadenersatz versagt werden. Davon ist auch auszugehen, wenn andere Ursachen für den Schaden verantwortlich sein können.

BArbG, Urt. v. 26.9.2012, 10 AZR 370/10, Tz. 15f  - Unlautere Abwerbung von Mitarbeitern

Nach § 249 Abs. 1 BGB hat derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (Naturalrestitution). Ist die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend, hat der Ersatzverpflichtete den Gläubiger in Geld zu entschädigen, § 251 Abs. 1 BGB. Ob ein Vermögensschaden vorliegt, ist nach der Differenzhypothese durch Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte, zu beurteilen. Nach § 252 BGB umfasst der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

Nach § 287 Abs. 1 ZPO entscheidet der Tatrichter unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch er ist. Die Norm dehnt das richterliche Ermessen für die Feststellung der Schadenshöhe über die Schranken des § 286 ZPO aus. Das Gesetz nimmt dabei in Kauf, dass das Ergebnis der Schätzung mit der Wirklichkeit vielfach nicht übereinstimmt; allerdings soll die Schätzung möglichst nahe an diese heranführen. Der Tatrichter muss nach pflichtgemäßem Ermessen auch beurteilen, ob nach § 287 Abs. 1 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestschadens möglich ist. Eine Schätzung darf nur dann unterbleiben, wenn sie mangels konkreter Anhaltspunkte vollkommen „in der Luft hinge“ und daher willkürlich wäre; eine völlig abstrakte Berechnung des Schadens, auch in Form der Schätzung eines Mindestschadens, lässt § 287 ZPO grundsätzlich nicht zu.

Der Geschädigte muss die Umstände darlegen und in den Grenzen des § 287 ZPO beweisen, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Falls die Wahrscheinlichkeit des Gewinneintritts ergibt. Da die Beweiserleichterung des § 252 BGB und § 287 ZPO auch die Darlegungslast des Geschädigten mindert, der Ersatz entgangenen Gewinns verlangt, dürfen insoweit keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Dies gilt auch für den Nachweis eines wettbewerblichen Schadens, für den es im Hinblick auf die künftigen Entwicklungen des Geschäftsverlaufs in der Natur der Sache liegende Beweisschwierigkeiten gibt. Greifbare Anknüpfungstatsachen, die für eine Schadensschätzung unabdingbar sind, muss der Geschädigte im Regelfall darlegen und beweisen.

Beruft sich der Schädiger darauf, entgegen dem gewöhnlichen Lauf der Dinge wäre kein oder nur ein geringerer Gewinn angefallen, ist er für den behaupteten anderen Kausalverlauf darlegungs- und beweispflichtig. Auch dem Schädiger kommt § 287 ZPO zugute, denn den naturwissenschaftlichen Beweis eines anderen Kausalverlaufs kann auch er nicht erbringen. Der Schädiger, der sich auf eine Reserveursache beruft, muss daher seinerseits Anknüpfungstatsachen darlegen und beweisen, aus denen das Gericht mit hinlänglicher Wahrscheinlichkeit auf die Einschränkung oder den Ausschluss des Ersatzanspruchs schließen kann

§ 287 ZPO bietet damit Erleichterungen für das Beweismaß und das Verfahren, hat aber keine Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast Gelangt das Gericht zu keiner für eine Schätzung hinreichenden Überzeugung, ist das non-liquet nach den allgemeinen Regeln zu bewältigen.

BArbG, Urt. v. 26.9.2012, 10 AZR 370/10, Tz. 27  - Unlautere Abwerbung von Mitarbeitern

Marktbedingungen und Gesamtumstände müssen eine Wahrscheinlichkeitsschätzung zur Kausalität zulassen; es steht dem Gericht nach § 287 ZPO nicht frei, das Vorliegen und die Höhe eines Schadens nach bloßer Billigkeit anzunehmen. § 287 BGB soll dem Geschädigten die Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs erleichtern, nicht aber den Rechtsschutz des Schädigers schmälern. Dieser muss die Möglichkeit haben, sich im Prozess mit den Schätzungsgrundlagen auseinanderzusetzen und Einwände geltend zu machen. Dies kann er nicht, wenn ein negatives Geschäftsergebnis einer Verletzungshandlung nicht ausreichend zugeordnet und ein hinreichender Zusammenhang zwischen den Abwerbungen und den eingetretenen Verlusten nicht erkennbar wird. Eine Schätzung des Schadens nach reiner Billigkeit ohne konkrete Zuordnung zum Verletzungserfolg gestattet die Norm nicht.

