Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

4. Mitbewerber

Eigenständiger Begriff des Mitbewerbers im Rahmen der vergleichenden Werbung

Der Begriff des Mitbewerbers im Rahmen der vergleichenden Werbung bestimmt sich nach den Vorgaben der Richtlinie 2006/114/EG. Er ist enger als derselbe Begriff, wie er in anderen Bestimmungen des UWG, zum Beispiel in § 8 Abs. 1 Nr. 1 UWG verstanden wird.

1. Maßgeblich: Substituierbarkeit der Waren oder Dienstleistungen

2. Beurteilungskriterien

a. Befriedigung gleicher Bedürfnisse

b. Veränderliche Verbrauchergewohnheiten berücksichtigen

EuGH, Urt. v. 8.5.2025, C-697/23, Tz. 26 – HUK-COBURG / Check24

Der Begriff der vergleichenden Werbung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs dadurch gekennzeichnet, dass ein „Mitbewerber“ oder die von ihm angebotenen Waren und Dienstleistungen erkennbar gemacht werden.

EuGH, Urt. v. 8.5.2025, C-697/23, Tz. 28 – HUK-COBURG / Check24

Der Werbende muss ein Mitbewerber sein, damit die beanstandete Praxis als vergleichende Werbung im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/114 angesehen wird und sie mithin in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen kann; dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

Maßgeblich: Substituierbarkeit der Waren oder Dienstleistungen

EuGH, Urt. v. 18.11.2010, C‑159/09, Tz. 30 – Vierzon/Lidl

Die Einstufung von Unternehmen als „Mitbewerber“ beruht bei vergleichender Werbung definitionsgemäß auf der Substituierbarkeit der Waren oder Dienstleistungen, die sie auf dem Markt anbieten.

Ebenso EuGH, Urt. v. 8.5.2025, C-697/23 – HUK-COBURG / Check24; EuGH, Urt. v. 19. 4. 2007, C-381/05, Tz. 28 - De Landtsheer Emmanuel SA

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Beurteilungskriterien

EuGH, Urt. v. 19. 4. 2007, C-381/05, Ls. 2 - De Landtsheer Emmanuel SA

Das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen dem Werbenden und dem in der Werbeaussage erkennbar gemachten Unternehmen kann nicht unabhängig von den Waren oder Dienstleistungen, die Letzteres anbietet, festgestellt werden.

Für die Feststellung, ob ein solches Wettbewerbsverhältnis besteht, ist abzustellen auf

  • den augenblicklichen Zustand des Markts und die Verbrauchsgewohnheiten und ihre Entwicklungsmöglichkeiten,
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  • den Teil des Gemeinschaftsgebiets, in dem die Werbung verbreitet wird, ohne jedoch gegebenenfalls die Auswirkungen auszuschließen, die die Entwicklung der in anderen Mitgliedstaaten festgestellten Verbrauchsgewohnheiten auf den in Frage stehenden innerstaatlichen Markt haben kann, und
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  • die besonderen Merkmale der Ware, für die geworben werden soll, und das Image, das der Werbende ihnen geben will.

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Befriedigung gleicher Bedürfnisse

EuGH, Urt. v. 19. 4. 2007, C-381/05, Tz. 30 - De Landtsheer Emmanuel SA

Wenn Waren in gewisser Weise gleichen Bedürfnissen dienen können, kann von einem gewissen Grad der Substitution zwischen ihnen ausgegangen werden.

Ebenso EuGH, Urt. v. 8.5.2025, C-697/23, Tz. 32 – HUK-COBURG / Check24BGH, Urt.v.1.10.2009, I ZR 134/07, Tz. 12 – Gib mal Zeitung

EuGH, Urt. v. 8.5.2025, C-697/23, Tz. 33 – HUK-COBURG / Check24

Die konkrete Beurteilung dieses Substitutionsgrads, die Sache der nationalen Gerichte ist und die im Licht der Ziele der Richtlinie 2006/114 und der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs herausgearbeiteten Grundsätze vorzunehmen ist, verlangt schließlich die Prüfung von Kriterien, die den Schluss zulassen, dass zumindest zwischen einem Teil der von den betreffenden Unternehmen angebotenen Produktpalette ein Wettbewerbsverhältnis besteht.

In der Entscheidung HUK-COBURG ./. Check24 hat der EuGH allerdings einen sehr engen Begriff des Mitbewerbers und der Substituierbarkeit angenommen. Ein Versicherungsunternehmen und ein Versicherungsmakler, der die Vermittlung von Versicherungsverträgen eines Versicherungsunternehmens anbietet, sind demnach keine Mitbewerber, so dass Versicherungsvergleiche, die der Versicherungsmakler zum Zwecke der Versicherungsvermittlung vornimmt, keine vergleichende Werbung im Sinne der Richtlinie sind.

EuGH, Urt. v. 8.5.2025, C-697/23, Tz. 36 f – HUK-COBURG / Check24

Da Check24 ein Online-Vergleichsportal für Versicherungsdienstleistungen betreibt und selbst kein Versicherungsunternehmen ist, kann dieses Unternehmen solche Dienstleistungen auch dann weder erbringen noch über sie verfügen, wenn es als bloßer Vermittler den Abschluss von Verträgen zwischen Kunden und Anbietern von Versicherungsprodukten ermöglicht.

Vorbehaltlich einer näheren Prüfung durch das vorlegende Gericht ist daher davon auszugehen, dass eine Versicherungsgruppe und eine Unternehmensgruppe, die Online-Vergleichsdienstleistungen für Versicherungsprodukte bereitstellt, Dienstleistungen anbieten, die nicht substituierbar sind und sie demnach auf unterschiedlichen Dienstleistungsmärkten tätig sind.

EuGH, Urt. v. 8.5.2025, C-697/23, Tz. 39 – HUK-COBURG / Check24

Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/114 ist dahin auszulegen, dass ein Online-Vergleichsdienst für Waren oder Dienstleistungen, der von einem Unternehmen bereitgestellt wird, das kein „Mitbewerber“ im Sinne dieser Bestimmung ist, d. h. die von ihm verglichenen Waren oder Dienstleistungen nicht selbst anbietet und folglich auf einem Markt für unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen tätig ist, nicht unter den Begriff „vergleichende Werbung“ im Sinne dieser Bestimmung fällt. Das Gleiche gilt, wenn dieses Unternehmen als Vermittler auftritt und, ohne selbst auf dem Markt für diese Waren oder Dienstleistungen tätig zu sein, es Verbrauchern ermöglicht, Verträge mit Unternehmen abzuschließen, die die betreffenden Waren oder Dienstleistungen anbieten.

Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass diese Rechtsprechung nicht für das Verständnis des Begriffs des Mitbewerbers in § 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG gilt.

Veränderliche Verbrauchergewohnheiten berücksichtigen

EuGH, Urt. v. 19. 4. 2007, C-381/05, Tz. 37 - De Landtsheer Emmanuel SA

Die Bestimmung des möglichen Substitutionsgrades darf sich nicht auf die in einem Mitgliedstaat oder in einem bestimmten Gebiet bestehenden Verbrauchsgewohnheiten beschränken. Diese Gewohnheiten, die nach Zeit und Ort sehr unterschiedlich sein können, dürfen nicht als unveränderlich angesehen werden.

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