OLG Frankfurt, Urt. v. 28.10.2021, 6 U 147/20, II.2.b.aa

Die Bestimmung des § 252 S. 2 BGB ... und die Vorschrift des § 287 ZPO ... entheben den Verletzten zwar der Notwendigkeit, den entgangenen Gewinn genau zu belegen. Sie ersparen es ihm jedoch nicht, dem Gericht eine tatsächliche Grundlage zu unterbreiten, die diesem eine wenigstens im Groben zutreffende Schätzung des entgangenen Gewinns ermöglicht. Auf solche konkreten Anhaltspunkte kann nicht verzichtet werden, da der Schädiger sonst im Einzelfall der Gefahr einer willkürlichen Festsetzung der von ihm zu erbringenden Ersatzleistung ausgesetzt wäre. Bei aller Anerkennung des häufig bestehenden Beweisnotstandes des Geschädigten wäre dies mit dem Sinn und Zweck der §§ 287 ZPO, 252 BGB nicht zu vereinbaren.

OLG Köln, Urt. v. 19.7.2012, 7 U 1/12, Tz. 56

Die Schätzung eines Mindestschadens an entgangenem Gewinn setzt voraus, dass greifbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, in welcher Höhe ohne das schädigende Ereignis ein Gewinn entstanden wäre (BGH NJW-RR 2004, 1023).

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Schadensnachweis bei objektiver Schadensberechnung

Das Wettbewerbsrecht schützt bestimmte unternehmerische Leistungen und Werte fast wie Ausschließlichkeitsrechte. Dazu gehören z.B. wettbewerblich eigenartige Erzeugnisse oder Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Für diese Fälle gilt:

BGH, Urt. v. 17.6.1992, I ZR 107/90, II.B.1.c – Tchibo/Rolex II (= NJW 1992, 2753)

Die objektiven Schadensberechnungsarten sind im Hinblick auf besondere Schutzbedürfnisse des Verletzten, insbesondere im Hinblick auf die Schwierigkeiten einer konkreten Schadensberechnung, entwickelt worden; sie sollen die Rechtsverfolgung des Geschädigten - auch aus Gründen der Billigkeit - erleichtern. Soweit zu ihrer Ermöglichung Schätzungen gemäß § 287 ZPO erforderlich sind, gilt auch hier - und im Hinblick auf den Zweck der Berechnungsarten in erhöhtem Maße -, dass das Gericht durch diese Vorschrift hinsichtlich der Auswahl der Beweise und ihrer Würdigung freier gestellt ist und in den Grenzen eines freien Ermessens einen großen Spielraum erhält. Steht aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung fest, dass der Schaden jedenfalls zu einem Teil durch die unlautere Nachahmung verursacht worden ist und lässt dieser Teil sich aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich des Geschädigten, sondern in der Natur der Sache liegen, nicht verlässlich bestimmen, so darf das Gericht dies nicht in vollem Maße zu Lasten des Geschädigten gehen lassen; vielmehr hat es im Wege der Schätzung jedenfalls einen Mindestschaden zu ermitteln, sofern nicht ausnahmsweise auch für dessen Schätzung jeglicher Anhaltspunkt fehlt.

BGH v. 22.4.1993, I ZR 52/91, II.2.b.bb – Kollektion ‚Holiday‘

Zur schlüssigen Geltendmachung eines aus der Verletzung einer geschützten immateriellen Rechtsposition entgangenen Gewinns ist es ausreichend, wenn der Berechtigte darlegt, dass ohne die Verletzung eine (entsprechende) Benutzung durch ihn oder durch berechtigte Dritte erfolgt wäre. Schon daraus ist nämlich nach den Grundsätzen der Lebenserfahrung zu folgern, dass die Geschäfte des Verletzers zu einer Beeinträchtigung der Umsatzerwartung des Berechtigten geführt haben. Soll dieser Ursachenzusammenhang in Zweifel gezogen werden, so ist es Sache des Verletzers darzulegen, dass die vom Schadensersatzkläger behauptete Einbuße ganz oder teilweise durch andere Gründe als die Verletzung verursacht wurde.

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Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

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